TE Vwgh Erkenntnis 2008/6/19 2007/21/0169

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Veröffentlicht am 19.06.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z5;
FrPolG 2005 §11 Abs1;
FrPolG 2005 §11;
FrPolG 2005 §21 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §21;
FrPolG 2005 §9 Abs4;
NAG 2005 §21 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des Österreichischen Generalkonsulats Istanbul vom 30. April 2007, betreffend Versagung eines Visums, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 25. April 2007 beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul den formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines "Schengen-Visums" mit 30-tägiger Aufenthaltsdauer zum Zweck "Transport". (Er war als unselbständiger Fahrer der Firma H. mit dem Transport von Gütern nach Österreich, konkret nach Klagenfurt, beauftragt worden.)

Erhebungen der belangten Behörde ergaben, dass der Beschwerdeführer am 24. November 2005 einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft" (mit seiner Ehefrau und vier Kindern, die sich in Österreich aufhielten) gestellt hatte, der mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 13. Dezember 2006 abgewiesen worden war, weil sein Aufenthalt zur finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Weiters kam hervor, dass gegen den Beschwerdeführer eine Ausschreibung des Bezirksgerichtes Favoriten als Beschuldigter zur Aufenthaltsermittlung wegen der Vergehen der Körperverletzung und Sachbeschädigung vorlag.

Nach Vorliegen dieser Erhebungen teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer am 30. April 2007 mit, es bestehe Grund zur Annahme, dass er das österreichische Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeit des Visums nicht unaufgefordert verlassen werde, weil er nicht überzeugend nachweisen habe können, dass er feste familiäre, soziale oder wirtschaftliche Bindungen an seinem derzeitigen Wohnsitz habe (§ 21 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz - FPG).

Daraufhin verlangte der Beschwerdeführer mit Erklärung vom selben Tag die Rückgabe seines Reisepasses und erklärte, auf eine schriftliche Stellungnahme zu verzichten.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. April 2007 wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung des begehrten Visums unter Verwendung eines formularmäßigen Vordrucks ab. Dabei wurde durch Ankreuzen des dafür vorgesehenen Feldes zum Ausdruck gebracht, dass die belangte Behörde die Erteilungsvoraussetzung nach § 21 Abs. 1 Z 2 FPG als nicht erfüllt erachtete (also davon ausgehe, die Wiederausreise des Beschwerdeführers erscheine nicht gesichert).

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Wie dargestellt, hat die belangte Behörde ihre Entscheidung nur mit dem Hinweis auf § 21 Abs. 1 Z 2 FPG begründet. Das allein stellt freilich vor dem Hintergrund der besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden noch keinen Begründungsmangel dar, genügt es demnach doch (vgl. § 11 Abs. 2 iVm Abs. 6 letzter Satz FPG), dass der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt zumindest im Akt nachvollziehbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0104).

Im erwähnten Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurde näher ausgeführt, dass sich auf Basis des § 21 Abs. 1 Z 2 FPG ein Verbleiben im österreichischen Bundesgebiet über die Gültigkeitsdauer eines Visums hinaus - soll es zu einer Visumerteilung kommen - als unwahrscheinlich erweisen muss. Zweifel gehen, anders als nach der früheren Rechtslage (nach dem FrG) daher nunmehr zu Lasten des Fremden. Liegen also entsprechende Anhaltspunkte für den Verdacht eines Verbleibens in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus vor, wofür ein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung ein taugliches Indiz bilden kann, so ist es Sache des Fremden, die sich daraus ergebenden Bedenken durch unter Beweis zu stellendes geeignetes Vorbringen zu zerstreuen.

Derartiges Vorbringen hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren - trotz Einräumung einer Gelegenheit hiezu - nicht erstattet, sondern ausdrücklich ausgeführt, auf eine schriftliche Stellungnahme zu verzichten. Es trifft daher nicht zu, dass dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit zur Erstattung einer Stellungnahme eingeräumt wurde. Dazu kommt, dass er noch in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu diesem Thema lediglich pauschal ausführt, er könnte jederzeit mit jedem öffentlichen oder privaten Verkehrsmittel das Bundesgebiet wieder verlassen, wobei er jedoch gleichzeitig darauf verweist, auf seiner Seite könnten "nach seiner Einreise mit Visum Umstände eintreten, welche seinen weiteren rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet begründen".

Nach dem Gesagten kann der belangten Behörde in ihrer Beurteilung, dass die Wiederausreise des Beschwerdeführers nicht gesichert erscheine, nicht entgegengetreten werden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Ergänzend sei darüber hinaus zu der (formularmäßigen) Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Bescheides noch darauf hingewiesen, dass gegen Bescheide der österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten - abgesehen von der für begünstigte Drittstaatsangehörige vorgesehenen Berufungsmöglichkeit an den Unabhängigen Verwaltungssenat nach § 9 Abs. 4 FPG - nicht nur Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, sondern gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG (bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen) auch an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden kann.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 19. Juni 2008

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007210169.X00

Im RIS seit

21.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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