TE Vfgh Erkenntnis 2003/3/13 G368/02 ua, V81/02 ua

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Veröffentlicht am 13.03.2003
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Index

18 Kundmachungswesen
18/01 Kundmachungswesen

Norm

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art24
B-VG Art49
B-VG Art49a
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs3
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
ASVG §135a
BGBlG 1996 §2a Abs2 idF BudgetbegleitG 2002
Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend die Berichtigung von Druckfehlern im Bundesgesetzblatt, BGBl I 114/2002

Leitsatz

Keine verfassungsgesetzliche Grundlage der bloß einfachgesetzlichen Ermächtigung zur Berichtigung auch materieller Fehler bei der Kundmachung eines Gesetzes im Rahmen einer Druckfehlerberichtigung durch den Bundeskanzler; Verstoß gegen das Gebot der vollständigen Publikation eines Gesetzesbeschlusses im Bundesgesetzblatt; keine verfassungskonforme Auslegung im Wege der Versteinerung des Druckfehlerbegriffs oder einer systematischen Interpretation möglich; Widerspruch auch zum Rechtsstaatsprinzip; Gesetzwidrigkeit der Druckfehlerberichtigung hinsichtlich der Ambulanzgebühr im Hinblick auf die bereinigte Rechtslage nach Aufhebung der gesetzlichen Ermächtigung und Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Teils der gesetzlichen Regelung der Ambulanzgebühr wegen nicht ordnungsgemäßer Kundmachung

Spruch

I. §2a Abs2 des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1996 (BGBlG), BGBl. Nr. 660/1996, in der Fassung des Art1 Z4 des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ GmbH), das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Erdgasabgabegesetz, das Staatsdruckereigesetz 1996, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2002), BGBl. I Nr. 47/2001, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Die Z9 der Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend die Berichtigung von Druckfehlern im Bundesgesetzblatt, BGBl. I Nr. 114/2002, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. §135a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, idF des Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, BGBl. I Nr. 35/2001, regelt den Behandlungsbeitrag-Ambulanz.

Das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 35/2001 ist vom Nationalrat am 2. April 2001 beschlossen worden (s. StenProt NR XXI. GP, 65. Sitzung, S 66 ff). §135a ASVG hatte in diesem Beschluß folgenden Wortlaut:

"Behandlungsbeitrag - Ambulanz

§135a. (1) Für jede Inanspruchnahme einer ambulanten Behandlung nach diesem Abschnitt

1. in Krankenanstalten, die über Landesfonds finanziert werden,

2. in bettenführenden Vertragskrankenanstalten,

3. in bettenführenden eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger (mit Ausnahme der Sonderkrankenanstalten für Rehabilitation), soweit es sich nicht um eine Rehabilitationsmaßnahme oder Jugendlichen- oder Vorsorge-(Gesunden-)untersuchung handelt,

ist pro Ambulanzbesuch ein Behandlungsbeitrag zu zahlen. Liegt ein entsprechender Überweisungsschein vor, so beträgt der Behandlungsbeitrag 150 S, sonst 250 S. Der Behandlungsbeitrag darf pro Versicherten (Angehörigen) 1 000 S im Kalenderjahr nicht übersteigen. Der Behandlungsbeitrag ist jeweils für ein Quartal im Nachhinein, erstmalig spätestens am 1. Oktober 2001, einzuheben.

(2) Der Behandlungsbeitrag darf nicht eingehoben werden

1. für Kinder nach §123 Abs2 Z2 bis 6 und Abs4 sowie Kinder nach §260 ohne anderes Einkommen,

2. wenn in medizinischen Notfällen, wegen Lebensgefahr oder aus anderen Gründen unmittelbar eine stationäre Aufnahme erfolgt,

3. in Fällen, in denen ein Auftrag eines Sozialversicherungsträgers oder eines Gerichts im Zusammenhang mit einem Verfahren über Leistungssachen zur Einweisung in eine Ambulanz zwecks Befundung und Begutachtung (§22 Abs3 zweiter Halbsatz KAG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 5/2001) vorliegt,

4. für Personen, die auf Grund der Richtlinien nach §31 Abs5 Z16 von der Rezeptgebühr befreit sind,

5. für Personen, die Leistungen infolge einer Schwangerschaft im Rahmen des Mutter-Kind-Passes oder Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft in Anspruch nehmen,

6. für Personen, die Teile des Körpers nach §120 Abs2 oder Blut(plasma) spenden,

7. bei Behandlung für Dialyse oder bei Strahlen- oder Chemotherapie in Ambulanzen,

8. wenn der (die) Versicherte (Angehörige) im Zusammenhang mit ein und demselben Behandlungsfall an Ambulanzen anderer Fachrichtungen weiterüberwiesen wird.

Dies gilt nicht, wenn der Ambulanzbesuch durch schuldhafte Beteiligung an einem Raufhandel bedingt ist oder sich als unmittelbare Folge von Trunkenheit oder Missbrauch von Suchtgiften erweist.

(3) Die Einhebung des Behandlungsbeitrages erfolgt durch die zuständigen Krankenversicherungsträger, denen auch die Feststellung jener Fälle obliegt, in denen nach Abs2 kein Behandlungsbeitrag eingehoben werden darf. Der Krankenversicherungsträger hat nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien (§31 Abs5 Z16b) bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten auf Antrag von der Einhebung des Behandlungsbeitrages abzusehen oder einen bereits entrichteten Behandlungsbeitrag rückzuerstatten.

(4) Die mit der Einhebung des Behandlungsbeitrages verbundenen Verwaltungskosten der Krankenversicherungsträger dürfen je Kalenderjahr mit nicht mehr als 6,5 Prozent der Summe der in diesem Kalenderjahr vorgeschriebenen Behandlungsbeiträge verrechnet werden und sind bei der Rückführung des Verwaltungs- und Verrechnungsaufwandes nach §588 Abs14 außer Acht zu lassen."

Dieser Gesetzesbeschluß des Nationalrates wurde vom Präsidenten des Nationalrates am selben Tag gemäß §83 Geschäftsordnungsgesetz 1975 ausgefertigt und sodann dem Bundesrat übermittelt, der in seiner Sitzung vom 6. April 2001 - ohne Vorliegen eines Ausschußberichtes - beschloß, gegen den Gesetzesbeschluß keinen Einspruch zu erheben (vgl. StenProt BR, 675. Sitzung, S 37).

Aus den dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Akten (GZ 630 930/1-V/1/01) des Bundeskanzlers ergibt sich, daß der Gesetzesbeschluß sodann am 9. April 2001 in der Präsidentschaftskanzlei eingelangt und an diesem Tag vom Bundespräsidenten gemäß Art47 Abs1 B-VG beurkundet worden ist. Noch am selben Tag wurde der Gesetzesbeschluß dem Bundeskanzleramt rückübermittelt.

Nach Gegenzeichnung der Beurkundung durch den Bundeskanzler (Art47 Abs3 B-VG) wurde seitens der zuständigen Abteilung des Bundeskanzleramtes die Verlautbarung des Gesetzesbeschlusses unter Nr. 35 im Teil I des Bundesgesetzblattes am 18. April 2001 veranlaßt.

Wie den vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Akten entnommen werden kann, war Gegenstand der Beurkundung durch den Bundespräsidenten und der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler der im betreffenden Geschäftsstück einliegende (Original-)Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom 2. April 2001.

2. Der in der Folge unter BGBl. I Nr. 35/2001 kundgemachte Text des Bundesgesetzes, mit dem (ua.) das ASVG geändert wird, weicht vom Wortlaut des beurkundeten Beschlusses des Nationalrates insoweit ab, als der zweite Satz des §135a Abs3 ASVG den (genau eine Textzeile einnehmenden) Teil "vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien (§31 Abs5 Z16b) bei Vorliegen einer besonderen" nicht enthält und somit (bloß) lautet:

"(3) ... Der Krankenversicherungsträger hat nach Maßgabe der sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten auf Antrag von der Einhebung des Behandlungsbeitrages abzusehen oder einen bereits entrichteten Behandlungsbeitrag rückzuerstatten."

3. Mit Z9 der Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend die Berichtigung von Druckfehlern im Bundesgesetzblatt, BGBl. I Nr. 114/2002, ausgegeben am 6. August 2002, wurde §135a Abs3 ASVG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 35/2001 in der Weise berichtigt, daß der zweite Satz zur Gänze neu kundgemacht und dabei die - zunächst entfallene, nachstehend hervorgehobene - Wortfolge eingefügt wurde:

"(3) ... Der Krankenversicherungsträger hat nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien (§31 Abs5 Z16b) bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten auf Antrag von der Einhebung des Behandlungsbeitrages abzusehen oder einen bereits entrichteten Behandlungsbeitrag rückzuerstatten."

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat am 29. Juni 2002 aus Anlaß von Beschwerdeverfahren gemäß Art144 B-VG gegen Bescheide betreffend die Vorschreibung eines Behandlungsbeitrages-Ambulanz iS des §135a ASVG (idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 35/2001) beschlossen, von Amts wegen die Verfassungsmäßigkeit des §135a ASVG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 35/2001 zu prüfen.

2. In diesem - zu G218-221/02 geführten - Gesetzesprüfungsverfahren sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Z9 der Kundmachung BGBl. I Nr. 114/2002 sowie ob der Verfassungsmäßigkeit des §2a Abs2 BGBlG entstanden, weshalb er am 11. Oktober 2002 beschlossen hat, beide Bestimmungen einem Normenprüfungsverfahren zu unterziehen.

Der Verfassungsgerichtshof ging hiebei - vorläufig - davon aus, daß er die Z9 der Kundmachung BGBl. I Nr. 114/2002 im Gesetzesprüfungsverfahren zu G218-221/02 anzuwenden hätte: Der Verfassungsgerichtshof sei nämlich - in Übereinstimmung mit dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum - bisher davon ausgegangen, daß Druckfehlerberichtigungen rückwirkende Kraft auf den Tag der Kundmachung des berichtigten Rechtsaktes zukomme. Für das Gesetzesprüfungsverfahren zu G218-221/02 sei angesichts dessen zu klären, ob dieses Verfahren zum Teil als unzulässig geworden einzustellen sei oder aber die Kundmachung BGBl. I Nr. 114/2002 eo ipso auch den Gegenstand des Gesetzesprüfungsverfahrens geändert habe, ohne daß es einer Ergänzung des Prüfungsbeschlusses bedürfte.

3.1. §2a BGBlG wurde durch das - seit dem 1. Juli 2001 in Kraft stehende - Budgetbegleitgesetz 2002, BGBl. I Nr. 47/2001, geschaffen; sein Abs2 enthält eine Definition des Begriffs des Druckfehlers. §2a BGBlG hat folgenden Wortlaut (der in Prüfung genommene Teil ist hervorgehoben):

"§2a. (1) Der Bundeskanzler kann durch Kundmachung in dem Teil des Bundesgesetzblattes, in dem der Fehler unterlaufen ist, berichtigen:

1. Druckfehler in Verlautbarungen des Bundesgesetzblattes;

2. Verstöße gegen die innere Einrichtung dieses Blattes (Nummerierung der einzelnen Verlautbarungen, Seitenangabe, Angabe des Ausgabe- und Versendungstages u. dgl.).

(2) Druckfehler im Sinne des Abs1 Z1 ist jede Abweichung des Kundmachungstextes vom Original des Beschlusses der zu verlautbarenden Rechtsvorschrift, die im Zuge der Drucklegung unterlaufen ist, unabhängig davon, ob durch die Abweichung der materielle Inhalt der Rechtsvorschrift geändert worden ist."

3.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluß vom 11. Oktober 2002 Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §2a Abs2 BGBlG (idF des Budgetbegleitgesetzes 2002) aus dem Blickwinkel sowohl des gewaltenteilenden Prinzips als auch des Rechtsstaatsprinzips geäußert:

"... Nach Art24 B-VG ist die Gesetzgebung des Bundes vom Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat auszuüben. Beiden Vertretungskörpern ist damit die "Hauptfunktion" im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens übertragen (vgl. - mwN - Korinek, Art47 B-VG Rz 4, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht). Diese Funktion, Gesetze (im formellen Sinne) zu erlassen, ist somit speziellen Staatsorganen vorbehalten (vgl. Schick, Art24 B-VG Rz 6, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht). Organen der Vollziehung dürfte die Erlassung auch sonstiger generell-abstrakter Normen, somit von Gesetzen im materiellen Sinne, lediglich insoweit zustehen, als eine entsprechende verfassungsgesetzliche Ermächtigung besteht (s. insbesondere Art18 Abs2 B-VG sowie die - zahlreichen - Ermächtigungen an Verwaltungsorgane, sog. verfassungsunmittelbare Verordnungen zu erlassen: zB Art18 Abs3, 78c Abs2, 97 Abs3, 102 Abs5, 118 Abs6 B-VG; §8 Abs5 litd ÜG 1920; §16 Abs1 F-VG 1948).

Darüber hinaus überträgt das B-VG einzelnen Organen der Vollziehung des Bundes (Bundespräsident, Bundeskanzler, Bundesregierung) die Aufgabe, an der erwähnten Hauptfunktion der Erlassung von Bundesgesetzen mitzuwirken (s. insbesondere Art41 Abs1 sowie die Art47 ff B-VG). Hiedurch wird der Vollziehung bundesverfassungsgesetzlich eine Mitwirkungsfunktion im Gesetzgebungsverfahren des Bundes zugewiesen, woraus sich in gewisser Weise ein Einfluß der Vollziehung auf die Gesetzgebung ergibt, wie es auch den geschichtlichen Vorbildern in der monarchischen Verfassung entsprechen dürfte (vgl. Schick, Art24 B-VG Rz 9, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht). Das bereits aus dem systematischen Zusammenhang des Zweiten ('Gesetzgebung des Bundes') sowie des Dritten Hauptstückes ('Vollziehung des Bundes') des B-VG erschließbare (grundlegende) Prinzip der Trennung von Gesetzgebung und Vollziehung dürfte hiedurch vom Verfassungsgesetzgeber selbst in gewisser Weise abgeschwächt worden sein.

... Durch die hiemit die Prüfung genommene Bestimmung des §2a Abs2 BGBlG dürfte dem Bundeskanzler jedoch der Sache nach eine bundesverfassungsgesetzlich nicht vorgesehene, zusätzliche Aufgabe im Rahmen der Bundesgesetzgebung zugewiesen worden sein. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, daß es unzulässig sein dürfte, im Wege eines einfachen Gesetzes die verfassungsgesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsfunktionen der Vollziehung an der Gesetzgebung beliebig auszugestalten und zu erweitern:

... Dieses Bedenken besteht zunächst darin, daß eine solche Befugnis des einfachen Gesetzgebers mit der bundesverfassungsgesetzlich in bestimmter Weise vorgenommenen, insoweit anscheinend als abschließend zu beurteilenden Ausgestaltung nicht bloß der Trennung, sondern auch des Zusammenspiels von Gesetzgebung und Vollziehung nicht vereinbar sein dürfte.

... Eine systematische Zusammenschau der Art49 und 49a B-VG dürfte dieses Bedenken des Verfassungsgerichtshofes begründen:

a) Nach Art49a B-VG kann der Bundeskanzler - gemeinsam mit dem zuständigen Bundesminister - Bundesgesetze sowie im Bundesgesetzblatt kundgemachte Staatsverträge 'mit verbindlicher Wirkung' im Bundesgesetzblatt wiederverlautbaren. Aus diesem Anlaß kann der wiederverlautbarte Rechtsakt in verschiedenen Punkten verändert werden (s. im einzelnen Art49a Abs2 B-VG; so können etwa 'Unstimmigkeiten' richtiggestellt, Kurztitel festgesetzt sowie Neunumerierungen vorgenommen werden). Gerichte und Verwaltungsbehörden sind von dem der Herausgabe jenes Bundesgesetzblattes, das den wiederverlautbarten Text enthält, folgenden Tag hinsichtlich aller danach verwirklichten Tatbestände an diesen Text gebunden (Art49a Abs3 B-VG; s. dazu VfSlg. 14.774/1997).

b) Wie sich aus Art49a Abs2 B-VG ergibt, ist es somit bloß in engen Grenzen gestattet, im Text eines Gesetzes aus Anlaß seiner Wiederverlautbarung Änderungen vorzunehmen. Für Druckfehlerberichtigungen bestehen dagegen keine ausdrücklichen verfassungsgesetzlichen Vorgaben. Es dürfte angesichts dessen dem (einfachen) Bundesgesetzgeber nach Art49 Abs3 B-VG nicht auch die Ermächtigung zukommen, Druckfehlerberichtigungen in einem über Art49a Abs2 B-VG hinausgehenden Umfang zuzulassen, insbesondere nicht in einem Fall, in dem der kundgemachte Text einen gegenüber dem zugrunde liegenden Beschluß des Nationalrates veränderten Inhalt hat und eine Berichtigung im Rahmen der Wiederverlautbarung somit einer inhaltlichen Änderung des Gesetzes gleichkäme. Aus Art49a Abs2 B-VG scheint vielmehr - arg. a minori ad maius - abzuleiten zu sein, daß (zumindest) im Falle eines Fehlers, der dem kundgemachten Text einen vom zugrunde liegenden Beschluß abweichenden Inhalt gegeben hatte, dessen Berichtigung durch ein Organ der Vollziehung nur bei Vorliegen einer ausdrücklichen verfassungsgesetzlichen Ermächtigung zulässig sein dürfte. Eine solche verfassungsgesetzliche Grundlage dürfte unabhängig davon erforderlich sein, ob die Berichtigung - im Sinne des bisherigen Verständnisses der Wirkungen einer Druckfehlerberichtigung - jedenfalls rückwirkende Kraft entfaltet (welche Wirkung einer Wiederverlautbarung ausdrücklich nicht zukommt) oder anzunehmen ist, daß einer den materiellen Inhalt des berichtigten Gesetzes ändernden Berichtigung Verbindlichkeit erst ab ihrer Kundmachung zukommt.

        ... §2a Abs2 BGBlG dürfte aber auch jenen Anforderungen nicht

entsprechen, die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben:

        ... Wie Art49 B-VG entnommen werden kann, kommt

rechtsverbindliche Kraft ausschließlich dem kundgemachten Text einer Rechtsvorschrift zu (s. von neuem VfSlg. 3719/1960). Soweit §2a Abs2 BGBlG dazu ermächtigt, einen der Kundmachung anhaftenden Fehler auch dann zu berichtigen, wenn dieser Fehler den materiellen Inhalt der kundzumachenden Norm verändert hat, so bedeutet eine Berichtigung dieses Fehlers nichts anderes, als daß die zunächst (mangelhaft) kundgemachte Norm inhaltlich geändert wird, dh. eine bisher nicht kundgemachte Norm (bzw. ein nicht kundgemachter Teil einer Norm) mit zeitlicher Verzögerung erstmals kundgemacht wird.

... Die in Prüfung genommene Gesetzesbestimmung dürfte daher bewirken, daß der Bürger nicht mehr darauf vertrauen kann, daß sein Verhalten an jenen Rechtsvorschriften gemessen wird, die im Bundesgesetzblatt kundgemacht sind. Dieses Bedenken dürfte auch nicht dadurch zu entkräften sein, daß nur solchen Druckfehlerberichtigungen rückwirkende Kraft zugebilligt wird, die den materiellen Inhalt des Gesetzes unverändert lassen (wie es dem bisherigen Verständnis entspricht), da die zuletzt genannte Beurteilung dem einzelnen in der Regel nicht immer möglich sein dürfte; jedenfalls dürfte aber auch in dieser Sichtweise schon durch die Weite der durch §2a Abs2 BGBlG geschaffenen Ermächtigung die bundesverfassungsgesetzlich an die Kundmachung (Art49 Abs1 B-VG) geknüpfte Verbindlichkeit des verlautbarten Gesetzestextes in einer Weise regelmäßig in Frage stehen, die mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar zu sein scheint.

... Der Verfassungsgerichtshof nimmt - vorläufig - auch den Standpunkt ein, daß es vor dem Hintergrund des Art49 Abs1 sowie des Art49a Abs3 B-VG, wonach einem Normtext prinzipiell erst ab dem Zeitpunkt seiner Kundmachung im Bundesgesetzblatt Verbindlichkeit zukommt, dem einzelnen nicht zugemutet werden soll, sich durch Studium der parlamentarischen Materialien Kenntnis vom genauen Wortlaut eines vom Nationalrat gefaßten Gesetzesbeschlusses zu verschaffen, um beurteilen zu können, ob eine Berichtigung des - möglicherweise mangelhaft - kundgemachten Gesetzestextes zu gewärtigen ist.

... Es begegnet zwar - nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (s. zB VfSlg. 2872/1955, 3665/1959, 5051/1965, 5411/1966, 6182/1970 uva.) - bereits angesichts des Wortlauts des Art49 Abs1 B-VG (vorbehaltlich jener Beschränkungen, die sich aus dem Gleichheitssatz, insbesondere aus dem daraus abgeleiteten Grundsatz des Vertrauensschutzes, sowie aus Art7 Abs1 EMRK ergeben) im allgemeinen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn einem kundgemachten Gesetz im Wege eines Gesetzgebungsaktes rückwirkend ein veränderter Inhalt gegeben wird. Daraus dürfte jedoch hier bereits deshalb nichts zu gewinnen sein, weil eine Druckfehlerberichtigung iS des §2a Abs1 Z1 iVm Abs2 BGBlG kein Gesetzgebungs-, sondern ein Vollziehungsakt ist, uzw., wie zuletzt in VfSlg. 15.579/1999 (S 112) ausgesprochen worden ist, eine Rechtsverordnung iS des Art139 Abs1 B-VG (so auch - mit Nachweisen des einschlägigen Schrifttums - Thienel, ÖJZ 2001, 861 [868]), Art49 Abs1 B-VG indes dem Gesetzgeber die Prärogative einräumen dürfte, die Rückwirkung eines Gesetzes oder aber auch sein Inkrafttreten in Teilen zu verschiedenen Zeitpunkten anzuordnen."

3.3. Bedenken gegen die Kundmachung des Bundeskanzlers BGBl. I Nr. 114/2002 ergäben sich schließlich daraus, daß deren Z9 bei Aufhebung des §2a Abs2 BGBlG nach dem dann heranzuziehenden Maßstab des §2a Abs1 Z1 BGBlG als gesetzwidrig zu beurteilen sein dürfte, sofern sich herausstellen sollte, daß die Kundmachung die Grenzen des Begriffs der Druckfehlerberichtigung im Sinne des bisherigen verfassungsrechtlichen Begriffsverständnisses überschritten habe.

4.1. Die Bundesregierung hat eine schriftliche Äußerung zum Gegenstand erstattet, worin die Verfassungsmäßigkeit des §2a Abs2 BGBlG wie folgt verteidigt wird (Hervorhebungen wie im Original):

"... Gemäß Art49 Abs1 B-VG hat der Bundeskanzler ua. die Bundesgesetze im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Durch Art49 Abs3 B-VG wird der Gesetzgeber ermächtigt, über das Bundesgesetzblatt ein besonderes Bundesgesetz zu erlassen. Dass in Kundmachungen von Bundesgesetzen enthaltene Mängel vom Bundeskanzler berichtigt werden dürfen (oder dass dies einfachgesetzlich vorgesehen werden kann), sagt das B-VG nicht.

... Der Verfassungsgerichtshof erachtete die Berichtigung von Druckfehlern bisher in ständiger Rechtsprechung für verfassungsrechtlich unbedenklich, vertrat allerdings - überwiegend - die Ansicht, dass von einem berichtigungsfähigen Druckfehler nur dann gesprochen werden könne, wenn durch den Fehler der materielle Gesetzesinhalt nicht verändert wird. Fehler, die zu einer Veränderung des Inhaltes einer Vorschrift führen, seien dagegen nicht als Druckfehler, sondern als Publikationsmängel anzusehen, die einer Berichtigung nicht zugänglich seien (vgl. VfSlg. 3719/1960, 14.851/1997, 15.579/1999; anders VfSlg. 14.146/1995).

Demgegenüber kommt Thienel (Sanierung von Kundmachungsmängeln von Bundesgesetzen, ÖJZ 2001, 861 [871 ff], siehe auch derselbe, Art48, 49, in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht [1999 ff], Rz. 78 ff) nach einer ausführlichen Untersuchung der Rechtsentwicklung und Praxis von 1849 bis 1920 und der österreichischen und deutschen Staatsrechtslehre vor und nach 1920 zu folgendem Ergebnis (Hervorhebungen nicht im Original):

'Die historische Entwicklung zeigt, dass Berichtigungen von Kundmachungen auch von Gesetzeskundmachungen - immer als zulässig angesehen wurden. Wenn die Verfassung vor diesem historischen Hintergrund den einfachen Gesetzgeber ermächtigt, Regelungen über das BGBl zu treffen, ist zu schließen, dass der einfache Gesetzgeber auch die Berichtigung von Fehlern bei der Kundmachung - im historisch üblichen Umfang - vorsehen darf. Der dargestellte historische Hintergrund zeigt aber, dass Berichtigungen auch dann üblich waren und als zulässig angesehen wurden, wenn es dadurch zu einer Änderung des materiellen Normgehalts der berichtigten Vorschrift kommt. ...

Eine historische Auslegung führt daher zu dem Zwischenergebnis, dass es dem einfachen Bundesgesetzgeber auf Grund der Ermächtigung des Art49 Abs3 B-VG nicht verwehrt ist, Berichtigungen im aufgezeigten Umfang auch dann vorzusehen wenn dadurch der materielle Inhalt der berichtigten Vorschrift geändert wird. Man kann dies auch damit rechtfertigen, dass es nur darum geht, dem 'wahren Willen' des Parlaments zum Durchbruch zu verhelfen, wenn dieser infolge eines Fehlers bei der Kundmachung nicht korrekt zum Ausdruck gebracht wird.'

Ähnlich äußert sich auch Funk (Die Berichtigung von Verlautbarungsfehlern in Gesetzblättern. Möglichkeiten und Grenzen der Behebung von Druckfehlern und ähnlichen Mängeln, insbesondere bei Gesetzen, in Rill-FS [1995], 77 [88 f], Hervorhebung nicht im Original):

'Die historische Diagnose zeigt, daß Regelungen über die Behebung von Druckfehlern und ähnlichen Mängeln von Anfang an auf der Ebene unterhalb des Verfassungsrechts angesiedelt waren. Schon in der konstitutionellen Monarchie standen diese Regelungen außerhalb des Verbandes der Staatsgrundgesetze des Jahres 1867, deren Änderung einer qualifizierten Mehrheit in beiden Kammern des Reichsrates vorbehalten blieb. An diesem Standort hat sich auch später nichts geändert; Regelungen dieses Inhalts sind stets Teile des materiellen, nicht aber des formellen Verfassungsrechts geblieben. Geht man von einem historisch-versteinernden Verständnis des Verfassungsbegriffes der Bundesverfassung aus, so erscheint die Zuordnung zum materiellen Verfassungsrecht systemkonform. Regelungen über die Berichtigung von Druckfehlern und ähnlichen Mängeln in Gesetzblättern können durch einfaches Gesetz geschaffen werden.'

... Vor dem Hintergrund dieser historischen Rechtslage erweist sich, worauf Thienel (aaO, 873) hinweist, die restriktive Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Druckfehlerberichtigungen als problematisch. Das historische Verständnis legt nämlich den Schluss nahe, dass mit dem Ausdruck 'Druckfehler' herkömmlich auch Abweichungen vom Original verstanden wurden, die den materiellen Inhalt verändern. Tatsächlich wurde dies in der österreichischen Staatsrechtslehre etwa von Lukas (Gesetzespublikation in Österreich und im Deutschen Reiche [1903], 233 ff) sowie von der gesamten deutschen Staatsrechtslehre vertreten, wobei namentlich Laband (Berichtigungen von Reichsgesetzen, DJZ 1903, 301 ff [insb. 302]) die Notwendigkeit einer Berichtigung von 'Verkündigungsfehlern' gerade für jene Fälle hervor hebt, deren Berichtigung laut Einleitungsbeschluss unzulässig sein soll:

'Fehler, welche den Sinn stören oder entstellen; dahin gehören namentlich unrichtige Ziffern, Auslassungen eines für den Sinn erheblichen Wortes, fehlerhafte Verweisungen auf andere Gesetzesstellen'.

Und auch in der älteren Lehre zum B-VG wurden - wie selbstverständlich - Druckfehlerberichtigungen auch dann als zulässig angesehen, wenn es zu einer Änderung des materiellen Gesetzesinhaltes kommt; so sieht Lenhoff (Fehlerhafte, geltungslose und unanwendbare Gesetze, JBl 1933, 103 [104]) als 'Druckfehler' alle 'Abweichungen des Abdruckes vom Originale' an und schreibt weiter:

'Die Berichtigung des Druckfehlers ist also Rechtserzeugung, da an Stelle des kundgemachten Rechtsinhaltes ein neuer Rechtsinhalt verlautbart wird.'

Die Rechtsentwicklung von 1849 bis 1920, die im Jahr 1920 vom Verfassungsgesetzgeber vorgefundene und offensichtlich stillschweigend akzeptierte Praxis der Druckfehlerberichtigung sowie die in der österreichischen und deutschen Staatsrechtslehre vor und nach 1920, soweit ersichtlich, einhellig vertretene Auffassung sprechen also allesamt für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Berichtigung (auch) von Druckfehlern, durch die es zu einer Änderung des materiellen Inhalts der Rechtsvorschrift kommt. Die Zulässigkeit derartiger Druckfehlerberichtigungen wurde geradezu als selbstverständlich angesehen. Die im Erkenntnis VfSlg. 3719/1960 postulierte begriffliche Unterscheidung zwischen '(berichtigungsfähigen) Druckfehlern' und 'Publikationsmängeln' ist historisch nicht nachweisbar: Diese Begriffe werden vielmehr durchwegs synonym verwendet; vereinzelt wird sogar die Notwendigkeit der Berichtigung - nur - für den Fall hervor gehoben, dass der 'Druckfehler' zu einer Änderung des materiellen Gesetzesinhalts geführt hat (Laband, aaO). Mit diesem historischen Verständnis hat sich der Verfassungsgerichtshof, wie Thienel (aaO, 873) bemerkt, bisher nie auseinander gesetzt.

... Da den bisherigen Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes jeweils einfachgesetzliche Bestimmungen zugrunde lagen, die keine Legaldefinition des Begriffes Druckfehler enthielten, ging der Verfassungsgerichtshof darin ohne weiteres von der von ihm postulierten Abgrenzung zwischen 'Druckfehlern' und 'Publikationsmängeln' aus. In keinem seiner Erkenntnisse hat der Verfassungsgerichtshof allerdings zum Ausdruck gebracht, dass dem einfachen Gesetzgeber eine Änderung der Definition des Begriffes 'Druckfehler' aus verfassungsrechtlichen Gründen verwehrt sei. Wenn er im Erkenntnis VfSlg. 3719/1960 einen Vergleich zwischen der entsprechenden Ermächtigung des (Salzburger) Gesetzes über das Landesgesetzblatt ('Druckfehler in Verlautbarungen des Landesgesetzblattes') und den §§62 Abs4 AVG und 419 Abs1 ZPO ('andere offenbare Unrichtigkeiten') anstellt und daraus den Schluss zieht,

'daß der Gesetzgeber sich bei der Berichtigung genereller Rechtsnormen bewußt eine größere Beschränkung auferlegt hat als bei der Berichtigung individueller Hoheitsakte',

dann weist er, im Gegenteil, darauf hin, dass es sich dabei um einen Akt der Selbstbeschränkung des Gesetzgebers handelt und nicht um eine Unterlassung, zu der dieser von Verfassungs wegen verpflichtet ist. Sogar im 'Leiterkenntnis' VfSlg. 3719/1960 wird also ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Definition des Begriffes 'Druckfehler' - und also auch: bei der Umschreibung der Reichweite der Ermächtigung zur Berichtigung von Kundmachungsmängeln - implizit anerkannt und auch der Einleitungsbeschluss selbst will dies nicht schlechterdings ausschließen (...).

... 'Druckfehler' ('Publikationsmängel') sind so alt wie die Kundmachung in gedruckten Kundmachungsblättern selbst. Derartige Fehler können auch nicht durch Anwendung größtmöglicher Sorgfalt im Rahmen der Drucklegung vermieden werden. Bereits das [ABGB] enthält in seinem §991 einen - bis heute nicht berichtigten - Druckfehler, nämlich die unrichtige Paragraphenbezeichnung '§891'. Dass Art49 Abs1 B-VG den Bundeskanzler verpflichtet, die 'Originalurkunde' vollständig und originaltreu zu publizieren, ist unstrittig; fraglich ist jedoch, was geschehen soll, wenn Original (das 'Publicandum') und Kundmachung (das 'Publicatum') voneinander abweichen.

Die mit dem Erkenntnis VfSlg. 3719/1960 beginnende restriktive Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Druckfehlerberichtigungen hatte zur Folge, dass sog. 'Publikationsmängel' (im Sinne der Terminologie des VfGH) nicht (mehr) berichtigt werden konnten. Da auch die 'Ersetzung' fehlerhafter Gesetzespublikationen durch eine neuerliche mangelfreie Publikation vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 16.152/2001 für rechtswidrig erkannt wurde, erwies sich eine Definition des Begriffes 'Druckfehler' als unumgänglich, wenn vom Original (des Gesetzesbeschlusses des Nationalrates) abweichende Kundmachungen nicht auf Dauer (bzw. bis zu ihrer Sanierung durch den Gesetzgeber oder einer allfälligen Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof) Bestand haben sollten.

Durch Art. [1] des Budgetbegleitgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 47/2001, wurde §2 Abs7 BGBlG aufgehoben und an seiner Stelle ein neuer §2a in das Gesetz eingefügt, dessen Abs2 die bereits zitierte Legaldefinition des Begriffes 'Druckfehler' enthält. ...

...

... Es trifft zu, dass der Bundesgesetzgeber damit auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Druckfehlerberichtigungen 'reagiert' hat. Tatsächlich ist er jedoch nur zum historischen Verständnis des Begriffes 'Druckfehler' zurückgekehrt und hat ausdrücklich klar gestellt, was bei wörtlicher und historisch-systematischer Interpretation auch der Vorgängerbestimmung des §2 Abs7 BGBlG hätte entnommen werden können.

Aus gegebenem Anlass sei jedoch betont, dass die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme bot, eine Erweiterung der gesetzlichen Ermächtigung zur Berichtigung von Druckfehlern sei dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen verwehrt (...): Denn hat man einmal erkannt, dass der Gesetzesvorbehalt des Art49 Abs2 B-VG 1920 (Art49 Abs3 B-VG) auch die Ermächtigung beinhaltet, durch (einfaches) Bundesgesetz die Berichtigung von Druckfehlern vorzusehen (in diesem Sinne Funk und Thienel sowie implizit auch die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes), dann kann aus dem Umstand, dass Kundmachungsmängel (im weiteren Sinn) in der Praxis vor und nach dem In-Kraft-Treten der Bundesverfassung im Jahr 1920 unabhängig davon berichtigt wurden, ob mit der Berichtigung eine Änderung des materiellen Inhalts der Rechtsvorschrift verbunden war - wobei dies in der österreichischen und deutschen Staatsrechtslehre einhellig für zulässig oder sogar geboten erachtet wurde -, wohl nur der Schluss gezogen werden, dass es von Verfassungs wegen jedenfalls nicht von vornherein unzulässig ist, durch (einfaches) Bundesgesetz auch eine Berichtigung derartiger Mängel vorzusehen (so auch Thienel, aaO, 873; aA anscheinend Funk, aaO, 91).

... Aus demselben Grund kann aber auch nicht davon gesprochen werden, dem Bundeskanzler sei durch §2a Abs2 BGBlG 'der Sache nach eine bundesverfassungsgesetzlich nicht vorgesehene, zusätzliche Aufgabe im Rahmen der Bundesgesetzgebung zugewiesen worden' oder die durch §2a Abs2 BGBlG geschaffene Rechtslage sei mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung bzw. mit dem durch die Bundesverfassung abschließend normierten Zusammenspiel zwischen Gesetzgebung und Vollziehung bei der Erlassung von Bundesgesetzen unvereinbar.

Im Zweiten Hauptstück des B-VG ist unter dem Titel 'Gesetzgebung des Bundes' nicht bloß die Tätigkeit der die Gesetzgebung ausübenden Organe des Bundes, sondern der gesamte 'Weg der Bundesgesetzgebung' geregelt, also auch insoweit, als daran Organe der Vollziehung beteiligt sind (vgl. Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 [1922], 92). Abschnitt D des Zweiten Hauptstückes sieht neben den Zuständigkeiten der Organe der Bundesgesetzgebung Nationalrat und Bundesrat - aber auch des Volkes (vgl. Kelsen/Froehlich/Merkl, aaO) - einzelne Zuständigkeiten von Organen der Vollziehung vor. Da diese Zuständigkeiten in Abschnitt D ausdrücklich und abschließend geregelt sind, kann eine Auseinandersetzung mit der Reichweite des (grundlegenden) Prinzips der Gewaltentrennung und deren Abschwächung hier unterbleiben; auch diese könnte nämlich nichts anderes ergeben, als sich bereits aus den einzelnen Bestimmungen des Abschnittes D ergibt.

Von den Zuständigkeiten des Bundeskanzlers im Rahmen der Bundesgesetzgebung kommt hier nur dessen Zuständigkeit zur Kundmachung der Bundesgesetze (und bestimmter Staatsverträge) nach Art49 Abs1 B-VG in Betracht; durch diese Bestimmung wird 'die Finalisierung ... des Gesetzgebungsverfahrens ... in die Hand des Bundeskanzlers gelegt' (Ringhofer, Bundesverfassung [1977], 158).

Wie der bereits mehrfach angesprochene historische Kontext zeigt, wurde die Berichtigung von Kundmachungsmängeln (im weiteren Sinn) durch den Bundeskanzler nie als 'zusätzliche Aufgabe' angesehen, die zur Kundmachung hinzutritt, sondern als Teilaspekt und integrierender Bestandteil seiner Funktion eines Kundmachungsorgans. (Für die Kundmachung von Verordnungen wird dies vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 13.910/1994 [S 359] auch durchaus anerkannt.) Dieser Auffassung ist zuzustimmen: Wäre die Berichtigung von Kundmachungsmängeln (im weiteren Sinn) tatsächlich eine 'zusätzliche Aufgabe' des Bundeskanzlers im Rahmen der Bundesgesetzgebung, so wäre nicht nur die Berichtigung von 'Publikationsmängeln', sondern auch die Berichtigung von 'Druckfehlern' (im Sinne der Terminologie des Verfassungsgerichtshofes) verfassungswidrig; auch damit würde der Bundeskanzler nämlich eine Kompetenz im Rahmen der Bundesgesetzgebung ausüben, die in der Bundesverfassung nicht vorgesehen ist. Dass jedoch die Berichtigung der letzteren Kategorie von Kundmachungsmängeln von seiner Funktion als Kundmachungsorgan umfasst sei, die ersteren hingegen nicht, kann nach Ansicht der Bundesregierung mangels irgendwelcher Anhaltspunkte im Wortlaut der Bundesverfassung nicht überzeugend begründet werden.

... Die Kundmachung einer vom Original des Gesetzesbeschlusses abweichenden Fassung stellt einen Verstoß gegen Art49 Abs1 B-VG dar, der als solcher nicht mehr sanierbar ist. Es wäre jedoch kaum verständlich, wollte man annehmen, dass die Bundesverfassung Abweichungen der Kundmachung vom originalen Gesetzesbeschluss auf Dauer (bzw. bis zu einer allfälligen Aufhebung der gesetzwidrig kundgemachten Vorschrift durch den Verfassungsgerichtshof) toleriert und für diesen Fall lediglich die Möglichkeit der Fassung eines neuen, wörtlich unveränderten Gesetzesbeschlusses durch den Nationalrat gebietet (die eine mängelfreie Kundmachung als solche ja überhaupt nicht bewirken kann). Durch §2a BGBlG soll daher, wie in den Erläuterungen zu dieser Bestimmung ausgeführt, der Grundsatz der originalgetreuen Wiedergabe des Gesetzesbeschlusses in der Kundmachung verwirklicht und dem wahren Willen des Gesetzgebers, so wie er in dem von ihm beschlossenen, 'originalen' Text zum Ausdruck kommt, zum Durchbruch verholfen werden. Wie Laband (aaO) zutreffend bemerkt, ist dies nämlich auch und gerade bei solchen Kundmachungsmängeln notwendig, durch die der materielle Gesetzesinhalt verändert wird. Daher sprechen nach Auffassung der Bundesregierung die besseren Gründe für die Auffassung, dass die Berichtigung von sämtlichen Kundmachungsmängeln einen Teilaspekt der dem Bundeskanzler nach Art49 Abs1 B-VG zukommenden Funktion eines Kundmachungsorgans darstellt, der in dem auf Grund des Art49 Abs3 B-VG ergehenden Bundesgesetz in verfassungsrechtlich zulässiger Weise näher geregelt werden kann.

Gerade wegen des Grundsatzes der originalgetreuen Wiedergabe des Gesetzesbeschlusses in der Kundmachung vermag die Bundesregierung allerdings - insoweit im Gegensatz zu Thienel (aaO, 873) - aus Art49 B-VG keinerlei quantitative Schranken für den Umfang der Berichtigung von - den materiellen Gesetzesinhalt verändernden - Druckfehlern herauszulesen, sofern der Text nach erfolgter Berichtigung mit dem Original des Gesetzesbeschlusses übereinstimmt (...). Denn selbst wenn Berichtigungen, die mehr als einzelne Absätze einer Bestimmung zum Gegenstand hatten, in der historischen Praxis nicht vorgekommen sein sollten, kann daraus nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, dass sie unzulässig sind. Plausibler erscheint hier die Annahme, dass allfällige Auslassungen ganzer Absätze, Paragraphen oder gar Abschnitte im Zuge der Drucklegung regelmäßig auffallen werden, sodass sich die Notwendigkeit zur Berichtigung solcher Mängel auch in der Vergangenheit, wenn überhaupt, höchst selten ergeben haben, dürfte.

... Auch die vom Verfassungsgerichtshof durch die Zusammenschau mit den Regelungen über die Wiederverlautbarung herausgearbeiteten Bedenken vermag die Bundesregierung nicht zu teilen.

Richtig ist, dass für die Druckfehlerberichtigung im Gegensatz zur Wiederverlautbarung keine ausdrücklichen verfassungsgesetzlichen Vorgaben bestehen. Daraus kann jedoch nicht der (Größen-)Schluss gezogen werden, dass Druckfehlerberichtigungen durch einfaches Bundesgesetz nicht in einem über Art49a Abs2 B-VG hinausgehenden Umfang vorgesehen werden dürfen. Bei der Druckfehlerberichtigung einerseits und der Wiederverlautbarung andererseits handelt es sich um voneinander zu unterscheidende Institute mit unterschiedlichem Regelungsgegenstand und jeweils unterschiedlichen Zielsetzungen: Zweck der Druckfehlerberichtigung ist es, bestimmte Diskrepanzen zwischen Original des (Gesetzes-)Beschlusses ('publicandum') und Kundmachung ('publicatum') zu berichtigen, Zweck der Wiederverlautbarung hingegen, die zum Stichtag geltende Fassung des Gesetzes richtig darzustellen; Maßstab der Druckfehlerberichtigung ist das Original des (Gesetzes-)Beschlusses, Maßstab der Wiederverlautbarung hingegen die vom kundgemachten Text (des Gesetzesbeschlusses) abweichende geltende Rechtslage; oder, allgemeiner formuliert: durch die Druckfehlerberichtigung wird der kundgemachte Text dem Originaltext tendenziell ähnlicher, durch die Wiederverlautbarung tendenziell unähnlicher.

Wenn einfachgesetzliche Ermächtigungen zur Berichtigung von Kundmachungsmängeln (im weiteren Sinn) vom Verfassungsgesetzgeber im Jahr 1920 vorgefunden und stillschweigend akzeptiert worden sind, ändert die spätere Einführung und rechtliche Ausgestaltung des Instituts der Wiederverlautbarung daran voraussetzungsgemäß nichts. Irgendwelche Anhaltspunkte für eine implizite materielle Derogation bieten weder die Rechtsänderungen der Jahre 1947 (Erlassung des Wiederverlautbarungsgesetzes 1947) noch des Jahres 1981 (Einfügung des Art49a in das B-VG) sowie insbesondere die des Jahres 1996, in dem der Nationalrat in ein und derselben Sitzung sowohl eine Neufassung der Art49 und 49a B-VG als auch das geltende BGBlG beschlossen hat, ohne die Schaffung einer verfassungsgesetzlichen Ermächtigung für die Berichtigung von Druckfehlern oder eine Anpassung ihrer gesetzlichen Voraussetzungen an die Kriterien des Art49a Abs2 B-VG auch nur in Erwägung zu ziehen.

... Des weiteren hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass §2a Abs2 BGBlG den Anforderungen, die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben, nicht entspricht. Soweit einem Gesetz durch eine Druckfehlerberichtigung rückwirkend ein veränderter Inhalt beigegeben wird, könne der einzelne Rechtsunterworfene nämlich nicht darauf vertrauen, dass sein Verhalten an den im Bundesgesetzblatt kundgemachten Vorschriften gemessen wird. Aus der Tatsache, dass die rückwirkende Erlassung von Gesetzen nicht prinzipiell ausgeschlossen ist, könne nicht abgeleitet werden, dass durch einen Akt der Vollziehung die Rückwirkung eines Gesetzes angeordnet werden kann.

... Die Bundesregierung vermag diese Bedenken aus folgenden Überlegungen nicht zu teilen:

Vorauszuschicken ist zunächst, dass der Verfassungsgerichtshof gegen die Rückwirkung von Druckfehlerberichtigungen als solche bisher keine verfassungsrechtlichen Bedenken hatte, wie etwa das Erkenntnis VfSlg. 14.146/1995 zeigt, wo er die rückwirkende Berichtigung der Kundmachung über die Wiederverlautbarung der Kärntner Krankenanstaltenordnung, in der zwei Paragraphen und ein Absatz fehlten, für unbedenklich erachtete. Auch ist davon auszugehen, dass der Verfassungsgesetzgeber im Jahr 1920, spätestens jedoch im Jahr 1996 stillschweigend akzeptiert hat, dass Druckfehlerberichtigungen rückwirkende Kraft zukommt.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass es dem Organ, das die Druckfehlerberichtigung vornimmt, ja weder frei steht, zu bestimmen, ob dieser rückwirkende Kraft zukommen soll, noch bis zu welchem Zeitpunkt. Dass der Druckfehlerberichtigung rückwirkende Kraft zukommt, ergibt sich ausschließlich und unmittelbar aus dem Gesetz; enthält ein Gesetz beispielsweise ein In-Kraft-Tretens-Datum, dann wirkt die Druckfehlerberichtigung genau zu jenem Zeitpunkt zurück, der im Gesetz für das In-Kraft-Treten vorgesehen hat, und trägt damit der Absicht des Gesetzes so weit wie möglich Rechnung.

Mit Thienel (aaO, 874) ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die rechtsstaatliche Funktion der Kundmachung von Gesetzen jedenfalls dann nicht beeinträchtigt werden kann, wenn die Druckfehlerberichtigung während einer allfälligen Legisvakanz - also vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes - erfolgt. In diesen Fällen kann ein schützwürdiges Vertrauen des Rechtsunterworfenen schon deswegen nicht verletzt werden, weil es zu keiner rückwirkenden Anwendung des Gesetzes kommt. Im Übrigen ist zu differenzieren:

Die Kundmachung von Rechtsvorschriften soll es dem einzelnen ermöglichen, sich Sicherheit über die für ihn maßgeblichen Normen zu verschaffen; der kundgemachte Text soll als verbindlich und geltend angesehen werden können. Soweit rückwirkende Gesetzesänderungen nicht von Verfassungs wegen ausgeschlossen sind, besteht allerdings, was die rechtsstaatliche Funktion der Kundmachung betrifft, kein Unterschied, ob sie unmittelbar durch eine gesetzliche Bestimmung oder - nach mangelhafter Kundmachung einer solchen - erst durch eine nachträgliche Druckfehlerberichtigung bewirkt werden: hier kann es nur mehr darauf ankommen, ob die neue Rechtslage mit dem im originalen Beschluss zum Ausdruck kommenden Willen der gesetzgebenden Körperschaft in Einklang steht.

Nun kann die rückwirkende Änderung der Rechtslage allerdings auf Grund sonstiger verfassungsgesetzlicher Schranken (wie sie sich etwa aus Art7 Abs1 EMRK oder dem aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art7 B-VG erfließenden Grundsatz des Vertrauensschutzes ergeben) im Einzelfall unzulässig sein. Diese sonstigen verfassungsgesetzlichen Schranken hat der Gesetzgeber (Nationalrat) jedenfalls und unabhängig davon zu beachten, dass die Erlassung rückwirkender Gesetze durch Art49 Abs1 B-VG nicht ausgeschlossen wird. Die Bundesregierung vermag allerdings nicht zu erkennen, warum der Bundeskanzler im Rahmen der Berichtigung von Druckfehlern in dieser Hinsicht anderen verfassungsgesetzlichen Vorgaben unterliegen sollte als der Nationalrat; dies gebietet ja gerade das rechtsstaatliche Prinzip, dessen Sinn darin gipfelt, dass alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und ein System von Rechtsschutzeinrichtungen die Gewähr dafür bietet, dass nur solche Akte in ihrer rechtlichen Existenz als dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufe erlassen wurden. Soweit daher die Bestimmung des §2a Abs1 BGBlG davon spricht, dass der Bundeskanzler Druckfehler berichtigen 'kann', ist sie gerade wegen ihrer offenen Formulierung verfassungskonform dahin auszulegen, dass eine Berichtigung dann - aber auch nur dann - zu unterbleiben hat, wenn ihr solche verfassungsgesetzlichen Schranken entgegenstehen. Die Einhaltung dieser Schranken kann - wie nicht zuletzt das vorliegende Verfahren zeigt - vom Verfassungsgerichtshof in einem Verordnungsprüfungsverfahren gemäß Art139 B-VG überprüft werden.

In einem derartigen Fall bestünde die einzige Möglichkeit, eine verfassungskonforme Rechtslage herzustellen, darin, einen neuerlichen Beschluss des Nationalrates - verbunden mit einer fehlerfreien Kundmachung - herbeizuführen. Dass dieser - zweifelsfrei wenig zweckmäßige - Weg aber in jedem Fall, in dem es im Zug der Kundmachung zu Druckfehlern kommt, eingeschlagen werden muss, lässt sich weder der verfassungsgesetzlichen noch der einfachgesetzlichen Rechtslage entnehmen."

4.2. Der Bundeskanzler ist dem Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Gesetzmäßigkeit der Z9 der Kundmachung BGBl. I Nr. 114/2002 nicht entgegengetreten.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

Es hat sich nichts ergeben, was an der Zulässigkeit des Gesetzes- sowie des Verordnungsprüfungsverfahrens zweifeln ließe:

Insbesondere hat sich die Annahme des Verfassungsgerichtshofes als zutreffend herausgestellt, er hätte die in Prüfung genommenen Bestimmungen in dem zu G218-221/02 anhängigen Gesetzesprüfungsverfahren anzuwenden.

Der Verfassungsgerichtshof bleibt auch dabei, daß eine Kundmachung betreffend die Berichtigung von Druckfehlern im Gesetzblatt als Verordnung iS des Art139 Abs1 B-VG zu qualifizieren ist [s. zB VfSlg. 15.579/1999, S 112; aus dem Schrifttum zB Lenhoff, Fehlerhafte, geltungslose und unanwendbare Gesetze, JBl 1933, 103 (104); Thienel, Sanierung von Kundmachungsmängeln von Bundesgesetzen, ÖJZ 2001, 861 (868 mwN)].

Beide Verfahren erweisen sich damit insgesamt als zulässig.

B. In der Sache:

Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes sind auch begründet.

1. Der Verfassungsgerichtshof bleibt - in Übereinstimmung mit dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum [s. die Nachweise bei Thienel, ÖJZ 2001, 861 (868 FN 34)] - dabei, daß Druckfehlerberichtigungen rückwirkende Kraft auf den Tag der Kundmachung des berichtigten Gesetzes zukommt. Wie bereits im hg. Erkenntnis VfSlg. 15.579/1999, S 112, klargestellt, erscheint die Annahme, eine Druckfehlerberichtigung sei bloß ex nunc wirksam, bereits deshalb ausgeschlossen,

"weil eine so gedachte zeitliche Aufeinanderfolge von Normen, nämlich der - im Zeitraum zwischen Kundmachung des Gesetzes und Erlassung der Berichtigungskundmachung - fehlerhaften Rechtsvorschrift und der erst ab der Berichtigungskundmachung geltenden berichtigten Bestimmung, zu einer zeitlich und sachlich derart unterschiedlich gestalteten Gesetzeslage führte, daß sie ihrer Bedeutung nach als ein - unzulässi

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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