TE Vwgh Beschluss 2008/3/10 AW 2008/07/0005

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Veröffentlicht am 10.03.2008
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Index

10/07 Verfassungsgerichtshof;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 2002 §31 Abs2 Z2;
VerfGG 1953 §85 Abs2;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den neuerlichen Antrag der E GmbH, vertreten durch Dr. A, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 3. Dezember 2007, Zl. BMLFUW-UW.2.1.16/0124- VI/6/2007, betreffend abfallwirtschaftsrechtliche Aufträge nach § 31 Abs. 2 Z. 2 AWG 2002, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Dezember 2007 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 31 Abs. 2 Z. 2 AWG 2002 der Auftrag erteilt,

1. den geltenden Tarif spätestens per 1. Jänner 2008 zurück zu ziehen,

2. unverzüglich einen der Elektroaltgeräteverordnung (EAG-VO) entsprechenden Tarif mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2008 zu veröffentlichen sowie

3. darüber umgehend die belangte Behörde in Kenntnis zu setzen; die Auflage im Genehmigungsbescheid, die vorschreibe, beabsichtigte Tarifänderungen spätestens 1 Monat vor Inkrafttreten der belangten Behörde bekannt zu geben, finde hiefür keine Anwendung.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, aus der geltenden Rechtslage (insbesondere der EAG-VO) ergebe sich, dass sämtliche Kostenpositionen (Infrastruktur, Logistik, Behandlung) der einzelnen Gerätegruppen einer Sammel- und Behandlungskategorie (allenfalls sogar unterschiedliche Sammel- und Behandlungskosten) zu einer Gesamtsumme je gesamter/ganzer Sammel- und Behandlungskategorie zu addieren und durch die Gesamtmasse der in Verkehr gesetzten Geräte dieser Sammel- und Behandlungskategorie zu tragen seien (auf diese umgelegt würden). Daraus resultiere ein Tarifanteil für die Kostenfaktoren (Infrastruktur, Logistik und Behandlung), bezogen auf die gesamte Masse einer Sammel- und Behandlungskategorie. Gleiches gelte auch für die Kostenfaktoren im Bereich der Koordinierungsstelle (Infrastruktur und Öffentlichkeitsarbeit). Daraus ergebe sich, dass grundsätzlich nur ein nicht unterteilter (nicht gesplitterter) Tarif je Sammel- und Behandlungskategorie zulässig sei.

Aus dem Gleichbehandlungsgebot aller Systemteilnehmer eines Sammel- und Verwertungssystems ergebe sich, dass eine gewichtsabhängige (je nach Gewicht der in Verkehr gesetzten Elektro- bzw. Elektronikgeräte) Unterscheidung der Kostenüberwälzung nicht zulässig zu erachten sei, bzw. aus diesen Kostenfaktoren kein sachlicher Rechtfertigungsgrund für unterschiedliche Tarife innerhalb einer Sammel- und Verwertungskategorie abgeleitet werden könne.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und begehrte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Mit hg. Beschluss vom 4. Februar 2008,. Zl. AW 2007/07/0073, wurde diesem Antrag nicht stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat insbesondere die Ansicht, die belangte Behörde habe in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Weise dargelegt, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen - infolge der dargelegten Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen Sammel- und Verwertungssystemen - entgegenstünden.

Mit Eingabe vom 8. Februar 2008 stellte die beschwerdeführende Partei einen neuerlichen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. In der Begründung dieses Antrages wird u. a. ausgeführt, es sei zwei näher genannten Mitbewerbern aufgrund von Beschwerden gegen gleichgelagerte Bescheide der belangten Behörde vom Verfassungsgerichtshof in beiden Fällen die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Dadurch sei es diesen Unternehmen möglich, ihre bisherige Tarifstruktur beizubehalten. Bei den beiden genannten Unternehmen handle es sich um Marktführer auf ihrem Sektor. Die von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme zum ursprünglichen Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung richtig dargestellte Gefahr der Wettbewerbsverzerrung sei zweifelsohne gegeben, wenn den Marktführern die Möglichkeit gegeben werde, im Rahmen einer differenzierten Tarifstruktur günstiger anbieten zu können, als deren Mitbewerber. Eine solche Situation mit extremer Wettbewerbsverzerrung entstünde jedoch, wenn bei völlig identer Sachlage den Mitbewerbern der Beschwerdeführerin vom Verfassungsgerichtshof aufschiebende Wirkung gewährt werde, der Beschwerdeführerin aber unter Hinweis auf gerade diese Mitbewerber vom Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung verwehrt werde. Ferner sei einem weiteren Mitbewerber in der Folge gleichfalls aufschiebende Wirkung anlässlich einer Beschwerde gegen einen gleichgelagerten bescheid der belangten Behörde zuerkannt worden.

Es sei im Ergebnis somit allen wesentlichen Mitbewerbern der Beschwerdeführerin möglich, die von der belangten Behörde untersagte Tarifstruktur nach Gerätegewichten vorzunehmen und die Sammlung und Behandlung schwererer Geräte zu günstigeren Entgelten anzubieten, als es bei einheitlichen Tarifen der Fall wäre. Sollte nur der Beschwerdeführerin diese Möglichkeit verweigert werden, hätte dies zwangsläufig eine, auch gegen die öffentlichen Interessen verstoßende Wettbewerbsverzerrung zur Folge, die sich ausschließlich zum Nachteil der Beschwerdeführerin und unter Umständen existenzbedrohend auswirken würde.

Die belangte Behörde verwies in ihrer Stellungnahme vom 6. März 2008 zu diesem neuerlichen Antrag hinsichtlich des öffentlichen Interesses, des unverhältnismäßigen Nachteils und der Interessensabwägung auf ihre Stellungnahme vom 28. Jänner 2008 hin. Die belangte Behörde halte an ihrer Rechtsansicht unverändert fest, dass die von der Beschwerdeführerin eingeführten Tarifuntergruppen unzulässig seien. Schon allein aus diesem Grunde spreche sich die belangte Behörde gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus. Das System eines weiteren Anbieters, das weiterhin gewichtsmäßig ungeteilte Tarife anbiete, werde von der Beschwerdeführerin nicht erwähnt. Aus Gründen der Gleichbehandlung werde angemerkt, dass ein großes System für die belangte Behörde nicht wesentlicher sei als ein kleines. Die belangte Behörde sprach sich daher gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn die Interessen Dritter berührt werden.

Die beschwerdeführende Partei zeigte aufgrund der in der Zwischenzeit erfolgten Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes bezüglich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegen gleichgelagerte Bescheide betreffend maßgebliche Mitkonkurrenten eine wesentliche Änderung der Voraussetzungen auf, die für die ursprüngliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich waren. Darüber hinaus wäre unter diesen geänderten Umständen nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die beschwerdeführende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 10. März 2008

Schlagworte

Unverhältnismäßiger Nachteil Besondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:AW2008070005.A00

Im RIS seit

01.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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