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32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §303 Abs4;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1990, 286;Rechtssatz
Voraussetzung für eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs 4 BAO ist ua das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und deren Kenntnis allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Aus welchen Gründen die Tatsachen oder Beweismittel der Abgabenbehörde bisher unbekannt geblieben sind, ist für das Vorliegen des Wiederaufnahmsgrundes unerheblich. Insbesondere ist es auch unerheblich, ob die neuen Tatsachen oder Beweismittel aus Verschulden der Abgabenbehörde erst nach Abschluß des Verfahrens hervorgekommen sind. Solche Gründe könnten nur im Rahmen der Ermessensübung von Bedeutung sein, und zwar bei Entscheidung der Frage, ob das Vorliegen eines Wiederaufnahmsgrundes von der Abgabenbehörde auch tatsächlich zum Anlaß einer amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens genommen werden soll. Es kann daher durchaus der Fall sein, daß die Abgabenbehörde einen abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt nicht oder nur unvollständig ermittelt, weil sie ihn zu Unrecht für ausreichend geklärt hält. Dennoch kann das spätere Hervorkommen neuer entscheidungsrelevanter Tatsachen und Beweismittel einen Wiederaufnahmsgrund darstellen. Entscheidend ist nämlich nicht, ob sich die Abgabenbehörde der Relevanz bisher unbekannter Sachverhaltselemente im vollen Ausmaß bewußt war, sondern daß sie bei richtiger rechtlicher Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes zu einem anderen Bescheid gelangt wäre.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988130011.X01Im RIS seit
14.03.1990