TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/22 2008/06/0098

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Veröffentlicht am 22.10.2008
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Index

96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus;

Norm

BStMG 2002 §7 Abs1;
BStMG 2002 §7 Abs2;
BStMG 2002 §7 Abs4;
MautO Vignette Autobahnen Schnellstraßen 2005;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des A B in B, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach, Dr. Erik R. Kroker und Dr. Simon Tonini, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 3. März 2008, Zl. uvs-2007/15/1468-2, betreffend eine Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (weitere Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft I (kurz: BH) vom 4. Dezember 2006 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, am 14. Oktober 2006 um 04.48 Uhr an einer näher beschriebenen Stelle auf der A 13 (Autobahn) in Fahrtrichtung I als Lenker eines näher bezeichneten Lastkraftwagens mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet zu haben, weil das Fahrzeuggerät für die Verrechnung im Nachhinein auf Grund des nicht mehr gültigen Zahlungsmittels gesperrt gewesen sei. Er habe hiedurch gegen § 20 Abs. 2 iVm § 6 und § 7 Abs. 1 des Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) verstoßen und es wurde über ihn eine Strafe von EUR 400,-- verhängt.

Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Einspruch und brachte in der Folge unter anderem vor, er habe am 14. Oktober 2006 den Mautbetrag an der Mautstelle in "M" mit seiner eigenen Scheckkarte "eingelöst". Nachdem er seine Karte in das Kartenlesegerät der ASFINAG gesteckt und seine Geheimzahl eingegeben habe, habe dieses Gerät "Zahlung erfolgt" angezeigt. Damit habe er alles ihm Zumutbare getan, die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten. Die entsprechende Zahlung habe jedoch nicht von seinem Konto verbucht werden können, weil diese von der ASFINAG (bzw. ihrem Bankinstitut) nicht entsprechend abgerufen worden sei. Eine ordnungsgemäße Zahlung der Maut sei sohin ausschließlich auf Grund des allein von der ASFINAG verschuldeten technischen Gebrechens bei der Datenübertragung verschuldet worden.

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der BH vom 8. Mai 2007 wurde dem Beschwerdeführer die Tat wie bereits zuvor im Straferkenntnis angelastet und es wurde neuerlich über ihn eine Geldstrafe von EUR 400,-- verhängt. Zur Begründung heißt es (formularmäßig), der Beschwerdeführer bestreite die ihm angelastete Übertretung, es habe aber für die Behörde kein Grund bestanden, an den Angaben des Anzeigers zu zweifeln. Es müsse einem geschulten Organ der Straßenaufsicht zugebilligt werden, derartige Übertretungen richtig feststellen zu können.

Der Beschwerdeführer berief.

In der Verhandlung vor der belangten Behörde am 21. Februar 2008 legte der für den Beschwerdeführer erschienene Vertreter (der Beschwerdeführer selbst war zwar geladen worden, erschien aber nicht) eine "eidesstättige Erklärung" des Beschwerdeführers vom 17. Februar 2008 vor. Darin heißt es, zum angegebenen Tatzeitpunkt, dem 14. Oktober 2006 um 04.48 Uhr, sei die Einhebung von Mautschulden seines Arbeitgebers betreffend das österreichische mautpflichtige Straßennetz mittels einer Go-Box im "Post-Pay-Verfahren" erfolgt. Eine Umstellung auf das "Pre-Pay-Verfahren" sei erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Eine Nachverrechnung (Verrechnung im Nachhinein) von auf Grund der am 14. Oktober 2006 um 04.48 Uhr erfolgten Benützung des österreichischen mautpflichtigen Straßennetzes geschuldeter Maut sei ihm nicht bekannt. Sofern es sich bei der allenfalls geschuldeten Maut um einen Betrag in Höhe von EUR 63,60 handeln solle, gebe er an, dass er diesen habe bezahlen wollen. Die Zahlung sei jedoch, wie sich erst im Nachhinein herausgestellt habe, auf Grund eines technischen Defekts gescheitert. Der Betrag sollte mittels Scheckkarte und Kartenlesegerät entrichtet werden. Nachdem die Karte in das Gerät gesteckt und die Geheimzahl eingegeben worden sei, sei auf dem Kartenlesegerät die Meldung "Zahlung erfolgt" erschienen. Seine (näher bezeichnete) Bank habe ihm bestätigt, dass dieser Betrag für eine Überweisung bereit gestellt worden sei. Letztlich sei diese jedoch unterblieben, weil der Betrag von der österreichischen Bank nicht angefordert worden sei. Er sei mit dem Gebrauch der Go-Box vertraut. Diese Box seines damaligen Fahrzeuges sei zum angeblichen Tatzeitpunkt korrekt zum Maut-System angemeldet und ordnungsgemäß montiert gewesen. Die Funktionsfähigkeit des Gerätes habe er überprüft. Ein Warnsignal habe er nicht gehört. Die Fahrzeugkategorie sei ordnungsgemäß eingestellt gewesen.

Vorgelegt wurde weiters eine Bestätigung der genannten Bank vom 12. Dezember 2006, adressiert allerdings nicht an den Beschwerdeführer sondern an eine Frau gleichen Familiennamens (allerdings offenbar mit der Anschrift des Beschwerdeführers), in der auf einen "Kontoumsatz vom 16.10.2006 in Höhe von 63,60 EURO" Bezug genommen und bestätigt wird, dass dieser Betrag nicht vom Girokonto der Adressatin verbucht habe werden können, weil dieser nicht durch die österreichische Bank abgerufen worden sei. Einige Tage später sei der Umsatz gelöscht worden, weil die Daten zur Ausführung der Zahlungen nicht vorgelegen und von der ausländischen Bank zurückgerufen worden seien.

Weiters wurden Belege in Fotokopie vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass am 14. Oktober 2006 um 05.15 Uhr eine Aufbuchung von EUR 333,33 an der Mautstelle M S erfolgte; aus den ebenfalls in den Verwaltungsakten befindlichen Abrechnungsunterlagen ergibt sich (unstrittig), dass fortan die Abbuchung an diesem Tag bei der Fahrt über die A 13 und sodann die A 12 bis zur Staatsgrenze in K anstandslos erfolgte, nicht aber zuvor im Streckenabschnitt von der Staatsgrenze B Pass bis M S, wo zu vier Zeitpunkten zwischen 04.41 Uhr und 05.10 Uhr an vier näher bezeichneten Stellen (offenbar Mautportale) Mautbeträge von EUR 3,80, EUR 19,00, EUR 21,00 und EUR 13,00 fällig wurden (ohne dass eine Bezahlung ausgewiesen ist; um diese geht es offenbar).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens verpflichtet. In der Begründung heißt es nach Darstellung des Tatvorwurfes und zusammengefasster Wiedergabe des Berufungsvorbringens, am 21. Februar 2008 sei eine öffentliche Verhandlung durchgeführt worden, bei welcher der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten gewesen sei und die Zeugen B. und K. zum Sachverhalt befragt worden seien. Zusätzlich sei eine eidesstättige Erklärung des Beschwerdeführers beigebracht worden, wonach er die geschuldete Maut im Betrag von EUR 63,60 habe bezahlen wollen. Der Betrag sei jedoch "von Österreich" nicht angefordert bzw. abgerufen worden. Die Funktionsfähigkeit der Go-Box sei gegeben gewesen, es sei kein Warnsignal ergangen. Der Zeuge B. habe angegeben, dass zum Übertretungszeitpunkt der Kunde die Entrichtung der Maut im Post-Pay-Verfahren angemeldet gehabt habe. Das Zahlungsmittel sei aber gesperrt gewesen, weshalb keine Entrichtung der Maut erfolgt sei. Der Zeuge K. habe entsprechende Unterlagen mitgebracht, wonach im Gegenstandsfall am 14. Oktober 2006 durch den Lenker des betreffenden Lkw's keine Mautentrichtung für eine bestimmte Strecke erfolgt sei. Es sei dann anschließend am selben Tag um 05.15.36 Uhr eine Pre-Pay-Aufladung erfolgt. Beide Zeugen hätten angegeben, dass im Falle einer Nichtentrichtung der Maut dies automatisch vom Mautüberwachungssystem erfasst und der Lenker anschließend einer Kontrolle durch die Mautaufsichtsorgane unterzogen werde. Dies sei auch im Gegenstandsfall so gewesen (Anmerkung: am 18. Oktober 2006) und es sei der Lenker angehalten und auch zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, was der Beschwerdeführer abgelehnt habe.

Es stehe daher fest, dass im Beschwerdefall der Beschwerdeführer als Lenker des näher bezeichneten Lkw's auf der A 13 in Fahrtrichtung I unterwegs gewesen sei, wobei er für näher bezeichnete Mautabschnitte keine Maut entrichtet habe.

Im angefochtenen Bescheid folgt sodann die Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen und Bestimmungen der Mautordnung (darunter auch des Punktes 7.1).

Im Beschwerdefall sei keine Nachzahlung der geschuldeten Maut im zeitlichen oder örtlichen Zusammenhang mit der Fahrt erfolgt. Dies sei von den Mautaufsichtsorganen überprüft worden und es sei eine derartige Nachentrichtung auch zum Zeitpunkt der Betretung (18. Oktober 2006) nicht erfolgt gewesen. Der Beschwerdeführer habe die Zahlung einer Ersatzmaut verweigert.

Bei der Strafzumessung sei zu berücksichtigen, dass durch das Nichtentrichten der geschuldeten Maut Einnahmen entgingen, sodass der Unrechtsgehalt derartiger Übertretungen nicht unbeträchtlich sei. Beim Verschulden sei zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen. Mildernd habe sich die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ausgewirkt, erschwerend sei nichts gewesen. Beim Beschwerdeführer sei von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen auszugehen und es sei im Beschwerdefall ohnedies die Mindeststrafe verhängt worden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet. Angesprochen wird der Vorlageaufwand. Die weitere Partei des Verfahrens hat in einer Stellungnahme die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist im Hinblick auf den Tatzeitpunkt (14. Oktober 2006) das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, BGBl. I Nr. 109/2002 (BStMG) in der Fassung BGBl. I Nr. 26/2006 anzuwenden.

Die im Beschwerdefall insbesondere relevanten Bestimmungen lauten auszugsweise (Näheres zur Mautordnung ist in den §§ 14 bis 16 leg. cit. normiert):

"2. Teil

Fahrleistungsabhängige Maut

Mautpflicht

§ 6. Die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der fahrleistungsabhängigen Maut.

(...)

Mautentrichtung

§ 7. (1) Die Maut ist durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

(2) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft kann andere Formen der Mautentrichtung zulassen und für Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut einen angemessenen Kostenersatz fordern, der mit dem Diskriminierungsverbot des Artikels 7 Abs. 4 der Richtlinie 1999/62/EG vereinbar ist.

(3) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat nach Maßgabe der Artikel 3 und 4 sowie des Anhanges der Richtlinie 2004/52/EG den europäischen elektronischen Mautdienst anzubieten.

(4) Die näheren Bestimmungen über Geräte, deren Zulassung und Einsatz, über Abbuchung, Verrechnung und andere Formen der Mautentrichtung sowie über den europäischen elektronischen Mautdienst sind in der Mautordnung zu treffen.

(5) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut ausstatten können."

"3. Teil

Zeitabhängige Maut

Mautpflicht

§ 10. (1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.

(2) Von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut sind ausgenommen:

1.

A 9 Pyhrn Autobahn in den Abschnitten ...,

2.

A 10 Tauern Autobahn im Abschnitt ...,

3.

A 11 Karawanken Autobahn im Abschnitt ...,

4.

A 13 Brenner Autobahn,

5.

S 16 Arlberg Schnellstraße im Abschnitt ... .

(3) ..."

"6. Teil

Strafbestimmungen

Mautprellerei

§ 20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 EUR bis zu 4000 EUR zu bestrafen.

(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 EUR bis zu 4000 EUR zu bestrafen.

(3) Taten gemäß Abs. 1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt."

Zum Tatzeitpunkt galt die Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs in der Version 14. Für Kraftfahrzeuge von mehr als 3,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht gilt die fahrleistungsabhängige Maut; der Abschnitt 5 der Mautordnung regelt Näheres zur Anmeldung zum und zur Abmeldung vom Mautsystem, darunter im Abschnitt 5.4 Näheres zum Zahlungsverfahren. Danach ist die Bezahlung der Maut entweder mittels Verrechnung im Nachhinein (Post-Pay-Verfahren) oder mittels Abbuchung eines zuvor erworbenen Mautguthabens (Pre-Pay-Verfahren) möglich. Im Post-Pay-Verfahren werden bei Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit einem mautpflichtigen Kraftfahrzeug die Mautabschnittstarife addiert und täglich zu Verrechnungssätzen zusammengefasst. Diese werden dann über die jeweilige Zahlungsart bzw. das jeweilige Zahlungsmittel abgerechnet. Sollte eine Karte durch den Kartenaussteller gesperrt sein oder werden, kann die Mautentrichtung nicht erfolgen (Punkt 5.4.2). Wenn in einem solchen Fall nicht von der Möglichkeit der Nachzahlung der Maut Gebrauch gemacht wird, erfüllt der Kraftfahrzeuglenker den Tatbestand der Mautprellerei. (Hinweise auf die Punkte 8.2.4.3.2 sowie 7.1 und 7.2 der Mautordnung.) Nach Punkt 8.2.2.4.3.2 bedeuten vier kurze Signaltöne der Go-Box, dass keine Mautentrichtung stattgefunden hat (wird näher erläutert).

Der Abschnitt 7 der Mautordnung betrifft die Nachentrichtung der Maut. Darin heißt es (Punkt 7.1), für ordnungsgemäß zum Mautsystem angemeldete und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge bestehe die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut (unter bestimmten Umständen, darunter auch bei einem gesperrten Zahlungsmittel), dies jedoch ausnahmslos nur, wenn alle nachfolgenden Bedingungen erfüllt würden. Nachzahlungen könnten nur dann berücksichtigt werden, wenn diese auf das im Zeitpunkt der Nicht- oder Teilentrichtung verwendete Kraftfahrzeugkennzeichen vorgenommen würden:

-

Die Nachzahlung habe spätestens 70 km nach der ersten Mautabbuchungsstelle, an welcher keine ordnungsgemäße Mauttransaktion stattgefunden habe, bei einer Go-Vertriebsstelle sowie im ASFINAG Mautservicecenter oder bei einem Mautaufsichtsorgan im Zuge einer Betretung (Anhaltung) zu erfolgen;

-

die Nachzahlung sei nur innerhalb eines Zeitraumes von fünf Stunden ab dem Zeitpunkt des Durchfahrens der ersten Mautabbuchungsstelle, an welcher keine ordnungsgemäße Mauttransaktion stattgefunden habe, erlaubt. Dabei werde die Referenzzeit des Mautsystems herangezogen;

-

Nutzer von Go-Boxen hätten diese zur Durchführung der Nachzahlung bei der Go-Vertriebsstelle sowie im ASFINAG Mautservicecenter vorzulegen;

-

der Kraftfahrzeuglenker des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges habe bei der Go-Vertriebsstelle, im ASFINAG Mautservicecenter bzw. bei Betretung gegenüber dem Mautaufsichtsorgan den Ort der ersten Nicht- oder Teilentrichtung zu nennen sowie gegebenenfalls weitere Angaben zur Art der darauf folgenden Nutzung des mautpflichtigen Straßennetzes zu machen.

Anhand der Angaben sowie unter Vorlage etwaiger Beweismittel werde die Höhe der geschuldeten Maut ermittelt (wird näher dargelegt).

Der Beschwerdeführer verweist an sich zutreffend darauf, dass gemäß § 10 Abs. 1 BStMG die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, grundsätzlich der zeitabhängigen Maut unterliegt, aber bestimmte Straßen- bzw. Straßenabschnitte von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut ausgenommen sind, darunter die A 13 BAutobahn (d.h. nicht, dass keine Maut zu entrichten ist, diese erfolgt vielmehr auf Grundlage eines Sonderfinanzierungsgesetzes, hier des Bundesgesetzes vom 3. Juni 1964 betreffend die Finanzierung der Autobahn I, BGBl. Nr. 135/1964, welches in der Folge oftmals novelliert wurde). Für die fahrleistungsabhängige Maut gilt diese Ausnahme nicht. Das bedeutet weiters, dass insoweit zwei verschiedene Mautsysteme bestehen, was wiederum zur Folge hat, dass (worauf der Beschwerdeführer an sich ebenfalls zutreffend verweist) die Strafbestimmung des § 20 Abs. 2 BStMG hinsichtlich der BAutobahn anwendbar, jene des § 20 Abs. 1 BStMG hingegen nicht anwendbar ist (wobei auch das korrespondierende Sonderfinanzierungsgesetz keine entsprechende Strafbestimmung vorsieht). Der Beschwerdeführer erblickt darin eine Gleichheitswidrigkeit. Der Verwaltungsgerichtshof teilt im Lichte des Beschwerdefalles nicht diese Auffassung: Es geht hier in diesem Bereich um unterschiedliche Mautsysteme, wobei die weitere Partei auch zutreffend darauf verweist, dass bei der herkömmlichen Art der Mautentrichtung bei Pkw's (Mautstellen mit Schranken) das Nichtentrichten der Maut praktisch gesehen wesentlich erschwert ist im Vergleich zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut durch Anbringen einer Vignette (die Unterlassung des Anbringens einer solchen Vignette muss erst jemandem auffallen).

Der Beschwerdeführer vertritt weiters, wie schon im Verwaltungsverfahren, die Auffassung, als Post-Pay-Kunde könne er zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt keine fahrleistungsabhängige Maut geschuldet haben, weil die Verrechnung erst mit Ablauf des Tages erfolge. Eine solche Tagesabrechnung sei aber nicht gelegt worden. Überdies sei ihm "sein Recht auf Nachverrechnung im Sinne einer erstmaligen Rechnungslegung für geschuldete Maut" genommen worden. Solange allenfalls geschuldete Maut nicht einmal in Rechnung gestellt worden sei, könne auch keine Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut gesetzmäßig erfolgen.

Diese Auffassung ist ebenfalls unzutreffend: Auch im Post-Pay-Verfahren wird die Maut nur dann ordnungsgemäß entrichtet, wenn die Vorgangsweise der Mautordnung entspricht, und dazu ist Voraussetzung, dass das Zahlungsmittel nicht gesperrt ist. Beweisergebnisse in diese Richtung gibt es, diese wurden von der belangten Behörde auch wiedergegeben. Durch die Verknüpfung mit dem nächsten Absatz im angefochtenen Bescheid, es stehe "daher" fest, dass der Beschwerdeführer keine Maut einrichtet habe, ist festgestellt, dass das Zahlungsmittel gesperrt war. Damit wurde die Maut für den betreffenden Streckenabschnitt nicht ordnungsgemäß entrichtet. Darauf, dass nach der bei ordnungsgemäßer Vorgangsweise vorgesehenen Abwicklung eine Tagesrechnung erstellt wird, kommt es dabei nicht an.

Der Beschwerdeführer hat allerdings im Verwaltungsverfahren mehrfach darauf verwiesen, er habe (ohnedies) am 14. Oktober 2006 die geschuldete Maut bezahlen wollen, dies sei aber offenbar wegen eines technischen Defektes gescheitert, den er nicht zu vertreten habe. Er hat dazu auch eine Bankbestätigung vorgelegt (dass darin der 16. Oktober genannt wird, bedeutet noch nicht, dass die Angabe des Zahlungstages 14. Oktober zwingend unrichtig wäre, weil der 14. Oktober 2006 ein Samstag war, daher Zahlungen per Scheckkarte wohl erst am darauf folgenden Montag, das war der 16. Oktober, verbucht werden). Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit diesen behaupteten Vorgängen nicht näher auseinander gesetzt (ebensowenig wie in der Berufungsverhandlung), obwohl dies geboten gewesen wäre: Bei Zutreffen der Voraussetzungen der Mautordnung könnte es sich dabei um eine (versuchte) Nachzahlung der geschuldeten Maut im Sinne des Abschnittes 7 der Mautordnung handeln, zumindest aber könnte das Bemühen des Beschwerdeführers, die geschuldete Maut umgehend nachzuzahlen, bei der Strafbemessung (im Hinblick auf die Bestimmung des § 20 VStG - außerordentliche Milderung der Strafe) bedeutsam sein (dem Vorbringen in der Beschwerde bei der Strafbemessung ist in diesem Zusammenhang entgegenzuhalten, dass wegen des Tatzeitraumes noch die höheren Strafsätze gelten, die Herabsetzung der Strafsätze durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2007 - Strafrahmen von EUR 300,-- bis EUR 3.000,-- - sind gemäß § 33 Abs. 6 BStMG nur auf Verwaltungsübertretungen anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten dieser Novelle begangen wurden). Vor dem Hintergrund der entsprechenden Mautordnung (Abschnitt 7) wäre daher zu klären gewesen, wann, wie und auf welche Weise der Beschwerdeführer versucht haben will, diese Zahlung zu leisten; dass er die Zahlung leisten wollte, deutet im Übrigen darauf hin, dass er erfahren haben musste, Maut schuldig zu sein; zweckmäßigerweise wäre in diesem Zusammenhang auch zu klären gewesen, weshalb er die Abrechnung auf das Pre-Pay-System umgestellt hat. Dadurch, dass dies unterblieb, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. Oktober 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008060098.X00

Im RIS seit

26.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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