RS Vwgh 1988/10/27 88/16/0089

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Veröffentlicht am 27.10.1988
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Index

19/05 Menschenrechte
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

FinStrG §86 Abs1 litb;
FinStrG §87 Abs1;
MRK Art5;
MRK Art6 Abs2;

Beachte

Besprechung in:ÖStZ 1989, 201;

Rechtssatz

Die Freiheit der Person nimmt unter den Grundrechten einen hohen Rang ein. In dem Rechtsinstitut der Untersuchungshaft, die den sofortigen - und damit gerade überraschenden - Zugriff auf die Person des Beschuldigten ermöglichen soll, um seine Flucht oder eine Verdunkelung des Sachverhalts zu unterbinden, wird das Spannungsverhältnis zwischen dem Recht des Einzelnen auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung deutlich sichtbar. Die volle Entziehung der persönlichen Freiheit durch Einschließung in eine Haftanstalt ist ein Übel, das an sich im Rechtsstaat grundsätzlich nur dem zugefügt werden darf, der wegen einer gesetzlich mit Strafe bedrohten Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist. Diese Maßnahme schon gegen einen eines vorsätzlichen Finanzvergehens lediglich Verdächtigen zu ergreifen, kann nur in streng begrenzten Ausnahmefällen zulässig sein. Dies ergibt sich auch aus der grundsätzlichen Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 MRK, die es ausschließt auch

bei noch so dringendem Tatverdacht gegen den Beschuldigten im Vorgriff auf die Strafe Maßregeln zu verhängen, die in ihrer Wirkung der Freiheitsstrafe gleichkommen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1988:1988160089.X01

Im RIS seit

27.10.1988

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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