TE Vwgh Erkenntnis 2008/11/11 2006/19/0353

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Veröffentlicht am 11.11.2008
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Index

E3R E19103000;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

32003R0343 Dublin-II Art16 Abs1 ltc;
AsylG 1997 §38 Abs5;
AsylG 1997 §5 Abs1;
AsylG 1997 §5a Abs1;
AsylG 1997 §5a Abs4;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs2;
MRK Art3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. N. Bachler, die Hofrätin Mag. Rehak und den Hofrat Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Bundesministerin für Inneres, 1014 Wien, Herrengasse 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 10. Februar 2005, Zl. 257.347/1- II/04/05, betreffend Behebung eines Bescheides in einer Asylangelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG (mitbeteiligte Partei: A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte, ein russischer Staatsangehöriger tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, reiste im Dezember 2004 in das Gebiet der EU-Mitgliedstaaten ein. Er stellte am 8. Dezember 2004, am 12. Dezember 2004 und am 23. Dezember 2004 in der Slowakei Asylanträge. Am 1. Jänner 2005 reiste er in das Bundesgebiet ein und brachte noch am selben Tag einen (weiteren) Asylantrag ein.

Anlässlich einer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 14. Jänner 2005 gab der Mitbeteiligte an, dass "in der Slowakei alles schlecht" sei. Österreich sei sein Zielland gewesen.

Mit Bescheid vom 1. Februar 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Mitbeteiligten - nach Konsultationen mit den zuständigen slowakischen Behörden - gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (AsylG) als unzulässig zurück. Es stellte fest, für die Prüfung des Antrages sei gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der "Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates" die Slowakei zuständig, und wies den Mitbeteiligten gemäß § 5a Abs. 1 iVm § 5a Abs. 4 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei aus.

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Berufung. Begründend verwies er u.a. auf eine ihm bei einer Rückkehr in die Slowakei drohende "Kettenabschiebung".

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung statt, behob den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. Begründend führte sie aus, dass das erstinstanzliche Verfahren eine "zentrale Mangelhaftigkeit" aufweise. Die in diesem Verfahren erstattete Stellungnahme des Rechtsberaters des Mitbeteiligten hätte das Bundesasylamt zu einer konkreten Prüfung darüber veranlassen müssen, ob die Rechtslage bzw. Rechtspraxis in der Slowakei im Lichte des Art. 3 EMRK einer Überstellung des Mitbeteiligten in die Slowakei entgegen stehe.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorab ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2006/19/0359, zu verweisen.

Auch im vorliegenden Beschwerdefall legt die belangte Behörde nicht dar, warum zu den von ihr als notwendig erachteten ergänzenden Ermittlungen zur Asylrechtslage und -praxis in der Slowakei nicht die Einräumung einer schriftlichen Stellungnahmemöglichkeit zur Wahrung des Parteiengehörs ausreiche und insoweit - angesichts des völlig unsubstantiierten Vorbringens des Mitbeteiligten, wonach "in der Slowakei alles schlecht sei" - seine persönliche Anhörung erforderlich sei. Abschließend sei erwähnt, dass der Verwaltungsgerichtshof mittlerweile auf die in der Stellungnahme des Rechtsberaters des Mitbeteiligten geäußerten Befürchtungen in seinem Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2006/19/0673, ausführlich Stellung genommen und die dort genannten Bedenken in Bezug auf die slowakische Rechtslage und Asylrechtspraxis für unberechtigt erachtet hat.

Der angefochtene Bescheid war schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Wien, am 11. November 2008

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006190353.X00

Im RIS seit

18.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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