TE Vfgh Erkenntnis 2003/9/22 B1451/00

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Veröffentlicht am 22.09.2003
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
B-VG Art144 Abs3
Oö GVG 1994 §26 Abs2

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung einer Berufung gegen die grundverkehrsbehördliche Genehmigung eines Pachtvertrages

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Sachwalter HH, verpachtete mit Vertrag vom 6. März 2000 eine landwirtschaftlich genutzte Liegenschaft.

2. Die Bezirksgrundverkehrskommission Frankenmarkt genehmigte mit Bescheid vom 28. April 2000 diesen Vertrag antragsgemäß. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin, nunmehr durch den Sachwalter JS vertreten, Berufung. Mit dieser Berufung wurde die grundverkehrsbehördliche Versagung des Pachtvertrages angestrebt.

3. Mit Bescheid der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Juli 2000 wurde diese Berufung mangels Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen. Dies im wesentlichen mit folgender Begründung:

Gemäß §31 Abs2 Oberösterreichisches Grundverkehrsgesetz 1994 (im folgenden: OÖ GVG 1994) seien als Parteien im Verfahren nach dem Grundverkehrsgesetz der Rechtserwerber und der Rechtsvorgänger anzusehen. Die Parteirechte stünden den Vertragsparteien nicht schrankenlos zu, sondern bestünden nur zur Durchsetzung der im grundverkehrsbehördlichen Verfahren eingeräumten Rechte. Berufe ein Vertragspartner gegen die erteilte grundverkehrsbehördliche Genehmigung, um sich über den Umweg des Grundverkehrsrechts zivilrechtlicher Verpflichtungen zu entledigen, so sei das Rechtsmittel nicht auf die Durchsetzung eines subjektiven öffentlichen Rechts gerichtet.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den bekämpften Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß durch die ungerechtfertigte Zurückweisung ihrer Berufung das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt sei.

Da die Verpachtung zu einer zunehmenden Verwilderung der Pachtliegenschaft durch unsachgemäße Bewirtschaftung führe, entspreche sie nicht dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer gesunden und leistungsfähigen bäuerlichen Landwirtschaft, wie dies im OÖ GVG 1994 festgeschrieben sei. Daher habe die Beschwerdeführerin ein Rechtsschutzinteresse an der Nichtgenehmigung des gegenständlichen Pachtvertrages, das auf die Durchsetzung subjektiv öffentlicher Rechte gerichtet sei.

Weiters setzte die Frage, ob die Beschwerdeführerin in ihren subjektiven Rechten verletzt worden sei, eine inhaltliche Prüfung voraus, weshalb die Berufung nicht zurück-, sondern abzuweisen gewesen wäre.

1.2. Weiters macht die Beschwerdeführerin mit näherer Begründung die Verletzung des Gleichheitssatzes geltend.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem dem Pachtvertrag vom 6. März 2000 die grundverkehrsbehördliche Zustimmung erteilt worden war, als unzulässig zurückgewiesen. Darin liegt die Verweigerung einer Sachentscheidung, durch die die Beschwerdeführerin, wenn die belangte Behörde die Berufung zu Unrecht zurückgewiesen hätte, nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden wäre.

3. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, können die Parteien eines genehmigungsbedürftigen Vertrages bei einer meritorischen Entscheidung nur durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung in ihren Rechten verletzt werden (VfSlg. 13212/1992, 13361/1993, 14021/1995).

Da im vorliegenden Fall die Grundverkehrsbehörde erster Instanz dem Pachtvertrag vom 6. März 2000 die Genehmigung erteilt hat, bewirkt der erstinstanzliche Bescheid keinen Eingriff in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin (s. zB VfSlg. 11544/1987). Mangels eines solchen Eingriffs wurde die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung zu Recht zurückgewiesen (s. zB VfSlg. 13212/1992, 14021/1995).

Demnach ist die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

4. Da die Berufung der Beschwerdeführerin zu Recht zurückgewiesen wurde, ist es ausgeschlossen, daß sie durch den angefochtenen Bescheid in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder - da Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides weder vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hervorgekommen sind - wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde (VfSlg. 11210/1987, 14021/1995).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Die von der Beschwerdeführerin für den Fall der Abweisung ihrer Beschwerde oder Ablehnung der Beschwerdebehandlung beantragte Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof kommt nicht in Frage. Die Landesgrundverkehrskommission ist gemäß §26 Abs2 OÖ GVG 1994 als Kollegialbehörde gemäß Art133 Z4 B-VG eingerichtet. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Gesetz nur gegen Bescheide der Landesgrundverkehrskommission, die Rechtserwerbe an Baugrundstücken betreffen, vorgesehen. Im vorliegenden Beschwerdefall sind jedoch ausschließlich land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke betroffen. Der Abtretungsantrag war daher abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Behörden, Kollegialbehörde, Berufung, VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B1451.2000

Dokumentnummer

JFT_09969078_00B01451_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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