TE Vwgh Erkenntnis 2008/11/4 2008/22/0559

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Veröffentlicht am 04.11.2008
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ARB1/80;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §2 Abs5;
AuslBG §24;
FrG 1997 §14 Abs2a idF 2002/I/126;
FrG 1997 §30 Abs2;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des CÖ in P, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Petrusgasse 2/15, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 12. Dezember 2005, Zl. 126.428/3-III/4/05, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 16. März 2003 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "Selbständig, § 30 Abs. 2 FrG" ab. Sie wertete diesen Antrag als solchen für den Aufenthaltszweck "Schlüsselkraft - selbständig, § 18 Abs. 1 Z 1 FrG" und verwies auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 14 Abs. 2a, 14 Abs. 3, 18 Abs. 1a, 19 Abs. 1 und 22 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG). Der Beschwerdeführer war zuletzt im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student", gültig bis 31. Oktober 2003.

Die Abweisung des Antrages begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Tätigkeit als persönlich haftender Gesellschafter einer ein "Cafe-Restaurant" betreibenden KEG nicht als die einer selbständigen Schlüsselkraft anzusehen sei. Hinsichtlich eines gesamtwirtschaftlichen Nutzens der selbständigen Erwerbstätigkeit iVm einem Transfer von Kapital und/oder der Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen habe der Beschwerdeführer nichts vorgebracht, weshalb ein negatives Gutachten gemäß § 24 AuslBG zu erstatten gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Frage der Erfordernisse des § 24 AuslBG ermöglicht worden. In dieser Stellungnahme habe der Beschwerdeführer darauf verwiesen, dass er Beschwerde gegen einen Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice betreffend Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG eingebracht hätte. Er hätte um Unterbrechung des Verfahrens bis zur diesbezüglichen Entscheidung ersucht.

In der vom Beschwerdeführer angestrebten selbständigen Tätigkeit könne kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen erkannt werden. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Angaben hinsichtlich eines Betriebskonzepts gemacht und es seien auch ein Transfer von Investitionskapital nach Österreich sowie eine nachhaltige Schaffung von Arbeitsplätzen und eine qualifizierte Leistung durch den Beschwerdeführer selbst nicht ersichtlich. Seine beabsichtigte Arbeitsleistung sei ausschließlich im persönlichen und einzelbetrieblichen Interesse. Eine ökonomische Gesamtbedeutung sei nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten seitens der belangten Behörde erwogen hat:

Eingangs ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht dadurch beschwert ist, dass die belangte Behörde seinen auf § 30 Abs. 2 FrG gestützten Antrag sachgemäß als solchen auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck einer selbständigen Erwerbstätigkeit als Schlüsselkraft umgedeutet hat. § 30 Abs. 2 FrG normiert nämlich einen Anspruch auf Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige, die zwar Niederlassungsfreiheit, aber nicht Sichtvermerksfreiheit genießen. Türkische Staatsangehörige können zwar Rechte aus dem Beschluss des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB), erwerben, sind aber nicht von vornherein niederlassungsberechtigt. Aus der genannten Bestimmung vermag der Beschwerdeführer somit keine Rechte abzuleiten, zumal er gar nicht vorbrachte, bisher einer erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen zu sein.

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er eine Aufenthaltsbewilligung zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Sinn des § 2 Abs. 4 AuslBG und nicht nach § 24 AuslBG gestellt habe.

Gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG liegt eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 leg. cit. - somit eine unselbständige Erwerbstätigkeit -

auch dann vor, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 % Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird.

Indem der Beschwerdeführer auf die Anhängigkeit eines solchen Antrags nach § 2 Abs. 4 AuslBG verweist, qualifiziert er seine Tätigkeit selbst als eine selbständige Erwerbstätigkeit.

Gemäß dem mit der am 1. Jänner 2003 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 126/2002 eingefügten § 14 Abs. 2a FrG ist für Fremde, die - wie der Beschwerdeführer - über einen Aufenthaltstitel gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 (zum Zweck des Schulbesuchs oder des Studiums) verfügten, die Antragstellung auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels - und damit auch das Abwarten des Verfahrens - im Inland nur dann zulässig, wenn ein Schul- oder Studiennachweis erbracht wird oder der Antragsteller nach erfolgreichem Abschluss seiner Schul- oder Studienausbildung oder auf Grund seiner besonderen Fähigkeiten die Anforderungen an eine Schlüsselkraft (§ 2 Abs. 5 AuslBG und § 24 AuslBG) erfüllt.

Die genannten Bestimmungen des AuslBG lauten:

"§ 2.

(5) Als Schlüsselkräfte gelten Ausländer, die über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die durchwegs mindestens 60 vH der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zuzüglich Sonderzahlungen zu betragen hat. Überdies muss mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. die beabsichtigte Beschäftigung hat eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt oder

2. die beabsichtigte Beschäftigung trägt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei oder

3. der Ausländer übt einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebes (Führungskraft) aus oder

4. die beabsichtigte Beschäftigung hat einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge oder

5. der Ausländer verfügt über einen Abschluss einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung.

§ 24. Die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß § 89 Abs. 1a FrG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbunden Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören."

Die belangte Behörde zog zutreffend die Bestimmung des § 14 Abs. 2a FrG heran und es holte die Behörde erster Instanz rechtskonform - und in Einklang mit der Absicht des Beschwerdeführers auf Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit - ein Gutachten nach § 24 AuslBG ein. Aus diesem Grund ist es nicht rechtswidrig, dass die belangte Behörde - wie in der Beschwerde angesprochen - "den Sachverhalt nur in Richtung des § 24 AuslBG geprüft hat".

Der Beschwerdeführer räumt ein, dass er eine Aufforderung erhalten hat, zu den Erfordernissen des § 24 AuslBG Stellung zu nehmen. Mit der Beteiligung an einer KEG, die ein "Cafe-Restaurant" führt, wird kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Erwerbstätigkeit aufgezeigt. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen dient (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2007, 2006/18/0382). Mit dem Hinweis, dass hinsichtlich der Feststellung gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG ein Verfahren anhängig sei, hat der Beschwerdeführer in keiner Weise dargelegt, die Voraussetzungen für die Qualifikation als Schlüsselkraft zu erfüllen.

Daraus ergibt sich, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall den Antrag in Anwendung des § 14 Abs. 2a FrG wegen Unzulässigkeit einer Inlandsantragstellung zu Recht abgewiesen hat.

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend in keiner Weise Anzeichen für einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall aus humanitären Gründen im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG erkennbar sind.

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 4. November 2008

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008220559.X00

Im RIS seit

04.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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