TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/27 2003/13/0089

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Veröffentlicht am 27.03.2008
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

KommStG 1993 §3 Abs3;
KommStG 1993 §3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des Bundes gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 17. Juni 2003 (datiert mit 17. Juni 2002), Zl. RV/3139-W/02, betreffend Zerlegung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage der Heeresforstverwaltung für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist zunächst das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1980, Zl. 520/79, ÖStZB 1980, 287, zu erwähnen. In diesem Erkenntnis vertrat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der damals strittigen Frage, ob Straßenbau- und Steinbrucharbeiten eines Bauhofes der Heeres-Land- und Forstwirtschaftsverwaltung Allentsteig für die Hoheitsverwaltung als Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1972 zu werten seien, u.a. die Ansicht, es fehle an Feststellungen darüber, ob der Bauhof - wie von der damals belangten Behörde angenommen - ein wirtschaftlich selbständiger Betrieb gewerblicher Art oder nur Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes "Heeres-Land- und Forstwirtschaftsverwaltung in Allentsteig" sei. Der Verfahrensmangel sei wesentlich, weil es Anhaltspunkte dafür gebe, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb auf Einnahmenerzielung gerichtet sei.

Im Ersatzbescheid vom 9. Dezember 1980 stellte der damals zuständige Berufungssenat u.a. fest, bei der Heeres-Land- und Forstwirtschaftsverwaltung Allentsteig handle es sich "um einen üblichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, dessen Betriebsabläufe allerdings teil- und zeitweise durch die übende Truppe gestört" würden. Das Unternehmen umfasse 845 ha Äcker und Wiesen und 5.082 ha Wald. Das Übungsgelände selbst umfasse

7.710 ha und werde nicht land- und forstwirtschaftlich genutzt. Das Unternehmen sei auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtet. Die Kosten des Straßen- und Wegebaues würden "getrennt nach Hoheitsverwaltung (Truppenübungsplatz) und Land- und Forstwirtschaft" erfasst. Es liege ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG 1972 vor. Die Verwendung dem Betrieb dienender Gegenstände für den außerhalb des Unternehmens liegenden Hoheitsbereich (den Truppenübungsplatz) erfülle den Eigenverbauchstatbestand.

Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde erhoben.

Nach dem Inkrafttreten des Kommunalsteuergesetzes 1993, BGBl. Nr. 819 - KommStG 1993, vertrat die nunmehrige "Heeresforstverwaltung Allentsteig" in einem Schreiben vom 19. Jänner 1994 zunächst die Ansicht, es sei an die Stadtgemeinde Allentsteig und vier weitere Gemeinden Kommunalsteuer zu entrichten. Im Verfahren über die am 27. August 1998 von der Stadtgemeinde Allentsteig und am 24. März 1999 von der Heeresforstverwaltung Allentsteig gestellten Anträge auf Erlassung eines Zerlegungsbescheides gemäß § 10 Abs. 4 KommStG 1993 stellte sich die Heeresforstverwaltung Allentsteig (namens des Bundes) jedoch auf den Standpunkt, ihre Tätigkeit sei zur Gänze hoheitlicher Natur, weshalb keine Kommunalsteuerpflicht bestehe.

Mit gleichlautenden Bescheiden vom 19. Oktober 2000 entschied das Finanzamt für den 23. Bezirk in Wien gegenüber dem Beschwerdeführer (Bund) und den beteiligten Gemeinden über die Zerlegung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage für das Jahr 1994. Zur Kommunalsteuerpflicht im Hinblick auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Bundes in Allentsteig wurde im Wesentlichen auf den Ersatzbescheid vom 9. Dezember 1980 verwiesen.

In seiner Berufung gegen diese Entscheidung machte der Beschwerdeführer - soweit im Zusammenhang mit dem Beschwerdevorbringen noch von Bedeutung - vor allem geltend, der Hauptzweck der Nutzung der Liegenschaft liege nicht im Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft. Zur Sicherstellung der dem Bundesheer obliegenden Landesverteidigung bedürfe es auch der Übungsflächen, auf denen ein Kampfeinsatz unter möglichst realistischen Bedingungen geprobt werden könne. Genau diesem Zweck sei der Truppenübungsplatz gewidmet. Die Aufgabe der Heeresforstverwaltung Allentsteig bestehe darin, den Truppenübungsplatz in einem Zustand zu erhalten, der optimale, d. h. möglichst realistische Übungsbedingungen gewährleiste. Dazu müsse das Gelände "insbesondere dem mitteleuropäischen Landschaftsbild entsprechen". Der Hauptzweck der Tätigkeit der Heeresforstverwaltung Allentsteig sei somit ein spezifisch militärischer, wozu in der Berufung noch näher auf verschiedene "Besonderheiten in den Rahmenbedingungen", die durch diesen Hauptzweck zu erklären seien, hingewiesen wurde.

Nach einer die Berufung abweisenden Berufungsvorentscheidung der Behörde erster Instanz und einem Vorlageantrag brachte der Beschwerdeführer in Beantwortung entsprechender Vorhalte u.a. noch vor, der gesamte Truppenübungsplatz "mit 15.743 ha" sei "Übungsgelände". Die Feststellungen im Ersatzbescheid vom 9. Dezember 1980 entsprächen "nicht mehr den für den Berufungszeitraum relevanten Tatsachen". Die Heeresforstverwaltung Allentsteig sei "ausschließlich für den Hoheitsbereich" tätig (Schriftsatz vom 17. Februar 2003). Sie sei eine nachgeordnete Dienststelle des Heeres-Bau- und Vermessungsamtes und "für die Betreuung der Grundflächen am Truppenübungsplatz Allentsteig verantwortlich". Beim Ausbau des Wegenetzes komme ihr nur beratende Funktion zu. Die bekannt gegebenen Erlöse stammten "aus dem Verkauf von Produkten, die infolge der Arbeiten für den Hoheitsbereich erzeugt werden". Hinsichtlich einer Abgrenzung zwischen hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeit der Heeresforstverwaltung Allentsteig werde bemerkt, dass die in der Berufung vertretene Auffassung, das Handeln sei als eine hoheitliche Tätigkeit anzusehen, aufrecht erhalten werde (Schriftsatz vom 9. Mai 2003).

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie begründete dies - gegenüber dem Einwand hoheitlichen Handelns - damit, dass das äußere Erscheinungsbild im Hinblick auf die vor allem im Bereich Forst erzielten Erträge auf einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb hindeute. Das Argument, die Heeresforstverwaltung habe den Truppenübungsplatz in einem Zustand zu erhalten, der optimale Übungsbedingungen gewährleiste, wobei das Gelände dem mitteleuropäischen Landschaftsbild entsprechen müsse, erscheine "im konkreten Fall nicht zielführend, da eine sich fraglos als Land- und Forstwirtschaft darstellende Tätigkeit diese Eigenschaft auch nicht durch den Umstand verliert, dass ein solches Tätigwerden bestimmten anderen Zielen, hier der land- und forstwirtschaftlichen Erhaltung des TALL, dient". Land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten seien "nie" hoheitlich.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Strittig ist im vorliegenden Fall die gemäß § 10 Abs. 4 dritter Satz KommStG 1993 in der - von der belangten Behörde bestätigten - Zerlegung der Bemessungsgrundlage liegende Feststellung der sachlichen und persönlichen Abgabepflicht.

Gemäß § 1 KommStG 1993 unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Das Unternehmen umfasst gemäß § 3 Abs. 1 KommStG 1993 die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn (Überschuss) zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Gemäß § 3 Abs. 3 KommStG 1993 sind die Körperschaften des öffentlichen Rechts - abgesehen von bestimmten im zweiten Satz der Vorschrift genannten Fällen, von denen hier keiner vorliegt - nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig.

Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ist - wie im Umsatzsteuerrecht - ein solcher zu verstehen, dessen Hauptzweck auf die Land- und Forstwirtschaft gerichtet ist (vgl.  Taucher, Kommunalsteuer (1998) Rz 192 f zu § 3 KommStG 1993; Fellner, KommStG4 (2008) Rz 99 zu § 3 KommStG 1993).

Eine hoheitliche Tätigkeit ist keine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 3 KommStG 1993 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1999, Zl. 99/13/0010, Slg. Nr. 7450/F).

Im vorliegenden Fall hat die Behörde erster Instanz auf die Feststellungen im Ersatzbescheid vom 9. Dezember 1980 verwiesen, gegenüber denen sich mit der bloßen "Umbenennung in Heeresforstverwaltung Allentsteig" keine maßgebliche Änderung ergeben habe. Dem vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vertretenen Standpunkt, die seinerzeitige Beurteilung entspreche nicht mehr den Tatsachen, das gesamte Areal sei Übungsgelände und der Hauptzweck der Tätigkeit sei militärisch, hat die belangte Behörde - unter Hinweis darauf, die Behörde erster Instanz habe die Kommunalsteuerpflicht zwar im Ergebnis richtig, aber mit unzutreffender Begründung bejaht - keine rechtliche Bedeutung beigemessen. Sie hat dies auf die Rechtsansicht gestützt, eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit sei auch dann, wenn ein solches Tätigwerden bestimmten anderen Zielen diene, "nie" hoheitlich.

Zu dieser nicht ohne Weiteres zutreffenden Auffassung kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 2003, Zl. 99/15/0186, verwiesen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis im Zusammenhang mit der Frage der Kommunalsteuerpflicht des Bundes als Betreiber der Höheren Bundeslehranstalt für alpenländische Landwirtschaft ausgesprochen, es komme in erster Linie darauf an, ob der land- und forstwirtschaftliche Betrieb, wie er sich im konkreten Fall darstelle, für den Schul- und Forschungsbetrieb unbedingt notwendig sei und damit durch die Führung des Betriebes dem gesetzlichen Auftrag zur Vorsorge für den praktischen Unterricht entsprochen werde. Übersteige der land- und forstwirtschaftliche Betrieb deutlich das für den Schulbetrieb im Sinne eines Hilfsbetriebes notwendige Ausmaß, so liege zur Gänze ein kommunalsteuerpflichtiger land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 3 Abs. 3 KommStG 1993 vor.

Davon ausgehend wäre auch im vorliegenden Fall zu prüfen gewesen, ob die - wie es im angefochtenen Bescheid heißt - dem äußeren Erscheinungsbild nach auf einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb hindeutenden, mit beträchtlichen Erträgen verbundenen Tätigkeiten der Heeresforstverwaltung Allentsteig, wie vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren behauptet, ihrem Hauptzweck nach der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Bundesheeres dienten, indem auf dem "Übungsgelände" für Übungszwecke ein "mitteleuropäisches Landschaftsbild" erhalten werde. Träfe dies zu und überstiege die land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit der Heeresforstverwaltung Allentsteig tatsächlich nicht das aus militärischer Sicht unbedingt Erforderliche, so wäre die Tätigkeit hoheitlich und eine Kommunalsteuerpflicht zu verneinen. Die belangte Behörde hätte sich daher mit dem Wahrheitsgehalt des im Berufungsverfahren erstatteten Vorbringens auseinandersetzen und Feststellungen darüber treffen müssen.

Da die belangte Behörde dies nicht erkannt und dem Vorbringen zu Unrecht die rechtliche Bedeutung abgesprochen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass eine Berufungsentscheidung der hier vorliegenden Art auch an alle beteiligten Gemeinden zu ergehen hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2007, Zl. 2005/13/0024). Dass dies im vorliegenden Fall geschehen wäre, geht aus den vorgelegten Akten - anders als für die erstinstanzliche Entscheidung - nicht hervor.

Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuspruch von Aufwandersatz war abzuweisen, weil der Beschwerdeführer Rechtsträger der belangten Behörde ist (vgl. zu Fällen dieser Art zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl. 2007/04/0024).

Wien, am 27. März 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2003130089.X00

Im RIS seit

29.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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