TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/20 2005/08/0217

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Veröffentlicht am 20.02.2008
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 lith;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der GS in W, vertreten durch Mag. Michael Fritz und Dr. Holger Schwarz, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Neustiftgasse 112/7, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. September 2005, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/1218/56/2005-7389, betreffend Einstellung des Arbeitslosengeldbezugs, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Prandaugasse betreffend Einstellung des Arbeitslosengeldbezuges ab 1. Juni 2005 mangels Arbeitslosigkeit keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin ab 12. Jänner 2005 Arbeitslosengeld in der Höhe von EUR 29,43 täglich bezogen habe. Sie sei bei der Firma L. vom

17. bis 31. Mai 2005 vollversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Am 1. Juni 2005 habe sie bei dem selben Unternehmen eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen. Auf Grund der Bestimmungen der §§ 12 und 7 AlVG i.V.m. § 38 AlVG sei daher Arbeitslosigkeit nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat. Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. § 12 Abs. 3 lit. h AlVG sieht vor, dass als arbeitslos im Sinne des Abs. 1 und 2 insbesondere nicht gilt, wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die in § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, dass zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.

2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass ihr im Mai 2005 von der Firma L. ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis in Aussicht gestellt worden sei. Nachdem sie von diesem Unternehmen gefragt worden sei, ob sie nicht auch bei der Neueröffnung eines Geschäftes helfen könne, habe sie am 17. Mai 2005 dort zu arbeiten begonnen. Anfang Juni 2005 habe sie bei der Hotline des Arbeitsmarktservice angerufen und mitgeteilt, dass sie - wie von Anfang an mit der Firma L. vereinbart - mit 1. Juni 2005 die geringfügige Beschäftigung "fortsetzen" werde. Die Beschwerdeführerin sei aufgefordert worden, für die zweiwöchige Aushilfe bei der Firma L. eine Arbeitsbescheinigung vorzulegen. Da die Beschwerdeführerin eine solche Arbeitsbescheinigung von der Firma L. jedoch nicht erhalten habe, habe sie eine solche beim Arbeitsmarktservice in der Folge auch nicht vorlegen können. Anlässlich dieses Anrufes beim Arbeitsmarktservice sei der Beschwerdeführerin ausdrücklich mitgeteilt worden, dass die Fortsetzung der geringfügigen Beschäftigung kein Problem darstelle und sie daher auch Anspruch auf Arbeitslosengeld habe.

In ihrem Fall sei es nicht zur Aufnahme einer neuen Beschäftigung beim selben Dienstnehmer gekommen, da dies zumindest eine Änderung des Dienstverhältnisses zur Voraussetzung habe. Es sei jedoch schon vor Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Firma L. im Mai 2005 vereinbart worden, dass sie lediglich geringfügig beschäftigt werde und nur für den Zeitraum der Neueröffnung in einem erhöhten zeitlichen Ausmaß zur Arbeit herangezogen werden solle. Es sei somit ab dem 17. Mai 2005 ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis auch über den 1. Juni 2005 hinaus vorgelegen, sodass eine Anwendung des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG von vorneherein ausscheide.

3. Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass im Beschwerdefall feststeht, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 17. bis zum 31. Mai 2005 vollversicherungspflichtig beschäftigt und ab 1. Juni 2005 als geringfügig Beschäftigte beim selben Dienstgeber zur Sozialversicherung angemeldet war. Im Verwaltungsakt erliegt auch die Kopie einer Änderungsmeldung des Dienstgebers an die Gebietskrankenkasse, wonach die Beschwerdeführerin ab dem 1. Juni 2005 nur mehr geringfügig beschäftigt war. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht bestritten, dass sie im Zeitraum vom 17. bis zum 31. Mai 2005 mit einem die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Entgelt (vollversicherungspflichtig) beschäftigt - und damit auch nicht arbeitslos im Sinne des § 12 AlVG - war. Damit unterscheidet sich der vorliegende Beschwerdefall auch von jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 29. April 2002, Zl. 99/03/0070, auf das sich die Beschwerdeführerin bezieht, zu Grunde lag. Während in jenem Fall keinerlei Feststellungen über eine Änderung des Dienstverhältnisses getroffen worden waren, und der damalige Beschwerdeführer auch vorgebracht hatte, dass es eine Änderung des Umfanges der Beschäftigung nicht gegeben habe, konnte die belangte Behörde im vorliegenden Fall von einer tatsächlichen Änderung der Beschäftigung ausgehen, hatte doch auch die Beschwerdeführerin eingeräumt, dass sie während der Zeit vom 17.  bis zum 31. Mai 2005 in einem erhöhten zeitlichen Ausmaß zur Arbeit herangezogen worden war.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach keine Änderung des Beschäftigungsverhältnisses erfolgt sei, ist - vor dem Hintergrund der unstrittig über der Geringfügigkeitsgrenze liegenden Entlohnung während der Beschäftigung vom 17. bis zum 31. Mai 2005 - grundsätzlich dahin zu verstehen, dass die Beschwerdeführerin der Ansicht ist, keine (neue) geringfügige Beschäftigung beim selben Dienstgeber aufgenommen zu haben. Dies würde aber - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht nur dazu führen, dass die Bestimmung des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG nicht zur Anwendung käme, sondern auch, dass schon nach der Bestimmung des § 12 Abs. 1 AlVG auch im Zeitraum nach dem 31. Mai 2005 keine Arbeitslosigkeit vorgelegen wäre.

Es kann somit dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall nach dem Ende der vollversicherungspflichtigen Beschäftigung eine maßgebende Veränderung eingetreten ist, die als Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung beim selben Dienstgeber im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG angesehen werden kann (zu einem insoweit vergleichbaren Fall, in dem es bei einer sonst durchgehenden geringfügigen Beschäftigung auf Grund von Mehrstunden in einem Monat zu einer Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze gekommen ist, vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2003, Zl. 99/08/0078), oder ob das bis zum 31. Mai 2005 bestehende Beschäftigungsverhältnis im Wesentlichen unverändert, wenngleich mit geringerer Stundenanzahl der Beschäftigung, fortgeführt wurde, da in beiden Fällen - entweder gemäß § 12 Abs. 3 lit. h oder gemäß § 12 Abs. 1 AlVG - Arbeitslosigkeit nicht vorliegt.

4. Das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin rügt zusammengefasst, dass im angefochtenen Bescheid nähere Feststellungen zum Dienstverhältnis fehlen, sowie den Umstand, dass eine Anhörung im Berufungsverfahren unterblieben sei. Im Falle ihrer Anhörung hätte die Beschwerdeführerin auch durch Vorlage entsprechender Beweismittel, wie insbesondere des mit der Firma L. abgeschlossenen Dienstvertrags, glaubhaft belegen können, dass von Anfang an ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mit Wirksamkeit vom 17. Mai 2005 in Aussicht genommen worden sei und sie lediglich kurzfristig in erhöhtem zeitlichen Ausmaß gearbeitet hätte.

5. Auch diese Verfahrensrügen vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da es - angesichts der festgestellten vollversicherungspflichtigen Beschäftigung im Zeitraum vom 17. bis zum 31. Mai 2005 und der daran anschließenden geringfügigen Beschäftigung beim selben Dienstgeber - weder darauf ankommt, was ursprünglich vereinbart war, noch welche konkrete Entgelthöhe oder sonstigen näheren Umstände des Dienstverhältnisses gegeben waren.

6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 20. Februar 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005080217.X00

Im RIS seit

08.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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