TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/20 2006/08/0234

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Veröffentlicht am 20.02.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §111;
ASVG §114;
ASVG §67 Abs10;
AVG §60;
StGB §153c;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des J U in L, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in 6500 Landeck, Malser Straße 13/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. Juni 2006, Zl. Vd-SV-1001-2-98/17/Br, betreffend Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse, 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse insoweit Folge gegeben, als sie den Haftungsbetrag von EUR 13.874,08 auf EUR 5.023,70 herabgesetzt hat.

In der Begründung gab die belangte Behörde - soweit für dieses Verfahren wesentlich - den Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides wieder, nach dessen Begründung der Beschwerdeführer Geschäftsführer der N. KG gewesen sei, über deren Vermögen am 23. Mai 2003 das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Während der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers seien von Juli 2002 bis April 2003 Dienstnehmerbeiträge in der Höhe von EUR 8.134,79, gemäß einer Beitragsprüfung vom 6. August 2003 weitere Beiträge in der Höhe von EUR 2.439,60, Verzugszinsen von EUR 2.308,24 sowie Exekutionskosten von EUR 991,45 aufgelaufen. Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG hafte der Beschwerdeführer für diese uneinbringlich gewordenen Beträge.

Im Einspruchsverfahren - heißt es im angefochtenen Bescheid weiter - habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse mitgeteilt, dass sich der ursprüngliche Haftungsbetrag von EUR 13.874,08 auf EUR 5.749,30 verringere. Gemäß einer Forderungsaufstellung hafteten an Dienstnehmeranteilen für Oktober 2002 bis April 2003 EUR 5.749,30 aus, gemäß einer Beitragsprüfung hafteten für Juli 2003 weitere EUR 2.439,80, gesamt somit EUR 8.189,10 aus. Nach Einwendungen durch den Beschwerdeführer habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine neue Berechnung durchgeführt, wonach die Dienstnehmeranteile EUR 5.023,70 und das Ergebnis der Beitragsprüfung EUR 997,05, jeweils abzüglich der Zahlungen des Insolvenzausgleichfonds, betragen hätten.

In der Folge stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Rechtslage dar und führte im Anschluss daran aus, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, der Beitragsnachverrechnung Argumente entgegen zu setzen. Hinsichtlich der nachverrechneten Beiträge beruhe die Haftung des Beschwerdeführers auf unrichtigen Meldungen gemäß § 111 ASVG. Der Beschwerdeführer hätte als Geschäftsführer wissen müssen, wann und in welcher Höhe kollektivvertragliche Urlaubszuschläge und Weihnachtsremunerationen gebührten. Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer vorgebrachten schlechten Gesundheitszustandes sei er auf die Verpflichtung zu verweisen, dass er in einem solchen Fall die Geschäftsführung an jemand anderen zu übertragen gehabt hätte. Hinsichtlich eines Teilbetrages von EUR 4.527,38 resultiere die Haftung des Beschwerdeführers aus der Verletzung des § 114 ASVG über einbehaltene, aber nicht abgeführte Dienstnehmeranteile, mittlerweile geregelt im § 153c StGB. Der Beschwerdeführer hafte allerdings nicht für Verzugszinsen und Exekutionskosten, weshalb in diesen Punkten dem Einspruch Folge zu geben gewesen und der Haftungsbetrag entsprechend herabzusetzen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, die Begründung des angefochtenen Bescheides sei mangelhaft; aus ihr ergebe sich nicht, ob und warum eine schuldhafte Meldepflichtverletzung vorliege bzw. ob und warum Beitragsausfälle gegeben gewesen seien bzw. welche Beitragsausfälle auf welche schuldhafte Meldepflichtverletzung zurückzuführen seien.

Dem Beschwerdeführer ist im Ergebnis Recht zu geben, weil sich der im Spruch angeführte Haftungsbetrag von EUR 5.023,08 aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ableiten lässt. In der Begründung ist die Rede von einem Teilbetrag von EUR 4.527,38, der mit den dort sonst genannten Zahlen jedoch nicht in Einklang zu bringen ist. Zwar kommt der von der belangten Behörde im Spruch angeführte Haftungsbetrag von EUR 5.023,70 in der Wiedergabe einer Stellungnahme der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vor; in den von der belangten Behörde dazu angestellten Überlegungen findet diese Berechnung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse allerdings keinen Niederschlag. Es ist somit nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu dem von ihr im Spruch angeführten Betrag gelangt ist.

Die belangte Behörde hat daher Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) waren die Eingabegebühren nicht zu ersetzen.

Wien, am 20. Februar 2008

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006080234.X00

Im RIS seit

08.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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