TE Vwgh Erkenntnis 2008/9/9 2004/06/0012

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Veröffentlicht am 09.09.2008
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;

Norm

BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §16 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des Ing. K G in H, vertreten durch Dr. Dieter Klien, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Kapuzinergasse 4, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 1. Dezember 2003, Zl. BHBL-I-4102.12- 2002/0001, betreffend Errichtung von Ferienwohnungen (mitbeteiligte Partei: Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom 26. September 2002, Zl. 2001/06/0018 zu verweisen. Aus diesem ist für den Beschwerdefall noch relevant, dass mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. August 2000 - von der Vorarlberger Landesregierung genehmigt - dem Beschwerdeführer die beantragte Bewilligung für die Errichtung von zehn Ferienwohnungen auf dem in seinem Eigentum stehenden Grundstück mit Widmung "Baufläche/Wohngebiet" unter der Auflage erteilt wurde, den geplanten Umbau bis 31. Dezember 2000 durchzuführen.

Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde den Bescheid der Gemeindevertretung mit der Begründung aufgehoben, dass die schriftliche Ausfertigung des Bescheides vom 14. August 2000 nicht der tatsächlichen Beschlussfassung durch die Gemeindevertretung entsprochen habe. Mit (Ersatz-)Bescheid der Gemeindevertretung vom 21. November 2000, dem ein Beschluss der Gemeindevertretung vom 6. November 2000 zu Grunde lag, der von der Vorarlberger Landesregierung genehmigt worden war, wurde dem Beschwerdeführer neuerlich gemäß § 16 Abs. 1 Vlbg. RPG die beantragte Bewilligung für die Errichtung von 16 Ferienwohnungen unter der Bedingung erteilt, dass der geplante Umbau bis 31. Dezember 2002 durchgeführt werde. Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers blieb erfolglos. Mit dem genannten hg. Erkenntnis vom 26. September 2002 hat der Verwaltungsgerichtshof den aufsichtsbehördlichen Bescheid aufgehoben, weil die beigesetzte Bedingung, den Umbau bis 31. Dezember 2002 durchzuführen, jeder Begründung entbehre. Da § 16 Abs. 1 Vlbg. RPG die Setzung von Bedingungen nur "erforderlichenfalls" für zulässig erkläre, hätte es im Bescheid der Gemeindevertretung vom 21. November 2000 einer entsprechenden Begründung bedurft, aus welchen Erwägungen die Setzung der gegenständlichen Bedingung für erforderlich gehalten wurde.

Mit Bescheid vom 2. Dezember 2002 hat die belangte Behörde im Sinne der Begründung des angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes den Bescheid der Gemeindevertretung vom 21. November 2000 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung zurückverwiesen.

Auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 10. Juli 2003, ausgefertigt mit Bescheid vom 12. September 2003, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 16 Abs. 1 Vlbg. RPG die beantragte Bewilligung zur Errichtung von zehn Ferienwohnungen unter der Bedingung erteilt, den geplanten Umbau bis 31. Dezember 2004 durchzuführen. Ergänzend zu den bisherigen Bescheidbegründungen führte die Gemeindevertretung aus, wie bereits ausgeführt, könne die Bewilligung unter Setzung einer Bedingung erteilt werden. Eines der Ziele des Raumplanungsgesetzes sei die nachhaltige Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Wohnen und Arbeiten. Die Gemeindevertretung habe für die Ortschaft S eine Obergrenze von 40 Wohnungen festgesetzt. Diese Obergrenze werde durch die gegenständlichen zehn Ferienwohnungen des Beschwerdeführers mit nunmehr 39 Wohnungen fast erreicht. Bei Nichtsetzen der Bedingung, den geplanten Umbau bis 31. Dezember 2004 durchzuführen, würde somit die Obergrenze von 40 Ferienwohnungen de jure erreicht, jedoch müssten faktisch keine Ferienwohnungen errichtet werden. Dies erscheine gegenüber Interessenten, die unter Umständen Ferienwohnungen errichten möchten, jedoch durch die "formale" Obergrenze von 40 Ferienwohnungen daran gehindert wären, nicht gerechtfertigt.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Begründung für die Erforderlichkeit der erteilten Bedingung zur Baubewilligung liege nunmehr vor. Aus der Ergänzung der Bescheidbegründung durch die Gemeindevertretung gehe hervor, dass das Nichtsetzen der Bedingung, den geplanten Umbau bis 31. Dezember 2004 durchzuführen, zur Folge hätte, dass Interessenten, die Ferienwohnungen zu errichten beabsichtigten, daran gehindert wären, was unter Berücksichtigung der in § 2 RPG genannten Ziele eine Beeinträchtigung der nachhaltigen Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Wohnen und Arbeiten, darstellen würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 16 des Vorarlberger Gesetzes über die Raumplanung, LGBl. Nr. 39/1996, in der Fassung LGBl. Nr. 43/1999 (RPG), lautet:

"(1) In Kern-, Wohn- und Mischgebieten können besondere Flächen festgelegt werden, auf denen bei Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes (§ 28) auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen. Auf anderen als solchen Flächen kann in Wohn-, Kern- und Mischgebieten die Errichtung von Ferienwohnungen durch die Gemeindevertretung bewilligt werden, wenn dadurch die Erreichung der im § 2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird. Die Bewilligung liegt im behördlichen Ermessen und kann erforderlichenfalls unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Die Bewilligung der Gemeindevertretung bedarf der Genehmigung der Landesregierung. Die Genehmigung darf von der Landesregierung nur versagt werden, wenn die Bewilligung rechtswidrig ist."

Das Grundstück liegt - wie bereits ausgeführt - im als "Baufläche/Wohngebiet" gewidmeten Bereich. Ein Bebauungsplan oder Festlegungen im Sinne des ersten Satzes des § 16 Abs. 1 leg. cit. liegen für den Bereich des hier beschwerdegegenständlichen Grundstücks nicht vor. Die belangte Behörde hat bereits in ihrem Bescheid vom 2. Dezember 2002 gemäß § 63 Abs. 1 VwGG der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, die dieser in seinem Erkenntnis vom 26. September 2002 dargelegt hat, Rechnung getragen und die Gemeindevertretung verhalten, sofern die Bewilligung zur Errichtung von Ferienwohnungen gemäß § 16 Abs. 1 RPG unter Setzung einer Bedingung erteilt wird, zu beachten, dass im Beschluss und im darauf basierenden Bescheid zu begründen ist, weshalb die Setzung einer Bedingung erforderlich sei.

Im weiteren Rechtsgang hat die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde die Begründung für dieses Erfordernis dargelegt. Das Beschwerdevorbringen, der Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. September 2003 sei in seiner Begründung nahezu inhaltsgleich mit dem vormals aufgehobenen Bescheid der Gemeindevertretung vom 14. August 2000, ist unrichtig, weil der dem nunmehr angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Bescheid der Gemeindevertretung vom 12. September 2003 gerade um den oben zitierten Satz ergänzt wurde. Diese Begründung erscheint auch dem Verwaltungsgerichtshof sowohl nachvollziehbar als auch inhaltlich gerechtfertigt, kann es doch nicht im Sinne der örtlichen Raumplanung sein, gleichfalls zur "Reserve" eine Bewilligung für die Errichtung von Ferienwohnungen (im Rahmen des § 31 BauG) zu horten und allenfalls andere Bewilligungswerber, die aus Gründen der Sicherheit ihrer Existenzgrundlage an einer raschen Umsetzung des geplanten Bauvorhabens interessiert wären, auszuschließen. Die Gemeindevertretung hat in ihrem Beschluss vom 1. September 1999 für die Ortschaft S eine Obergrenze von 40 Ferienwohnungen festgelegt. Daraus ist der Wille der Gemeindevertretung ableitbar, die Zahl der Ferienwohnungen in der Ortschaft S zu beschränken und damit die Grenze jenes Maßes festzusetzen, das der Erreichung der Ziele des § 2 RPG (Sicherung der Qualität des Feriendorfes und seiner gewerblichen und privaten Zimmervermieter; vgl. § 2 Abs. 2 lit. a RPG) dient. Der Beschluss der Gemeindevertretung vom 1. September 1999 liegt dem an den Beschwerdeführer ergangenen Bescheid vom 14. August 2000 zu Grunde, ein Auszug aus der Verhandlungsschrift liegt im vorgelegten Verwaltungsakt. Demnach hat die Gemeindevertretung am 1. September 1999 einen Beschluss gefasst, mit dem die Obergrenze hinsichtlich der Zahl von Ferienwohnungen gemäß den Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes nach § 16 Abs. 2 (Zweitwohnsitze) für den Ortsteil S mit 40 festgesetzt wurde. Der zweite Beschluss dieses Tages war jener, dem Antrag des Beschwerdeführers zur Bewilligung von zehn Ferienwohnungen unter der Bedingung vollinhaltlich stattzugeben, dass der geplante Umbau bis 31. Dezember 2000 durchgeführt werde. Maßgebend für die Entscheidung der Gemeindevertretung sei zum einen die Zusage des Beschwerdeführers, dass keine Veräußerung der Ferienwohnungen und die Weiterführung des Hotelbetriebs vorgesehen sei, zum anderen, dass sich das Hotel H. nicht im Ortszentrum, sondern in einer Randlage von S befinde. Hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Ortschaft S sei festzuhalten, dass mit nunmehr 39 Wohnungen die heute festgelegte Obergrenze nahezu erreicht sei und eine weitere Umstrukturierung des Bettenangebotes der Ortschaft S aus Sicht der Gemeindevertretung unerwünscht sei, um die hohe Qualität des Feriendorfes S mit seinen gewerblichen und privaten Zimmervermietern zu sichern sowie negative Auswirkungen auf das Ortsbild hinanzuhalten. Die Gründe, die den Beschlüssen der Gemeindevertretung vom 1. September 1999 zu Grunde lagen, wurden dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 14. August 2000 bekannt gegeben. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Oktober 2000 wurde der Inhalt der Niederschrift des Gemeindevertretungsbeschlusses vom 1. September 2000 in voller Gänze wiedergegeben.

In der Beschwerde (Seite 9) wird ausgeführt, es entspreche gerade der Umstand, dass der Beschwerdeführer jetzt (im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde) den Umbau seines Gewerbebetriebes in Ferienwohnungen nicht in Erwägung ziehe, ganz klar den Intentionen der Gemeinde bzw. den Intentionen des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes. Die Ansicht, dass die Nichtgebrauchnahme einer erteilten Bewilligung der Intention einer Gemeinde bzw. des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes entsprechen könnte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen: Bei Erteilung einer Baubewilligung muss die Gemeinde grundsätzlich davon ausgehen, dass von dieser auch Gebrauch gemacht werden wird, kann sie doch nicht annehmen, dass Grund für die Erwirkung einer Baubewilligung nur die Beschäftigung der Behörde ist. Die Baubehörden haben in der Folge auch auf bereits erteilte Bewilligungen im Interesse der Infrastruktur Rücksicht zu nehmen.

Da die Vorschreibung von Bedingungen im Zuge einer Baubewilligung gemäß § 16 Abs. 1 RPG zulässig ist, die hier vorgeschriebene Bedingung ausreichend begründet wurde und auch sachverhaltsbezogen sinnvoll erscheint, ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 9. September 2008

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3 Baubewilligung BauRallg6 Auflagen BauRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004060012.X00

Im RIS seit

02.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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