TE Vwgh Erkenntnis 2008/1/28 2006/10/0152

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Veröffentlicht am 28.01.2008
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Index

82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;
82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §29 Abs1;
ÄrzteG 1998 §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der H-Apotheke KG in O, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorfer Straße 10-12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. Mai 2006, Zlen. VwSen-590105/79/BMa/Be, VwSen-590106/77/BMa/Be, betreffend Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (mitbeteiligte Partei: Dr. FH in O, vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. Mai 2006 wurde der mitbeteiligten Partei die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in R erteilt. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die mitbeteiligte Partei, ein Arzt für Allgemeinmedizin, betreibe in O eine Vertragsarztpraxis, habe am 15. September 2003 eine weitere Ordination im R eröffnet und hier um Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke angesucht. In R befinde sich keine öffentliche Apotheke, der hier begründete Berufssitz der mitbeteiligten Partei sei von den Betriebsstätten öffentlicher Apotheken, das sind die H-Apotheke der beschwerdeführenden Partei in O, die Apotheke "Z" in S und die "A-Apotheke" in A jeweils mehr als sechs Straßenkilometer entfernt. Die von der mitbeteiligten Partei verbindlich festgelegten Ordinationszeiten (17 Stunden pro Woche in R:

Montag:

7.00

-

10.00

Uhr

 

 

 

 

 

Dienstag:

7.00

-

10.00

Uhr

und

17.00

-

18.00

Uhr,

Mittwoch:

9.00

-

12.00

Uhr

 

 

 

 

 

Donnerstag:

7.00

-

10.00

Uhr

 

 

 

 

 

Freitag:

7.00

-

10.00

Uhr

und

17.00

-

18.00

Uhr;

11,5 Stunden pro Woche in O:

Montag:

10.00

-

12.00

Uhr

Dienstag:

10.00

-

12.00

Uhr

Mittwoch:

7.00

-

9.00

Uhr

Donnerstag:

10.00

-

12.00

Uhr

und

16.30

-

18.00

Uhr

Freitag:

10.00

-

12.00

Uhr)

wiesen auf ein Schwergewicht der beruflichen Tätigkeit in R hin. Auch durch EDV-Tageslisten, die über einen längeren Zeitraum geführt worden seien, habe die mitbeteiligte Partei nachgewiesen, dass die Ordination in R von einer wesentlich größeren Patientenzahl besucht werde als jene in O. So seien im Zeitraum 9. September 2005 bis 30. September 2005 356 Patienten in die Ordination in R, aber nur 296 Patienten in jene in O gekommen. Die Überprüfung dieser Angaben durch den Unabhängigen Verwaltungssenat habe deren Richtigkeit ergeben. Eine Überprüfung der Ordinationsräumlichkeiten durch die Erstbehörde habe ergeben, dass die Ordination in R die neuere und moderne sei. Insbesondere im Bereich der Physiotherapie sei sie umfangreicher und großzügiger ausgestattet. Auf Grund der Ordinationsausstattung könnten Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen und Vorsorgeuntersuchungen ausschließlich in R ordnungsgemäß ausgeführt werden. Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, die Auswertung der in der öffentlichen Apotheke in O abgegebenen Rezepte zeige einen deutlichen Überhang von Patienten aus der Ordination in O, sei entgegenzuhalten, dass von der beschwerdeführenden Partei nicht dargelegt worden sei, wie viele Rezepte an den jeweiligen Tagen von der mitbeteiligten Partei ausgestellt und in welchen Apotheken diese Rezepte eingelöst worden seien. Ein Überhang der eingelösten Rezepte von Patienten der Ordination, die sich in unmittelbarer Nähe zur öffentlichen Apotheke in O befinde, entspräche ebenso der Lebenserfahrung wie die Tatsache, dass jene Patienten, die aus den umliegenden Gemeinden die Ordination in R aufsuchten, ihre Rezepte in anderen Apotheken als in jener in O einlösten. Die Behauptung der beschwerdeführenden Partei, es bestehe in der H-Apotheke in O ein Überhang von in der Ordination der mitbeteiligten Partei in O ausgestellten Rezepten, erschüttere die durch EDV-Listen gestützten Angaben der mitbeteiligten Partei somit nicht.

Dem weiteren Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, die mitbeteiligte Partei habe die Zweitordination in R nur deshalb errichtet, um einen Berufssitz in einer Entfernung von mehr als sechs Straßenkilometern von der H-Apotheke in O begründen zu können und die Bewilligung zur Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke zu erhalten, sei zu entgegnen, dass es einem Arzt freistehe, den Ort seines Berufssitzes zu wählen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 1 Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006, ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke einem praktischen Arzt auf Antrag zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist.

Bei zwei Berufssitzen eines Arztes im Sinne des Ärztegesetzes darf die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2006, Zl. 2004/10/0102, und die dort zitierte Vorjudikatur) - nur für jenen Berufssitz erteilt werden, an dem das Übergewicht der ärztlichen Tätigkeit entfaltet wird.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die mitbeteiligte Partei erfülle sämtliche Voraussetzungen für die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke am Berufssitz in R. Die mitbeteiligte Partei sei praktischer Arzt (Arzt für Allgemeinmedizin), in R befinde sich keine öffentliche Apotheke und der Berufssitz sei von der Betriebsstätte einer öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt. Die mitbeteiligte Partei entfalte das Schwergewicht ihrer ärztlichen Tätigkeit in der Ordination in R, wie sich aus den verbindlich festgesetzten Ordinationszeiten, aus den über einen längeren Zeitraum geführten EDV-Tageslisten betreffend die Patientenfrequenz in den beiden Ordinationen sowie aus der Ausstattung der Ordinationen ergebe.

Die beschwerdeführenden Partei bringt dagegen im Wesentlichen vor, die mitbeteiligte Partei habe ursprünglich in O eine Ordination mit ärztlicher Hausapotheke betrieben. Nach Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in O an die beschwerdeführende Partei habe die mitbeteiligte Partei die ärztliche Hausapotheke in O schließen müssen. Sie habe in der Folge in R, das "nicht einmal 7 Straßenkilometer" entfernt sei, eine Zweitordination errichtet, obwohl dafür eigentlich gar kein Bedarf bestanden habe. Die Errichtung der Zweitordination sei ausschließlich erfolgt, um hier die Bewilligung für eine ärztliche Hausapotheke zu erhalten. Der zweite Berufssitz der mitbeteiligten Partei sei "künstlich" und "mitten im Wald" errichtet worden, die überwiegende Anzahl der Patienten würden die Ordination in R nur deshalb aufsuchen, weil die Ordinationszeiten hier günstiger wären als in der Ordination in O. Die von den Patienten zurückzulegenden Entfernungen seien zur Ordination in R sogar größer als zur Ordination in O. R sei ein kleiner Weiler mit fünf Häusern und ohne die geringste Infrastruktur. Es bestehe dort kein Versorgungspotenzial für eine Ordination. Bei anders gelagerten Ordinationszeiten würde ein Großteil der Patienten der Ordination in R die Ordination in O aufsuchen. Das Recht zur Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke dürfe einem Arzt aber nur dann erteilt werden, wenn am betreffenden Ordinationssitz auch wirklich ein Bedarf nach Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke bestehe. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

Die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht, dass die mitbeteiligte Partei - entsprechend den Annahmen der belangten Behörde - in der Ordination in R den Schwerpunkt ihrer ärztlichen Tätigkeit entfaltet. Angesichts der verbindlich festgelegten Ordinationszeiten, vor allem aber der Patientenfrequenz, der in dieser Frage entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2006, Zl. 2004/10/0102, und die dort zitierte Vorjudikatur), besteht in diesem Punkt auch kein vernünftiger Grund zu zweifeln.

Die beschwerdeführende Partei meint vielmehr, es dürfe einem Arzt, der seinen Berufssitz primär unter dem Gesichtspunkt festgelegt habe, dass er hier eine Bewilligung für eine ärztliche Hausapotheke erhalten könne, keine Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke erteilt werden. In einem solchen Fall bestehe nämlich in Wahrheit kein Bedarf nach der ärztlichen Hausapotheke.

Die beschwerdeführende Partei übersieht bei diesem Vorbringen, dass der Gesetzgeber einen Bedarf an einer ärztlichen Hausapotheke schon dann annimmt, wenn die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 ApG erfüllt sind, d.h. wenn - nach der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage - keine öffentliche Apotheke in der Ortschaft des Berufssitzes besteht und die Entfernung zur Betriebsstätte der nächsten öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer beträgt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1994, VwSlg. 14.163/A). Auf die Frage, ob der antragstellende Arzt diesen Bedarf durch die Wahl seines Berufssitzes (vgl. § 45 Abs. 2 Ärztegesetz) - so die Beschwerde - "künstlich" erzeugt hat, kommt es nicht an. Vielmehr besteht bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 ApG ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke.

Die beschwerdeführende Partei bringt unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften noch vor, sie habe im Verwaltungsverfahren auf die Tätigkeit der mitbeteiligten Partei als Gemeindearzt der Marktgemeinde O hingewiesen. Die belangte Behörde habe diesbezüglich aber keine Erhebungen durchgeführt.

Mit diesem Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Partei nicht auf, dass die belangte Behörde den maßgebenden Sachverhalt unzureichend erhoben habe; besagt die Tätigkeit der mitbeteiligten Partei als Gemeindearzt doch nichts darüber, an welchem ihrer beiden Berufssitze im Sinne des § 45 Ärztegesetz sie das Schwergewicht ihrer ärztlichen Tätigkeit entfaltet.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Jänner 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006100152.X00

Im RIS seit

07.03.2008

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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