TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/17 2002/03/0324

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2007
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E07204010;
E3L E13301800;
E3L E15102050;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;

Norm

31994L0055 Gefahrguttransport-RL AnlB Rn10414 Abs1 idF 31999L0047;
31999L0047 Nov-31994L0055;
EURallg;
GGBG 1998 §2 Z1 lita idF 1999/I/108;
GGBG 1998 §3 Z2 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §3 Z3 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §3 Z4 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §3 Z5 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §3 Z6 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §3 Z6;
GGBG 1998 §3 Z7 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §7 Abs8 Z1;
GGBG 1998 §7 Abs8 Z3;
GGBG 1998 §7 Abs8;
VStG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. AK in N, vertreten durch Dr. Volkmar Schicker und Dr. Alfred Roschek, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 24. Oktober 2002, Zl. UVS- 03/P/16/2649/2002/6, betreffend Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als verantwortlicher Beauftragter der D. Handelsgesellschaft m.b.H., Standort L., welche näher genannte gefährliche Güter auf einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Lkw verladen habe, u.a. zu verantworten, dass dieses gefährliche Gut zur Beförderung übergeben und mit diesem Lkw von M.S. am 31. Juli 2001 um 9.30 Uhr an einen näher bezeichneten Ort befördert worden sei, obwohl die in RN 10414 Abs. 1 ADR vorgesehenen Vorschriften über die Handhabung und Verstauung der gefährlichen Güter nicht erfüllt gewesen seien, weil die einzelnen Teile der Ladung auf dem Fahrzeug nicht so verstaut oder durch geeignete Mittel so gesichert gewesen seien, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern hätten können (5 Fässer Klasse 8, Ziffer 5c ADR, UNNr. 2582 seien ohne Sicherung auf der Ladefläche abgestellt gewesen).

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 7 Abs. 8 Z. 3 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) iVm RN 10414 Abs. 1 ADR verletzt; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 218,--

(Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die D. Handelsgesellschaft m.b.H., für die der Beschwerdeführer als verantwortlicher Beauftragter bestellt sei (und bei der die verfahrensgegenständlichen Güter vor der Verladung gelagert gewesen seien), Verlader der verfahrensgegenständlichen Güter gewesen sei. Sie sei die Normadressatin des § 7 GGBG und es komme in einem derartigen Fall nicht darauf an, wer (welcher Arbeiter) die Verladung tatsächlich vorgenommen habe. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers habe der Verlader gemäß § 7 Abs. 8 Z. 3 GGBG u.a. die Verladevorschriften zu beachten. RN 10414 (ADR) normiere dazu, dass die einzelnen Teile einer Ladung mit gefährlichen Gütern auf dem Fahrzeug so verstaut oder durch geeignete Mittel gesichert werden müssten, dass die ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern könnten. Im vorliegenden Fall stehe unbestritten fest, dass der im Spruch wiedergegebene Sachverhalt verwirklicht worden sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die auf den Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, BGBl. I Nr. 145/1998, (GGBG) - § 2 idF BGBl. I Nr. 108/1999 - lauten:

"§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz ist anzuwenden auf die Beförderung gefährlicher Güter:

1. ganz oder teilweise auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960), wenn die Beförderung nicht ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Betriebsgeländes stattfindet, ....

§ 2. Für die Beförderung gefährlicher Güter gemäß § 1 Abs. 1 gelten folgende Vorschriften:

1. für die Beförderung gemäß § 1 Abs. 1 Z 1

a) innerhalb Österreichs sowie mit einem in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums registrierten oder zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug von Österreich in einen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums und von einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Österreich:

die Anlagen A und B der Richtlinie 94/55/EG des Rates vom 21. November 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße, ABl. Nr. L 319 vom 12. Dezember 1994, S 7, in der Fassung der Richtlinie 1999/47/EG der Kommission vom 21. Mai 1999, ABl. Nr. L 169 vom 5. Juli 1999, S l;

b) in allen übrigen Fällen: das Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), BGBl. Nr. 522/1973, in der Fassung der Änderung der Anlagen A und B, BGBl. III Nr. 211/1998; ....

§ 3. Für dieses Bundesgesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1. Gefährliche Güter sind Stoffe und Gegenstände, deren Beförderung mit den in § 1 Abs. 1 genannten Verkehrsträgern gemäß den in § 2 genannten Vorschriften verboten oder nur unter bestimmten Bedingungen gestattet ist.

2.

....

6.

Verlader ist, wer die gefährlichen Güter in Versandstücken einschließlich Großpackmittel (IBC) in ein Fahrzeug oder in einen Container verlädt oder die gefährlichen Güter in Versandstücken einschließlich Großpackmittel (IBC) oder in einem Container dem Beförderer unmittelbar zur Beförderung übergibt.

§ 7. ....

(8) Der Verlader

1. darf gefährliche Güter nur verladen oder dem Beförderer unmittelbar übergeben, wenn sie auf Grund der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften befördert werden dürfen;

2. hat sich vor dem Verladen der Versandstücke in die Fahrzeuge oder Container nach Maßgabe der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass sich die Fahrzeuge oder Container und dass sich deren Ausrüstungsteile in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden;

3. hat die Fahrzeug- und Verladevorschriften sowie die Vorschriften für die Aufschriften, Gefahrzettel, Tafeln und sonstigen Informationen über die gefährlichen Güter sowie das Fahrzeug und den Container zu beachten und

4. hat beim Verladen von Versandstücken die Zusammenladeverbote auch unter Berücksichtigung der bereits im Fahrzeug oder Container befindlichen gefährlichen Güter sowie die Vorschriften über die Trennung von Nahrungs-, Genuß- und Futtermitteln zu beachten."

RN 10414 Abs. 1 der Anlage B der Richtlinie/ADR sieht für beförderte gefährliche Güter aller Klassen im Hinblick auf die Handhabung und Verstauung Folgendes vor:

"10 414 (1) Die einzelnen Teile einer Ladung mit gefährlichen Gütern müssen auf dem Fahrzeug so verstaut sein oder durch geeignete Mittel gesichert sein, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können. Die Ladung kann z.B. durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen gesichert werden. Eine ausreichende Ladungssicherung im Sinne von Satz 1 liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Versandstücken vollständig ausgefüllt ist."

§ 3 Z. 6 GGBG idF BGBl. I Nr. 86/2002 lautet:

"6. Verlader ist das Unternehmen, das die gefährlichen Güter in ein Fahrzeug oder in einen Großcontainer verlädt."

Im vorliegenden Fall fand eine Beförderung im Sinne des § 2 Z. 1 lit. a GGBG, nämlich innerhalb Österreichs, statt. Es war daher die in dieser Bestimmung genannte Richtlinie in der angeführten Fassung (im Folgenden: Richtlinie/ADR) anzuwenden. Die in § 2 Z. 1 GGBG angeführte Richtlinie 1999/47/EG, mit der eine Änderung der Richtlinie 94/55/EG erfolgt ist, ist jene Richtlinie, mit der die Richtlinie/ADR im Zeitpunkt der Erlassung der Novelle BGBl. I Nr. 108/1999 zuletzt geändert worden war. Vor dieser Änderung war die Richtlinie/ADR auch durch die Richtlinie 96/86/EG geändert worden.

Mit der Richtlinie/ADR wurden die Regelungen des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR; Stammfassung im BGBl. Nr. 522/1973) in das Gemeinschaftsrecht umgesetzt (siehe dazu Abs. 2 und Abs. 12 der Einleitung der Richtlinie 94/55/EG). Da der Inhalt der Richtlinie/ADR mit dem ADR übereinstimmt, wird der Beschwerdeführer nicht dadurch in Rechten verletzt, wenn die belangte Behörde im Spruch und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die inhaltsgleichen Regelungen des ADR herangezogen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2004, Zl. 2002/03/0327).

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, erst mit BGBl. I Nr. 86/2002 sei § 3 Z. 6 GGBG insofern geändert worden, als Verlader nun das "Unternehmen" sei, das die gefährlichen Güter in ein Fahrzeug oder in einen Großcontainer verlade. Diese Änderung der Verladerdefinition lasse aber den Schluss zu, dass nach der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Regelung Verlader die natürliche Person sei, die die Verladung tatsächlich vorgenommen habe und gerade nicht das Unternehmen. Der Beschwerdeführer habe selbst keine Ladetätigkeiten durchgeführt, dafür seien entsprechende Lagerarbeiter eingeteilt. Seine Bestellung als verantwortlicher Beauftragter betreffe die Funktion als Beförderer und Absender nicht jedoch diejenigen Tätigkeiten, die von natürlichen Personen unmittelbar durchgeführt werden müssten. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für eine Person, die - wie der Verlader - aufgrund der Gesetzesdefinition selbst handeln müsse, sei aus § 9 Abs. 2 VStG nicht abzuleiten und für eine solche Person (vergleichbar dem Lenker eines Kraftfahrzeuges, der für das Lenken eines Kraftfahrzeuges einen verantwortlichen Beauftragten bestelle) auch nicht denkbar.

Dem ist zu entgegnen, dass den Gesetzesmaterialien (EBzRV 979 BlgNR XXI. GP, S. 13) zur Novelle BGBl. I Nr. 86/2002 zu entnehmen ist, dass Ziel und Lösung der Änderung die Anpassung des GGBG an die geänderten internationalen Bestimmungen sei und die Änderungen der Definitionen Absender, Verpacker, Befüller, Betreiber, Verlader und Beförderer in Anpassung an Abschnitt 1.2.1. der Anlagen des ADR, des RID und der Richtlinien 94/55/EG und 96/49/EG erfolge. Durch die genannte Novelle wurde sodann die Wortfolge "das Unternehmen" nicht nur in § 3 Z. 6 GGBG, sondern auch in den Z. 2 bis 5 und 7 eingefügt. Folgte man der Argumentation des Beschwerdeführers käme nach der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage auch für den Absender, Verpacker, Befüller oder den Beförderer keine Haftung des "Unternehmers", sondern nur des jeweiligen (Hilfs-)Arbeiters, der die erforderlichen Tätigkeiten selbst ausführt, in Frage. Dass eine solche Auslegung dem Zweck der Regelung nicht entspricht und auch schon vor der Novelle BGBl. I Nr. 86/2002 als Verlader nicht nur derjenige in Frage kam, der die notwendigen Arbeiten auch selbst ausführte, liegt auf der Hand, zumal die zitierte Novelle entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine Änderung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit iSd § 9 VStG zum Ziel hatte.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass die Stauung und Sicherung der Ladung einzig und allein Aufgabe des Lenkers sei. Die belangte Behörde folgere, dass sich die Verladevorschriften aus der RN 10414 ADR ergäben. Dass dies auch für die Verladevorschriften des § 7 Abs. 8 Z. 3 GGBG gelte, sei nicht zutreffend. § 2 GGBG regle, welche Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter anzuwenden seien und verweise dabei auf das ADR. § 7 Abs. 8 Z. 1 und Z. 2 GGBG verwiesen explizit auf die gemäß § 2 GGBG in Betracht kommenden Vorschriften. Die im Beschwerdefall anzuwendende Z. 3 leg. cit. verweise jedoch nicht auf § 2 GGBG und daher nicht auf die Rahmenrichtlinie und das ADR, sodass mangels Verweis für die in § 7 Abs. 8 Z. 3 GGBG genannten Fahrzeug- und Verladevorschriften das ADR nicht heranzuziehen sei.

Auch mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Aus dem Regelungszusammenhang des § 7 Abs. 8 GGBG ergibt sich vielmehr, dass schon Z. 1 leg. cit. anordnet, dass der Verlader gefährliche Güter nur verladen darf, wenn sie aufgrund der gemäß § 2 GGBG in Betracht kommenden Vorschriften befördert werden dürfen. Damit bestehen aber keine Bedenken dagegen, dass die in Z. 3 leg. cit. aufgezählten Vorschriften auch die in RN 10414 Abs. 1 Richtlinie/ADR enthaltenen "Verladevorschriften" umfassen, die der Beschwerdeführer als Vertreter des Verladers zu beachten hatte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. Dezember 2007

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2002030324.X00

Im RIS seit

13.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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