TE Vwgh Erkenntnis 2008/7/2 2008/10/0102

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Veröffentlicht am 02.07.2008
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §17 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des P N in R, vertreten durch Mag. Peter Greil, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kirschentalgasse 10b, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. April 2008, Zl. IIIa1-F- 10.040/9, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. April 2008 der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der dauernden Rodung eines näher beschriebenen Grundstücks zur Schaffung einer landwirtschaftlichen Fläche (Nutzung als Pferdekoppel) gemäß den §§ 17 ff Forstgesetz abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, dem eingeholten forstfachlichen Gutachten sei zu entnehmen, dass an der Erhaltung des zur Rodung beantragten Waldes ein großes öffentliches Interesse bestehe. Bei dem Waldstück handle es sich um einen Teil des - im Flächenwidmungsplan der Gemeinde R. ausgewiesenen - Schutzgürtels zwischen der bestehenden Siedlung W. und der B 171 (Tiroler Straße). Zusätzlich hätten die betroffenen Waldflächen eine hohe Bedeutung für die Schutz- bzw. eine mittlere Bedeutung für die Wohlfahrts- und Erholungswirkung des Waldes. Es bestehe daher iSd § 17 Abs. 2 Forstgesetz ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald. Eine im öffentlichen Interesse an der Agrarstrukturverbesserung gelegene Rodung der beantragten Waldfläche sei nicht erweislich. Es könne daher auch eine Interessenabwägung iSd § 17 Abs. 3 Forstgesetz dem Beschwerdeführer nicht zur beantragten Rodungsbewilligung verhelfen. Was jedoch die Zielsetzungen der Raumordnung anlange, weise der Flächenwidmungsplan - wie dargelegt - die Rodefläche als Teil eines Schutzgürtels aus. Auch die Zielsetzungen der Raumordnung stünden daher der beantragten Rodung entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 (ForstG) ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde gemäß § 17 Abs. 2 ForstG eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde gemäß § 17 Abs. 3 ForstG eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung iSd Abs. 3 sind gemäß § 17 Abs. 4 ForstG insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.

Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses iSd Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen iSd Abs. 3 hat die Behörde gemäß § 17 Abs. 5 ForstG insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf forstfachlicher Grundlage gewonnene Auffassung zu Grunde, an der Erhaltung der vom Rodungsvorhaben des Beschwerdeführers betroffenen Fläche als Wald bestehe ein besonderes öffentliches Interesse, dem andere - überwiegende - öffentliche Interessen, insbesondere an der Agrarstrukturverbesserung, nicht gegenüberstünden. Eine Rodungsbewilligung komme daher nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer hält dagegen, die belangte Behörde hätte sich in ihrer Prüfung nicht auf das öffentliche Interesse an der Agrarstrukturverbesserung beschränken dürfen. Vielmehr hätte sie "sämtliche anderen öffentlichen Interessen entsprechend zu berücksichtigen" gehabt. Auf die Flächenwidmung des Grundstücks sei die belangte Behörde nicht eingegangen, obwohl die Widmung eines Grundstückes als Bauland ein öffentliches Interesse an dessen Verwendung zu Siedlungszwecken begründe, auf das im forstrechtlichen Rodungsverfahren besonders Bedacht genommen werden müsse. Bei Beurteilung, ob das Rodungsvorhaben im öffentlichen Interesse an der Agrarstrukturverbesserung gelegen sei, hätte überdies ermittelt werden müssen, welche Liegenschaften vom Beschwerdeführer tatsächlich landwirtschaftlich genutzt würden bzw. genutzt werden könnten. Denn bei der Beurteilung einer Agrarstrukturverbesserung komme es auf die tatsächliche Betriebsgröße an. Deren Beurteilung hänge daher von der Frage ab, welche Grundstücke der Beschwerdeführer seinem Neffen tatsächlich verpachtet habe. Diese Frage sei von der belangten Behörde nur unzureichend geklärt worden. Schließlich habe sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid als "Wasserrechtsbehörde" und nicht als "Forstbehörde" bezeichnet, sodass überhaupt davon auszugehen sei, dass eine unzuständige Behörde eingeschritten sei.

Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

Was zunächst den Einwand der Unzuständigkeit der belangten Behörde anlangt, trifft es zwar zu, dass sich diese Behörde im angefochtenen Bescheid nicht nur als Landeshauptmann von Tirol, sondern auch als "Wasserrechtsbehörde II. Instanz" bezeichnet hat. Dabei handelt es sich jedoch, wie dem übrigen Bescheidinhalt zweifelsfrei zu entnehmen ist, um eine offenbar versehentlich erfolgte Unrichtigkeit in der (zusätzlichen) Bezeichnung des in der Sache zuständigen Landeshauptmannes von Tirol, die auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Einfluss ist.

Dem Einwand, es hätte nicht nur geprüft werden müssen, ob die beantragte Rodung im öffentlichen Interesse an der Agrarstruktur gelegen sei, sondern es hätte auch geprüft werden müssen, ob andere öffentliche Interessen am Rodungsvorhaben bestünden und geeignet seien, das Walderhaltungsinteresse zu überwiegen, ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, dass er nach seinem Vorbringen als Zweck der beantragten Rodung die "Schaffung landwirtschaftlicher Flächen" angegeben hat. Wenn die belangte Behörde daher (primär) erhoben hat, ob an der beantragten Rodung ein in der Agrarstrukturverbesserung gelegenes öffentliches Interesse bestehe, so ist das schon deshalb nicht als rechtswidrig zu beanstanden, weil der Beschwerdeführer selbst nicht konkret dargelegt hat, dass und gegebenenfalls welche sonstigen öffentlichen Interessen am Rodungsvorhaben bestehen könnten. Bei seinem Hinweis auf die im Flächenwidmungsplan zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interessen übersieht der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde die Ausweisung der beantragten Rodefläche im Flächenwidmungsplan als Teil eines Schutzgürtels als ein weiteres, gegen die Rodung sprechendes öffentliches Interesse gewertet hat. Selbst wenn die Rodefläche aber - was der Beschwerdeführer freilich nicht konkret vorbringt - im Flächenwidmungsplan als "Bauland" gewidmet wäre, ließe sich daraus noch nicht ableiten, dass an der vom Beschwerdeführer beabsichtigten Verwendung dieser Fläche als Pferdekoppel ein im Siedlungswesen begründetes öffentliches Interesse bestehe.

Soweit er sich jedoch gegen die Beurteilung, das Rodungsvorhaben liege nicht im öffentlichen Interesse der Agrarstrukturverbesserung, mit dem Argument wendet, es sei die tatsächliche Größe seines landwirtschaftlichen Betriebes unzutreffend erhoben worden, ist ihm zu entgegnen, dass ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes öffentliches Interesse u. a. deshalb verneint wurde, weil der Beschwerdeführer über andere - im Einzelnen dargelegte - Wald- wie Nichtwaldflächen verfüge, die für den Rodezweck verwendet werden könnten und dafür auch geeigneter seien als die beantragte Rodefläche. Die Rodung sei für die beabsichtigte Errichtung einer Pferdekoppel jedenfalls nicht erforderlich.

Eine Unrichtigkeit dieser Annahmen hat der Beschwerdeführer konkret nicht aufgezeigt. Er hat insbesondere nicht dargelegt, dass die erwähnten sonstigen Wald- und Nichtwaldflächen nicht zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb zählten, oder dass Umstände unberücksichtigt geblieben seien, denen zufolge am Rodungsvorhaben entgegen der Auffassung der belangten Behörde ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes öffentliches Interesse bestünden. Letzteres wäre freilich nur dann zu bejahen, wenn die Rodung eine Maßnahme darstellte, die für die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebes des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2000, Zl. 97/10/0036, und die dort zitierte Vorjudikatur). Dafür bestehen keinerlei Anhaltspunkte.

Der Beschwerdeführer rügt schließlich, er sei zum Ortsaugenschein, der vom Amtssachverständigen durchgeführt worden sei, nicht eingeladen und auch nicht zur Frage der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen gehört worden. Er hat aber nicht konkret vorgebracht, zu welchem wesentlich anderen Verfahrensergebnis die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Mängel gelangt wäre.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 2. Juli 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008100102.X00

Im RIS seit

14.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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