TE Vwgh Erkenntnis 2008/9/9 2007/06/0020

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Veröffentlicht am 09.09.2008
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Index

96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus;

Norm

BStMG 2002 §1 Abs1;
BStMG 2002 §1 Abs3;
BStMG 2002 §10 Abs1;
BStMG 2002 §11 Abs1;
BStMG 2002 §19 Abs1;
BStMG 2002 §19 Abs2;
BStMG 2002 §20 Abs1;
BStMG 2002 §20 Abs3;
BStMG 2002 §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des DJ in W, vertreten durch Dr. Martina Simlinger-Haas, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Reisnerstraße 31, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 2. August 2006, Zl. UVS- 07/F/16/5546/2006/4, betreffend Übertretung gemäß dem BStMG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der Stadt W legte dem Beschwerdeführer mit Strafverfügung vom 16. Mai 2006 zur Last, er habe am 26. April 2006 um 17.00 Uhr, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t betrage, der zeitabhängigen Maut unterliege, als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem näher angeführten amtlichen Kennzeichen eine mautpflichtige Bundesstraße (Bundesautobahn) und zwar die XZ, Auffahrt H, Fahrtrichtung G, befahren, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß, d.h. durch Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug, entrichtet zu haben. Er habe dadurch § 10 Abs. 1 i.V.m. § 11 und § 20 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 in der geltenden Fassung (BStMG) verletzt. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, 20 Stunden) verhängt.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen mit Schreiben vom 28. Mai 2006 (im Magistratischen Bezirksamt für den xy Bezirk eingelangt am 30. Mai 2006) Einspruch. Darin führte er aus, dass er sich in W sehr schlecht auskenne. Er sei am 26. April 2006 mit dem Auto seines Vaters zu einem Termin unterwegs gewesen. Auf dem Weg dorthin sei er auf einer Straße gefahren, deren Namen er "in diesem Moment" nicht nennen könne, da er ihn nicht wisse. Er werde ihn - falls nötig - nachträglich mitteilen. Auf dieser Straße sei vor ihm ein Lastkraftwagen, der ihm die Sicht auf die Verkehrsschilder vollkommen genommen habe, gefahren. Als er sich mehr Sicht verschafft habe, habe er gesehen, dass er sich auf einer Straße bzw. Fahrspur befunden habe, die auf die Autobahn führe. Er habe nicht die Absicht gehabt, auf die Autobahn aufzufahren. Er habe dann aber keine andere Wahl gehabt und habe auf die Autobahn auffahren müssen. Er fühle sich nicht schuldig, da er durch den Lastkraftwagen, den dichten Verkehr und die unsoziale Fahrweise anderer Verkehrsteilnehmer genötigt worden sei, auf die Autobahn aufzufahren.

Der Magistrat der Stadt W legte dem Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 6. Juni 2006 die Übertretung des BMStG wie in der Strafverfügung zur Last. Die Behörde führte im Wesentlichen aus, dass die XZ eine im Sinne des § 1 BMStG mautpflichtige Bundesstraße (Mautstrecke) sei. Auf Grund der dienstlichen Wahrnehmung eines Mautaufsichtsorganes sei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Sachverhalt festgestellt worden, der als erwiesen anzunehmen sei. Der Beschwerdeführer habe sich insofern gerechtfertigt, dass er eigentlich gar nicht auf die Autobahn habe fahren wollen, aber auf Grund des Umstandes, dass er hinter einem Lastkraftwagen gefahren sei, der ihm die Sicht genommen habe, in einer Spur eingereiht gewesen sei, die auf die Autobahn geführt habe. Er hätte keine Möglichkeit gehabt, die Spur zu wechseln oder umzukehren.

Diese Rechtfertigung könne allerdings nicht als Schuldausschließungsgrund gewertet werden. Davon unabhängig gebe es bei der Auffahrt vom H auf die XZ genügend "Überkopfhinweisschilder", man müsse sogar extra abbiegen, sodass ein vorne fahrender Lastkraftwagen kein Grund sein könne, nicht bei genügender Achtsamkeit zu bemerken, dass man auf die XZ fahre. Da der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben nicht in der Lage gewesen sei, den vom Aufsichtsorgan als Ersatzmaut geforderten Betrag zu zahlen, sei von diesem Organ die Anzeige zu erstatten gewesen.

In der Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, die Autobahn, auf die er aufgefahren sei, sei nur "unter idealen Umständen" rechtzeitig und deutlich als Mautstrecke gekennzeichnet zu erkennen. Doch unter den Umständen, in denen er sich befunden habe, sei es sicherlich nicht so gewesen. Im gesamten Verlauf der beiden vorhandenen Fahrspuren, die auf die Autobahn führten, sei kein einziges Verkehrsschild vorhanden gewesen, das darauf hingewiesen hätte, dass man im weiteren Verlauf auf die Autobahn (oder eine Mautstrecke) auffahren werde. Die einzigen Verkehrsschilder seien am Beginn der Auffahrt gewesen. Da er hinter einem Lastkraftwagen gefahren sei, sei es unmöglich gewesen, dieses Schild rechtzeitig zu sehen. Er trage daher an dem ihm zur Last gelegten Sachverhalt kein Verschulden.

Die Berufungsbehörde forderte den Beschwerdeführer in der Folge auf, seine genaue Fahrtroute mitzuteilen.

Der Beschwerdeführer erläuterte dazu, dass er vom xy W Gemeindebezirk kommend mit dem Fahrziel in der M-Gasse 2 im xq W Gemeindebezirk zum S-Platz gefahren sei, wo er über die A-Brücke in die PStraße eingefahren sei. Er habe dann über die L-Straße, die R-Brücke und die W Straße zu seinem Fahrziel gelangen wollen. Er habe höchstwahrscheinlich den Fehler gemacht, dass er statt in die L-Straße einzufahren, in die A-Straße gefahren sei. Er habe bald erkannt, dass dies wahrscheinlich der falsche Weg sei und habe versucht, sich zu orientieren, was ihm schlecht gelungen sei. Er sei dann durch die Straßen geirrt, um wieder auf seine geplante Fahrtroute zu kommen. Er sei, was er in diesem Zeitpunkt nicht gewusst habe, eigentlich sehr weit von seiner geplanten Fahrtstrecke abgekommen. Er wisse nicht genau, durch welche Straßen er gefahren sei, doch er wisse, dass er zu einer Kreuzung gekommen sei, die er in der Berufung beschrieben habe. Bei dieser Kreuzung handle es sich um die Kreuzung der W-Straße mit der Auffahrt auf die Autobahn. Die Autobahn führte in die komplett andere Richtung, als er habe fahren wollen.

Die belangte Behörde wies diese Berufung mit dem angefochtenen Bescheid in der Schuldfrage sowie im Ausspruch über die Geldstrafe als unbegründet ab, die Ersatzfreiheitsstrafe setzte sie auf 24 Stunden herab. Sie führte im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in der Berufung vorgetragen, sein Fahrziel sei vom xy Bezirk kommend, wo er wohne, der xq Bezirk gewesen. Da er sich in W schlecht auskenne, habe er sich schon im Bereich des M-Platzes verfahren und sei dann über den H und in der weiteren Folge über die W-Straße irrtümlich auf die Autobahn aufgefahren, wobei ihm die Sicht auf den Wegweiser zur Autobahn durch einen vor ihm fahrenden Lastwagen verstellt gewesen sei.

Die Auffahrt auf die XZ über den H sei der belangten Behörde bekannt. Diese sei gesetzmäßig mit Vorwegweiser und Wegweiser gemäß § 53 Z. 14a und b StVO 1960 ausgeschildert. Allfällige Aufmerksamkeitsfehler, die letztlich dazu führten, dass jemand ungewollt auf eine gesetzmäßig ausgeschilderte Autobahn auffahre, habe stets der Fahrzeuglenker selbst zu verantworten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall kommt das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 - BStMG, BGBl. I Nr. 109/2002 i.d.F. der mit einigen im vorliegenden Fall nicht relevanten Ausnahmen am 24. Februar 2006 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 26/2006 (Art. I), zur Anwendung.

Gemäß § 1 Abs. 1 ist für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen Maut zu entrichten.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung sind mautpflichtige Bundesstraßen (Mautstrecken) deutlich und rechtzeitig als solche zu kennzeichnen.

Gemäß § 4 BStMG sind Mautschuldner der Kraftfahrzeuglenker und der Zulassungsbesitzer.

Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

Gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

Gemäß § 19 Abs. 1 leg. cit. ist in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, die den Betrag von EUR 300,-- einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind die Mautaufsichtsorgane bzw. die Organe der Straßenaufsicht ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

Gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von EUR 400,-- bis zu EUR 4.000,-- zu bestrafen.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung werden Taten gemäß Abs. 1 und 2 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahle.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er nicht über den H kommend auf den Autobahnzubringer aufgefahren sei, sondern über die W-Straße in südöstlicher Richtung fahrend, in weiterer Folge rechts abbiegend, auf diesen Autobahnzubringer gekommen sei. Aus der Skizze des Beschwerdeführers sei eindeutig ersichtlich, dass auf der W-Straße keine Beschilderung im Sinne eines Vorwegweisers/Wegweisers das mögliche Auffahren auf einen mautpflichtigen Straßenzug ankündige.

Dazu ist Folgenden auszuführen:

Auf Grund der äußerst unklaren, ungenauen Angaben des Beschwerdeführers über seine Fahrroute im gesamten Verfahren (insbesondere auch vor der belangten Behörde) kann es nicht als unschlüssig erkannt werden, wenn die belangte Behörde, wie die erstinstanzliche Behörde, davon ausgegangen sind, dass der Beschwerdeführer vom H kommend die Kreuzung mit der W-Straße passierend auf die Auffahrt zur XZ aufgefahren sei. Er hat nie behauptet durch die W-Straße gefahren zu sein, sondern nur, dass er bei seinem Herumirren in den Straßen zu der Kreuzung der W-Straße mit der Auffahrt der Autobahn gekommen sei. Insbesondere ist auch darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung und seinem ergänzenden Vorbringen zu seiner genauen Fahrtroute, die Annahme der erstinstanzlichen Behörde nicht bestritten hat, dass er vom H kommend auf den in Frage stehenden Autobahnzubringer aufgefahren sei. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr behauptet, er sei von der W-Straße kommend rechts abbiegend auf den Autobahnzubringer gelangt, handelt es sich im Übrigen um ein erstmals in der Beschwerde vorgetragenes Tatsachenvorbringen, auf das im Hinblick auf das Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr eingegangen werden konnte.

Weiters wird in der Beschwerde geltend gemacht, dass im Straferkenntnis erster Instanz bereits auf die Einhebung einer Ersatzmaut gemäß § 19 BStMG hingewiesen worden sei, die angeblich vom Beschwerdeführer nicht habe bezahlt werden können. In welcher Höhe die Ersatzmaut vom Mautaufsichtsorgan tatsächlich gefordert worden sei, sei nicht geklärt. § 19 sehe vor, dass der Betrag von EUR 300,-- einschließlich Umsatzsteuer nicht überschritten werden dürfe. In der Mautordnung der ASFINAG werde ausdrücklich bestimmt, dass eine sofort einzuhebende Ersatzmaut, wie sie für das Fahrzeug des Beschwerdeführers vorgesehen sei, in Höhe von EUR 65,00 vorgesehen sei. Die Strafverfügung führe nur aus, dass eine Ersatzmaut bis zu EUR 300,-- vom Mautaufsichtsorgan eingehoben werden könne. Über Bargeldbeträge weit über EUR 65,-- verfügten Studenten in der Regel nicht. Vom Mautaufsichtsorgan seien offensichtlich Rechtsvorschriften mangels Kenntnis nicht angewendet worden.

Mit diesen Ausführungen behauptet der Beschwerdeführer erstmals, dass das Mautaufsichtsorgan die allfällige Zahlung einer Ersatzmaut in einer der Mautordnung nicht entsprechenden Höhe verlangt hätte. Auch dabei handelt es sich um ein erstmals im Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof vorgetragenes Tatsachenvorbringen. In der Anzeige vom 3. Mai 2006 ist diesbezüglich ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 19 Abs. 2 BStMG 2002 am Ort der Betretung mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden sei. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer habe weder Bargeld noch eine Karte bei sich gehabt. Auf die Mehrkosten bei einer Anzeige sei der Beschwerdeführer hingewiesen worden. Wenn in der erstinstanzlichen Entscheidung § 19 BStMG wiedergegeben wurde, ergibt sich daraus nicht, dass eine Ersatzmaut in der Höhe des in dieser Bestimmung vorgesehenen Maximalbetrages von EUR 300,-- verlangt worden wäre.

Wenn weiters in der Beschwerde vertreten wird, dass der Beschwerdeführer sämtliche relevanten Fakten angegeben hätte und es den Behörden nicht möglich gewesen sei, den relevanten Sachverhalt trotz vorliegenden Beweisanbotes zu erkennen, genügt es auf die in der vorliegenden Entscheidung im Sachverhalt wiedergegebenen Angaben des Beschwerdeführers hinzuweisen, die vor allem in Bezug auf die konkrete Fahrtroute des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren sehr ungenau geblieben sind. Unzutreffend wird in der Beschwerde auch behauptet, es sei vom Beschwerdeführer eine Skizze vorgelegt worden. Auf die Frage einer ausreichenden Beschilderung der Autobahnauffahrt, wenn man von der W-Straße in südöstlicher Richtung kommend auf die verfahrensgegenständliche Autobahnauffahrt fährt, brauchte daher nicht näher eingegangen zu werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 9. September 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007060020.X00

Im RIS seit

20.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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