TE Vwgh Erkenntnis 2008/7/2 2005/10/0189

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Veröffentlicht am 02.07.2008
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
NatSchG OÖ 1982 §39 impl;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1 idF 2005/061;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des A H in O, vertreten durch Anwaltspartnerschaft Dr. Karl Krückl, Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte und Verteidiger in Strafsachen in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. September 2005, Zl. N-105447/6-2005- Pin/Gre, betreffend naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 14. September 2005 trug die Oberösterreichische Landesregierung dem Beschwerdeführer auf, ein ohne Bewilligung ausgeführtes anzeigepflichtiges Vorhaben im Grünland, nämlich das Club- und Gerätegebäude eines näheren bezeichneten Modellflugvereins auf dem Grundstück Nr. 2681 in der Katastralgemeinde P., Gemeinde O., bis spätestens 31. Dezember 2005 zu entfernen. Als Rechtsgrundlage waren § 66 Abs. 4 AVG sowie § 58 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 1 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftschutzgesetzes 2001 (OÖ NatSchG 2001) angegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des OÖ NatSchG 2001 (in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 61/2005) lauten (auszugsweise):

"§ 6

Anzeigepflichtiges Vorhaben und Verfahren

(1) Der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden sowie die Errichtung von Stützmauern und freistehenden Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,5 m

1. im Grünland (§ 3 Z. 6) außerhalb von geschlossenen Ortschaften oder

...

sind - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - vor

ihrer Ausführung der Behörde anzuzeigen.

...

§ 58

Besondere administrative Verfügungen

(1) Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

..."

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1. Der angefochtene Bescheid beruht auf der Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe das in Rede stehende Gebäude durch den Modellflugverein (bzw. dessen Mitglieder) errichten lassen. Die belangte Behörde führt hiezu näher aus, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht wisse, wer das Gebäude, das immerhin auf seinem Grund und Boden gebaut worden sei, errichtet habe. Es liege diesbezüglich eine reine Schutzbehauptung des Beschwerdeführers vor, die als unglaubwürdig zu werten sei. Es erscheine an den Haaren herbeigezogen, wenn ein Grundeigentümer jemandem, den er nicht namentlich kenne, erlaube, auf seinem Grund und Boden ein Gebäude zu errichten, wobei es sich bei dem Gebäude nach Auskunft des Beschwerdeführers um ein Superädifikat handeln solle, das nicht im Eigentum des Beschwerdeführers stehe. Auch habe er in einem Schreiben vom Oktober 2003 selbst zugegeben, dass mit seiner Zustimmung das Gebäude durch den Modellflugverein errichtet worden sei.

2.2. Vorauszuschicken ist zunächst, dass es der Erlassung eines Entfernungsauftrages nach § 58 Abs. 1 OÖ NatSchG nicht entgegenstünde, wenn die in Rede stehende Baulichkeit bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes errichtet worden sein sollte, wovon die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeht (vgl. in diesem Zusammenhang z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1995, Zl. 93/10/0131, zum Verhältnis im zeitlichen Geltungsbereich des OÖ NSchG 1955 bzw. 1964 vorgenommener bewilligungspflichtiger Eingriffe zu § 39 NSchG 1982, einer der Vorgängerbestimmungen des § 58 Abs. 1 des nunmehrigen Gesetzes).

Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid zwar nicht zu Grunde gelegt, dass der Beschwerdeführer die Errichtung des in Rede stehenden Gebäudes (des Vorhabens im Sinn des § 58 Abs. 1 OÖ NatSchG 2001) selbst ausgeführt habe. Sie ist jedoch davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer das Vorhaben habe ausführen lassen und habe sich hiebei darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer selbst im Verwaltungsverfahren vorgebracht habe, das Vorhaben sei mit seiner Zustimmung ausgeführt worden.

Mit ihrer Bescheidbegründung (und den damit übereinstimmenden Ausführungen in ihrer Gegenschrift) gibt die belangte Behörde zu erkennen, dass sie die maßgebliche Rechtslage verkannt hat. Ein naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag nach § 58 Abs. 1 OÖ NatSchG 2001 (wie etwa auch nach § 46 Szbg NatSchG 1999) kommt in Frage gegenüber demjenigen, der rechtswidrig ein Vorhaben ausgeführt hat, sowie gegenüber demjenigen, der das Vorhaben "ausführen hat lassen". Von einem Ausführenlassen kann aber nur dann gesprochen werden, wenn die Ausführung des Vorhabens aktiv veranlasst wurde; weder die Duldung der Ausführung eines Vorhabens noch die Zustimmung des Grundeigentümers dazu entsprechen dem Begriff des "Ausführenlassens". § 58 Abs. 1 OÖ NatSchG 2001 hat in diesem Punkt denselben Bedeutungsgehalt wie etwa § 17 Abs. 1 Tir NatSchG 2005, wonach im Falle der Ausführung eines rechtswidrigen Vorhabens ein Entfernungs- oder Wiederherstellungsauftrag explizit (u.a.) gegenüber demjenigen vorgesehen ist, "der dies veranlasst hat". Die von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Auslegung der in Rede stehenden Wortfolge, derzufolge bereits die Zustimmung zur Ausführung eines Vorhabens genüge, damit von einem Ausführenlassen gesprochen werden könne, ist mit der Begriffsbildung des Gesetzes nicht vereinbar und verfehlt.

Auf der Basis der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen erweist sich der an den Beschwerdeführer als Grundeigentümer gerichtete Entfernungsauftrag demnach als gesetzwidrig.

2.3. Der angefochtene Bescheid war schon aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2  Z. 1 VwGG aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 2. Juli 2008

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005100189.X00

Im RIS seit

08.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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