TE Vwgh Erkenntnis 2008/11/25 2007/06/0115

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Veröffentlicht am 25.11.2008
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der S Gesellschaft m.b.H. & Co KG in S, vertreten durch Dr. Axel Fuith, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Residenz am Hofgarten, Tschurtschenthalerstraße 4a, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. März 2007, Zl. Ve1-550/2495/1-23, betreffend Wiederaufnahme eines Feststellungsverfahrens (mitbeteiligte Partei: Gemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2005, Zl. 2003/06/0034, verwiesen werden. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens war der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme betreffend das mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. November 2001 abgeschlossene Feststellungsverfahren nach dem Gesetz über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994. Das Feststellungsverfahren bezog sich auf das bestehende Bergrestaurant mit Inhaber- oder Betriebswohnung samt Holzterrasse, Garagen und Schupfen auf dem Grundstück GP Nr. 469/3, KG R. In diesem Verfahren war festgestellt worden, dass für dieses Bergrestaurant gemäß dem von den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin (im Eigentum an dem Grundstück) vorgelegten Plan eine Baubewilligung nicht vorgewiesen worden war und das Vorliegen der Baubewilligung auch nicht zu vermuten war. Die Baubehörden stützten sich dabei insbesondere darauf, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 9. April 1948 eine auf zwei Jahre befristete Baubewilligung für ein ebenerdiges, nicht unterkellertes Gebäude mit einem Hauptgebäude mit den Ausmaßen 10 m x 8 m und einem WC-Anbau westlich mit den Ausmaßen 2,7 m x 2,7m erteilt worden war. Ein Vergleich mit dem im Feststellungsverfahren nunmehr beantragten Gebäude mit Unter- und Obergeschoss, Terrasse und Keller (das Hauptgebäude mit den Ausmaßen 18,50 m x 13 m, die Terrasse westlich mit 22 m x 16 m) zeige, dass das ursprüngliche Gebäude nicht erweitert, sondern ein Neubau vorgenommen worden sei. Der Berufungsbehörde im Feststellungsverfahren lag auch bereits die Benützungsbewilligung vom 10. September 1951 vor, in der für das mit Bescheid vom 9. April 1948 befristet bewilligte Gebäude neuerlich (und nach Ablauf der Frist für die Bewilligung) eine Benützungsbewilligung erteilt worden war.

Im Wiederaufnahmeantrag vom 23. Jänner 2002 war geltend gemacht worden, dass im Zuge von Recherchen eines im exekutionsgerichtlichen Verfahren bestellten Sachverständigen (Gutachten vom 25. Mai 2001) weitere Unterlagen, insbesondere Bescheide, hervorgekommen seien (dies waren insbesondere ein Bescheid vom 28. Mai 1949 betreffend die Erteilung der nachträglichen bau- und gewerbepolizeilichen Genehmigung für einen Zubau (Personalschlafraum des in Frage stehenden Gebäudes) und die Benützungsbewilligung für den Gesamtbau und die Benützungsbewilligung vom 10. September 1951).

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde hatte diesen Wiederaufnahmeantrag mit Bescheid vom 25. Juni 2002 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der Rechtsnachfolge alle Handlungen und Unterlassungen ihrer Rechtsvorgänger gegen sich gelten lassen müsse. Wenn die Rechtsvorgänger aber seinerzeit bereits vorhandene Bescheide nicht als Beweismittel vorgebracht hätten, obwohl sie von einem beigezogenen Sachverständigen ohne größere Mühen aufgefunden worden seien, so wäre davon auszugehen, dass ein dem Verschulden der nunmehrigen Beschwerdeführerin gleichzuhaltendes Verschulden der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin gegeben sei.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 2. Jänner 2003 als unbegründet ab.

Der Verwaltungsgerichtshof wies in dem angeführten Erkenntnis u. a. die Beschwerde in Bezug auf die abgewiesene Wiederaufnahme des Feststellungsverfahrens als unbegründet ab. Er vertrat einerseits die Ansicht, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Beweismittel und Tatsachen nicht nach rechtskräftigem Abschluss des betroffenen Feststellungsverfahrens hervorgekommen seien. Abgesehen davon wären die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin bei einer zumutbaren und gebotenen Aufmerksamkeit verhalten gewesen, in das Gutachten vom 25. Mai 2001 Einschau zu nehmen. Es läge daher auch die weitere Voraussetzung des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG nicht vor, dass die nunmehr vorgetragenen Tatsachen und Beweismittel ohne Verschulden der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin nicht hätten geltend gemacht werden können.

Das vorliegende Beschwerdeverfahren betrifft einen neuerlichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 25. November 2004 (eingelangt beim Gemeindeamt der mitbeteiligten Gemeinde am 29. November 2004). Es seien zwischenzeitlich neue Tatsachen bzw. Beweismittel hervorgekommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht hätten geltend gemacht werden können. Diese Tatsachen und Beweismittel hätten auch zu einem anders lautenden Bescheid geführt. Diese Neuerungen betreffen insbesondere Schreiben des Schiklubs S und der Gemeinde R und des Skiverbandes im Jahr 1947, die sich auf das Bauprojekt der Schihütte beziehen. Des Weiteren nimmt der Antrag auf Bauansuchen des späteren Eigentümers des Grundstückes A.Z. in den Jahren 1950 und 1951 Bezug, in dem dieser den Umbau bzw. die Vergrößerung bzw. die Erweiterung der verfahrensgegenständlichen Schihütte unter Vorlage von Plänen beantragt hat. Weiters wurde eine zustimmende Äußerung des Baubezirksamtes zu einem Antrag des A.Z. (Schreiben vom 4. September 1951) vorgelegt. In den 60er-Jahren hätte eine weitere Erweiterung des Gebäudes stattgefunden, wozu eine Bauverhandlung abgeführt worden sei, bei der der frühere Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde J.K. und Dipl. Ing. S.T. von der Bezirkshauptmannschaft I anwesend gewesen seien. Der Erweiterungsbau sei tatsächlich genehmigt worden und es habe auch hinsichtlich des Altbestandes Baukonsens bestanden. Dieser Umstand sei vom Altbürgermeister in der beigelegten Erklärung vom 23. November 2004 bestätigt worden. Die neu hervorgekommenen Urkunden und Aussagen seien auch ohne Verschulden der Partei bisher nicht vorgebracht worden. Ein Gespräch des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin mit dem Altbürgermeister habe den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin veranlasst, neuerlich im Landesarchiv Recherchen anzustellen. Auf Grund der angegebenen Neuerungen in Form der vorliegenden Urkunden, insbesondere des Schreibens der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. März 1950 an die Bezirkshauptmannschaft I, wonach der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde am 24. März 1950 die vorgelegten Pläne befürwortet habe, sowie der Erklärung des Altbürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde (nach der er bei der Bauverhandlung in den 60iger Jahren davon ausgegangen sei, dass über den Altbestand Konsens herrsche), könne nach Ansicht der Beschwerdeführerin am seinerzeitigen Baukonsens kein ernsthafter Zweifel mehr bestehen.

Die Beschwerdeführerin bestätigte mit Schreiben vom 10. August 2006 die Aufrechterhaltung des Wiederaufnahmeantrages (eine entsprechende Anfrage der Gemeinde war auf Grund des mittlerweile ergangenen angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt). Ergänzend wurde in diesem Schreiben noch eine Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft I vom 23. September 2005 angeführt, aus der hervorgehe, dass nach Auskunft des Landesarchives der Akt bereits vernichtet worden sei und davon auszugehen sei, dass die Bezirkshauptmannschaft I als seinerzeitige Bau- und Gewerbebehörde die angeführten Bescheide nur für ein Bauwerk mit gültigen Genehmigungen ausgestellt hätte. Weiters habe die mitbeteiligte Gemeinde für das Objekt gemäß § 3 Abs. 1 Kanalgebührenordnung eine Kanalanschlussgebühr vorgeschrieben.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies den neuerlichen Antrag auf Wiederaufnahme vom 25. November 2004 mit Bescheid vom 21. September 2006 ab. Die Behörde führte im Wesentlichen aus, dass im Hinblick auf den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 28. Mai 1949, mit dem ein Anbau bau- und gewerberechtlich genehmigt worden sei, ein neues Vorbringen vorliege, das aber nicht geeignet sei, einen Wiederaufnahmegrund darzustellen. Inhaltlich sei aus dem Bescheid für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Sowohl mit dem Wortlaut des Bescheides als auch in den Plänen gebe die Behörde eindeutig zu erkennen, dass ausschließlich ein Anbau bewilligt worden sei und nicht der Bestand. Verfahrensgegenständlich sei jedoch der Konsens des Bestandes. In den dem Bescheid vom 28. Mai 1949 zugeordneten Plänen seien der Bestand und der Anbau eindeutig unterschiedlich dargestellt, sodass kein Zweifel bestehen könne, dass sich der Bescheid ausschließlich auf den Anbau und nicht auf den Bestand, also das Hauptgebäude beziehe. Zum übrigen Vorbringen werde bemerkt, dass diverse Schreiben von Schiklubs, Stellungnahmen und Gedächtnisprotokolle früherer Bürgermeister in Bezug auf die Erteilung einer Baubewilligung keinerlei rechtliche Wirkung zu entfalten vermögen, da bereits nach der Tiroler Landbauordnung sowie nunmehr nach der Tiroler Bauordnung, Baubewilligungsbescheide nur schriftlich erlassen werden konnten. Auch die in der Stellungnahme vom 10. August 2006 bezogenen Schriftstücke und Verwaltungsakte seien nicht geeignet, eine mangelnde Baubewilligung zu ersetzen. Eine Niederschrift einer Behörde, aus der hervorgehe, dass nach Auskunft des Landesarchives Akten vernichtet worden seien und davon auszugehen sei, dass die Bezirkshauptmannschaft als seinerzeitige Bau- und Gewerbebehörde die angeführten Bescheide nur für ein Bauwerk mit gültigen Genehmigungen ausgestellt habe, stelle die bloße Wiedergabe einer Vermutung dar. Das Vorliegen eines Bescheides, der eine fehlende Bewilligung hätte ersetzen könne, werde weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Auch ein Bescheid, mit denen der Wiederaufnahmewerberin eine Kanalgebühr vorgeschrieben worden sei, könne keine baurechtlich erteilte Bewilligung indizieren.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte dazu insbesondere aus, eine Voraussetzung für eine Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG sei es, dass die geltend gemachten Tatsachen und Beweismittel nach rechtskräftigem Abschluss des bezogenen Verwaltungsverfahrens hervorgekommen sein müssten. Als eine solche neue Tatsache oder neues Beweismittel, das in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verwaltungsverfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte, könne nach Ansicht der belangten Behörde im vorliegenden Fall nur mehr eine schriftliche Baubewilligung für das Hauptgebäude dienen. Diese schriftliche Baubewilligung liege definitiv nicht vor.

In Punkt 4. des Wiederaufnahmeantrages würden Sachverhalte angeführt, die vor dem 9. April 1948, also dem Tag der Erlassung der befristeten Baubewilligung für das in Frage stehende Gebäude, gesetzt worden seien. Diese Handlungen hätten jedoch offensichtlich nur zur Folge gehabt, dass eine befristete Bewilligung erteilt worden sei. Wie die Beschwerdeführerin richtig bemerkte, seien diese Umstände mit Ausnahme des "Zustandekommens dieser Schihütte" und des neu aufgetauchten Schreibens vom 29. September 1947 als amtsbekannt anzusehen. Das neu hervorgekommene Schreiben hinsichtlich einer Baubeschreibung für die seinerzeitige Schihütte könne jedenfalls keinen Beweis für einen allfälligen später erlassenen Baubescheid liefern.

Der Antrag vom 3. Jänner 1949 auf baurechtliche Genehmigung eines Zubaues an die Schihütte für einen weiteren Personalraum könne weiters nichts darüber aussagen, ob der Bestand genehmigt sei. Am 11. März 1949 habe anlässlich einer Überprüfung der Schiliftanlage festgestellt werden müssen, dass ein Zubau an der Nordseite errichtet worden sei. Das Nachreichen der Baubeschreibung am 16. April 1949 zeige eine scheinbar gängige, aber deshalb nicht minder gesetzwidrige Praxis auf, nämlich dass bereits vor Einholung der Genehmigung der Zubau errichtet worden sei.

Der erstmals vorgelegte, am 28. Mai 1949 von der Bezirkshauptmannschaft erlassene Bescheid betreffe wiederum nur die nachträgliche bau- und gewerbepolizeiliche Bewilligung zur Durchführung des Anbaues und eine Benützungsbewilligung für den Gesamtbau. Dass im Befund dieses Bescheides auf den befristeten Bescheid vom 9. April 1949 Bezug genommen werde, unterstreiche wiederum, dass kein weiterer Bescheid für den Bestand vorhanden gewesen sei.

Dass in weiterer Folge von A.Z. Pläne für einen weiteren Umbau an die Bezirkshauptmannschaft I geschickt worden seien und am 24. März 1950 dazu ein positiver Gemeinderatsbeschluss gefasst worden sei, sei zwar neu vorgetragen worden, ändere aber auch nichts daran, dass die Bezirkshauptmannschaft I Behörde im Bauverfahren gewesen sei und von dieser eben kein Baubescheid über den Bestand ergangen sei. Dass am 12. Oktober 1950 und am 3. Februar 1951 neuerlich an die Behörde hinsichtlich des Zubaues geschrieben worden sei, könne lediglich als Indiz gewertet werden, dass dieser nicht genehmigungsfähig gewesen sei, weil in der Hauptsache, nämlich beim Altbestand, noch kein gesetzmäßiger Zustand hergestellt worden sei und kein Konsens erzielt habe werden können.

Das neu vorgelegte Schreiben des Baubezirksamtes I vom 4. September 1951, in dem mitgeteilt worden sei, dass auf Grund des neuerlichen Ersuchens der nachträglichen Bau- und Benützungsbewilligung im Sinne des § 85 TLBO zugestimmt werde, sei - wie erwähnt - dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 10. September 1951 vorausgegangen, der jedoch - wie bereits im früheren Wiederaufnahmeverfahren berücksichtigt - lediglich einen Kollaudierungsbescheid darstelle und auch keine Hinweise hinsichtlich einer nachträglichen Baugenehmigung für den Bestand enthalte.

Die weiters vorgelegte Bestätigung des Altbürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde in seiner Erklärung vom 23. November 2004, der bei der Bauverhandlung über die letzten Zubauten anwesend gewesen sei und bestätigt habe, dass Baukonsens bestanden hätte, betreffe lediglich den damaligen Verhandlungsgegenstand, nämlich die letzten Zubauten und es sei - wie bereits mehrfach dargelegt - nicht der Bürgermeister, sondern die Bezirkshauptmannschaft I Baubehörde gewesen. Dass Dipl. Ing. St. von der Bezirkshauptmannschaft I bei dieser Verhandlung zugegen gewesen sei und der Erweiterungsbau genehmigt worden sei, könne die fehlende Genehmigung für den Bestand jedoch keinesfalls ersetzen.

Die Einvernahme der Zeugen J.K. und W.S. (der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin) sei deshalb entbehrlich, da der Sachverhalt an sich nicht bestritten werde, jedoch könnten diese Personen auch nicht das Vorhandensein eines Baubescheides für den Bestand ersetzen. Die nicht erteilte Konzession für G.R. zur Führung einer Jausenstation, angeblich wegen der bereits in nächster Nähe gelegenen bestehenden Betriebe, sei eine reine Mutmaßung und sage auch nichts darüber aus, ob diese Betriebe zu Recht bestünden. Auch könne die Stellungnahme eines Gendarmeriepostens, dass diese Betriebe zu Recht bestünden, keine behördliche Baugenehmigung indizieren. Zusammengefasst ergebe sich das Bild, dass aus diversen, nicht mehr aktenkundigen Hindernissen heraus, die durch die vorgelegten Urkunden bezeugt seien, der Altbestand keine nachträgliche Genehmigung erfahren habe. Die mehrmalige Befassung mit Erweiterungsbauten belege lediglich, dass immer wieder ohne vorherige Einholung einer Genehmigung Zubauten getätigt worden seien. Nirgends finde sich jedoch ein ausdrücklicher Bezug auf den Bestand und daher werde augenscheinlich, dass die fehlende Bewilligung eben nicht nachträglich erteilt worden sei. Zu den dargelegten neuen Urkunden bzw. Aussagen müsse gesagt werden, dass diese nicht die im § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG geforderten Voraussetzungen erfüllten, indem sie eben nicht allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeizuführen vermöchten. Auch das argumentierte, nicht vorhandene Verschulden des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin W.S. betreffend das späte Hervorkommen der angeführten Urkunden und Aussagen sei nicht zielführend, da bereits im vorangegangenen Verfahren sowie im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig dargelegt worden sei, dass das Verhalten der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei. Da die Rechtsvorgänger ein Verschulden am Nichtgeltendmachung diverser Umstände treffe, liege auch diese Voraussetzung für eine Wiederaufnahme nicht vor.

Die vom Sachverständigen P. bei seinen Recherchen im Landesarchiv aufgefundenen Geschäftszahlen wiesen keinesfalls - wie behauptet - auf die Ausstellung von Bescheiden hin, es könne sich ebenso schlicht um Schreiben der Behörde handeln.

Wenn im ergänzenden Antrag vom 10. August 2006 die Niederschrift eines Sachbearbeiters des Gewerbereferates der Bezirkshauptmannschaft I vom 23. September 2005 vorgelegt worden sei, nach der die Bezirkshauptmannschaft die Erteilung der Gastgewerbekonzession an A.Z. vom 17. Dezember 1952 nur für ein Bauwerk mit gültigen Genehmigungen ausgestellt hätte, könne dies nur als Vermutung beurteilt werden, bilde aber ebenso wenig einen Beweis, der voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Im vorliegenden Fall gehe es um die fehlende Existenz eines Baubescheides für den Altbestand (Hauptgebäude) und es könne die Existenz dieses Bescheides nicht deshalb angenommen werden, weil eine gewerberechtliche Genehmigung, ausgestellt auf eine Person und nur durch die späteren Übergangsbestimmungen als gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung geltend, vorhanden sei. Es handle sich um gänzlich unterschiedliche Rechtsbereiche, was aus den unterschiedlichen Schutzinteressen klar hervorgehe. Gerade auf Grund dessen, dass ein und die selbe Behörde hätte tätig werden müssen, könne als Grund für das Fehlen einer der beiden Genehmigungen nur das gänzliche Nichtvorhandensein eines entsprechenden Bescheides sprechen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

"2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten".

Die belangte Behörde hat zutreffend die Ansicht vertreten, dass aus den nach Ansicht der Beschwerdeführerin neu hervorgekommenen Beweisen und Tatsachen in dem verfahrensgegenständlichen Wiederaufnahmeantrag nicht abgeleitet werden kann, dass die Behörde allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid getroffen hätte. Dazu ist zu den vor Erlassung der befristeten Baubewilligung vom 9. April 1948 vorgefundenen Schreiben des Schiklubs S, des Bürgermeisters der Gemeinde S und des T Schiverbandes festzustellen, dass sich diese Schreiben offensichtlich auf jenes Projekt einer Schihütte bezogen, für das der Schiklub S am 29. September 1947 einen Antrag auf Erteilung der baurechtlichen Bewilligung an die Bezirkshauptmannschaft I gestellt hat. Diesem Antrag ist mit der schon im vorangegangenen Wiederaufnahmeverfahren und auch im Feststellungsverfahren amtsbekannten befristeten Baubewilligung vom 9. April 1948 entsprochen worden. Faktum ist auch, wie groß auch immer das öffentliche Interesse an der Schihütte gewesen sein bzw. im Nachhinein eingeschätzt werden mag, dass für die Schihütte in der ursprünglichen Form mit dem angeführten Bescheid aus dem Jahre 1948 lediglich eine auf zwei Jahre befristete Baubewilligung erteilt wurde. In dieser lautete Auflage 8., dass das Objekt nach Ablauf der Genehmigungsdauer ohne Entschädigung abzutragen bzw. bis dahin durch ein geeignetes Bauwerk zu ersetzen sei, wobei zeitgerecht um Baubewilligung anzusuchen sei.

Auch aus dem nunmehr vorgelegten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 28. Mai 1949, mit dem nachträglich die bau- und gewerbepolizeiliche Bewilligung zur Durchführung des Anbaues nach Maßgabe vorgelegter Pläne erteilt und die Benützungsbewilligung für den Gesamtbau ausgesprochen worden war, kann nichts für eine unbefristet erteilte Baubewilligung für den in Frage stehenden Altbestand abgeleitet werden. Dieser Bescheid ist im Geltungszeitraum der befristet erteilten Baubewilligung ergangen, die darin auch erteilte Benützungsbewilligung hatte sich auf die bescheidgemäße Durchführung des Projektes, wie es in dem Bescheid vom 9. April 1948 bewilligt worden war, bezogen. Dass bei der Anbaubewilligung vom 10. September 1951, die im Übrigen schon Gegenstand des ersten Wiederaufnahmeverfahrens war, nicht die nur befristete Baubewilligung für den Bestand berücksichtigt worden war, stellte wohl einen Mangel dieses Bescheides dar. Dies lieferte aber keinen bedeutsamen Hinweis darauf, dass nach der Baubewilligung vom 9. April 1948 für die ursprüngliche Schihütte eine andere unbefristete Baubewilligung erteilt worden wäre.

Weiters führt die Beschwerdeführerin ins Treffen, dass der Rechtsnachfolger der Grundeigentümer A.Z. ein Bauansuchen vom 25. Februar 1950 für einen Umbau und eine Erweiterung gestellt habe, das Baubezirksamt letztlich diesem Vorhaben mit Schreiben vom 4. September 1951 zugestimmt habe und in der Folge der amtsbekannte Kollaudierungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 10. September 1951 ergangen sei. Aus dem Schreiben des Gemeindeamtes der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. März 1950 an die Bezirkshauptmannschaft I ergebe sich, dass der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Beschluss vom 24. März 1950 das Bauvorhaben des A.Z. befürwortet habe. Das Schreiben des Baubezirksamtes (vom 4. September 1951) lasse nur den Schluss zu, dass zu diesem Zeitpunkt ein Verfahren zur nachträglichen Baubewilligung anhängig gewesen sein müsse. Lese man dieses Schreiben des Baubezirksamtes im Zusammenhang mit dem amtsbekannten Kollaudierungsbescheid vom 10. September 1951, so sei darauf zu schließen, dass die Behörde mit diesem Kollaudierungsbescheid zugleich eine nachträgliche Baubewilligung habe erteilen wollen.

Dazu ist Folgendes festzustellen: Mit dem angeführten Schreiben des Baubezirksamtes, bei dem es sich nicht um die zuständige Baubehörde gehandelt hat, erfolgte lediglich eine Zustimmung zur Erteilung einer nachträglichen Bau- und Benützungsbewilligung. Auf welche beantragte nachträgliche Bau- und Benützungsbewilligung sich dieses Schreiben bezieht, ist unklar, es ergibt sich aus diesem Schreiben aber jedenfalls kein relevanter Hinweis, dass eine unbefristete Baubewilligung für den ursprünglichen Bestand des verfahrensgegenständlichen Gebäudes erteilt worden wäre. Was den Kollaudierungsbescheid vom 10. September 1951 betrifft, war dieser bereits Gegenstand der Beurteilung im Feststellungsverfahren selbst bzw. im Verfahren über den ersten Wiederaufnahmeantrag. Auch im Zusammenhang mit dem angeführten Schreiben des Baubezirksamtes lässt sich daraus kein maßgeblicher Hinweis auf eine nachträglich erteilte Baubewilligung für den Altbestand ableiten.

Wenn in den 60er-Jahren von A.Z. ein Umbau an dem Gebäude durchgeführt worden sein soll, über den auch eine Bauverhandlung stattgefunden habe, ergibt sich daraus weder, dass dieser durchgeführte Umbau je bewilligt worden wäre, geschweige denn, dass eine Bewilligung des Altbestandes erfolgt wäre. Auch aus der Aussage des Altbürgermeisters, dass er in dieser Verhandlung davon ausgegangen sei, es herrsche über den Bestand Konsens, ergibt sich kein maßgeblicher Hinweis auf eine entsprechende nachträglich erteilte unbefristete Baubewilligung für den Altbestand.

Es kann auch durchaus sein, dass die Baubehörde, wie die Beschwerdeführerin dies aus den neu vorgelegten Aktenbestandteilen ableitet, vom Vorliegen einer Genehmigung für den Bestand ausgegangen ist (u.U. deshalb, weil die im Bescheid vom 9. April 1948 ausgesprochene Befristung übersehen wurde), aus dieser Annahme der Behörde ergibt sich aber gleichfalls kein maßgeblicher Hinweis darauf, dass eine unbefristete Baubewilligung erteilt worden wäre, die mittlerweile nur in Verlust geraten wäre.

Da das Vorbringen in dem neuerlichen Wiederaufnahmeantrag jedenfalls nicht von der Art war, dass es allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich zu einem im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid geführt hätte, erweist sich die verfahrensgegenständliche Abweisung des neuerlichen Wiederaufnahmeantrages schon deshalb als rechtmäßig. Es waren daher die weiteren Fragen, ob die ins Treffen geführten Tatsachen und Beweismittel tatsächlich nova reperta waren und ob sie ohne Verschulden der Partei im ursprünglichen Verwaltungsverfahren nicht hervorgekommen sind, nicht zu beantworten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. November 2008

Schlagworte

Inhalt des Wiederaufnahmeantrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007060115.X00

Im RIS seit

24.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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