TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/27 2005/13/0099

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Veröffentlicht am 27.02.2008
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Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §224 Abs1;
BAO §289 Abs2;
BAO §80;
BAO §9;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
LAO Wr 1962 §171;
LAO Wr 1962 §224 Abs2;
LAO Wr 1962 §54;
LAO Wr 1962 §67 Abs2;
LAO Wr 1962 §67 Abs3 lita;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;
LAO Wr 1962 §7;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth, Dr. Alexander Neurauter und Dr. Martin Neuwirth, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Petersplatz 3, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 28. April 2005, Zl. ABK-26/05, betreffend Haftung für Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war seit 24. Juni 1993 Geschäftsführer der SMK GesmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 8. November 2001 das Ausgleichsverfahren eröffnet worden war.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2004 zog der Magistrat der Stadt Wien den Beschwerdeführer nach §§ 7 und 54 der Wiener Abgabenordnung - WAO für Abgabenschulden der SMK GesmbH, nämlich für Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer in der Höhe von 3.796,44 EUR "für den Zeitraum 2001", zur Haftung heran.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die dagegen erhobene Berufung. Sie ersetzte im Spruch des vor ihr bekämpften Bescheides die Ziffernfolge "2001" durch die Wortfolge "August bis September 2001 und September 2002". Im Übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab.

"Sache" der Erstinstanz sei, den Haftungszeitraum zu bestimmen. Da sich aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides eindeutig ergebe, dass der September 2002 bereits bei der Berechnung des zu entrichtenden Haftungsbetrages berücksichtigt und nur im Spruch versehentlich nicht angeführt worden sei, sei im Spruch des angefochtenen Bescheides der "komplette Haftungszeitraum" anzuführen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Spruch des Haftungsbescheides (§ 171 der Wiener Abgabenordnung - WAO) ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe. Damit wird auch die Sache des konkreten Haftungsverfahrens und insoweit auch der Rahmen für die Abänderungsbefugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Berufungsverfahren iSd § 224 Abs. 2 WAO festgelegt.

Die Abgabenbehörde erster Instanz hat die Haftung in Höhe von 3.796,44 EUR an Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer "für den Zeitraum 2001" ausgesprochen. Im angefochtenen Bescheid wurde die Haftung für diese Abgaben für den Zeitraum August bis September 2001 und September 2002 ausgesprochen.

Sache des erstinstanzlichen Verfahrens war es, die Haftung bestimmter Abgaben für den Zeitraum der Monate des Jahres 2001 geltend zu machen. Dies geht aus dem Spruch des Bescheides des Magistrats der Bundeshauptstadt Wien eindeutig hervor. Soweit die belangte Behörde meint, aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ergebe sich, dass der September 2002 bereits bei der Berechnung des im Spruch angeführten Haftungsbetrages berücksichtigt und nur im Spruch versehentlich nicht angeführt worden sei, zeigt sie damit lediglich die Rechtswidrigkeit eines klaren Bescheidspruches auf. Die Abänderung eines fehlerhaften Bescheidspruches unter Heranziehung der Bescheidbegründung übersteigt aber die Grenzen der zulässigen Bescheidauslegung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2008, 2006/15/0026). Die belangte Behörde durfte über die Haftung der in Rede stehenden Abgaben für den Zeitraum September 2002 nicht absprechen, denn sie hat den Beschwerdeführer dafür erstmalig zur Haftung herangezogen und damit eine Entscheidung getroffen, die in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz fällt (vgl. etwa das zum insoweit vergleichbaren § 9 BAO ergangene hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, 2001/15/0029, VwSlg. Nr. 7.780/F).

Der angefochtene Bescheid war daher - infolge Untrennbarkeit des Spruches zur Gänze - wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Kostenmehrbegehren betrifft die geltend gemachte Umsatzsteuer, welche im Pauschalsatz nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.

Wien, am 27. Februar 2008

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005130099.X00

Im RIS seit

30.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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