TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/1 2006/06/0238

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Veröffentlicht am 01.04.2008
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Index

L80406 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Steiermark;
L82000 Bauordnung;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

AltstadterhaltungsG Graz 1980 §3 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z13;
B-VG Art15 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des FK in G, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 1. Juni 2006, Zl. 048560/2004 - 13, betreffend Abbruchbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte mit Ansuchen vom 26. Jänner 2004 (eingelangt am selben Tag beim Magistrat der Stadt Graz) die Baubewilligung für den Abbruch des nicht unterkellerten dreigeschoßigen Wohngebäudes aus Massivbauweise auf den Grundstücken Nr. 1353/1, 1353/2, 1352/1 und 1352/2, KG II S.

Dieses Gebäude (bestehend eigentlich aus zwei aneinandergebauten Gebäuden; in den Gutachten ist teils von "den Gebäuden" die Rede) mit der Adresse S-Gasse 25 und 27 befindet sich in der Schutzzone III nach dem Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980.

In der Folge wurde dazu ein Gutachten der Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission (ASVK) eingeholt. Im Befund dieses Gutachtens vom 2. März 2004 wird zu dem vorliegenden Objekt Folgendes ausgeführt:

"Das Gebäude S...gasse Nr. 25 liegt im Bereich der Grazer Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts. Zuvor offenes Grünland mit eingestreuter älterer Verbauung, wurde es vor allem nach dem Fall der Grazer Stadtmauer in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts intensiv in angenähertem Rastersystem verbaut.

Das gegenständliche Objekt, ein dreigeschossiges Wohnhaus, steht im Gegensatz zur fast ausschließlichen Blockrandverbauung des Viertelbereichs zusammen mit zwei weiteren Objekten frei und bildet ein historisches Zitat der ehemaligen lockeren Verbauung in diesem Teil der Stadt. Ein wichtiger Effekt dieser Freistellung ist die großzügige Sichtverbindung von der Straße zum exorbitant großen Grünraum dahinter, was dieser in diesem Bereich die Strenge urbaner Konsequenz nimmt und zu ihrer Attraktivität beiträgt.

Das Haus selbst ist ein eher schlichter Bau mit Satteldach, der sich durch seine ruhige Erscheinung und angenehme Proportionierung friktionslos in das umgebende Ensemble einordnet und dadurch in Verbindung mit den oben genannten Gründen schützenswert ist."

Im Gutachten im engeren Sinn wird ausgeführt, dass trotz der Tatsache einer fast vollkommenen Blockrandverbauung im umliegenden Bereich die aktuelle Situation am Ort des Bauvorhabens von der Existenz der wenigen freistehenden Gebäude geprägt werde. Dies zu ändern würde bedeuten, den Gebietscharakter massiv zum Schlechteren zu ändern. Deshalb komme die Kommission auch in Würdigung der im Befund aufgezählten Tatsachen zur Ansicht, dass eine Entfernung des gegenständlichen Gebäudes und sein Ersatz durch eine monumentale Fortsetzung der Blockrandverbauung nicht im Sinne des Altstadtschutzes liege und negativ bewertet werde.

Dazu legte der Beschwerdeführer ein Gutachten des Dipl. Ing. H. (Architekt) vom 23. Juni 2004 vor. Zentrale Aussage in diesem Gutachten ist, dass das verfahrensgegenständliche Gebäude selbst nicht schützenswert sei. Die Kommission umschreibe nach Ansicht dieses Sachverständigen diesen Umstand euphemistisch damit, dass es "eher ein schlichter Bau mit Satteldach" sei. Der Bau weise nach Ansicht dieses Sachverständigen keine Merkmale auf, die über die von üblichen, mittelmäßig gestalteten Gebäuden hinausgehen: dazu gehöre der architektonische Dialog mit benachbarten Gebäuden ebenso wie objektspezifisch baukünstlerische Eigenschaften, darunter solche, die ihren Grund in der Entstehungszeit hätten. Als Gebäude des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts zeige es baukünstlerische Merkmale gründerzeitlicher Architektur, die im Gegensatz zu jenen der einsetzenden internationalen Moderne stünden oder des Übergangs dazu, wie er im öffentlichen Wohnbau dieser Zeit dokumentiert sei. Die wesentlich höher als breiten Fenster und die großen Geschoßhöhen wiesen auf die Gründerzeitarchitektur hin. Bescheiden angewendetes Variieren des Putzes zwischen glatt und rau, die plumpen Putzfaschen, die die kunstvollen, plastisch profilierten Fenstereinfassungen des Gebäudes aus der Gründerzeit ersetzten und in simpler Form nachahmten, wiesen auf die Nachzüglerarchitektur des Historismus der "Volksbaukunst" gewerblicher Planer hin, wie sie auch heute noch, ohne baukünstlerische Anerkennung zu finden, geübt werde. Die Fensteraufteilung, die Ausdruck einer Grundriss- und Geschoßaufteilung und -wertung sei, sei architektonisch dilettantisch und störe das Erscheinungsbild: Die erdgeschoßigen Fenster seien zweiflügelig, in der Höhe dreigeteilt ohne Oberlichte, weniger hoch als jene im Obergeschoß und würden knapp über dem Gelände liegen, was auf Wohnungen im Souterrain hinweise. Die Fenster darüber seien dreiteilig mit Oberlichte, die Fenster im zweiten Obergeschoß ähnelten jenen im Erdgeschoß, wiesen jedoch einen gebogenen, oberen Abschluss auf.

Vollends ohne sogenannte Schlichtheit sei die Dachform. Sie sei gekennzeichnet durch drei unterschiedliche Formen. Es sei unzutreffend, wenn im vorliegenden Fall von einem Satteldach gesprochen werde, was den Anspruch der Schlichtheit unterstützen solle. Die Dachform sei sehr kompliziert. Sie sei die eines Satteldaches mit ungleichen straßen- bzw. hofseitigen Dachflächen. An die straßenseitige Satteldachfläche schließe eine pultartige Dachfläche geringerer Dachneigung an, die die Hauptfläche verkürze und das Dach zu einem unsymmetrischen Satteldach mache. Dieses wiederum werde von zwei großen Giebeln unterbrochen, die etwa zwei Fünftel der Gesamtlänge einnähmen. Das Doppelhaus Nr. 25 und 27 füge sich also keineswegs friktionslos in das Ensemble ein. Es vermittle nicht Schlichtheit, verfüge über kein ruhiges Erscheinungsbild und erhebe keinen erkennbaren architektonischen Anspruch. Es sei stilistisch ein anspruchsloser Zwitter zwischen historisierendem Bauen und seiner Nachfolge vor dem Einsetzen der Moderne.

Der Sachverständige wies auch darauf hin, dass eine Störung des Gebietscharakters allein ohne Nachweis der Schutzwürdigkeit des Gebäudes kein hinreichender Grund für eine Verweigerung einer Abbruchbewilligung des Bestandes sei. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, dass das gegenständliche Objekt in diesem Teil der Stadt ein historisches Zitat der ehemaligen, lockeren Verbauung vor dem Fall der Stadtmauer darstelle. Dies sei im Gutachten selbst nicht belegt. Beim Haus Nr. 33, das in seinem architektonischen Anspruch dem verfahrensgegenständlichen Doppelhaus weit überlegen sei und in seiner Baumasse weniger ein Spekulations- als ein Liebhaberobjekt sei, könne es wohl gelten, beim verfahrensgegenständlichen Doppelhaus nicht. Der dreigeschoßige Bestand entspreche, wiewohl freistehend, in Baumasse und Gebäudehöhe eher einem Gebäude der Blockrandbebauung als einer im offenen Grünland eingestreuten, älteren Verbauung. Es weise beispielsweise die gleiche Gebäudetiefe von 13,5 m der Blockrandbebauung an der gegenüberliegenden Straßenseite auf und die gleiche Gebäudehöhe wie die zweigeschoßigen Bauten der zweibis dreigeschoßigen Häuser dort.

Dieses Gutachten enthält Fotos des verfahrensgegenständlichen Doppelhauses, die von der Straßenseite her gesehen eine schmucklose Fassade mit zwei Giebeln zeigen, wobei die Gebäudeteile mit Giebel etwas vor der übrigen Gebäudefront liegen, mit vielen unterschiedlich gestalteten Fenstern.

Zu diesem Gutachten von Architekt Dipl. Ing. Ha. nahm die ASVK mit Schreiben vom 16. September 2004 in einem Nachtrag zu ihrem Gutachten Stellung: Dieser Sachverständige gehe zu Unrecht davon aus, dass das verfahrensgegenständliche Objekt im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts entstanden sei. Richtig sei vielmehr, dass dieses Objekt nach den Unterlagen aus dem Stadtarchiv im Jahre 1867 geplant worden sei und zwar von Baumeister Jakob Bullmann, der auch große Teile der E-Straße und der B-Straße geplant habe. Die grundbücherliche Eintragung sei wahrscheinlich nach Errichtung des Objektes im Jahre 1870 erfolgt. Aus dem äußeren Erscheinungsbild des Objektes in der jetzigen Form sei deutlich erkennbar, dass es im Wesentlichen so erhalten sei, wie es in der Original-Eingabe geplant gewesen sei. Lediglich in den ornamentalen Komplettierungen ergebe sich ein geringfügig divergierendes äußeres Erscheinungsbild, wie auch einige Fenster umgebaut worden seien. Diese Umbauten seien erst nach dem Jahre 1957 erfolgt, worüber Bauakten im Stadtarchiv Aufschluss gäben.

Ein weiteres Indiz für die Bedeutung des verfahrensgegenständlichen Objektes sei, dass dieses Objekt, bevor es zur gründerzeitlichen Blockrandbebauung in diesem Quartier gekommen sei, bereits Bestandteil des damaligen Baubestandes gewesen sei, der für den Stadtraum der in dieser Zeit wesentlichen S-Gasse ausschlaggebend und gestaltsbestimmend gewesen sei, was eindeutig aus dem Plan mit der Darstellung des franziszeischen Katasters aus dem Jahre 1829 zu erkennen sei. Das Objekt sei in seinem äußeren Erscheinungsbild zum größten Teil noch im Originalzustand, wie dieser im Jahre 1870 geplant worden sei.

Dazu nahm der Privatsachverständige Ha. mit Schriftsatz vom 9. September 2004 in der Weise Stellung, dass er sich bei der Aussage, das bestehende Doppelwohnhaus sei ein einfaches Wohngebäude aus der Zeit des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts auf eine Stellungnahme der ASVK (vom 17. Mai 2004) gestützt habe, in der diese zum vorgesehenen Neubau auf diesen Grundstücken Stellung genommen habe. Die Entstehungszeit selbst, so führte dieser Sachverständige weiter aus, sei kein hinreichender Grund, ein Gebäude als schutzwürdig zu erachten, auch nicht, ob sich ein (an sich qualitätsloses) Gebäude weitgehend im Originalzustand erhalten habe oder nicht. Die Schutzwürdigkeit hänge wesentlich von der baukünstlerischen Qualität ab. Dazu habe er sich ausführlich geäußert.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz wies das Ansuchen des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 17. Jänner 2005, gestützt auf die §§ 19 und 29 Stmk. BauG 1995 und die §§ 3 und 7 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1980 ab. Dies wurde nach Wiedergabe insbesondere der erstatteten Gutachten und Ergänzungen im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das Gutachten der Altstadt-Sachverständigenkommission vom 2. März 2004 damit begründet, dass die im Gutachten der Kommission enthaltenen Aussagen unter Berücksichtigung der Aufrechterhaltung des Straßenbildes der S-Gasse als nachvollziehbar angesehen werden könnten, sodass das Ansuchen abzuweisen sei (dabei wurde auf die großzügige Sichtverbindung von der Straße zum exorbitant großen Grünraum dahinter hingewiesen, den das verfahrensgegenständliche Gebäude, da es nicht geschlossen verbaut sei, freigebe, das Haus selbst sei eher schlicht mit Satteldach, das sich durch seine ruhige Erscheinung und angenehme Proportionierung friktionslos in das umgebende Ensemble einordne und dadurch in Verbindung mit den oben genannten Gründen schützenswert sei; bei einer Änderung würde massiv in den bestehenden Gebietscharakter des Gebietes eingegriffen).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte insbesondere aus, dass es sich bei dem "Gutachten" der ASVK vom 2. März 2004 um kein Gutachten im technischen Sinne handle. Ein Gutachten, das lediglich in der Äußerung bestehe, dass sich im Falle des Ersetzens der freistehenden Objekte durch eine Weiterführung der Blockrandbebauung der Gebietscharakter massiv zum Schlechteren ändern würde, aus welchem Grunde die Fortsetzung der Blockrandbebauung nicht im Sinne des Ortsbildschutzes liege, enthalte weder eine Befundaufnahme noch eine Begutachtung, sondern begnüge sich mit einer - nicht näher begründeten - Feststellung. Das vom Beschwerdeführer beigebrachte Gutachten von Dipl. Ing. Ha. vom 23. Juni 2004 werde zum Berufungsvorbringen erhoben. Damit werde der Beschwerdeführer dem Anspruch gerecht, dem Gutachten der Kommission auf der selben fachlichen Ebene entgegenzutreten. Die Behörde hätte sich mit diesen beiden Gutachten wertend auseinandersetzen müssen, was nicht geschehen sei. Bei einem Widerspruch der Gutachten eines privaten und eines Amtssachverständigen könne nur der innere Wahrheitswert des Gutachtens den Ausschlag geben, welchem nach Ansicht der Behörde gefolgt werde. Die Behörde habe aber die Gedankengänge aufzuzeigen, die sie veranlasst hätten, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen. Weiters wurde die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Sanierung des verfahrensgegenständlichen Gebäudes geltend gemacht.

Im Berufungsverfahren beauftragte die belangte Behörde mit Schreiben vom 29. August 2005 den Steiermärkischen Landeskonservator Dipl. Ing. Dr. techn. FB mit der Erstattung eines Gutachtens über folgende Fragen:

1.) Ist das verfahrensgegenständliche Gebäude S-Gasse 25 und 27 schutzwürdig im Sinne des § 3 Abs. 1 GAEG 1980; nämlich in welcher Form ist es in seiner baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung ?

2.) Wie wird der Bezug des Gebäudes zu seinem Umfeld einerseits in gestalterischer, baukünstlerischer (und andererseits in geschichtlicher bauhistorischer) Hinsicht bewertet ?

Dieser Sachverständige, der auch Mitglied der ASVK ist, erstattete ein Gutachten vom 14. November 2005. Er nahm dabei zunächst auf die städtebauliche Charakteristik des verfahrensgegenständlichen Doppelgebäudes aus dem Jahre 1867 und seine städtebauliche Entwicklung Stellung. Darin wird zu den Änderungen am Gebäude im 20. Jahrhundert ausgeführt, dass die geschoßhohe Anhebung der Traufe über den beiden äußersten Fensterachsen erst knapp 100 Jahre später auf Grund des 1957 gestellten Baubewilligungsantrages von Frau H.P. zur Errichtung von Fenstern erfolgt sei; während dies beim Haus Nr. 27 bereits Anfang 1958 geschehen sei, sei der Umbau beim Haus Nr. 25 erst im Jahre 1965 erfolgt. Die ursprüngliche Anhebung der straßenseitigen Traufe im Bereich der beiden mittleren Achsen und die spätere Anhebung im Bereich der beiden äußeren Achsen zeichne sich auch deutlich an der unterschiedlichen Behandlung der Dachflächen ab. Während die Dachfläche über den beiden Mittelachsen eine Ebene darstelle, wiesen die Dachflächen über den beiden äußersten Achsen den für eine spätere Anhebung typischen Anschleppungsknick auf. Im Zuge der Traufenerhöhung 1958 sei auch die Neuputzung mit Rieselputz durchgeführt worden. Das Doppelhaus weise demnach heute straßenseitig mit Ausnahme der beiden giebelgekrönten Risalite die Trauflinie über dem dritten Dachgeschoß auf. Die mit einfachem Putzrahmen von der Rieselputzfassade abgehobenen Fenster wiesen in jedem Geschoß andere Höhen und Fensterteilungen auf. Die Fenster selbst seien in der für die Zeit typischen Konstruktion als sogenanntes "Grazerstockfenster" ausgebildet.

Die Frage 1 bejahte dieser Sachverständige. Das Gebäude sei das zweitälteste in diesem Abschnitt. Die drei Villenbauten (das verfahrensgegenständliche Gebäude, Haus Nr. 29 und Nr. 33) an der Nordseite der S. Gasse und die Villa Nr. 26 an der Südseite der S-Gasse entsprächen der stadtplanerischen Absicht einer Villenstraße. Es sei im Jahre 1873 vom Stadtrat u.a. für die S-Gasse die villenartige Verbauung beantragt worden. Während die übrigen genannten Villen Einzelbauten seien, sei dem planenden Baumeister durch die Anlage einer Doppelvilla eine "geglückte freiraumsparende Villenvariante" als Alternative zu einer geschlossenen Bebauung gelungen. Die im Gutachten von Architekt H. abwertend betrachtete Schlichtheit der Doppelvilla könne so nicht akzeptiert werden. Die "vornehme Zurückhaltung des Gebäudes hinsichtlich des Fassadendekors wird durch die gekonnte Bewältigung der Baukubatur und der gestaltwirksamen Merkmale aufgewertet" (Verweis auf Abbildung 9).

Durch den Zusammenbau von zwei aneinander gereihten Villen zu einer Doppelvilla ergebe sich zwangsläufig eine im Vergleich mit den anderen Villen in der Gasse längere traufenständige Fassadenfront. Durch die Anordnung der beiden zweiachsigen übergiebelten flachen Risalite erfahre die Horizontale der Fassade zwei vertikale Betonungen, die der Fassade ein wohlproportioniertes Ebenmaß und die erforderliche Plastizität verliehen. Durch die beiden Risalite und die Giebel werde dem Baukörper die beabsichtige Kleinteiligkeit verliehen. Der planende Baumeister beweise auch bei anderen seiner Bauwerke die Kunst der Baumassengliederung. Die Traufenlinie entspreche in ihrer Höhe jener der anderen genannten Villen in diesem Abschnitt der S. Gasse.

Die in den einzelnen Geschoßen unterschiedlichen Fensterhöhen verliehen dem äußeren Erscheinungsbild eine zusätzliche Spannung im positiven Sinn. Keinesfalls könne diese Tatsache als qualitätsmindernd angesprochen werden. Wie Beispiele selbst höchst qualitätsvoller Bauwerke (Palais Kees, Schloß Eggenberg, etc.) zeigen, sei die Anwendung unterschiedlicher Fensterhöhen ein dem Architekten zur Verfügung stehendes Gestaltungsmotiv. Neben den pro Geschoß unterschiedlichen Fensterhöhen zeige auch die formale Ausbildung der Fenster bewusst feine Unterschiede. So wiesen die Fenster des obersten Geschoßes einen oberen Abschluss in der Form eines Segmentbogens auf, während die Fenster der übrigen Geschoße mit waagrechtem Sturz ausgeführt seien. Die Fenster des obersten Geschoßes seien als kämpferlose zweiflügelige Grazerstockfenster mit doppelter Sprossenteilung ausgeführt, die Fenster des ersten Obergeschoßes hingegen als zweiflügelige Grazerstockfenster mit nur einfacher Sprossenteilung, dafür aber mit Kämpfer und einer durch eine Mittelsprosse geteilten Oberlichte. Die für die Bauzeit charakteristischen Grazerstockfenster seien für die gegenständliche Fassade in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Qualitätsmerkmal. Die nach außen aufgehenden äußeren Flügel seien vor der Fassadenebene angesetzt. Dadurch wirkten die Fenster in geschlossenem Zustand auch bei Schrägansicht wie aufgesetzte Spiegel. Im geöffneten Zustand ergebe sich durch die nach außen aufschlagenden Fenster bei entsprechender Sonneneinstrahlung, insbesondere bei Streiflicht, eine die Fassadenplastizität steigernde Schattenwirkung. Somit trügen auch "die Fenster in ihrer sensiblen, aber durchdachten Einfachheit, wesentlich zum charakteristischen Erscheinungsbild der Fassade" bei.

Zur Frage 2, ob das gegenständliche Gebäude auf Grund seiner baukünstlerischen Gestaltung, seiner Proportion und bauhistorischen Merkmale für das Stadtbild von Bedeutung sei und in Bezug zu seinem Umfeld stehe, führte dieser Sachverständige aus, dass die bauliche Charakteristik und das Erscheinungsbild des zu betrachtenden Teiles der S-Gasse, nämlich von der N-Gasse zum S-Platz, eindeutig von der fast durchgehenden geschlossenen Verbauung an der Südseite der Straße und durch die offene Verbauung an der Nordseite geprägt sei. Die drei Villen S-Gasse Nr. 25/27 (das verfahrensgegenständliche Gebäude), Nr. 29 und Nr. 33 prägten in ihrer einheitlichen Bauflucht wesentlich das Erscheinungsbild der nördlichen Ansichtsseite dieses Straßenabschnittes. Untrennbar mit der Charakteristik der offenen villenartigen Verbauung verbunden sei die freie Durchsicht zwischen den freistehenden Gebäuden in den dahinterliegenden Grünraum. Während die geschlossene Blockrandverbauung an der Südseite Grünflächen nur als Vorgärten zulasse, verleihe die villenartige Bebauung der Südseite (gemeint offensichtlich der Nordseite) diesem Straßenabschnitt die "unverwechselbare atmende Offenheit".

Nach dem Bebauungsplan würde von den derzeit das charakteristische Erscheinungsbild dieses Straßenabschnittes prägenden drei Villen an der Nordseite nur mehr die mittlere Villa (S-Gasse Nr. 29) als städtebaulicher Torso zurückbleiben. Eine allfällige Zerstörung des verfahrensgegenständlichen Hauses würde aus den angeführten Gründen das spezielle Erscheinungsbild dieses Straßenabschnittes der S-Gasse schwer beeinträchtigen und die Identität der Straße zerstören. Dies widerspräche eindeutig der Zielsetzung des GAEG und insbesondere dessen § 3 Abs. 1.

Der Beschwerdeführer legte in der Folge ein Gutachten von Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. techn. He. vor, in dem insbesondere zum Gutachten vom 14. November 2005 eingehend Stellung genommen wurde. Sofern das Gutachten insbesondere darauf hinweise, dass das verfahrensgegenständliche Gebäude von dem bekannten Baumeister Jakob Bullmann errichtet worden sei, weist dieser Sachverständige darauf hin, dass die Grundrisse der Einreichpläne, aber auch die zugehörigen Giebelansichten erkennen ließen, dass von diesem Baumeister die Traufe unmittelbar über dem Hochparterre geplant gewesen sei. Lediglich im Bereich der Risalite seien je auch ein Obergeschoß geplant gewesen. Die giebelseitig geplanten Altane seien entfallen. Der Baukörper sei im Jahre 1957 von der Firma O. derart ausgebaut worden, dass das Dachgeschoß straßenseitig in ein Vollgeschoß überführt und hofseitig ein Dachausbau vorgenommen worden sei. Fensterfarschen und Traufgesimse seien nicht mehr vorhanden. Die derzeit bestehenden Gebäude S. Gasse Nr. 25 und Nr. 27 seien mit dem Entwurf des Baumeisters Jakob Bullmann aus dem Jahre 1867 nicht mehr ident.

Abgesehen davon komme es für die Beurteilung nach § 3 Abs. 1 Grazer Altstadterhaltungsgesetz nicht auf das Baualter eines Gebäudes an. Sofern sich die ASVK vom 2. März 2004 im Befund darauf stütze, dass ein wichtiger Effekt dieser Freistellung die großzügige Sichtverbindung von der Straße zum exorbitant großen Grünraum dahinter sei, was dieser in diesem Bereich die strenge urbane Konsequenz nehme und zu ihrer Attraktivität beitrage, stellte dieser Sachverständige fest, dass eine Forderung nach Berücksichtigung "großzügiger Sichtverbindungen" im GAEG nicht festgelegt und ein Recht auf Ansicht in den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes immer verneint werde.

Bezüglich der Schutzwürdigkeit des Erscheinungsbildes, auf das sich § 3 Abs. 1 Grazer AltstadterhaltungsG beziehe, sei festzustellen, ob 1. die verfahrensgegenständlichen Gebäude in ihrer baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung seien und 2. dem Erscheinungsbild der Gebäude eine Schutzwürdigkeit zukomme. Zur allfälligen baulichen Charakteristik der verfahrensgegenständlichen Gebäude untersuchte der Sachverständige in der Folge, wie sich die Art der Verbauung auf diesem Grundstück im Verhältnis zu dem 29 Grundstücke umfassenden Baublock S-Gasse - Na-Gasse - Ni-Gasse - Sch-Straße in Bezug auf die Bebauungsweise, die Anzahl der Geschoße und die Einhaltung der Baufluchtlinie darstelle. Danach sind die verfahrensgegenständlichen Gebäude mit ihrer gekuppelten Bebauung, mit ihren zwei Geschoßen und mit der Nichteinhaltung der Baufluchtlinie für das Stadtbild baulich nicht charakteristisch.

Im Hinblick auf die Frage, ob dem Erscheinungsbild der verfahrensgegenständlichen Gebäude eine Schutzwürdigkeit zukomme, untersuchte dieser Sachverständige diese Frage eingehend hinsichtlich der Gesimse, der Fensterumrahmungen, der Fassade, der Balkone, der Dachneigung, der Dachform, der Erker, der Durchgänge, der Fensterteilungen, der Tore, der Portale, der Dachdeckung, der Einfriedungen und der Höfe. Er kam zusammengefasst zu der Ansicht, dass dem Erscheinungsbild dieser Häuser keine Schutzwürdigkeit im Lichte der im § 3 Abs. 1 GAEG ausdrücklich angeführten gestaltwirksamen Elemente zukomme.

In diesem Gutachten wurde weiters eingehend zu dem Gutachten des Landeskonservators vom 14. November 2005 Stellung genommen. Dieser Sachverständige stelle insbesondere fest, dass keines der beiden verfahrensgegenständlichen Häuser eine Villa im Sinne der anerkannten Definitionen dieses Begriffes sei. Der Ausdruck "Doppelvilla" sei, da mit der Definition des Begriffes Villa unvereinbar, in der einschlägigen Literatur unbekannt. Die drei genannten "Villen" lägen in keiner gemeinsamen Baufluchtlinie gemäß § 4 Z. 7 Stmk. BauG, die Straßenfassade der verfahrensgegenständlichen Häuser folge nicht dem Entwurf des Stadtbaumeisters Jakob Bullmann aus dem Jahre 1867, sondern sei das Ergebnis zahlreicher Abänderungen und Umbauten, die weder von diesem Stadtbaumeister stammten noch von ihm sanktioniert worden seien. Die künstlerische Wertung einer Fassade habe nach Kriterien zu erfolgen, die generell nachweisbar seien und nicht kurzfristig während eines bestimmten Sonnenstandes bei wolkenlosem Himmel auftreten könnten. Bei extremen Streiflicht wirke jede Fassade auf Grund des durch Arbeits-Ungenauigkeiten entstehenden Schattenwurfes "lebendig". Der Begriff "atmende Offenheit" bedürfe einer Definition. Diese liege nicht vor. Durch den Abbruch der verfahrensgegenständlichen Häuser werde die Durchsicht in den dahinterliegenden Grünraum weit geöffnet.

Abschließend stellte dieser Sachverständige u.a. fest, die verfahrensgegenständlichen Häuser seien stark abweichend von den Einreichplänen des Stadtbaumeisters Jakob Bullmann errichtet und vielfach umgebaut worden. Das Gutachten vom 14. November 2005 sei in sich widersprüchlich, überwiegend logisch nicht nachvollziehbar und verwechsle ein Ansuchen um Abbruchbewilligung mit einem Ansuchen um Baubewilligung. Die beiden Häuser seien in der Zeit von 1867 bis 1965 mehrfach umgebaut worden, sodass die zur Zeit bestehenden baulichen Kubaturen ein Konglomerat unterschiedlicher Konstruktionen und Konstruktionsbinder aus einem Jahrhundert bildeten. Die Feststellung, dass Glasscheiben je nach Einfall der Lichtwellen spiegelte, sei eine Binsenweisheit und könne mehr oder minder ausgeprägt bei jedem Objekt ungeachtet, ob es in einer Schutzzone nach dem GAEG stehe oder nicht, festgestellt werden. Durch den Abbruch der verfahrensgegenständlichen Häuser werde der im Gutachten vom 14. November 2005 im Besonderen bewertete Blick in den hinter diesen Gebäuden liegenden Grünraum erweitert, sodass die zu bewahrende und zu pflegende "atmende Offenheit" gefördert werde. Das Gutachten vom 14. November 2005 habe nicht nachweisen können, dass die beiden Häuser in ihrer Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung seien oder dass den Merkmalen ihres Erscheinungsbildes eine Bedeutung im Sinne des § 3 Grazer AltstadterhaltungsG zukomme. Dem Erscheinungsbild der beiden Häuser komme keine Schutzwürdigkeit zu. Sie seien in ihrer Charakteristik für das Stadtbild nicht von Bedeutung.

Die belangte Behörde wies die Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie begründete dies nach Wiedergabe der im vorliegenden Verfahren erstatteten Gutachten und Stellungnahmen (mit Ausnahme des zuletzt vorgelegten Gutachtens von Univ. Prof. Dr. techn. He. vom 14. Februar 2006, das nur erwähnt wurde), im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Situierung des gegenständlichen Gebäudes nach Ansicht des Landeskonservators - das Gebäude werde im Gutachten als "Doppelvilla" bezeichnet - um eine "geglückte freiraumsparende Villenvariante als Alternative zu einer geschlossenen Bebauung" handle und werde "die vornehme Zurückhaltung des Gebäudes hinsichtlich des Fassadendekors durch die gekonnte Bewältigung der Baukubatur und der gestaltswirksamen Merkmale" aufgewertet. Das Gutachten vom 14. November 2005 sehe eine "gekonnte Bewältigung der Baukubatur" darin, dass das Gebäude im Vergleich zu den anderen freistehenden Gebäuden in der S-Gasse eine längere traufenständige Fassadenfront aufweise und die in den einzelnen Geschoßen vorhandenen, unterschiedlichen Fensterhöhen dem äußeren Erscheinungsbild eine zusätzliche Spannung im positiven Sinne verleihen würden. Als besonderes Qualitätsmerkmal der gegenständlichen Fassade würden die für diese Bauzeit charakteristischen Grazerstockfenster angesehen. Der Landeskonservator führe aus, dass die, vor der Fassadenebene angesetzten, nach außen aufgehenden äußeren Flügel im geschlossenen Zustand auch bei Schrägansicht wie aufgesetzte Spiegel wirken würden und sich im geöffneten Zustand durch die nach außen aufschlagenden Fenster, bei entsprechender Sonneneinstrahlung, insbesondere Streiflicht, eine die Fassadenplastizität steigende Schattenwirkung ergebe.

Im Gutachten Dris. He. werde ausgeführt, dass die Qualität der Fassade nicht davon abhängen könne, ob eine Sonneneinstrahlung bestehe oder nicht.

Im Gutachten vom 14. November 2005 sei zutreffend ausgeführt worden, dass die Schutzwürdigkeit eines Gebäudes nach der Bestimmung des § 3 GAEG vom Vorhandensein von gestaltwirksamen Gebäudemerkmalen abhängig sei. Als solche würden im Gutachten die beiden übergiebelten Risalite bezeichnet, die der Fassade ein "wohlproportioniertes Ebenmaß und die erforderliche Plastizität verleihen würden" und es würde dadurch wieder die "beabsichtigte Kleinteiligkeit" entstehen.

Weiters werde ausgeführt, dass die drei Gebäude S-Gasse Nr. 25/27, Nr. 29 und Nr. 33 in ihrer einheitlichen Bauflucht wesentlich das Erscheinungsbild der nördlichen Ansichtsseite dieses Straßenabschnittes prägen würden und diese drei Gebäude einschließlich der dazugehörenden Grundstücke knapp mehr als 50 % der Straßenlänge der S-Gasse zwischen der N-Gasse und dem S-Platz einnehmen würden, wobei mit der Charakteristik der offenen "villenartigen" Verbauung unmittelbar die freie Durchsicht zwischen den freistehenden Gebäuden und dem dahinterliegenden Grünraum verbunden sei. Zusammenfassend sei seitens der belangten Behörde festzustellen, dass sich aus dem Gutachten des Landeskonservators nachvollziehbar ergäbe, dass das gegenständliche Gebäude gestaltwirksame Merkmale besitze, die in ihrer baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung seien, sodass das Gebäude als schutzwürdig anzusehen sei. Die beiden übergiebelten Risalite stellten ebenso wie die Grazerstockfenster gestaltwirksame, zum Erscheinungsbild gehörende Merkmale eines Gebäudes dar, die einerseits der Fassade ein "wohlproportioniertes Ebenmaß" verliehen. Andererseits seien die, vor der Fassadenebene angesetzten, nach außen aufgehenden äußeren Flügel der Fenster als Qualitätsmerkmal der Fassade zu sehen.

Im Gutachten Dris. He. werde diesbezüglich ausgeführt, dass einerseits die Qualität der Fassade nicht davon abhängig sein könne, ob eine Sonneneinstrahlung bestehe oder nicht und andererseits die Fenster des südseitigen Dachausbaues mit einem oberen Abschluss in der Form eines Segmentbogens nicht die Risalite betonten, sondern eine funktionslose Dekoration des Dachgeschoßes bildeten.

Zusammenfassend sei festzustellen, dass die im Gutachten des Landeskonservators enthaltenen Schlussfolgerungen, wonach die beiden übergiebelten Risalite ebenso wie die Grazerstockfenster der Fassade ein "wohlproportioniertes Ebenmaß" verleihen würden und die vor der Fassadenebene angesetzten, nach außen aufgehenden äußeren Flügel der Fenster als Qualitätsmerkmal der Fassade zu sehen seien, nachvollziehbar ergäben, dass das vorliegende Gebäude gestaltswirksame Merkmale besitze, die in ihrer baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung seien, sodass dieses Gebäude als schutzwürdig im Sinne des § 3 GAEG zu qualifizieren sei.

Zum Berufungsvorbringen, dass auch eine wirtschaftliche Abbruchreife gegeben sei und aus diesem Grund dem Beschwerdeführer ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Abbruchbewilligung zustehe, sei festzustellen, dass gemäß § 3 Abs. 4 erster Satz GAEG ein solcher Anspruch dann bestehe, wenn die technische Unmöglichkeit der Behebung der Baugebrechen erwiesen oder die wirtschaftliche Unzumutbarkeit trotz Einbeziehung von in Aussicht gestellten Förderungsmitteln gegeben sei. Aus der Berufung und den angeschlossenen Beilagen sei nicht ersichtlich, dass beim gegenständlichen Gebäude Baugebrechen vorhanden seien, es handle sich dabei ausschließlich um die Auflistung von Sanierungskosten. Nach § 4 Z. 8 Stmk. BauG sei unter einem Baugebrechen ein mangelhafter Zustand einer baulichen Anlage, der deren Festigkeit, Brandsicherheit, Hygiene oder äußeres Erscheinungsbild betreffe und geeignet sei, Personen oder im Eigentum Dritter stehende Sachen zu gefährden oder zu beschädigen oder das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild grob zu beeinträchtigen, zu verstehen. Solche Baugebrechen lägen beim vorliegenden Gebäude nicht vor.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall ist das Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980 - GAEG 1980, LGBl. Nr. 33/1980 (Wiederverlautbarung des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 17), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 71/2001 anzuwenden.

Gemäß § 1 erster Satz GAEG 1980 erstreckt sich der örtliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes auf jene Stadtteile von Graz, die in ihrer landschaftlichen und baulichen Charakteristik das Stadtbild prägen und daher in ihrem Erscheinungsbild und in ihrer Baustruktur und Bausubstanz sowie in ihrer vielfältigen urbanen Funktion zu erhalten sind (Schutzgebiet).

Gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. besteht das Schutzgebiet aus einer Kernzone (Zone I), einer Randzone (Zone II) und weiteren Zonen gemäß Abs. 3.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung ist die Landesregierung unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 ermächtigt, nach Anhörung der Stadt durch Verordnung weitere Teile in das Schutzgebiet einzubeziehen; diese sind fortlaufend mit Zone III, IV usw. zu bezeichnen.

Gemäß § 3 Abs. 1 GAEG 1980 haben die Liegenschaftseigentümer im Schutzgebiet jene Gebäude, die in ihrer baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung sind, in ihrem Erscheinungsbild nach Maßgabe der Schutzwürdigkeit ganz oder teilweise zu erhalten. Zum Erscheinungsbild gehören alle gestaltwirksamen Merkmale des Gebäudes, wie z.B. die Gebäudehöhe, die Geschoßhöhe, die Dachform, Dachneigung und Dachdeckung, die Fassaden einschließlich Gliederung, die Portale, Tore, Fenster, Fensterumrahmungen und Fensterteilungen, Gesimse, Balkone und Erker sowie die Durchgänge, Höfe und Einfriedungen.

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung darf für schutzwürdige Gebäude oder Gebäudeteile eine Abbruchbewilligung nach dem Stmk. Baugesetz oder ein Abbruchauftrag gemäß § 39 Abs. 4 des selben Gesetzes nur dann erteilt werden, wenn die technische Unmöglichkeit der Behebung der Baugebrechen erwiesen oder die wirtschaftliche Unzumutbarkeit trotz Einbeziehung von in Aussicht gestellten Förderungsmitteln gegeben ist. Vor Erteilung solcher Bewilligungen oder Aufträge ist die Sachverständigenkommission (§ 11) zu hören.

Zunächst ist festzustellen, dass auf die Bedenken des Beschwerdeführers hinsichtlich der Stellungnahme der ASVK vom 2. März 2004 und vom 22. Juni 2005 nicht eingegangen werden muss, weil sich die belangte Behörde in ihrer maßgeblichen Begründung nicht darauf stützt.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er der Behörde das Gutachten von Dipl. Ing. Ha. vom 23. Juni 2004 sowie jenes von Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. He. vom 14. Februar 2006 vorgelegt habe, mit denen sich die Behörde nicht nachvollziehbar im Lichte der von ihr bevorzugten fachlichen Stellungnahmen auseinander gesetzt habe. Die belangte Behörde habe daher keine entsprechende Beweiswürdigung vorgenommen. Warum die Behörde dem Gutachten der ASVK im Zusammenhalt mit jenem des Landeskonservators den Vorzug gegeben habe, sei nicht entsprechend nachvollziehbar begründet. Bei einem Widerspruch der Gutachten eines privaten Sachverständigen und eines Amtssachverständigen könne nur der innere Wahrheitswert des Gutachtens den Ausschlag dafür geben, welchem Gutachten sich eine Behörde anschließe. Die Behörde könne sich in einem solchen Fall auf eines der einander widersprechenden Gutachten stützen, müsse aber die Gedankengänge aufzeigen, die sie dazu veranlasst hätten, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu. Der Beschwerdeführer verweist zutreffend auf die hg. Judikatur zur gebotenen Beweiswürdigung im Falle einander widersprechender Gutachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. August 1991, Zl. 90/10/0001). Bei einander widersprechenden Gutachten ist es der Behörde gestattet, sich dem einen oder anderen Gutachten anzuschließen. Sie hat aber die Gedankengänge aufzuzeigen, die sie veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen. Im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde dem Gutachten des Landeskonservators vom 14. November 2005 gefolgt, hat sich aber mit den zu den maßgeblichen Fragen vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten von Dipl. Ing. Ha. vom 23. Juni 2004 sowie von Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. He. vom 14. Februar 2006 nicht auseinander gesetzt und hat insbesondere nicht begründet, warum sie dem Gutachten des Landeskonservators einen höheren Beweiswert zugebilligt hat.

Der Beschwerdeführer weist weiters zutreffend darauf hin, dass im vorliegenden Fall bei der Frage der Schutzwürdigkeit des verfahrensgegenständlichen Gebäudes im Lichte des § 3 Abs. 1 GAEG die bauliche Charakteristik des Gebäudes für das Stadtbild von maßgeblicher Bedeutung ist. Wenn im Gutachten des Landeskonservators die Schutzwürdigkeit und damit die bauliche Charakteristik des Gebäudes für das Stadtbild damit begründet wird, dass das Gebäude "eine geglückte freiraumsparende Villenvariante als Alternative zu einer geschlossenen Bebauung" sei, die "vornehme Zurückhaltung des Gebäudes hinsichtlich des Fassadendekors ... durch die gekonnte Bewältigung der Baukubatur und der gestaltswirksamen Merkmale aufgewertet" werde, weiters die beiden zweiachsigen übergiebelten flachen Risalite der Fassade "ein wohlproportioniertes Ebenmaß und die erforderliche Plastizität" verleihen, werden damit Wertungen vorgenommen, die keine objektivierbaren Begründungselemente enthalten. Es ist für den Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhalt mit den im Akt einliegenden Fotos des Gebäudes nicht ersichtlich, dass das in Frage stehende Gebäude in seiner tatsächlichen baulichen Ausgestaltung und Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung ist.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. März 1976, VfSlg. Nr. 7759, zur Wiener Altstadterhaltungsnovelle 1972 ausgeführt hat, kann der Landesgesetzgeber - neben dem Kompetenztatbestand für den Bundesgesetzgeber "Denkmalschutz" in Art. 10 Abs. 1 Z. 13 B-VG - aus anderen Gesichtspunkten gesetzliche Regelungen schaffen und insbesondere aus dem Gesichtspunkt des Ortsbildschutzes Vorschriften zur Sicherung der Erhaltung der Bausubstanz künstlerisch wertvoller Bauwerke erlassen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1980, Zl. 1427/77). Es geht also bei der Frage der baulichen Charakteristik eines Gebäudes für das Stadtbild, um die Schutzwürdigkeit eines solchen Gebäudes im Sinne des § 3 Abs. 1 GAEG zu beurteilen, darum, ob ein künstlerisch wertvoller alter Baubestand vorliegt. In diesem Sinne erscheint dem Verwaltungsgerichtshof bisher nicht ausreichend Rücksicht darauf genommen worden zu sein, dass das verfahrensgegenständliche Gebäude im 20. Jahrhundert - worauf die vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten verweisen - gravierend geändert wurde. So ist im Rahmen dieser Umbauten ein geschlossenes, über die gesamte Straßengebäudefront gehendes Dachgeschoß geschaffen worden, wodurch die in diesem Geschoß vorgesehenen Fensteröffnungen zur Gänze geändert wurden. Durch das Schließen des Dachgeschoßes über die gesamte Front ist aber auch die Wirkung der beiden Risalite, die sich ursprünglich über einem sonst einstöckigen Baukörper erhoben haben, hinter dem sich ein symmetrisches Satteldach quer zur Straße verlaufend erstreckt hat, weitgehend verloren gegangen. Auch in dieser Hinsicht entspricht das Gebäude nicht mehr dem historischen Bestand. Dies gilt in gleicher Weise für die Fenster des Gebäudes, die - wie dies gleichfalls der Sachverständige Dr. He. feststellt - zumindest teilweise, d.h. an einer Längsfront, ausgetauscht wurden.

In diesem Zusammenhang verweist dieser Gutachter wohl auch zutreffend darauf, dass der ursprüngliche Einreichplan keine Fensterteilung ersichtlich gemacht hat, es sei daher auch nicht feststellbar, ob die vorhandenen Fensterteilungen aus der Entstehungszeit des Gebäudes stammten. Auch die nunmehr vorhandenen Fensterumrahmungen stellen, wenn man in die ursprünglichen Pläne für das Gebäude einsieht, nicht die ursprünglich bestehenden Fensterumrahmungen des Gebäudes dar. Die nach dem ursprünglichen Einreichplan reich gegliederte Fassade mit Gesimsen, Gewänden, Stürzen, ist unbestritten Mitte des 20. Jahrhunderts maßgeblich geändert worden und stellt sich nunmehr als eine schlichte, schmucklose Fassade dar, die durch die gleichfalls im 20. Jahrhundert neu hergestellten Fensterumrahmungen und die Fenster selbst unterbrochen wird.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 1. April 2008

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006060238.X00

Im RIS seit

01.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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