TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/23 2008/03/0012

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.2008
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07203020;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31992R0881 Güterkraftverkehrsmarkt Art3 Abs1 idF 32002R0484;
31992R0881 Güterkraftverkehrsmarkt Art6 Abs4 idF 32002R0484;
32002R0484 Nov-31992R0881/31993R3118 Erwägungsgrund2;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8;
GütbefG 1995 §23 Abs4;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §20;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Beschwerdesache des H S in S, Deutschland, vertreten durch Dr. Hansjörg Zink, Dr. Georg Petzer, Dr. Herbert Marschitz und Dr. Peter Petzer, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Unterer Stadplatz 24, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 13. November 2007, Zl uvs- 2006/13/3277-4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird - soweit sie eine Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes betrifft (Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides) - als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde unter Spruchpunkt 2. dem Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH, die Komplementärin der S GmbH & Co KG sei, die wiederum Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges sei, angelastet, eine nach Ort und Zeitpunkt der Kontrolle näher bestimmte gewerbsmäßige Beförderung von Gütern von Deutschland durch Österreich mit einem Zielort in Italien durchgeführt zu haben, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde (der Lenker des Fahrzeugs sei als Staatsbürger der russischen Föderation Staatsangehöriger eines Drittstaates gewesen). Der Beschwerdeführer habe dadurch § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG in Verbindung mit Art 6 Abs 4 der Verordnung (EWG) Nr 881/1992 idF der Verordnung (EG) Nr 484/2002 verletzt; über ihn wurde gemäß § 23 Abs 1 Z 8 in Verbindung mit Abs 3 und Abs 4 GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen Spruchpunkt 2. dieses Bescheides gerichtete Beschwerde erwogen (Soweit die Beschwerde die Übertretung des KFG - Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides - betrifft, wurde ihre Behandlung bereits mit hg Beschluss vom 29. Februar 2008, Zl 2008/02/0004, abgelehnt):

Gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-

- zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

Gemäß § 23 Abs 4 GütbefG hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs 1 Z 8 bis 11 leg cit die Geldstrafe mindestens EUR 1.453,-- zu betragen.

Gemäß Art 3 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 881/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr 484/2002 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

Gemäß Art 6 Abs 4 der genannten Verordnung ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass für die beschwerdegegenständliche grenzüberschreitende gewerbliche Güterbeförderung unter Einsatz eines drittstaatsangehörigen Fahrers das Mitführen einer Fahrerbescheinigung erforderlich war.

Er macht aber geltend, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern fehlerhaft sei, als er zwar als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH zur Verantwortung gezogen worden war, aber die Nennung des § 9 VStG im Spruch des Bescheides unterblieben sei.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend:

Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs 2 VStG) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. § 44a Z 1 VStG erfordert unter anderem, dass im Spruch des Bescheides gegebenenfalls auch die im Sinne des § 9 Abs 1 VStG maßgebliche juristische Person, die Personengesellschaft des Handelsrechts oder die eingetragene Erwerbsgesellschaft, zu deren Vertretung nach außen der Beschuldigte berufen ist, genannt wird. Wird ein Täter als verantwortliches Organ einer juristischen Person bestraft, so erfordert es die Bestimmung des § 44a Z 1 VStG weiters, dass im Spruch des Straferkenntnisses die Art der Organfunktion, der zufolge der Täter zur Vertretung nach außen berufen ist, eindeutig angeführt wird (vgl das hg Erkenntnis vom 27. Dezember 2007, Zl 2003/03/0295, mwN).

Dem dargestellten Erfordernis entspricht der angefochtene Bescheid, der - in Konkretisierung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - die Art der Organfunktion des Beschwerdeführers eindeutig angeführt hat.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist es aber nicht erforderlich, dass der Spruch des Bescheides auch das Zitat des § 9 VStG enthält (vgl das hg Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Jänner 1990, Zl 89/18/0008).

Im Übrigen wendet sich die Beschwerde gegen die Höhe der verhängten Strafe und meint, auf Grund der "zahlreichen Milderungsgründe des vorliegenden Falles", denen keinerlei Erschwerungsgründe gegenüber stünden, sei ein Unterschreiten der Mindeststrafe gemäß § 20 VStG geboten.

Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend:

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen; dafür kommt es nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe an, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts (vgl die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II2, unter E 1 zu § 20 VStG zitierte hg Judikatur).

Die geltend gemachte Unbescholtenheit des Beschwerdeführers wurde bei der Strafbemessung ohnehin als Milderungsgrund berücksichtigt. Der vom Beschwerdeführer weiters unter Hinweis darauf, dass bereits über den Lenker A. G. eine Geldstrafe verhängt worden sei, geltend gemachte Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 19 StGB setzt der Sache nach voraus, dass die Folgen der Tat den Täter oder eine ihm nahestehende Person betreffen. Dass dies bei einer Bestrafung des Fahrers der Fall wäre, lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen und wird vom Beschwerdeführer auch nicht konkret behauptet.

Auch das Argument des Beschwerdeführers schließlich, umgehend nach der Kontrolle sei eine Fahrerbescheinigung ausgestellt und der anzeigenden Behörde per Fax übermittelt worden, es handle sich deshalb "lediglich um ein formelles Versehen", geht fehl: Bei der ihm zur Last gelegten Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG, bei dem der Nichteintritt eines Schadens schon nach dem Zweck der Strafdrohung (§ 19 Abs 2 VStG) nicht als Milderungsgrund in Betracht kommt. Die Auffassung des Beschwerdeführers, der "Schutzzweck der Verordnung (sei) nicht einmal berührt", ist unzutreffend, soll die Fahrerbescheinigung es doch ermöglichen (vgl Erwägungsgrund 2 zur Verordnung (EG) Nr 484/2002), anlässlich einer Fahrzeugkontrolle nachzuprüfen, ob Fahrer aus Drittstaaten rechtmäßig eingesetzt werden.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde § 20 VStG nicht angewendet hat.

Die Beschwerde war daher, da bereits ihr Inhalt erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. April 2008

Schlagworte

Mängel im SpruchGemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2Verantwortlichkeit (VStG §9) zur Vertretung berufenes OrganErschwerende und mildernde Umstände Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008030012.X00

Im RIS seit

15.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten