TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/31 2007/05/0091

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Veröffentlicht am 31.03.2008
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der Z Privatstiftung in St. Pölten, vertreten durch Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Am Heumarkt 3/16, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. Februar 2007, Zl. BOB - 36/07, betreffend Bauauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. .185 Ottakringer Straße 80 der Liegenschaft EZ 321, KG Hernals.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 11. Dezember 2006 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien aufgetragen:

"1. Die ohne Baubewilligung im 1. und 2. Stock an der hofseitigen Schaufläche des linken Hoftraktes angebrachten Balkone sind abtragen zu lassen.

2. Die ohne Baubewilligung im 1. und 2. Stock an der hofseitigen Schaufläche des rechten Hoftraktes angebrachten Balkone sind abtragen zu lassen.

Die Maßnahmen nach Punkt 1 und 2 sind binnen 4 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen."

Begründet wurde dieser Auftrag damit, dass die im 1. und 2. Stock an den Schauflächen des linken und rechten Hoftraktes 1 m auskragenden Balkone aus verzinkten Stahlträgern und mit einem Holzbretterbelag versehen hergestellt worden seien. Ein Ansuchen um Baubewilligung sei mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 8. November 2006 wegen unvollständiger Unterlagen im Grunde des § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen worden. Die ohne Baubewilligung errichteten baulichen Herstellungen seien daher zu beseitigen.

In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass es sich um eine unbedeutende bauliche Maßnahme handle, welche grundsätzlich auch nach § 71 Bauordnung für Wien beurteilt werden könne. Es handle sich um zwei unabhängige Balkone; der rechte Liegenschaftsnachbar (Ottakringer Straße 78) habe keine Einwendungen erhoben. Dieser Balkon sei daher anders zu behandeln als die Balkonanlage auf der linken Seite (Ottakringer Straße 82). Auch hier wäre es richtig, nicht den gesamten Abbruch der ansonsten bewilligungsfähigen Anlage vorzusehen sondern nur die Abtragung eines kleinen Teilbereichs.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Errichtung der angeführten Baulichkeiten unterliege der Baubewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. c Bauordnung für Wien, da die Errichtung der Balkone das äußere Ansehen des Gebäudes verändere und statische Belange berühre. Es hätte daher vor der Errichtung der Baulichkeiten der Erwirkung einer rechtskräftigen Baubewilligung bedurft. Selbst ein Ansuchen um nachträgliche Bewilligung stünde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Erlassung eines Bauauftrages nach § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien nicht entgegen. Die Frage der Bewilligungsfähigkeit eines Baus sei in einem Verfahren nach § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien nicht zu prüfen. Die Tatsache, dass ein Liegenschaftsnachbar zu einem Bauvorhaben keine Einwendungen erhoben habe, hindere die Baubehörde nicht, einen baupolizeilichen Auftrag nach § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien zu erlassen, weil es sich hiebei ebenso um eine Frage der Bewilligungsfähigkeit des Bauvorhabens handle. Anhaltspunkte, die für den Abbruch lediglich eines kleinen Teilbereiches der hier relevanten Bauteile spreche, seien der Aktenlage nicht zu entnehmen. Die gesamte gegenständliche Balkonanlage sei konsenslos errichtet worden. Die Leistungsfrist von vier Monaten sei angemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Unterbleiben eines Abbruchauftrages verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und führt aus, es fehlten Feststellungen, ob eine bewilligungspflichtige oder eine nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage vorläge. Die Frage, ob eine Prüfung der Statik notwendig sei oder nicht, sei nicht entsprechend rechtlich gewürdigt worden. Auch die weiteren Gründe für eine Beurteilung der Baubewilligungspflicht gemäß § 60 abs. 1 lit. c Bauordnung für Wien seien nicht ausreichend festgestellt worden. Es wäre notwendig gewesen, der Beschwerdeführerin entsprechend längere Zeit einzuräumen, um allfällige Nachreichungen von Unterlagen vorzunehmen um nachzuweisen, dass es sich um kein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle bzw. um nachzuweisen, dass sämtliche Nachbarn dem Bauverfahren zugestimmt hätten. Die gesetzten Fristen seien zu kurz.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht.

Die Baubehörden haben den hier angefochtenen Bauauftrag deshalb erlassen, weil die Beschwerdeführerin ohne Baubewilligung bei ihrem Gebäude Balkone angebracht hat, obwohl diese gemäß § 60 Abs. 1 lit. c Bauordnung für Wien baubewilligungspflichtig seien.

Die letztgenannte Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

...

c) Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage; im Falle einer Änderung der Verwendung von Aufenthaltsräumen in Wohnzonen die rechtmäßig bestehende Benützung der Aufenthaltsräume als Wohnungen oder Betriebseinheiten im gesamten Gebäude, sofern diese unter Berücksichtigung der beantragten Änderung nicht ausdrücklich als Wohnungen oder Betriebseinheiten bereits gewidmet sind.

..."

Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im angefochtenen Bescheid davon ausging, dass die von der Beschwerdeführerin angebrachten Balkone von Einfluss auf die Festigkeit von Teilen des Gebäudes sind. Diese Annahme bedurfte auf Grund der Offenkundigkeit keiner weiteren Erhebungen der Behörden. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Balkone keinen Einfluss auf die Statik des Gebäudes hätten, folgt die Bewilligungspflicht dieser Bauteile gemäß § 60 Abs. 1 lit. c Bauordnung für Wien daraus, dass sie Auswirkungen auf das äußere Ansehen des Gebäudes haben.

Die belangte Behörde war auch nicht gehalten, der Beschwerdeführerin eine Frist zur Vorlage von Unterlagen, die beweisen sollen, dass es sich um kein baubewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle, einzuräumen, weil die Baubewilligungspflicht - wie bereits dargelegt - auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse offenkundig ist. Dass die festgelegte Leistungsfrist zu kurz wäre, wurde von der Beschwerdeführerin in der Berufung nicht bekämpft.

Ob die abzutragenden Bauteile gemäß § 71 Bauordnung für Wien bewilligt werden könnten, ist im Bauauftragsverfahren nicht zu prüfen, entscheidend ist vielmehr, wie die belangte Behörde richtig ausführt, ob im Zeitpunkt der Auftragserteilung eine solche Baubewilligung vorgelegen hatte. Die Bewilligungsfähigkeit eines Bauvorhabens stellt keine Vorfrage im Auftragsverfahren dar und ist in diesem daher nicht zu prüfen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. September 2007, Zl. 2005/05/0134, mit weiteren Nachweisen).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 31. März 2008

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007050091.X00

Im RIS seit

01.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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