TE Vwgh Erkenntnis 2008/9/26 2008/02/0080

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Veröffentlicht am 26.09.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §16 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des R K in T, vertreten durch Dr. Stefan Prokop, Rechtsanwalt in 2380 Perchtoldsdorf, Walzengasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Oktober 2007, Zl. Senat-BN-06-1190, betreffend Übertretungen der StVO,

Spruch

I.: zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Punkt 2. (Übertretung gemäß § 16 Abs. 2 lit. b StVO) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, sowie

II.: den Beschluss gefasst:

Hinsichtlich Punkt 3. (Übertretung gemäß § 16 Abs. 1 lit. a StVO) wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 10. Oktober 2006 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, zu einer näher genannten Zeit an dem dort angeführten Ort 1. die Sperrlinie überfahren zu haben (§ 9 Abs. 1 StVO, Strafe EUR 58,--), 2. vor einer unübersichtlichen Stelle (Kurve) ein mehrspuriges Fahrzeug überholt zu haben (§ 16 Abs. 2 lit. b StVO, Strafe EUR 72,--) und

3. überholt zu haben, wobei der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges dadurch gefährdet und behindert worden sei (Übertretung gemäß § 16 Abs. 1 lit. a StVO, Strafe EUR 72,--).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis keine Folge gegeben und "das erstinstanzliche Straferkenntnis in sämtlichen 3 Punkten dem jeweiligen Schuld-, Straf- und Kostenausspruch nach vollinhaltlich bestätigt."

In der Begründung verweist die belangte Behörde auf die gegen das Straferkenntnis erhobene Berufung, die von der belangten Behörde durchgeführte Berufungsverhandlung sowie beweiswürdigend auf den Umstand, dass dem einvernommenen Beamten zu glauben sei, während die Verantwortung des Beschwerdeführers "mit keiner erhöhten Glaubwürdigkeit behaftet" sei.

Erkennbar als Sachverhalt stellte die belangte Behörde Folgendes fest:

"Da somit (der Beschwerdeführer) als Lenker spruchgenannten Motorrades im Freilandgebiet Hof/Leithagebirge, LB 17, Höhe Strkm 32,430, in Richtung Hof/Leithagebirge, aus Richtung Donnerskirchen kommend, vor einer nach links abfallenden unübersichtlichen Kurve unter Überfahren der dort angebrachten Sperrlinie und trotz eines entgegenkommenden Radfahrers den Zivilstreifenwagen mit dem Deckkennzeichen BL... überholt hat, der Überholvorgang mit hoher Geschwindigkeit und geringem seitlichen Abstand zum entgegenkommenden Radfahrer passierte, hat er ihm in den Punkten 2 und 3 angelasteten Übertretungen der Bestimmungen der §§ 16 Abs. 2 lit.b und 16 Abs. 1 lit.a jeweils StVO, objektiv gesetzt und subjektiv in der Schuldform des bedingten Vorsatzes verwirklicht.

Die Tatanlastung zu Punkt 1 wurde in keinem Stadium des Verfahrens der objektiven Richtigkeit nach bestritten.

Der Berufung war daher dem Grunde nach in den Punkten 2 und 3 ein Erfolg zu versagen ...".

Weiter stellte die belangte Behörde Überlegungen zur Höhe der verhängten Strafen an.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der die Beschwerde mit Beschluss vom 5. März 2008, B 2244/07-3, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde, die sich ausschließlich gegen die Bestrafungen in den Punkten 2. und 3. richtet, macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu I.: Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde weder dem Grunde noch der Höhe nach gegen die Bestrafung wegen Überfahrens einer Sperrlinie (§ 9 Abs. 1 StVO). Er bestreitet aber die Unübersichtlichkeit der Überholstrecke sowie, beim Überholen andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert zu haben.

Nach § 16 Abs. 2 lit. b StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z.B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen, nicht überholen.

Im Hinblick auf diese Verwaltungsübertretung hat die Behörde nach der Rechtsprechung Feststellungen darüber zu treffen, wie weit die Sicht des Beschwerdeführers, gemessen von seiner Position zu Beginn des Überholmanövers reichte, welche Länge die Überholstrecke hatte und inwieweit das gegenständliche Straßenstück dem Beschwerdeführer bis zum Ende der Überholstrecke nicht die erforderliche Übersichtlichkeit bot (vgl. das Erkenntnis vom 21. September 1983, Zl. 82/03/0272).

Solche Feststellungen hat die belangte Behörde nicht getroffen, weshalb der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 2 lit. b StVO an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet. Er war in diesem Punkt wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Zu II.: Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.

Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind hinsichtlich Punkt 3. des angefochtenen Bescheides erfüllt. Die Geldstrafe übersteigt nicht EUR 750,--. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 26. September 2008

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen AllgemeinBesondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008020080.X00

Im RIS seit

24.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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