TE Vwgh Erkenntnis 2008/11/27 2006/07/0011

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Veröffentlicht am 27.11.2008
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E15103030;
E3R E15103030;
E6J;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

31975L0442 Abfallrahmen-RL Anh2A;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Anh2B;
31975L0442 Abfallrahmen-RL;
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV;
62000CJ0006 ASA Abfall Service VORAB;
AWG 2002 §15 Abs3 Z1;
AWG 2002 §2 Abs5 Z1;
AWG 2002 §37;
AWG 2002 §79 Abs1 Z1;
AWG 2002 §79 Abs2 Z3;
AWG 2002 §89 Z1 lita;
AWG 2002 Anh2;
AWG 2002;
EURallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des Karl F in I, vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Wolfgang List, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Barmherzigengasse 17/6/31, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 30. August 2005, Zl. uvs- 2004/K13/006-17, betreffend Übertretung des AWG 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (kurz: BH) vom 10. Mai 2004 wurde der Beschwerdeführer unter Spruchpunkt A) 2 für schuldig befunden, er habe als abfallrechtlicher Geschäftsführer und damit verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Vertreter der gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätigen Firma F. GmbH & Co KG in I. zu verantworten, dass

2. im Zeitraum vom 1. Jänner 2002 bis 31. Dezember 2003 (Prüfungszeitraum), insbesondere jedoch zwischen dem 22. März 2003 und dem 31. Dezember 2003, von der Firma F. GmbH & Co KG die Abfallarten SN 17207, SN 17211-13, SN 52723, SN 53103, SN 53502, SN 53510, SN 55903, SN 55905, SN 55907, SN 57202, SN 58201, SN 58202, SN 58208, SN 59803 in der gewerbsmäßig betriebenen Anlage in I. geschreddert und damit behandelt worden seien, ohne dass eine entsprechende Bewilligung für die Behandlung dieser Abfälle mit der Anlage vorgelegen habe.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 3 AWG 2002 i.V.m. § 9 VStG sowie i.V.m. § 79 AWG 2002 begangen, weshalb über ihn gemäß § 79 Abs. 1 Z. 9 AWG 2002 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 7.260.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Wochen) verhängt wurde.

In der Begründung dieses Bescheides wird zu Spruchpunkt A) 2 u. a. ausgeführt, aufgrund der im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durchgeführten Untersuchungen, Einholung von Überprüfungsberichten, Vernehmung des Zeugen Dr. W. H. sowie Einholung von Sachverständigengutachten komme die Behörde (erster Instanz) zum Ergebnis, dass im Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers in der F. GmbH & Co KG in der gewerbsmäßig betriebenen Anlage Abfälle geschreddert und damit behandelt worden seien bzw. diese Anlage für die Zerkleinerung solcher Abfälle betrieben worden sei, ohne dass eine entsprechende Bewilligung für die Behandlung dieser Abfälle bezüglich der Anlage vorgelegen habe. Der Beschwerdeführer als Verantwortlicher für die F. GmbH & Co KG hätte sehr wohl um eine Änderung bzw. Ausdehnung der anlagenrechtlichen Genehmigung für den Betrieb des Schredders zur Bearbeitung anderer Abfälle ansuchen müssen. Das tatbildmäßige Verhalten der Behandlung von Abfällen außerhalb einer hiefür genehmigten Anlage im Sinne des § 15 Abs. 3 AWG 2002 sei gegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. August 2005 wurde der Berufung gegen Spruchpunkt A) 2 des Straferkenntnisses insofern Folge gegeben, als der Spruch in diesem Punkt wie folgt zu lauten habe:

"2. Die gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätige

F. GmbH & Co KG hat im Zeitraum vom 02.11.2002 bis 31.12.2003 in

der im Standort ... I. betriebenen Schredderanlage Abfälle mit den

Schlüsselnummern (SN) 17207, 17211, 17212, 17213, 53103, 53502, 57202, 58201, 58202, 58208 und 59803 geschreddert.

Für die Schredderanlage wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 03.11.1999, ZI. ..., unter Spruchpunkt C) 1I1./1./1.1. festgelegt, dass in dieser nur gebrauchte Ölgebinde, Schlüsselnummer 54926, und gefährliche Abfälle der Schlüsselnummer 54928, gebrauchte Öl- und Luftfilter, behandelt werden dürfen.

Mit weiterem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 01.10.2002, Zlen. ..., wurde diese Auflage ersetzt und in Spruchpunkt F) 1.I3. angeordnet, dass in der betreffenden Schredderanlage nur gebrauchte Ölgebinde, SN 54929, und gefährliche Abfälle der SN 54928, gebrauchte Öl- und Luftfilter, behandelt werden dürfen.

Sie haben es

a) als abfallrechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH & Co KG zu verantworten, dass im oben angeführten Zeitraum durch diese Gesellschaft in der betreffenden Schredderanlage die gefährlichen Abfälle mit den Schlüsselnummern (SN) 17211, 17212, 17213, 53103, 53502, 57202, 58201, 58202 und 59803 geschreddert und damit behandelt wurden und

b) als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH. (Komplementär) zu verantworten, dass im oben angeführten Zeitraum durch die F. GmbH & Co KG in der betreffenden Schredderanlage die nicht gefährlichen Abfälle mit den Schlüsselnummern (SN) 17207 und 58208 geschreddert und damit behandelt wurden,

obwohl die betreffende Abfallbehandlungsanlage dafür nicht genehmigt war und gemäß § 15 Abs. 3 Z. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen."

Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften

verletzt:

zu 2.a. § 15 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002,

zu 2.b. § 15 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002.

Es wurde über ihn nunmehr zu Punkt 2.a. gemäß § 79 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 1 letzter Teilsatz AWG 2002 eine Geldstrafe von EUR 4.500.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Tage) und zu Punkt 2.b. gemäß § 79 Abs. 2 Z. 3 und Abs. 2 letzter Teilsatz AWG 2002 eine Geldstrafe von EUR 1.800.-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt.

In der Begründung dieses Bescheides wird insbesondere ausgeführt, dass mit Bescheid der BH vom 19. September 1989 der F. jun. & Co GmbH Umwelttechnik KG u.a. die gewerberechtliche Änderungsgenehmigung für die Aufstellung einer Schredderanlage im Betriebsstandort I. erteilt worden sei.

Im Bescheid vom 6. Juni 1991 habe die BH unter Spruchpunkt I./VI. für diesen Anlagenteil festgelegt, dass in der Schredderanlage Gebinde, die Stoffe der Gefahrenklasse I und II enthielten, nicht bearbeitet werden dürften.

In der Folge sei die ursprüngliche Schredderanlage ersetzt worden. Dies sei der BH mit Schreiben der F. & Co GmbH Umwelttechnik KG vom 13. September 1993 angezeigt worden. Mit weiterem Schreiben dieser Gesellschaft vom 31. Mai 1994 sei der BH angezeigt worden, dass im betreffenden Schredder neben gebrauchten Öldosen nunmehr auch gebrauchte ÖI- und Luftfilter, Schlüsselnummer 54928, sowie Kunststoffleergebinde, Schlüsselnummern 57127 und 57118, zerkleinert werden sollten.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (kurz: LH) als Abfallbehörde I. Instanz vom 3. November 1999 sei unter Spruchpunkt B) I. festgestellt worden, dass die im Austausch des Schredders gelegene Änderung als genehmigt gelte. Mit selbem Bescheid seien unter Spruchpunkt C) III. 1. gemäß § 29 Abs. 16 AWG 1990 für den Schredder folgende Auflagen vorgesehen worden:

"1.1 In der Schredderanlage dürfen nur gebrauchte Ölgebinde, Schlüsselnummer 54926, und gefährliche Abfälle der Schlüsselnummer 54928, gebrauchte Öl- und Luftfilter, behandelt werden.

1.2 Es sind genaue Aufzeichnungen zu führen, aus denen ersichtlich ist, welche Mengen jährlich behandelt werden und welche Anteile dabei als gefährlicher Abfall mit der Schlüsselnummer 54102, Altöle, und welche als nicht gefährliche Abfälle mit der Schlüsselnummer 35103, Eisen- und Stahlabfälle verunreinigt, anfallen."

Ferner sei bestimmt worden, dass die Auflagen "in Spruchpunkt B) III.1." - mit Bescheid vom 16. Dezember 1999 berichtigt auf "im Spruchpunkt C) III.1. - die Auflage in Spruchpunkt VI. des Bescheides der BH vom 6. Juni 1991 ersetzen.

Mit weiterem Bescheid des LH als Abfallbehörde I. Instanz vom 1. Oktober 2002 sei der Bescheid vom 3. November 1999 in der berichtigten Fassung neuerlich abgeändert und gemäß § 29 Abs. 16 AWG 1990 unter Spruchpunkt F) 1./3. Folgendes bestimmt worden:

"3. Die Auflagen 1.1 und 1.2 im Spruchpunkt C) III. (Anmerkung: des Bescheides vom 03.11.1999, ZI. ..., berichtigt mit Bescheid vom 16.12.1999, ZI. ...,) haben wie folgt zu lauten:

1.1 In der Schredderanlage dürfen nur gebrauchte Ölgebinde, SN 54929, und gefährliche Abfälle der SN 54928, gebrauchte Öl- und Luftfilter, behandelt werden.

1.2 Es sind Aufzeichnungen zu führen, aus denen ersichtlich ist, welche Mengen an gefährlichen Abfällen mit der SN 54928 behandelt und welche Mengen an geschredderten Materialien an befugte Unternehmen (mit der SN 54928) weitergegeben werden.

Für die mit der SN 54929 übernommenen gefährlichen Abfälle sind über die Abfallnachweisverordnung, BGBl. Nr. 65/1991, hinausgehende Aufzeichnungen nicht erforderlich."

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft habe diesen Bescheid aufgrund einer Berufung der F. GmbH & Co KG mit Berufungserkenntnis vom 22. Mai 2003 teilweise abgeändert. Die vorzitierte Auflage sei von dieser Änderung jedoch nicht betroffen.

Im Zeitraum 1. Jänner 2002 bis 31. Dezember 2003 seien in der betreffenden Schredderanlage durch die F. GmbH & Co KG jedenfalls folgende Abfallarten getrennt geschreddert worden:

a) Abfälle mit den Schlüsselnummern (SN) 17211, 17212, 17213,53103,53502,57202,58201, 58202 und 59803 sowie

b) Abfälle mit den Schlüsselnummern (SN) 17207 und 58208.

Der Beschwerdeführer sei im betreffenden Zeitraum abfallrechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH & Co KG sowie handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH (Komplementärgesellschafterin) gewesen. Die F. GmbH & Co KG sei auch im vorangeführten Zeitraum gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig gewesen.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei das Schreddern auch als Abfallbehandlung zu qualifizieren.

Es treffe nicht zu, dass Anhang 2 zum AWG 2002 eine taxative Aufzählung der Behandlungsverfahren enthalte. Der Anhang 2 des AWG 2002 entspreche vollinhaltlich den Anhängen II A und II B der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle i.d.g.F. (Abfall-RL). In § 89 Abs. 1 AWG 2002 werde ausgeführt, dass durch das betreffende Gesetz die vorerwähnte Richtlinie umgesetzt werde. Bei der Auslegung des § 2 Abs. 5 Z. 1 AWG 2002 bzw. des Anhanges 2 zu diesem Gesetz sei daher insbesondere auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu den betreffenden, damit umgesetzten gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen abzustellen. Wie nun allerdings der EuGH in seinem Urteil vom 27. Februar 2002, Rs C-6/00 (ASA-Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie) festgestellt habe, handle es sich bei den Beseitigungs- und Verwertungsverfahren der Anhänge II A und II B der RL 75/442/EWG über Abfälle um bloß demonstrative Auflistungen. Damit sei es entgegen der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers für die rechtliche Qualifikation als Abfallbehandlung nicht entscheidend, ob das Schreddern von Abfällen in Anhang 2 zum AWG explizit angeführt sei.

Unabhängig davon sei das Schreddern in der Aufzählung des Anhanges 2 zum AWG 2002 aber enthalten. Dabei handle es sich nämlich nach Ansicht der belangten Behörde um eine physikalische Behandlung der Abfälle in Sinn von D9. Zur Auslegung dieses Begriffes könne hilfsweise auf die auch vom Beschwerdeführer selbst bezogene ÖNORM S 2100 abgestellt werden, wonach darunter eine Behandlung des Abfalls mit physikalischen Methoden zu verstehen sei, mit dem Zweck, die physikalische Eigenschaft des Abfalls zu verändern. Beim Zerkleinern von Abfällen handle es sich unzweifelhaft um eine physikalische Methode. Die Mechanik sei nämlich Teil der Physik. Dass durch das Zerkleinern von Abfällen auch die physikalischen Eigenschaften (Volumen) verändert würden, stehe ebenfalls fest.

Aber auch wenn man von den Angaben in dem vom Berufungswerber selbst vorgelegten Gutachten des Univ.-Prof. Dr. F. W. ausginge, wäre die Schredderung als Abfallbehandlung zu qualifizieren. Laut Gutachten sei Zweck der Schredderung u.a. die Homogenisierung des Abfalls, welche wiederum zur Vergleichmäßigung des Abbrandes und zur Verbesserung des Ausbrandes führe. Im Sinne der Begriffsbestimmungen der ÖNORM S 2100 würde sohin offenkundig eine Konditionierung der Abfälle vorliegen. Darunter würden nämlich physikalische Verfahren verstanden werden, die dazu dienten, einen Abfall für eine bestimmte Behandlung geeignet zu machen. Nachdem es sich bei der Aufzählung in Anhang 2 des AWG 2002 - wie erwähnt -

um keine taxative handle, wäre daher auch bei Zugrundelegung dieser Ausführungen entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers jedenfalls von einer Abfallbehandlung auszugehen.

Hinzuweisen sei auch auf die Erläuternden Bemerkungen zum AWG 2002. Darin heiße es zu § 37 AWG, dass ein Schredder jedenfalls der Genehmigungspflicht nach § 37 AWG, sohin einer Genehmigung als Abfallbehandlungsanlage, unterliege.

Dass die Schredderung als Abfallbehandlung zu qualifizieren sei, ergebe sich schließlich auch aus der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über mobile Anlagen zur Behandlung von Abfällen, BGBI. II Nr. 472/2002. Darin seien etwa in § 1 Z. 3 "Zerkleinerungsanlagen" für Holzabfälle etc. als genehmigungspflichtige mobile Abfallbehandlungsanlagen angeführt.

Auch die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach die Schredderung der betreffenden Abfälle vom Anlagenkonsens umfasst gewesen sei, seien unzutreffend. Der Umfang einer Anlagenberechtigung ergebe sich aus dem Spruch des Bescheides. Zum Spruch zählten aber auch die in diesen aufgenommenen Auflagen. Wenn nun mit Bescheiden des LH vom 3. November 1999 bzw. vom 1. Oktober 2002 jene Abfallarten ausdrücklich festgelegt worden seien, die im betreffenden Schredder behandelt werden dürften, folge daraus im Umkehrschluss, dass ein Konsens zur Behandlung anderer Abfallarten nicht vorgelegen habe.

Es treffe nach Ansicht der belangten Behörde auch nicht zu, dass eine Schredderung weiterer Abfallarten keiner Genehmigung oder Anzeige bedurft habe. Zunächst sei unverständlich, weshalb der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang den § 81 GewO 1994 zitiere, zumal sich die Bewilligungspflichten für Abfallbehandlungsanlagen aus den Bestimmungen des AWG 2002 ergäben. Im Übrigen genüge zur Widerlegung dieses Vorbringens schon der Verweis auf § 37 Abs. 4 Z. 2 AWG 2002, wonach die Behandlung zusätzlicher Abfallarten in einer Abfallbehandlungsanlage - sofern nicht eine Genehmigungspflicht gemäß Abs. 1 oder 3 vorliege - jedenfalls anzeigepflichtig sei. Sofern der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang in der Berufung weiters ausführe, er habe die Behandlung anderer Abfallarten jeweils fristgerecht angezeigt und es habe die Behörde diese Anzeigen widerspruchsfrei zur Kenntnis genommen, entspreche dies nicht den Tatsachen. Bei seiner Einvernahme habe er nämlich selbst zugestanden, dass nach Erteilung der Anlagengenehmigung lediglich die Anzeige vom 31. Mai 1994 erstattet worden sei. Mit dieser sei der BH aber nur mitgeteilt worden, dass nunmehr neben gebrauchten Öldosen auch gebrauchte Öl- und Luftfilter, SN 54928, sowie Kunststoffleergebinde, SN 57127 und 57118, geschreddert werden sollten.

Abgesehen davon, dass für die Bestimmung jener Abfallarten, die zulässigerweise in der betreffenden Anlage geschreddert werden dürften, nur die zuletzt erlassene Norm, im Anlastungszeitraum somit die vorzitierten Bescheide des LH, maßgeblich sei, seien die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Abfallarten in den vom Beschwerdeführer erwähnten Anzeigen nicht enthalten. Nur der Vollständigkeit halber werde angemerkt, dass nach Ansicht der belangten Behörde eine bloße Anzeige für die Zulässigkeit der Schredderung weiterer Abfälle nicht ausgereicht hätte. Bei der Anzeige nach § 37 Abs. 4 Z. 2 AWG 2002 handle es sich, wie aus dem Gesamtzusammenhang geschlossen werden könne, um ein vereinfachtes Änderungsverfahren. Ein Änderungsverfahren könne allerdings nach Ansicht der belangten Behörde keine rechtliche Grundlage dafür bieten, um eine bestehende bescheidmäßige Regelung einer Reform zu unterziehen, sondern es könne in einem solchen Verfahren lediglich eine bisher bescheidmäßig nicht geregelte Sache erstmals einer solchen Regelung unterzogen werden.

Für die in Rede stehende Anlage sei aber - wie erwähnt - zuletzt mit Bescheid des LH als Abfallbehörde I. Instanz vom 1. Oktober 2002, gestützt auf § 29 Abs. 16 AWG 1990, in Form von Auflagen detailliert festgelegt worden, welche Abfallarten dort behandelt werden dürften. Ein Abgehen von diesen dem Schutz öffentlicher Interessen dienenden Auflagen sei aber nach Ansicht der Berufungsbehörde nur dann möglich, wenn sich die zur Vorschreibung dieser Auflage führenden Voraussetzungen geändert hätten. Eine entsprechende rechtliche Grundlage dafür finde sich in § 62 Abs. 6 AWG 2002. In dieser Bestimmung sei nämlich die Möglichkeit vorgesehen, gemäß § 43 Abs. 4 leg. cit. vorgeschriebene Auflagen, Bedingungen oder Befristungen auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für eine Vorschreibung nicht mehr vorlägen.

Die BH habe die betreffende Schredderung der im Einzelnen angeführten Abfallarten als Übertretung nach § 79 Abs. 1 Z. 9 AWG 2002 qualifiziert. Diese angezogene Strafnorm komme aber gegenständlich nicht zum Tragen. Übertretungen nach § 15 Abs. 3 AWG 2002 würden vielmehr je nach Abfallart einerseits durch § 79 Abs. 1 Z. 1 und andererseits durch § 79 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. pönalisiert werden, weshalb insofern eine Richtigstellung vorzunehmen gewesen sei.

Ebenfalls sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der im Spruch angeführten Abfallart mit der SN 58208 um nicht gefährlichen Abfall handle. Auch Abfälle der SN 17207 seien erst mit der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003, unter den gefährlichen Abfällen angeführt worden. Diese Verordnung sei allerdings erst am 1. Jänner 2004, sohin nach Ende des Anlastungszeitraumes, in Kraft getreten. In Anlage 1 der Festsetzungsverordnung seien die Eisenbahnschwellen hingegen nicht ausdrücklich als gefährliche Abfälle genannt. Es sei auch nicht erweisbar, dass die in Rede stehenden Eisenbahnschwellen mit Stoffen, die in der Liste der gefährlichen Abfälle angeführt worden seien, gefahrenrelevant kontaminiert gewesen seien. Auch in der im erstinstanzlichen Akt einliegenden Stellungnahme des Amtssachverständigen DI P. seien die Eisenbahnschwellen als nicht gefährliche Abfälle angeführt worden. Die Eisenbahnschwellen seien daher ebenfalls zu den nicht gefährlichen Abfällen zu zählen gewesen.

Wenngleich die Erstinstanz zutreffend davon ausgegangen sei, dass es sich bei den mehreren Einzelhandlungen um ein fortgesetztes Delikt handle, gelte dies nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht, wenn durch eine Handlung verschiedene Vorschriften verletzt würden (vgl. Erkenntnis vom 10. April 1991, Zl. 91/03/0003). Da aber - wie erwähnt - die Behandlung gefährlicher und nicht gefährlicher Abfälle verschiedenen Strafnormen unterliege, sei dem Beschwerdeführer das Schreddern der nicht gefährlichen Abfallarten sowie der übrigen, gefährlichen Abfallarten jeweils als eigene Übertretung anzulasten gewesen.

Folgerichtig sei daher der Tatvorwurf zu untergliedern gewesen und es sei auch bei den verletzten Verwaltungsvorschriften, den Strafsanktionsnormen und in weiterer Folge bei der Strafbemessung bzw. den Verfahrenskosten eine Aufgliederung vorzunehmen gewesen. Ebenfalls sei aufgrund dieser Untergliederung neu festzulegen gewesen, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer die betreffenden Verwaltungsübertretungen jeweils zu verantworten habe.

Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers als abfallrechtlicher Geschäftsführer habe lediglich im Zusammenhang mit der Behandlung gefährlicher Abfälle bestanden. Wie sich nämlich aus § 26 Abs. 3 AWG 2002 ergebe, sei der abfallrechtliche Geschäftsführer als verantwortlicher Beauftragter für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gemäß Abs. 1, das seien die Sammlung und Behandlung gefährlicher Abfälle, und für die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich. Diese dem § 9 Abs. 1 VStG als Spezialnorm vorgehende Regelung bezüglich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung beziehe sich also nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur auf Sammler- und Behandlertätigkeiten im Zusammenhang mit gefährlichen Abfällen. Für Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit der Sammlung und Behandlung nicht gefährlicher Abfälle habe hingegen aufgrund der subsidiär zur Anwendung gelangenden Bestimmung in § 9 Abs. 1 VStG nach Ansicht der belangten Behörde der handelsrechtliche Geschäftsführer einzustehen, und zwar im Falle einer GmbH & Co KG der handelsrechtliche Geschäftsführer der "Komplementär-GmbH".

Im Zusammenhalt mit den Strafzumessungskriterien habe die belangte Behörde für die dem Beschwerdeführer nunmehr unter Spruchpunkt 2.a. angelastete Übertretung eine Geldstrafe von EUR 4.500.-- für angemessen erachtet. Eine Strafherabsetzung sei lediglich deshalb vorzunehmen gewesen, weil eine Einschränkung hinsichtlich des Tatzeitraumes und der im Schredder behandelten Abfallarten zu erfolgen gehabt habe. Eine weitere Strafminderung trage aber dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung nicht Rechnung. Was den Spruchpunkt 2.b. anlange, habe hingegen wegen der geringeren Anzahl geschredderter Materialen mit der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 5. Dezember 2005, Zl. B 3223/05-4, ablehnte und sie an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.

Der Beschwerdeführer macht u.a. geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zur Frage, welche Tätigkeiten als Behandlung von Abfällen anzusehen seien, bereits mit Erkenntnis vom 29. Jänner 2004, Zl. 2003/07/0121, festgestellt, ein Behandeln i. S.d. § 73 Abs. 1 Z. 1 und des § 15 Abs. 3 AWG 2002 liege nur dann vor, wenn eine Maßnahme die Kriterien eines Verwertungs- und Beseitigungsverfahrens entsprechend dem Anhang 2 zum AWG 2002 erfülle.

In Anhang 2 des AWG 2002 seien somit sämtliche Verwertungs- und Beseitigungsverfahren abschließend aufgezählt. Wie der Beschwerdeführer bereits in seiner Berufung vorgebracht habe, stelle das Zerkleinern von Abfällen, ohne damit die chemische Eigenschaft der Stoffe zu verändern, keine Abfallbehandlung dar. Diese Tätigkeit falle nicht unter die in Anhang 2 des AWG 2002 taxativ aufgezählten Behandlungsverfahren.

Weiters sei mit Erlass des Bundesministers für Umwelt vom 16. August 1995 klargestellt worden, dass einfache Tätigkeiten - wie z.B. das Zerkleinern von Abfällen zum Weitertransport - nicht als Abfallbehandlung anzusehen seien.

Ebenso könne aus § 2 Abs. 6 AWG 2002 abgeleitet werden, es sei nach dem Willen des Gesetzgebers für den Begriff Abfallbehandlung maßgeblich, dass eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung der Abfälle erfolge. Das bloße Zerkleinern von Abfällen stelle somit keine Behandlung von Abfällen dar. In diesem Zusammenhang habe der Beschwerdeführer bereits im Berufungsverfahren darauf hingewiesen, dass z.B. das Zerschneiden von Schienen auf einer Baustelle mit Schneidbrennern keinen Behandlungsvorgang darstelle. Auch wenn in einer Tischlerei Holzreste in containergerechte Größe zerschnitten würden, handle es sich bei dieser Tätigkeit naturgemäß nicht um eine Abfallbehandlung.

In der verfahrensgegenständlichen Schredderanlage der F. GmbH & Co KG seien Abfälle lediglich für den Weitertransport zerkleinert worden. Zu einer Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung der Abfälle sei es nicht gekommen. Der Beschwerdeführer habe somit entgegen der Ansicht der belangten Behörde keine Übertretung nach § 15 Abs. 3 AWG 2002 begangen, weil durch die Zerkleinerung der Abfälle in der Schredderanlage schon der objektive Tatbestand des Behandelns nicht verwirklicht worden sei. Der angefochtene Berufungsbescheid sei daher mit Rechtswidrigkeit belastet.

Die belangte Behörde habe nicht nur die Frage der Tatbestandmäßigkeit des Zerkleinerns der Abfälle unrichtig behandelt. Sie habe darüber hinaus auch die Frage des Verschuldens unrichtig beurteilt.

Der Beschwerdeführer habe auch im Berufungsverfahren ausgeführt, dass von vornherein keine Verwaltungsübertretung vorliege; er habe darüber hinaus auch hinreichend dargelegt, dass ihn auch für den Fall, dass die belangte Behörde entgegen der klaren Rechtslage das Schreddern als Verwaltungsübertretung ansehe, keinesfalls ein Verschulden treffe.

Dies unter anderem deshalb, weil die F. GmbH & Co KG der BH die Einbringung weiterer Abfallarten in die Schredderanlage jeweils im Voraus angezeigt habe. Dabei sei klargestellt worden, dass in der Schredderanlage gebrauchte Ölgebinde, Schlüsselnummer 54926, und gefährliche Abfälle der Schlüsselnummer 54928, gebrauchte ÖI- und Luftfilter, behandelt würden, weil deren chemische Eigenschaft in diesem Verfahren verändert werde, alle anderen Abfälle jedoch nicht behandelt, sondern nur zerkleinert würden. Die Behörde habe sämtliche dieser Anzeigen stillschweigend zur Kenntnis genommen, ohne mit einer Untersagung oder Zurückweisung zu reagieren.

Selbst die Behörde sei somit davon ausgegangen, dass für die vom Unternehmen vorgesehenen Erweiterungen der Abfallarten keine Genehmigung einzuholen gewesen, sondern lediglich eine Anzeigepflicht ausgelöst worden sei. Dem Beschwerdeführer sei es somit keinesfalls zuzumuten, zu erkennen, dass das Zerkleinern der Abfälle genehmigungspflichtig gewesen sein solle. Aufgrund der Reaktion der Behörde - der widerspruchslosen Zurkenntnisnahme der eingebrachten Anzeigen - habe der Beschwerdeführer somit von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens ausgehen müssen.

Ein weiterer Entlastungsgrund liege darin, dass das Unternehmen über ein umfassendes Qualitäts- und Managementsystem verfüge, das jährlich überprüft werde. Bei diesen Überprüfungen "nach EMAS" dürften jeweils nur Fachkräfte tätig werden, die über umfassende Kenntnisse des Abfallrechts verfügten und vom zuständigen Bundesministerium zugelassen seien. Im Rahmen der regelmäßigen Überprüfungen sei stets festgestellt worden, dass die gesamte Anlage rechtskonform betrieben werde.

Selbst wenn durch das Schreddern eine Verwaltungsübertretung begangen worden sein sollte, sei dem Beschwerdeführer die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens unmöglich erkennbar gewesen.

In einer Beschwerdeergänzung bringt der Beschwerdeführer schließlich vor, wenn die Behörde in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides auf Seite 15 ausführe, dass die Beseitigungs- und Verwertungsverfahren der Anhänge II A und II B der RL 75/442/EWG über Abfälle bloß demonstrative Auflistungen darstellten, so sei daraus noch nicht die rechtliche Schlussfolgerung abzuleiten, dass damit entgegen der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers die rechtliche Qualifikation des Schredderns als Abfallbehandlung gegeben wäre.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 15 Abs. 3 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, dürfen Abfälle außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

Gemäß § 79 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 begeht, wer gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs. 1 sammelt, befördert, lagert oder behandelt oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt, - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 EUR bis

36.340 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von

3.630 EUR bedroht.

Nach § 79 Abs. 2 Z. 3 AWG 2002 begeht, wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert oder behandelt oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt, - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis

7.270 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von

1.800 EUR bedroht.

Gemäß § 26 Abs. 1 AWG 2002 ist, wenn die Tätigkeit der Sammlung und Behandlung von gefährlichen Abfällen nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, eine hauptberuflich tätige Person als abfallrechtlicher Geschäftsführer zu bestellen. Die Bestellung mehrerer hauptberuflich tätiger Personen als abfallrechtlicher Geschäftsführer mit eindeutig abgegrenzten Tätigkeitsbereichen ist zulässig. Zum abfallrechtlichen Geschäftsführer darf nur bestellt werden, wer

1. die Verlässlichkeit in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit und die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Sammlung und Behandlung der Abfälle, für welche die Erlaubnis erteilt wird, besitzt,

2. die Voraussetzungen eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52, erfüllt und

3. in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen.

Nach § 26 Abs. 3 AWG 2002 ist der abfallrechtliche Geschäftsführer verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG und für die fachlich einwandfreie Ausübung der Tätigkeit gemäß Abs. 1 und die Einhaltung der diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften verantwortlich.

Unbestritten geblieben ist, dass in der gegenständlichen Schredderanlage die im angefochtenen Bescheid genannten Abfälle während des - von der belangten Behörde eingeschränkten - Tatzeitraumes einer Zerkleinerung zugeführt wurden, wobei es sich bei diesen Abfällen sowohl um gefährliche als auch um nicht gefährliche Abfälle handelte.

Ferner ist unbestritten, dass für diese Anlage zwar eine abfallrechtliche Bewilligung für das Schreddern bestimmter (gefährlicher) Abfälle bestand, sich diese jedoch nicht auf die im angefochtenen Bescheid in den neu gefassten Spruchpunkten 2.a. und

2. b. genannten Abfälle bezog.

Vorab sei festgehalten, dass die erst durch die belangte Behörde vorgenommene Aufteilung des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens in zwei verschiedene Verwaltungsübertretungen nicht gegen das Verbot der reformatio in peius verstößt.

Eine reformatio in peius liegt nämlich nach der hg. Judikatur dann nicht vor, wenn die Berufungsbehörde in Abänderung der rechtlichen Subsumtion das dem Beschuldigten angelastete Verhalten als zwei Verwaltungsübertretungen beurteilt, wogegen die Behörde erster Instanz vom Vorliegen nur einer Verwaltungsübertretung ausgegangen war, sofern insgesamt keine höhere Strafe verhängt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1978, VwSlg. Nr. 9722/A).

Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall gegeben, zumal die Summe der durch die belangte Behörde verhängten Geldstrafen geringer ist als die ursprünglich verhängte Geldstrafe und auch die nunmehr verhängten Ersatzfreiheitsstrafen um einen Tag weniger sind.

Von der belangten Behörde wurde auch zutreffend erkannt, dass beim Verbot der Behandlung von Abfällen außerhalb von genehmigten Anlagen nach § 15 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002 hinsichtlich der anzuwendenden Bestimmung betreffend die Strafhöhe zu differenzieren ist, ob es sich dabei um gefährliche oder nicht gefährliche Abfälle handelt (vgl. § 79 Abs. 1 Z. 1 bzw. § 79 Abs. 2 Z. 3 AWG 2002).

Vom Beschwerdeführer wird grundsätzlich in Abrede gestellt, dass die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Qualifikation des Schredderns (Zerkleinerns) von Abfällen als Behandlung von Abfällen gewertet werden kann.

Nach § 2 Abs. 5 Z. 1 AWG 2002 umfasst im Sinne dieses Gesetzes "Abfallbehandlung" die im Anhang 2 genannten Verwertungs- und Beseitigungsverfahren.

Nach § 89 Z. 1 lit. a AWG 2002 wird u.a. die Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle, 75/442/EWG, durch das AWG 2002 umgesetzt. Diese Richtlinie enthält in Anhang II A verschiedene Beseitigungsverfahren und in Anhang II B verschiedene Verwertungsverfahren, die in Anhang 2 des AWG 2002 übernommen wurden.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften führte in seinem Urteil vom 27. Februar 2002, RS C-6/00 (ASA) unter RN 58 bis 60 u.a. zu den vorgenannten Anhängen der RL 75/442/EWG Folgendes aus:

"58 Vorab ist festzustellen, dass weder die Verordnung noch die Richtlinie eine allgemeine Definition der Begriffe der Beseitigung und der Verwertung von Abfällen enthalten, sondern lediglich auf die Anhänge II A und II B der Richtlinie verweisen, in denen die verschiedenen Verfahren, die unter den einen oder den anderen dieser Begriffe fallen, aufgeführt sind.

59 Den Vorbemerkungen zu den Anhängen II A und II B der Richtlinie zufolge sollen diese die Beseitigungs- und Verwertungsverfahren zusammenfassen, die in der Praxis angewandt werden. Wie sich aus der Bezeichnung der in diesen Anhängen aufgeführten Verfahren ergibt, sind einige von diesen in sehr allgemeiner Form umschrieben und erfassen de facto Kategorien von Verfahren, wobei manchmal Beispiele von Verfahren gegeben werden, um die betreffende Verfahrenskategorie zu veranschaulichen.

60 Somit ist festzustellen, dass die Anhänge II A und II B der Richtlinie den Zweck verfolgen, die am häufigsten vorkommenden Beseitigungs- oder Verwertungsverfahren zusammenzustellen, nicht aber alle Abfallbeseitigungs- oder -verwertungsverfahren im Sinne der Richtlinie genau und abschließend aufzuführen."

Aus diesen Ausführungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ist daher klar zu ersehen, dass die in den Anhängen II A und II B geregelten Verwertungs- und Beseitigungsverfahren keine abschließende Regelung darstellen, weshalb auch der in Anhang 2 des AWG 2002 ident übernommene Katalog dieser Verfahren im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung nicht als abschließender Katalog von Verwertungs- und Beseitigungsverfahren anzusehen ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2006, Zl. 2005/07/0087).

Auch wenn der Begriff des Schredderns von Abfällen nicht ausdrücklich in diesen vorgenannten Anhängen als Abfallbehandlungsverfahren genannt wird, schließt dies im Lichte der vorzitierten Judikatur nicht aus, dass es sich dabei um eine dem AWG 2002 unterliegende Form der Abfallbehandlung handelt.

Mit dem Hinweis auf einen Erlass des Bundesministers für Umwelt aus dem Jahre 1995, wonach z.B. das Zerkleinern von Abfällen zum Weitertransport nicht als Abfallbehandlung anzusehen sei, vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil dieser Erlass keine für den Verwaltungsgerichtshof verbindliche Rechtsquelle darstellt und darüber hinaus auch nicht zum AWG 2002, sondern zum AWG 1990 ergangen ist.

Weshalb aus § 2 Abs. 6 AWG 2002, welcher keine nähere Umschreibung des Begriffes "Abfallbehandlung" enthält, für die Auslegung dieses Begriffes ableitbar sein soll, dass damit eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung der Abfälle verbunden sei, vermag der Beschwerdeführer nicht einsichtig darzulegen, zumal dort etwa unter Z. 4 als "Abfallbehandler" jede Person, die Abfälle verwertet oder beseitigt, allgemein definiert wird.

Zutreffend verweist die belangte Behörde in der erstatteten Gegenschrift darauf, dass vom Beschwerdeführer selbst ein Gutachten von Univ. Prof. Dr. F. W. vom 7. April 2005 im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgelegte wurde, in dem u.a. auf Seite 4 ausgeführt wird:

"Zur Vergleichmäßigung des Abbrandes und zur Verbesserung des Ausbrandes werden die festen Abfallgemische oder Einzelchargen vorher durch einen Schredder zerkleinert. Damit erfolgt auch eine Homogenisierung (Vermischung) der Abfallbestandteile mit einer entsprechenden Vergrößerung der spezifischen Oberfläche, die die Voraussetzung des besseren Abbrandes darstellt."

Aus diesen Ausführungen ist für den Verwaltungsgerichtshof deutlich zu ersehen, dass das im Beschwerdefall zu beurteilende Schreddern von Abfällen sehr wohl zu einer maßgeblichen Veränderung der Beschaffenheit der betreffenden Abfälle geführt hat, die als Abfallbehandlung im Sinne des AWG 2002 gewertet werden kann. Diese Art der Abfallbehandlung ist daher auch nicht mit dem vom Beschwerdeführer beispielhaft angeführten Zerschneiden von Schienen auf einer Baustelle oder mit dem Zerschneiden von Holzresten in einer Tischlerei auf Containergröße vergleichbar.

Auch in den Erläuterungen zu § 37 AWG 2002 (984 der Beilagen zu den Sten. Prot., XXI. GP, S. 98) werden Schredder ausdrücklich als genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen angeführt, woraus gleichfalls erhellt, dass der Vorgang des Schredderns als Abfallbehandlung zu werten ist.

Insoweit der Beschwerdeführer sein Verschulden mit dem Hinweis auf fortlaufende Mitteilungen an die Behörde über die Einbringung weiterer Abfallarten in den Schredder und mit der "stillschweigenden Kenntnisnahme" durch die Behörde zu widerlegen versucht, sind diese Ausführungen schon deshalb nicht zielführend, weil dem Beschwerdeführer aufgrund der mehrfach abgeänderten Genehmigung für die Behandlung bestimmter Abfälle in dem in Rede stehenden Schredder bewusst sein musste, dass er nur für die Behandlung dieser in den Bescheiden ausdrücklich genannten, nicht jedoch von darüber hinausgehenden Abfällen, worunter sich noch dazu gefährliche Abfälle verschiedener Schlüsselnummern befanden, befugt war. Überdies entfernt sich dieses Vorbringen von den unwiderlegt gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, wonach eine Anzeige hinsichtlich des Schredderns jener Abfälle, die der Bestrafung des Beschwerdeführers zugrunde liegen, jedenfalls nicht festgestellt werden konnte.

Es finden sich auch keine Anhaltspunkte für die in der Beschwerde vorgebrachte Behauptung, die Behörde sei davon ausgegangen, dass für die vom gegenständlichen Unternehmen vorgesehenen Erweiterungen der Abfallarten keine Genehmigung einzuholen gewesen wäre und lediglich eine Anzeigepflicht bestehe.

Der Beschwerdeführer vermag ferner mit der allgemeinen Behauptung des Vorliegens eines "umfassenden Qualitäts- und Managementsystems" im Unternehmen sein Verschulden nicht zu widerlegen, zumal er nicht einmal ansatzweise darlegt, weshalb ein wirksames Kontrollsystem vorgelegen haben soll und worin dieses konkret bestanden habe.

Weshalb die im vom Beschwerdeführer geleiteten Unternehmen durchgeführten Kontrollen "nach EMAS" das Verschulden des Beschwerdeführers ausschließen könnten, ist für den Verwaltungsgerichtshof gleichfalls nicht zu erkennen, zumal mit der allgemeinen Behauptung, es sei festgestellt worden, dass die Anlage rechtskonform betrieben werde, nicht dargelegt wird, dass sich diese Feststellung auch auf das Schreddern der von den vorzitierten Genehmigungsbescheiden nicht umfassten Abfälle bezog.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war schon im Hinblick auf die bereits vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, somit vor einem Tribunal durchgeführte öffentliche mündliche Verhandlung auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 96/17/0345).

Der Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 27. November 2008

Gerichtsentscheidung

EuGH 62000J0006 ASA Abfall Service VORAB

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Gemeinschaftsrecht Auslegung des Mitgliedstaatenrechtes EURallg2Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006070011.X00

Im RIS seit

23.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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