TE Vwgh Erkenntnis 2008/5/27 2007/05/0147

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Veröffentlicht am 27.05.2008
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des J in Wien, vertreten durch Dr. Werner Heissig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 14, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 25. April 2007, BOB-9/07, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Z in 1230 Wien, Endresstraße 127), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und die mitbeteiligte Partei sind Miteigentümer der Liegenschaft in Wien 23, Endresstraße 127, EZ. 152 der KG Mauer.

Der Beschwerdeführer suchte im November 2006 um die Baubewilligung betreffend Abänderungen am bestehenden Gebäude auf der genannten Liegenschaft an. Dem Einreichplan ist auch die Unterschrift der mitbeteiligten Partei als Liegenschaftseignerin zu entnehmen.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens erteilte die Baubehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 30. November 2006 gemäß § 70 der Bauordnung für Wien die beantragte Baubewilligung.

Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei eine als Einspruch bezeichnete Berufung, die sie damit begründete, dass durch den Balkon und die Freitreppe das Tageslicht der ihr zugeteilten Kellerräume zur Gänze weggenommen werde. Die im Keller und Erdgeschoss erwähnten Änderungen beschränkten die ihr zugeteilten Flächen, beeinträchtigten und entwerteten diese. Es seien Entscheidungen im Zusammenhang mit den vorgenannten Punkten des BG Liesing abzuwarten.

Der Beschwerdeführer erstattete dazu eine Stellungnahme vom 30. Jänner 2007, in der er auf die durch die Unterschriftsleistung auf dem Einreichplan erteilte Zustimmung der mitbeteiligten Partei zum Bauansuchen verwies. Gegen die Miteigentümerin seien mehrere Gerichtsverfahren beim BG Liesing anhängig, die keinerlei Einfluss auf das Bauverfahren hätten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. April 2007 änderte die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG den Bescheid der Baubehörde erster Instanz dahingehend ab, dass nunmehr gemäß den §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien die Bewilligung für die Bauführung versagt wurde.

Dies wurde damit begründet, dass ein liquider Nachweis des Grundeigentümers bzw. aller Miteigentümer vorliegen müsse, wenn der Bauwerber eine vom Grundeigentümer verschiedene Person bzw. nur Miteigentümer der Liegenschaft sei. Ergebe sich im Baubewilligungsverfahren, dass die Zustimmung zur Bauführung im Zeitpunkt der Einbringung des Ansuchens überhaupt nicht vorgelegen oder später weggefallen sei, werde die Zustimmung des Grundeigentümers (aller Miteigentümer) zu einer Voraussetzung für die aufrechte Erledigung des Bauansuchens. Im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung müsse die Zustimmung vorliegen; sie könne bis zur rechtskräftigen Erteilung der Baubewilligung - etwa auch in einer Berufung - formlos zurückgezogen werden. Auf Grund der aus der vorliegenden Berufung eindeutig hervorgehenden Zurückziehung der Zustimmung zur gegenständlichen Bauführung stehe für die Berufungsbehörde fest, dass die Zustimmung aller Miteigentümer zum gegenständlichen Bauvorhaben im Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde nicht vorliege, weshalb die Bewilligung zu versagen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien hat der Bauwerber dem Ansuchen um Baubewilligung die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) anzuschließen, wenn er nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist; sie kann auch durch Unterfertigung der Baupläne nachgewiesen werden.

In der Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass die belangte Behörde die von der mitbeteiligten Partei eingebrachte Berufung als Zurückziehung ihrer Zustimmung zur Bauführung bewertet habe, obwohl es sich bei der Berufung um den Antrag gehandelt habe, die Entscheidung der Behörde erster Instanz inhaltlich, also materiellrechtlich zu überprüfen. An diesen Rechtsmittelantrag sei die belangte Behörde gebunden und könne ihn nicht einseitig in einen Widerruf der Zustimmung umdeuten. Inhaltlich sei die Erhebung einer Berufung gegen den antragsgemäß erlassenen Baubescheid keinesfalls als Rückziehung der Zustimmung zu werten. Da das Bauansuchen antragsgemäß genehmigt worden sei, wäre die Rechtsmittellegitimation der mitbeteiligten Partei zu prüfen gewesen, weil diese nach antragsgemäßer Erlassung des Bescheides durch die Entscheidung nicht beschwert sei und es ihr daher an Rechtsmittellegitimation mangle.

Die Zustimmung des Grundeigentümers im Sinne des § 63 Abs. 1 lit c der Bauordnung für Wien ist, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer (Alleineigentümer) ist, nur ein Beleg des Bauansuchens und kann durch Richterspruch ersetzt werden. Daraus ergibt sich, dass der Grundeigentümer am Bauverfahren regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teilnimmt, ob seine Zustimmung vorliegt oder nicht. Darüber hinaus kann der Grundeigentümer etwa noch Partei des Bauverfahrens hinsichtlich sein Eigentum unmittelbar betreffender Auflagen sein. So gesehen genießt der Grundeigentümer im Baubewilligungsverfahren eine eingeschränkte Parteistellung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Dezember 1987, Zl. 82/05/0043, und vom 12. November 1991, Zl. 91/05/0145).

Die mitbeteiligte Partei hat daher als Miteigentümerin nur Parteistellung hinsichtlich der Frage, ob ihre Zustimmung zum Bauvorhaben vorliegt und diesbezüglich auch - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - Rechtsmittellegitimation; keinesfalls kann sie im Wege der Berufung die Überprüfung der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den einschlägigen Rechtsvorschriften verlangen. Nun hat die mitbeteiligte Partei auch gar keinen Antrag auf materiellrechtliche Überprüfung des Baubewilligungsbescheides gestellt, sondern in ihrer Berufung zum Ausdruck gebracht, dem Bauvorhaben nicht (mehr) zuzustimmen, weil dieses bestimmte näher dargestellte negative Folgen für sie mit sich brächte. Der belangten Behörde kann daher kein Rechtsirrtum vorgeworfen werden, wenn sie die Berufung der mitbeteiligten Partei als Rücknahme ihrer ursprünglich erteilten Zustimmungserklärung bewertete.

Der Nachweis der Zustimmung des Grundeigentümers (aller Miteigentümer) stellt zwar einen Beleg des Bauansuchens dar. Ergibt sich jedoch im Baubewilligungsverfahren, dass die Zustimmung zur Bauführung im Zeitpunkt des Einbringens des Ansuchens nicht vorgelegen oder später weggefallen ist, so wird die Zustimmung des Grundeigentümers (aller Miteigentümer) zu einer Voraussetzung für die aufrechte Erledigung des Bauansuchens.

Die Zustimmung des Grundeigentümers muss nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "liquid" vorliegen, dh es darf nicht strittig sein, ob der Grundeigentümer seine Zustimmung erteilt hat. Die Zustimmung des Miteigentümers ist bis zur Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides rechtlich erheblich, dh die Zustimmung kann auch im Berufungsverfahren mit der Wirkung zurückgezogen werden, dass die Baubewilligung nicht mehr erteilt werden kann. Die Zustimmung muss nämlich auch im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung liquid vorliegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1987, 86/05/0109, und vom 29. August 1996, 96/06/0103).

Aus welchen Gründen der Grundeigentümer (Miteigentümer) seine Zustimmung verweigert bzw. ob er zur Verweigerung oder zum Widerruf einer allenfalls bereits erteilten Zustimmung berechtigt ist, ist keine im Verwaltungsverfahren zu lösende Frage, sondern ist vielmehr darüber eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 1990, 89/05/0160, mwN).

Es lag daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides keine aufrechte Zustimmung der Miteigentümerin mehr vor. Der angefochtene Bescheid, mit dem die Baubewilligung versagt wurde, verletzte daher keine Rechte des Beschwerdeführers.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Mai 2008

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Baubewilligung BauRallg6 Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte Parteistellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007050147.X00

Im RIS seit

03.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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