TE Vwgh Beschluss 2008/3/7 AW 2008/18/0026

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Veröffentlicht am 07.03.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FinStrG §37 Abs1 lita;
FinStrG §38 Abs1 lita;
FinStrG §46 Abs1 lita;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litb;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;
PaßG 1992 §15 Abs1;
PaßG 1992 §19 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs3 Fall1;
SMG 1997 §28 Abs3 Fall2;
SMG 1997 §28 Abs4 Z3;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des J, (geboren 1960), vertreten durch Mag. F, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. September 2007, Zl. E1/90.982/2007, betreffend Versagung eines Personalausweises und Entziehung eines Reisepasses, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Ausstellung eines österreichischen Personalausweises gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. b und f iVm § 19 Abs. 2 des Passgesetzes 1992 idgF versagt, ferner wurde ihm der von der Bundespolizeidirektion Wien - Bundespolizeikommissariat Favoriten am 13. Mai 1997 ausgestellte und bis zum 12. Mai 2007 gültig gewesene Reisepass mit der Nr. B 0069965 gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. b und f des Passgesetzes 1992 entzogen. Mit diesem Bescheid wurde weiters der von der Erstbehörde gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich der Reisepassentziehung bestätigt.

2. Diesen Bescheid bekämpft die beschwerdeführende Partei und erachtet sich durch diesen in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterlassung der Entziehung des Reisepasses mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sowie in ihrem subjektiven Recht auf Stattgebung ihres Antrages auf Ausstellung eines österreichischen Personalausweises bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt. Gleichzeitig hat die beschwerdeführende Partei beantragt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Dieser Antrag wird im Wesentlichen damit begründet, dass keine Gefahr im Verzug vorläge, weil die Drogendelinquenz, bei der der Reisepass mitgeführt worden sei, bereits rund sieben Jahre zurückliege. Auf Grund des langen Wohlverhaltenszeitraums und der günstigen Zukunftsprognose stehe der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung kein zwingendes öffentliches Interesse entgegen, es bestehe zweifelsfrei keinerlei Gefahr im Verzug, sodass (selbst im Zweifel) die aufschiebende Wirkung zuzubilligen wäre. Ohne Zuzuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre die Rechtschutzfunktion der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vereitelt. Die sofortige Abgabe des Reisepasses stelle für den Beschwerdeführer einen unverhältnismäßigen und nicht wieder gutzumachenden Nachteil dar. Im Fall des Obsiegens wäre der Beschwerdeführer mit nichtumkehrbaren Folgen des einstweiligen Vollzugs konfrontiert. Unter der gebotenen Abwägung der berührten Interessen würden die ins Kalkül zu ziehenden Nachteile des Beschwerdeführers aus einer sofortigen Abgabe des Reisepasses unverhältnismäßig schwerer wiegen als das Interesse der Republik Österreich an der Durchsetzung der Abgabeverpflichtung. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer für die Zeit bis zur Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof erheblich in seinen Reisemöglichkeiten eingeschränkt sei, dadurch bestehe auch die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes.

3. In ihrer Stellungnahme vom 28. Februar 2008 zu dem eingangs genannten Antrag vertritt die belangte Behörde (zusammengefasst) die Auffassung, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Anbetracht des gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers zwingende öffentliche Interessen entgegenstünden.

4.1. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag der beschwerdeführenden Partei die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für die beschwerdeführende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es, um diese Interessenabwägung vornehmen zu können, erforderlich, dass die beschwerdeführende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen. Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. (Vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 16. August 2002, Zl. AW 2002/03/0072, mwH.).

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher zunächst von der auf dem Boden der herangezogenen gesetzlichen Regelungen nicht von vornherein unschlüssigen Annahme der belangten Behörde auszugehen, dass angesichts des (von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen) Fehlverhaltens der beschwerdeführenden Partei, das den im angefochtenen Bescheid genannten rechtskräftigen Verurteilungen wegen gewerbsmäßigen Suchtgifthandels (Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht am 4. Juli 2001 wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2, Abs. 3 (erster und zweiter Fall), Abs. 4 Z. 3 des Suchtmittelgesetzes) sowie wegen gewerbsmäßiger Abgabenhehlerei und Monopolhehlerei (Verurteilung durch das Landesgericht Steyr als Schöffengericht am 1. September 2005 wegen der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a iVm § 38 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes sowie der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a leg. cit.) zu Grunde liegt, die Voraussetzungen für die Entziehung eines Reisepasses nach den im angefochtenen Bescheid genannten gesetzlichen Bestimmungen vorliegen. Der Beschwerdeführer wendet sich auch nicht gegen die maßgeblichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dass er selbst große Mengen an Suchtgift aus den Niederlanden über Deutschland nach Österreich eingeführt und die der besagten Abgaben- und Monopolhehlerei zu Grunde liegenden Zigarettenschmuggelfahrten persönlich mit einem Kleintransporter durchgeführt habe.

Auf Grund der Art und Schwere des besagten wiederholten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers stehen bezüglich der Entziehung des Reisepasses der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (wie von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme geltend gemacht) zwingende öffentliche Interessen entgegen. In einem solchen Fall bleibt für eine Interessenabwägung kein Raum.

4.3. Soweit sich der Aufschiebungsantrag auf die Versagung eines Personalausweises bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Bescheid insofern keine Änderung der Rechtsposition der beschwerdeführenden Partei bewirkte und daher insofern einem Vollzug im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG nicht zugänglich ist.

5. Dem vorliegenden Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher - sowohl bezüglich der Entziehung des Reisepasses als auch mit Blick auf die Versagung eines Personalausweises - nicht stattzugeben.

Wien, am 7. März 2008

Schlagworte

Vollzug Zwingende öffentliche Interessen Besondere Rechtsgebiete Polizeirecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:AW2008180026.A00

Im RIS seit

01.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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