TE Vwgh Beschluss 2008/9/2 2005/10/0219

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Veröffentlicht am 02.09.2008
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
72/01 Hochschulorganisation;
72/16 Sonstiges Hochschulrecht;

Norm

Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten 1974 §4 idF 2002/I/087;
AVG §73;
B-VG Art132;
UniversitätsG 2002 §143 Abs6 idF 2002/I/120;
UniversitätsG 2002 §45 Abs5 idF 2002/I/120;
UniversitätsG 2002 §47 Abs3 idF 2002/I/120;
UOG 1993 §9 Abs2;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, in der Beschwerdesache des Dr. HS in Graz, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8013 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai 70, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten Leistungsprämie nach § 4 des Universitäts-Abgeltungsgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte mit Schreiben vom 8. November 2002 an den Rektor der Karl-Franzens-Universität Graz den Antrag, ihm eine Entschädigung für Prüfungstätigkeiten gemäß § 4 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste, BGBl. Nr. 463/1974 (der Titel in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2002; in der Folge: Universitäts-Abgeltungsgesetz), zu genehmigen. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 wurde dieser Antrag wiederholt und ausdrücklich eine bescheidmäßige Erledigung beantragt.

Mit Bescheid vom 19. Mai 2003 wurde der Antrag vom Rektor gemäß UOG 1993 abgewiesen. Die Ablehnung gründete sich auf Beschlüsse der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität, denen zufolge von der Gebrauchnahme von der Kannbestimmung des § 4 des Universitäts-Abgeltungsgesetzes betreffend die Ausschüttung von Leistungsprämien für Prüfungstätigkeiten abgesehen werde. Der Zuspruch einer Leistungsprämie sei daher nicht möglich.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Da über diese Berufung nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden wurde, erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Säumnisbeschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Rektor der Karl-Franzens-Universität hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Entscheidung über die Berufung in Angelegenheiten nach dem Universitäts-Abgeltungsgesetz die Zuständigkeit des Senates gemäß den Bestimmungen des UOG 1993 gegeben sei. Das Universitätsgesetz 2002, das mit 1. Jänner 2004 seine volle Gültigkeit erreicht habe, sehe jedoch keine Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Agenden der Organe gemäß UOG 1993 vor. Da die Berufung dem nicht mehr existierenden Senat gemäß UOG 1993 nicht rechtzeitig zur Entscheidung vorgelegt worden sei und auf Grund der fehlenden Übergangsbestimmungen kein Universitätsorgan gemäß UG 2002 die ausständige Entscheidung treffen könne, könne der ausständige Bescheid nicht erlassen werden. Auch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur habe im Zuge des Verfahrens festgestellt, dass es einerseits nicht selbst zuständig sei, über die Berufung zu entscheiden, und andererseits kein Organ der Universität nach UG 2002 vorhanden sei, auf welches die Aufgaben des Senats nach UOG 1993 übergegangen seien. Der ausständige Bescheid könne daher nicht erlassen werden.

Zu diesen Überlegungen ist auf Folgendes hinzuweisen:

Mit § 143 Abs. 6 UG 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, wurde das Universitäts-Abgeltungsgesetz mit Ablauf des 31. Dezember 2003 aufgehoben. Im Hinblick auf die Geltendmachung eines zeitbezogenen Anspruches war das Gesetz jedoch im Beschwerdefall grundsätzlich noch anwendbar (vgl. zu § 143 UG 2002 auch Mayer in Mayer (Hrsg.), Kommentar UG 2002, § 143, I.3., der zwar zur Bedeutung des Abs. 6 nicht Stellung nimmt, aber festhält, dass die "Aufhebung" eines Gesetzes im Regelfall allein das Ende des zeitlichen Bedingungsbereiches bedeute). Im Beschwerdefall erging eine erstinstanzliche Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, jedoch vor dem Inkrafttreten des UG 2002 (dem vollen Wirksamwerden des UG 2002) für die Karl-Franzens-Universität Graz keine Entscheidung über die Berufung gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid.

Nach der erstinstanzlichen Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers durch den Rektor der Karl-Franzens-Universität Graz ergab sich die Zuständigkeit des Senats zur Entscheidung über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung nach UOG 1993 aus § 9 Abs. 2 UOG 1993. Gemäß § 9 Abs. 2 UOG 1993 endete der Instanzenzug beim Senat, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt war.

Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich im Ergebnis der oben referierten Auffassung des seinerzeitigen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur an, dass mangels einer Übergangsbestimmung im UG 2002 betreffend den Übergang von Kompetenzen der früheren Organe der Universität mit dem vollen Wirksamwerden des UG 2002 für die Universität kein Organ vorgesehen ist, das über die ursprünglich zulässige Berufung zu entscheiden hätte. Mangels einer Übergangsbestimmung ist davon auszugehen, dass das Gesetz die zuvor bestandene Berufungsmöglichkeit beseitigt hat.

Daraus folgt zwar, dass für eine Entscheidung über die Berufung in der Sache keine Grundlage mehr besteht; es bedeutet aber nicht, dass keine Pflicht zur bescheidmäßigen Erledigung der Berufung gegeben wäre.

Aus der dargestellten Rechtsänderung ergibt sich nämlich, dass nunmehr (seit dem Inkrafttreten des UG 2002 für die Karl-Franzens-Universität) eine nicht zulässige Berufung vorliegt. Da nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 15. Dezember 1977, Slg. 9458/A, die Partei auch einen Anspruch auf die Zurückweisung einer unzulässigen Berufung hat, hat auch der Wegfall der Berufungsmöglichkeit die Entscheidungspflicht grundsätzlich nicht beseitigt. Die Berufung wäre vielmehr zurückzuweisen gewesen (vgl. die hg. Erkenntnisse VwSlg. 11.297 A/1984, 11.734 A/1985 und vom 17. September 1985, Zl. 85/05/0068). Diese Zurückweisung ist in der Regel von der Berufungsbehörde, im hier interessierenden Fall des Wegfalls der Berufungsmöglichkeit von der ursprünglich als Berufungsbehörde zuständigen Behörde, vorzunehmen.

Auch der Wegfall der ursprünglich zur Entscheidung über die Berufung zuständigen Behörde ändert nichts am grundsätzlichen Erfordernis der Zurückweisung der Berufung.

Weder der Umstand, dass eine zunächst bestehende Berufungsbehörde nicht mehr besteht, noch der Umstand, dass auch die den Bescheid in erster Instanz erlassende Behörde infolge Organisationsänderungen nicht mehr existiert, vermag am Erfordernis der Zurückweisung der Berufung etwas zu ändern.

Bei vergleichbarer Verfahrenskonstellation, nämlich im Fall der Berufung gegen einen Bescheid der obersten Verwaltungsbehörde, hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass diese selbst die Zurückweisung vorzunehmen hat (vgl. die Nachweise bei Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts8, Rz 535, FN 198).

In ähnlicher Weise ist in Fällen des Wegfalls einer Berufungsmöglichkeit, in denen auch die ursprünglich zuständige Behörde nicht mehr besteht, davon auszugehen, dass zunächst die Behörde erster Instanz für die Erlassung des Zurückweisungsbescheids zuständig ist.

Im vorliegenden Zusammenhang bestehen aber nach der Organisationsänderung weder die Behörde, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, noch die Berufungsbehörde, die vor der Rechtsänderung zur Entscheidung zuständig gewesen wäre. Im Hinblick auf die subsidiäre Allzuständigkeit des Rektorats im Bereich der Universitätsorgane (vgl. § 22 Abs. 1 UG 2002) wäre daher von diesem die Zurückweisung vorzunehmen gewesen.

Insoweit ist das Rektorat säumig.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat (vgl. die hg. Beschlüsse vom 22. November 2006, Zl. 2006/10/0110, und vom 26. März 2007, Zl. 2007/10/0034), ist aus den Aufsichtregelungen des UG 2002 abzuleiten, dass der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gegenüber den Organen der Universität ist.

Im Hinblick auf § 27 VwGG ist eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, wenn nicht die oberste, im Weg des Übergangs der Entscheidungspflicht anrufbare Behörde angerufen wurde.

Die vorliegende Säumnisbeschwerde erweist sich daher als unzulässig, weil nicht der Bundesminister im Wege eines Devolutionsantrages angerufen wurde.

Hinsichtlich der sich aus der im vorliegenden Erkenntnis vertretenen Rechtsauffassung ergebenden Konsequenz, dass der Bescheid des Rektors vom 19. Mai 2003 mit dem Wirksamwerden des UG 2002 für die Karl-Franzens-Universität Graz am 1. Jänner 2004 unanfechtbar wurde, wird auf die hg. Rechtsprechung zur Wiedereinsetzung gemäß § 46 Abs. 2 VwGG in Fällen, in denen eine ursprünglich zutreffende Rechtsmittelbelehrung durch eine nachfolgende Rechtsänderung unzutreffend wurde, hingewiesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 2004, Zl. 2001/10/0034).

Eine Kostenentscheidung hatte mangels eines entsprechenden Antrags zu entfallen.

Wien, am 2. September 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005100219.X00

Im RIS seit

17.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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