TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/14 2005/10/0228

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Veröffentlicht am 14.12.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §10 Abs1 idF 2001/10/016;
ApG 1907 §10 Abs1 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs1 Z2 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 2001/10/016;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs2 Z3 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs4 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs5 idF 2001/10/016;
ApG 1907 §10 Abs5 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 idF 2001/I/016;
AVG §58 Abs2;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde

1.) der Mag. pharm. BG in Thüringen, und 2.) des Mag. pharm. GB in Nenzing, beide vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 22. Dezember 2005, Zlen. UVS-402-001/E8-2005, UVS-402-002/E8-2005, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. KW in Nüziders, vertreten durch Piccolruaz & Müller, Anwaltspartnerschaft in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8), zu Recht erkannt bzw. den Beschluss gefasst:

Spruch

1) Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.

2) Der angefochtene Bescheid wird über Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die erstbeschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Bund hat der zweitbeschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg (UVS) vom 22. Dezember 2005 wurde der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke im EKZ Walgaupark in Bludesch (Betriebsstätte) mit dem "Standort im Gemeindegebiet Bludesch" erteilt. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 24. Februar 2005 würden nach Errichtung der beantragten Apotheke 4.806 ständige Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern um die Betriebsstätte der "Blumenegg-Apotheke" der erstbeschwerdeführenden Partei weiterhin von dieser Apotheke zu versorgen sein (rotes Polygon). Im Sinne des § 10 Abs. 5 Apothekengesetz (ApG) seien der "Blumenegg-Apotheke" nach den gegebenen Verkehrsverhältnissen grundsätzlich die Bewohner des Großen Walsertales zuzurechnen; für diese sei sie die nächstgelegene öffentliche Apotheke. Bei Eingrenzung des der "Blumenegg-Apotheke" solcherart zuzurechnenden dunkelgrünen Polygons sei auf die topographischen Verhältnisse und die sich daraus ergebenden Straßenverbindungen besonders Bedacht genommen worden: So sei die Bevölkerung von Damüls jenseits des Faschinajochs nicht in das Polygon einbezogen worden, weil die dort wohnende Bevölkerung stärker in Richtung Bregenzer Wald orientiert sei. Für die diesseits des Faschinajochs wohnende Bevölkerung des Großen Walsertales ergebe sich jedoch eine klare Orientierung in Richtung des Walgaus. Aus dem Großen Walsertal führten drei Straßen heraus, die Hauptverbindung, die Faschinastraße, führe nach Thüringen, also direkt in den Standort der "Blumenegg-Apotheke". Auch bei Wahl der Raggaler Straße stelle sich die "Blumenegg-Apotheke" als die nächstgelegene öffentliche Apotheke dar. Über die nach Satteins führende Jagdbergstraße werde die nächste öffentliche Apotheke (die "Walgau-Apotheke") in Frastanz erreicht. Diese Apotheke befinde sich aber bereits in einer so großen Entfernung zum Großen Walsertal, dass die Annahme, die Bevölkerung dieses Tals decke dort ihren Arzneimittelbedarf, völlig lebensfremd wäre. Auch Bludenz/Bürs und Feldkirch, die beiden Bezirksstädte, seien bereits so viel weiter entfernt als Thüringen und die dort befindliche "Blumenegg-Apotheke", dass der Umstand der in den Bezirksstädten bestehenden Einflutungserreger keine signifikante Bedeutung habe. Im vorliegenden Fall sei dem Gesichtspunkt der geringeren Entfernung vorrangige Bedeutung beizumessen. Allerdings befinde sich im Großen Walsertal, in Sonntag, die weiterhin bestehen bleibende ärztliche Hausapotheke des Dr. W.; dieser Umstand führe zu einer Einschränkung des Versorgungspotenzials der "Blumenegg-Apotheke". Eine dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer zu Grunde liegende Studie habe - mit näherer Begründung - ergeben, dass sich trotz Vorhandenseins einer ärztlichen Hausapotheke 22 % der Bevölkerung in der nächstliegenden öffentlichen Apotheke mit Arzneimittel versorgten. Dass Dr. W. keine Rezepte ausstelle, die in der "Blumenegg-Apotheke" eingelöst würden, führe nicht zur Unanwendbarkeit der erwähnten Studie für den vorliegenden Fall. Zum einen ordinierten im Großen Walsertal nämlich noch zwei weitere Ärzte für Allgemeinmedizin, die über keine ärztliche Hausapotheke verfügten, zum anderen würden Apotheken auch nach Facharztbesuchen sowie im Fall der Selbstmedikation bei Bagatellerkrankungen aufgesucht. Betreffend die Zahl der nach § 10 Abs. 5 ApG zu berücksichtigenden Einwohner des Großen Walsertals seien daher die ständigen Einwohner des blauen Polygons (625 Personen) und 22 % der ständigen Einwohner des dunkelgrünen Polygons (538 Personen) dem Kundenpotenzial der "Blumenegg-Apotheke" zuzuordnen. Damit ergäbe sich für die "Blumenegg-Apotheke" ein verbleibendes Kundenpotenzial von 5.996 Personen. Diese Zahlen beruhten auf der Volkszählung 2001. Dem Umstand der ansteigenden Bevölkerungsentwicklung habe angesichts der Überschreitung der Zahl von 5.500 zu versorgenden Personen nicht nachgegangen werden müssen.

Betreffend die "Rochus-Apotheke" der zweitbeschwerdeführenden Partei wurde ausgeführt, dass dieser als ständige Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern nach dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 24. Februar 2005 unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung seit der Volkszählung 2001 4.830 Personen zur Versorgung verblieben (orangefarbenes Polygon). Dieses Versorgungsgebiet bestehe nahezu ausschließlich aus den Siedlungsgebieten Nenzing-Dorf und Nenzing-Beschling. Im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG sei die "Rochus-Apotheke" auf Grund ihrer Erreichbarkeit für die 137 ständigen Einwohner des hellgrünen Polygons die nächstgelegene öffentliche Apotheke. Die Zurechnung dieser Personen sei unstrittig. Auch für die ständigen Einwohner des rosa Polygons, das im Wesentlichen den Ort Schlins umfasse, sei die "Rochus-Apotheke" die nächstgelegene öffentliche Apotheke. Allerdings sei die in Schlins weiterhin bestehen bleibende ärztliche Hausapotheke des Dr. M. zu beachten, was eine Einschränkung dieses Versorgungspotenzials zur Folge habe. Unter Anwendung der oben erwähnten Studie seien der Rochus-Apotheke daher 22 % der ständigen Einwohner dieses Polygons (393 Personen) zuzurechnen. Eine Berücksichtigung der Zweitwohnungsbesitzer in den drei Polygonen - entsprechend einem näher dargelegten Verfahren - führe zur Hinzurechnung von 28 Einwohnergleichwerten zum Versorgungspotenzial der "Rochus-Apotheke". Angesichts einer Zahl von durchschnittlich 60.482 Gästenächtigungen pro Jahr (in einem dreijährigen Beobachtungszeitraum) und der Zahl von 6.031 ständigen Einwohnern sei Nenzing als typische Fremdenverkehrsgemeinde anzusehen. Ohne die Siedlungen Gurtis, Gamp und Mittelberg führe eine Berücksichtigung von durchschnittlich 53.902 Gästenächtigungen pro Jahr (im dreijährigen Beobachtungszeitraum) in Nenzing unter Anwendung der von der Österreichischen Apothekerkammer ihrem Gutachten zu Grunde gelegten Studie zur Zurechnung von 83 Einwohnergleichwerten. Als größere gewerbliche und industrielle Betriebe im 4-km-Umkreis der "Rochus-Apotheke", die als Einflutungserreger iSd § 10 Abs. 5 ApG in Betracht kämen, seien - einer Empfehlung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Definition von Kleinstunternehmen, kleineren und mittleren Unternehmen folgend - Betriebe mit 50 oder mehr Beschäftigten einzustufen. Dies entspreche den in Vorarlberg bestehenden betrieblichen Strukturen. Zur weiteren Frage, wie das Versorgungspotenzial quantifiziert werden könne, das sich aus diesen Betrieben im 4-km-Umkreis um die "Rochus-Apotheke" ergebe, habe die Österreichische Apothekerkammer auf eine Studie vom April 2004 hingewiesen, aus der sich ergebe, dass 14 % der Beschäftigten der am Betriebsstandort bestehenden Apotheke zugerechnet werden könnten. Für im Einzelnen genannte Betriebe im orangefarbenen Polygon, die zwischen 72 und 330 Beschäftigte hätten, von denen insgesamt 688 Beschäftigte außerhalb des orangefarbenen, hellgrünen bzw. rosa Polygons wohnten, ergäben sich somit 96 Einwohnergleichwerte. Berücksichtige man im Gegenzug die Auspendler, soweit es sich um "Nichttagespendler" handle - dies seien nach dem Ergebnis der Volkszählung 2001 64 Personen -, so seien die 96 Einwohnergleichwerte allerdings auf 32 zu reduzieren. Schließlich sei noch die Walgau-Kaserne als Einflutungserreger im orangefarbenen Polygon zu berücksichtigen. Eine Bedachtnahme auf die Präsenzdiener scheide zwar aus, weil diese aus der in der Kaserne befindlichen Krankenstation versorgt würden. Eine allenfalls notwendige Versorgung von Präsenzdienern in dringenden Fällen durch auswärtige Apotheken sei nicht quantifizierbar. Allerdings sei davon auszugehen, dass das Kaderpersonal - abgesehen vom Fall der ersten Hilfe - seinen Bedarf an Arzneimitteln wie andere Beschäftigte von Betrieben außerhalb der Kaserne decken müsste. Kasernen seien diesbezüglich wie größere gewerbliche und industrielle Betriebe zu behandeln. Von den 150 Personen des Kaderpersonals der Walgau-Kaserne seien 144 außerhalb des organefarbenen, hellgrünen bzw. rosa Polygons wohnhaft. Diese seien - unter Anwendung des für Betriebe ermittelten Schlüssels - als 20 Einwohnergleichwerte dem Versorgungspotenzial der "Rochus-Apotheke" zuzurechnen. Der "Rochus-Apotheke" würden daher nach Errichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke insgesamt

5.523 Personen zur Versorgung verbleiben, wobei sich diese Zahl angesichts der mit + 6,7 % deutlich positiven Bevölkerungsentwicklung seit der Volkszählung 2001 bereits in naher Zukunft weiter vergrößern werde.

Die negativen Bedarfsvoraussetzungen des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG seien weder in Ansehung der "Blumenegg-Apotheke", noch in Ansehung der "Rochus-Apotheke" erfüllt. An der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke bestehe Bedarf gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 ApG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 16/2001, (ApG) ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn

1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

Ein Bedarf besteht gemäß § 10 Abs. 2 ApG nicht, wenn

1. sich im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und die Zahl der von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke aus zu versorgenden Personen weniger als 5.500 beträgt, oder

2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt, oder

3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als

5.500 betragen wird.

Gemäß § 10 Abs. 4 ApG sind zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z. 3 die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5.500, sind nach § 10 Abs. 5 ApG die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen.

Die beschwerdeführenden Parteien wenden sich gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Auffassung, der "Blumenegg-Apotheke" werde ein Versorgungspotenzial von mindestens

5.996 Personen verbleiben und der "Rochus-Apotheke" "ein Versorgungspotenzial von mindestens 5.523 Personen.

Sie bringen zunächst vor, die Österreichische Apothekerkammer habe sich zur Bedarfsermittlung einer "neuen Methode" bedient, indem sie digitale Straßenkarten verwendet habe, die zuvor um zusätzliche Inhalte (Einbahnregelungen, Adressdaten etc.) angereichert worden seien. Die Darstellung und die Ermittlung der jeweiligen Versorgungspolygone sei mit speziell für die Österreichische Apothekerkammer programmierten Tools des Programmpakets ArcView Version 8.3. erfolgt. Die belangte Behörde habe den beschwerdeführenden Parteien jedoch trotz ihres Vorbringens, dass eine Überprüfung des Bedarfsgutachtens der Österreichischen Apothekerkammer andernfalls nicht möglich sei, nicht bekannt gegeben, auf welchem Datenmaterial die digitalen Landkarten beruhten. Es sei ihnen auch nicht bekannt gegeben worden, um welche zusätzlichen Inhalte die Karten angereichert worden seien. Auf den ihnen übermittelten Kopien der verwendeten Digitalpläne seien z.B. weder Gebäudegrenzen noch Hauseingänge erkennbar. Seien die Digitalpläne mit diesen Daten nicht angereichert, so sei nicht nachvollziehbar, wie eine ordnungsgemäße Entfernungsmessung gewährleistet sei. Um das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer überprüfen zu können, müssten die zu Grunde liegenden "Inputdaten" offen gelegt werden. Dies sei nicht geschehen. Vielmehr sei den beschwerdeführenden Parteien jegliche Information darüber vorenthalten worden, wie die "neue Software" die Entfernungen berechne und welche tatsächlichen Gegebenheiten berücksichtigt worden seien. Aus diesem Grund sei es den beschwerdeführenden Parteien auch nicht möglich, "alle Unzulänglichkeiten im Einzelnen aufzuzeigen".

Mit diesem Vorbringen behaupten die beschwerdeführenden Parteien nicht, dass im Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer, bzw. in den diesem zu Grunde liegenden Unterlagen (Karten, Pläne u. dgl.) die örtlichen Verhältnisse unrichtig wiedergegeben wären. Sie meinen vielmehr, eine Überprüfung der Richtigkeit der Entfernungsannahmen sei ihnen nur dann möglich, wenn auch die "Inputdaten" (Pläne, Software etc.) offen gelegt bzw. ihnen zur Verfügung gestellt würden.

Diese Auffassung ist schon deshalb unzutreffend, weil die beschwerdeführenden Parteien die Richtigkeit der dem Gutachten zu Grunde gelegten Annahmen durch Vergleich der ihnen von der Behörde zur Kenntnis gebrachten Umschreibung der Versorgungsgebiete mit den - allein maßgeblichen - an Ort und Stelle herrschenden Verhältnissen überprüfen und dabei festgestellte Unrichtigkeiten konkret hätten geltend machen können. Dass die beschwerdeführenden Parteien dies unterlassen haben, besagt nicht, dass ihnen dies nicht möglich gewesen wäre.

Betreffend das der "Blumenegg-Apotheke" nach Auffassung der belangten Behörde verbleibende Versorgungspotenzial wendet die erstbeschwerdeführende Partei ein, eine Berücksichtigung der Bevölkerung des Großen Walsertales käme nur in Betracht, wenn eine so genannte "Talschluss-Situation" vorläge. Dies sei aber nicht der Fall, weil drei Straßen aus dem Großen Walsertal herausführten, von denen lediglich die Faschinastraße an der "Blumenegg-Apotheke" vorbeiführe. In Thüringen gäbe es keine "Einflutungserreger", die die Bevölkerung des Großen Walsertales veranlassen könnten, nach Zurücklegung einer langen Wegstrecke ausgerechnet hierher zu fahren. Vielmehr suche die aus dem Großen Walsertal über weite Entfernungen kommende Bevölkerung jene Gemeinden auf, die über entsprechende Einflutungserreger verfügten, nämlich Bludenz und Feldkirch, die als Bezirksstädte eine besondere Anziehungskraft ausübten. Um die beiden Bezirksstädte oder den Zimbapark in Bürs zu erreichen, stünden die anderen Straßenverbindungen zur Verfügung, die nicht durch Thüringen führten. Die Bewohner des Großen Walsertales seien daher in Bezug auf Thüringen nicht "Einfluter", sondern "Durchfluter" bzw. "Vorbeifluter".

Auch mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

Die Faschinastraße führt unbestrittenermaßen direkt zum Standort der "Blumenegg-Apotheke". Über die beiden anderen Straßen könnten zwar auch andere öffentliche Apotheken erreicht werden, dies fällt nach Ansicht der belangten Behörde aber angesichts der weitaus größeren Entfernungen, die zu diesen zurückgelegt werden müssen, nicht entscheidend ins Gewicht.

Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei behauptet nun nicht, dass die Annahme der belangten Behörde unzutreffend sei, die Bewohner des Großen Walsertales (Bewohner des blauen und des dunkelgrünen Polygons) müssten zu den anderen Apotheken erheblich größere Entfernungen zurückzulegen als zur "Blumenegg-Apotheke". Angesichts dieser Entfernungssituation, bzw. des Umstandes, dass diese Personen bei Benutzung der Faschinastraße an der "Blumenegg-Apotheke" sogar vorbeifahren müssten, um zu anderen öffentlichen Apotheken zu gelangen, ist es nicht als rechtswidrig zu beanstanden, wenn die belangte Behörde dem Gesichtspunkt einer Versorgung mit Heilmitteln in möglichster Nähe zum Wohnsitz im vorliegenden Fall entscheidende Bedeutung beigemessen hat. Der bloße Hinweis der erstbeschwerdeführenden Partei auf die "Anziehungskraft" von Bezirksstädten reicht demgegenüber nicht aus, um Zweifel an dieser Annahme zu wecken. Wenn nicht (in Gestalt sonstiger "Einflutungserreger") besondere Gründe entgegenstehen, ist nämlich die Annahme, es würden sich Personen iSd § 10 Abs. 5 ApG der nächstgelegenen Arzneimittelstelle bedienen, gerechtfertigt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2006, Zl. 2003/10/0100, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Schließlich rügt die erstbeschwerdeführende Partei, dass rechtswidriger Weise das gesamte Gemeindegebiet von Bludesch als Standort der neuen öffentlichen Apotheke festgelegt worden sei. In diesem Punkt genügt der Hinweis auf die ständige hg. Judikatur, von der abzugehen auch im vorliegenden Fall kein Anlass besteht, wonach Nachbarapotheken im Verfahren zur Erteilung einer Konzession für eine neue öffentliche Apotheke ein Mitspracherecht nur in der Bedarfsfrage eingeräumt ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2004, Zl. 2001/10/0256, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die von der erstbeschwerdeführenden Partei erhobene Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Betreffend das der "Rochus-Apotheke" nach Auffassung der belangten Behörde verbleibende Versorgungspotenzial wendet die zweitbeschwerdeführende Partei zunächst ein, dass die Zurechnung der Gästenächtigungen (83 Einwohnergleichwerte) zu Unrecht erfolgt sei. Von einer typischen Fremdenverkehrsgemeinde könne nur gesprochen werden, wenn das Verhältnis der Jahresnächtigungen zur Einwohnerzahl zumindest 10:1 betrage, d.h. wenn auf jeden Einwohner zumindest 10 oder mehr Jahresnächtigungen von Gästen kämen. Dieser Faktor sei im vorliegenden Fall "um Haaresbreite" (10,02) überschritten worden und dies auch nur, weil der Betrachtungszeitraum auf drei "'Tourismusjahre' erweitert" worden sei. Bereits eine Erweiterung des Betrachtungszeitraumes auf fünf Jahre hätte den Faktor 9,6 ergeben; auch jeder andere Betrachtungszeitraum hätte zu einem Faktor geführt, der kleiner als 10 sei - ausgenommen der von der belangten Behörde gewählte, in den das Tourismusjahr 2002/2003, ein "Ausreißerjahr" eingeflossen sei. Der gewählte Betrachtungszeitraum sei daher nicht repräsentativ; der "Faktor 10" werde in Wahrheit nicht erreicht. Nenzing könne nicht als "typische Fremdenverkehrsgemeinde" bezeichnet werden. In Nenzing gebe es kein einziges Hotel, was für eine typische Fremdenverkehrsgemeinde merkwürdig sei. Auch sei der Faktor 10 kein durch eine Studie belegter Schwellenwert, sondern eine Annahme. Ziehe man zum Vergleich jene Orte heran, die in der dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer zu Grunde liegenden Studie untersucht worden seien, so erkenne man, dass die "typischen Fremdenverkehrsgemeinden" einen Faktor von 100 oder ein Vielfaches davon aufwiesen. Selbst wenn man jedoch Nenzing als typische Fremdenverkehrsgemeinde ansehen wollte, wären weit weniger Gästenächtigungen zu berücksichtigen gewesen, als die belangte Behörde angenommen habe. Die Gästenächtigungen im "Nenzinger Himmel" hätten nicht berücksichtigt werden dürfen, weil dieses Gebiet von Nenzing mehr als 16 Straßenkilometer entfernt und lediglich über eine ganzjährig für den Allgemeinverkehr gesperrte Straße zu erreichen sei. Die Gäste, die hier in Hütten bzw. Ferienhäusern ihren Urlaub als Selbstversorger verbrächten, würden anders als sonst üblich auch den voraussichtlichen Arzneimittelbedarf von zu Hause mitnehmen. Die übliche Berücksichtigung der Jahresnächtigungszahlen mit einem Divisor "650" scheide daher im vorliegenden Fall aus.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage der Berücksichtigung von Fremdennächtigungen bei der Bedarfsbeurteilung - den Gesetzesmaterialien zur ApG-Novelle 1990, 1136 BlgNR XVII. GP, S. 5 folgend - ausgesprochen, diese seien grundsätzlich nicht heranzuziehen, ausgenommen es handle sich um ausgesprochene Fremdenverkehrszentren; hiebei müsse im Einzelfall genau geprüft werden, in welchem Ausmaß die Fremden im Hinblick auf ihre Aufenthaltsdauer und ihre besonderen Lebensgewohnheiten eine Arzneimittelversorgung in Anspruch nähmen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0117, und vom 27. Juli 1994, Zl. 90/10/0102).

Was die Frage anlangt, ob die belangte Behörde zu Recht von einer ausgesprochenen Fremdenverkehrsgemeinde ausgegangen ist, liegt dem angefochtenen Bescheid die Auffassung zu Grunde, der Fremdenverkehr spiele ab einer Anzahl von jährlich 10 Fremdennächtigungen pro Einwohner einer Gemeinde keine zu vernachlässigende Rolle, es müsse daher in einem solchen Fall geprüft werden, in welchem Ausmaß durch den Fremdenverkehr ein Bedarf nach Versorgung mit Arzneimitteln hervorgerufen werde.

Nun ist eine Berücksichtigung von Fremdennächtigungen bei der Bedarfsermittlung vom ApG nicht etwa verboten, sondern bedarf einer Feststellung der Gegebenheiten des konkreten Falles. Entsprechende Ermittlungen sind aber nur dort angezeigt, wo dem Fremdenverkehr eine gewisse Bedeutung zukommt. Die Auffassung der zweitbeschwerdeführenden Partei, die Berücksichtigung von Fremdennächtigungen außerhalb von Fremdenverkehrszentren sei bei der Bedarfsbeurteilung von vornherein unzulässig, entspricht daher nicht dem Gesetz. Entscheidend ist vielmehr, welche Gegebenheiten im konkreten Fall vorliegen.

Gegen die Auffassung der belangten Behörde, ab jährlich zehn Fremdennächtigungen pro Einwohner einer Gemeinde erlange der Fremdenverkehr eine Bedeutung, die eine nähere Untersuchung, welche Auswirkungen damit auf den Bedarf nach Arzneimittelversorgung verbunden sind, angezeigt erscheinen lasse, bestehen keine Einwände. Da diesem "Faktor 10" aber lediglich der Charakter einer Richtschnur beigemessen wird, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob er ein "belegter Schwellenwert" ist, ob er nur "um Haaresbreite" überschritten wird und dergleichen. Eine Berücksichtigung des durch den Fremdenverkehr hervorgerufenen Bedarfes erfordert - wie dargelegt - ohnedies eine Feststellung der Gegebenheiten des konkreten Falles. Im Übrigen kann die zweitbeschwerdeführende Partei nicht dadurch, dass sich die belangte Behörde veranlasst gesehen hat, diesen Bedarf zu ermitteln, in Rechten verletzt sein.

Betreffend die Feststellung der Gegebenheiten des konkreten Falles hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass es dann, wenn die erforderlichen einzelfallbezogenen Ermittlungen nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich sind, zulässig ist, auf allgemeine für den jeweiligen Fall repräsentative Untersuchungsergebnisse zurückzugreifen und auf diesem Weg Ausmaß und Verhältnis, in dem die Inanspruchnahme der Apotheke zu jener eines ständigen Einwohners steht, aufzuzeigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2005, Zl. 2003/10/0295, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im Lichte dieser Judikatur ist der Umstand, dass sich das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer über das Ausmaß der Inanspruchnahme von Apothekenleistungen durch Gäste und dessen Umrechnung auf Einwohnergleichwerte auf eine empirische Studie stützte, grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde behauptet, die Gästenächtigungen im "Nenzinger Himmel" hätten nicht berücksichtigt werden dürfen, weil dieses Gebiet mehr als 16 Straßenkilometer entfernt, lediglich über eine ganzjährig für die Allgemeinheit gesperrte Straße zu erreichen sei und die Gäste, die hier ihren Urlaub als Selbstversorger verbrächten, auch den voraussichtlichen Arzneimittelbedarf von zu Hause mitbrächten. Die zweitbeschwerdeführende Partei zeigt allerdings nicht auf, dass die Annahme der belangten Behörde unrichtig wäre, aus dem "Nenzinger Himmel" führe eine einzige Straßenverbindung ins Tal und zwar direkt ins Ortszentrum von Nenzing, wo sich die "Blumenegg-Apotheke" befinde, und es bestehe auf dieser Straße ein Shuttleverkehr mit Taxi-Bussen, der von den Gästen in Anspruch genommen werde. Sie legt auch nicht konkret dar, dass die Gäste im "Nenzinger Himmel" ein wesentlich anderes Verhalten zur Deckung ihres Arzneimittelbedarfs zeigten, als jenes, das auch der erwähnten Studie zu Grunde liegt. Es ist daher die Auffassung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu beanstanden, die im Bereich des "Nenzinger Himmels" wohnenden Gäste seien iSd § 10 Abs. 5 ApG als bedarfsbegründend zu berücksichtigen.

Gegen die Zuordnung der Beschäftigten von Klein- und Mittelbetrieben (32 Einwohnergleichwerte) sowie des Kaderpersonals der Walgau-Kaserne (20 Einwohnergleichwerte) zum Versorgungspotenzial der "Rochus-Apotheke" wendet die zweitbeschwerdeführende Partei ein, es seien nach der bisherigen Gutachtenspraxis lediglich Betriebe berücksichtigt worden, die jeweils mehr als 500 Beschäftigte aufwiesen. Die belangte Behörde habe aus der Empfehlung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften jedoch den Schluss gezogen, größere gewerbliche oder industrielle Betriebe seien alle Betriebe, die mehr als 50 Beschäftigte aufwiesen. Diese Auffassung sei schon deshalb verfehlt, weil nach der erwähnten Empfehlung alle Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten Kleinunternehmen, kleine oder mittlere Unternehmen (KMUs) seien. Größere gewerbliche und industrielle Betriebe könnten daher - wenn überhaupt - nur Betriebe sein, die mehr als 250 Personen beschäftigten. Derartige Betriebe gebe es im vorliegenden Fall nicht. Im Übrigen hätten von den Beschäftigten jene Personen abgezogen werden müssen, die in einem Versorgungspolygon bereits als ständige Einwohner berücksichtigt worden seien. Andernfalls käme es zu einer unzulässigen Doppelzählung der Wohnbevölkerung. Es hätten daher nicht nur die der "Rochus-Apotheke" bereits als ständige Einwohner zugezählte Personen bei den Beschäftigten der Betriebe abgezogen werden müssen, sondern auch die in den maßgeblichen Polygonen der "Blumenegg-Apotheke" als ständige Einwohner berücksichtigte Personen. Außer Acht gelassen habe die belangte Behörde weiters, dass sämtliche Betriebe von der "Rochus-Apotheke" mehrere Straßenkilometer entfernt seien und sich in unmittelbarer Nähe zu Autobahnauf- bzw. -abfahrten befänden. Dass sich die Beschäftigten dieser Betriebe in der "Rochus-Apotheke" in Nenzing nicht mit Arzneimitteln versorgten, würde auch durch die bekannt gegebenen Umsatzzahlen dieser Apotheke belegt. Schließlich hätten, wenn sämtliche Beschäftigte berücksichtigt würden, nicht nur die Nichttagespendler abgezogen werden müssen, sondern auch die Tagespendler. Dabei hätte auch nicht auf die statistischen Daten der Gemeinde abgestellt werden dürfen, weil ein erheblicher Teil der Betriebe in Nenzing zwar im Gemeindegebiet, aber außerhalb des maßgeblichen 4-km-Polygons gelegen seien. Die Zurechnung des Kaderpersonals der Walgau-Kaserne hätte schon deshalb nicht Platz greifen dürfen, weil es sich keinesfalls um einen größeren Betrieb, sondern allenfalls um einen Klein- oder Mittelbetrieb handle. Im Übrigen wohne das Kaderpersonal abgesehen von vier Personen aus Nenzing und zwei Personen aus Schlins in Bludesch-Gais, wo vor ca. 20 Jahren eine eigene Siedlung für das Kaderpersonal gebaut worden sei, die im unmittelbaren Einzugsbereich der geplanten neuen Apotheke liege. Das Kaderpersonal der Walgau-Kaserne bestehe daher aus Personen, die der geplanten neuen öffentlichen Apotheke als ständige Einwohner zuzurechnen seien, die aber keinesfalls von der "Rochus-Apotheke" versorgt würden.

Die belangte Behörde ist unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1995, Zl. 94/10/0123, der Auffassung, "größere gewerbliche und industrielle Betriebe" innerhalb des 4-km-Polygons der "Rochus-Apotheke" seien jedenfalls als Einflutungserreger in Betracht zu ziehen.

Im erwähnten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, § 10 Abs. 5 ApG spreche zwar - anders als § 10 ApG idF vor der ApG-Novelle 1990 - nur mehr von der Inanspruchnahme von Einrichtungen, ohne diese aufzuzählen. Den Gesetzesmaterialien zufolge sei mit der Novelle jedoch lediglich beabsichtigt gewesen, die Kriterien der Bedarfsprüfung klarer zu fassen. Die Erläuterungen geben keinen Hinweis, dass die im § 10 Abs. 2 ApG idF BGBl. Nr. 502/1984 genannten Einrichtungen (Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten, größere gewerbliche und industrielle Betriebe) nicht auch als Einrichtungen iSd § 10 Abs. 5 ApG idF der ApG-Novelle 1990 anzusehen seien. Es sei daher die Annahme gerechtfertigt, dass zu den berücksichtigenden Einrichtungen jedenfalls auch Krankenanstalten zu zählen seien.

Diesem Erkenntnis ist die explizite Aussage zu entnehmen, Krankenanstalten kämen als "Einrichtungen " iSd § 10 Abs. 5 ApG "jedenfalls" in Betracht. Damit ist allerdings nicht gesagt, dass ausschließlich jene im § 10 Abs. 2 ApG idF BGBl. Nr. 502/1984 genannten Einrichtungen als "Einrichtungen" iSd § 10 Abs. 5 ApG anzusehen seien. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine derart einschränkende Auslegung des Begriffs "Einrichtungen" geboten wäre. Vielmehr geht es (auch) hier darum, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß nach den Gegebenheiten des konkreten Falles durch die Inanspruchnahme von Einrichtungen ein Bedarf nach der betreffenden Apotheke begründet wird.

Die Auffassung der Beschwerde, § 10 Abs. 5 ApG lasse eine Berücksichtigung der Beschäftigten von Betrieben bei der Bedarfsbeurteilung von vornherein nur zu, wenn es sich um Betriebe mit mehr als 500 oder zumindest mit mehr als 250 Beschäftigten handle, weil es sich andernfalls nicht um "Einrichtungen" handle, entspricht nicht dem Gesetz. Im Übrigen übersieht die Beschwerde, dass § 10 Abs. 5 ApG bei der Bedarfsbeurteilung nicht nur die Berücksichtigung von in Betrieben Beschäftigten, sondern auch die Berücksichtigung von "auf Grund der Beschäftigung" in diesem Gebiet zu versorgenden Personen vorsieht. Die Bedarfsbegründung durch Personen, die auf Grund der Beschäftigung in diesem Gebiet die Versorgung durch die öffentliche Apotheke in Anspruch nehmen, ist aber ganz unabhängig davon, ob und gegebenenfalls in welchen Organisationseinheiten die Beschäftigung erfolgt. Ihre Berücksichtigung erfordert allerdings Feststellungen, ob und in welchem Umfang durch diese Personen ein Bedarf an der öffentlichen Apotheke mitbegründet wird. Auch in diesem Zusammenhang ist es zulässig, auf allgemeine für den jeweiligen Fall repräsentative Untersuchungsergebnisse zurückzugreifen, wenn die erforderlichen Ermittlungen nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich sind.

Die belangte Behörde ist gestützt auf eine von der Österreichischen Apothekerkammer eingeholte Studie zum Thema "Ort der zuletzt aufgesuchten Apotheke" der Auffassung, 14 % der Beschäftigten seien der Apotheke des Betriebsstandortes zuzurechnen. Diese Studie habe nämlich ergeben, dass unter Berufstätigen 14 % zuletzt eine Apotheke in der Nähe des Arbeitsplatzes aufgesucht hätten. Von des 688 Beschäftigten näher bezeichneter Betriebe im 4-km-Umkreis der "Rochus-Apotheke" seien dieser Apotheke - unter Berücksichtigung eines 14 %igen Anteils und nach Abzug der Nichttagespendler - daher 32 Personen (Einwohnergleichwerte) zuzurechnen. Von den in der Walgau-Kaserne Beschäftigten seien unter Anwendung dieses Schlüssels 20 Einwohnergleichwerte zuzurechnen.

Die Beschwerde bringt dagegen vor, die Beschäftigten der erwähnten Einrichtungen würden, wie aus den Umsatzzahlen ersichtlich, nicht von der "Rochus-Apotheke" versorgt. Das Unternehmen V. sei im Übrigen - wie bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht - ein Transportunternehmen, dessen 211 Beschäftigte zum größten Teil LKW-Fahrer seien, die österreich- und europaweit unterwegs seien und daher keinesfalls im erwähnten Ausmaß von der "Rochus-Apotheke" versorgt würden.

Mit diesem Vorbringen zeigt die zweitbeschwerdeführende Partei einen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG relevanten Mangel des angefochtenen Bescheides auf:

Die erwähnte Studie hat - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - auf Grund einer im April 2004 bundesweit durchgeführten telefonischen Befragung ergeben, dass 80 % der Österreicher zuletzt eine Apotheke in der Nähe ihres Wohnortes oder Arztes aufgesucht haben, dass aber "selbst unter Berufstätigen" nur "14 % zuletzt eine Apotheke in der Nähe des Arbeitsortes aufgesucht" haben.

Der Umstand, dass 14 % der Berufstätigen im April 2004 angegeben haben, zuletzt eine Apotheke in der Nähe ihres Arbeitsortes aufgesucht haben, bietet für sich keine taugliche Grundlage dafür, 14 % der Beschäftigten im 4-km-Polygon der "Rochus-Apotheke" dem Versorgungspotenzial dieser Apotheke als "Einwohnergleichwerte" zuzurechnen. Denn dieser Umstand besagt nichts über die entscheidende Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß die durch die Befragung ermittelte Inanspruchnahme der Apotheke des Arbeitsortes der Inanspruchnahme durch eine bestimmte Anzahl ständiger Einwohner (der Maßstabfigur des § 10 ApG) entspricht. Erst auf dieser Grundlage kann aber die Anzahl jener "zu versorgender Personen" ermittelt werden, die im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2007, Zlen. 2005/10/0226, 2006/10/0012, und die dort zit. Vorjudikatur).

Die Berücksichtigung von Beschäftigten wie "ständige Einwohner" im Sinne des § 10 Abs. 4 ApG entbehrt somit der erforderlichen Grundlage. Die Zuweisung dieser Personen zum Versorgungspotenzial der "Rochus-Apotheke" beruht daher nicht auf einem mängelfreien Verfahren.

Dieser Mangel ist auch wesentlich im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG, weil das Mindestversorgungspotenzial der "Rochus-Apotheke" gemäß § 10 Abs. 4 ApG ohne diese 52 Personen nicht erreicht würde. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 14. Dezember 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete DiversesGesundheitswesen Apotheken

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005100228.X00

Im RIS seit

04.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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