TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/2 2005/18/0472

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Veröffentlicht am 02.12.2008
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ARB1/80 Art6 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
MRK Art8 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde der N G in T, geboren am 20. Jänner 1959, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 9. Mai 2005, Zl. III 4033-5/05, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 9. Mai 2005 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 Z. 9, §§ 37, 38 und 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen.

Die Beschwerdeführerin sei am 10. März 2002 mit ihren beiden Kindern E, geboren 1984, und E, geboren 1981, auf der Grundlage eines Visums C, gültig bis 10. Juni 2002, in das Bundesgebiet eingereist und habe am 13. März 2002 gemeinsam mit ihren Kindern Asylanträge gestellt. Am 19. Juni 2002 habe die Beschwerdeführerin den Österreicher M G., geboren 1973, geheiratet, worauf ihr am 27. November 2003 eine Niederlassungsbewilligung, gültig bis 28. Februar 2004, verlängert schließlich bis 24. Jänner 2005, erteilt worden sei. Der Verdacht einer "Scheinehe" habe zwar bestanden, jedoch nicht nachgewiesen werden können. Es sei festgestellt worden, dass sich der Ehemann der Beschwerdeführerin am 8. Juni 2004 vom gemeinsamen ehelichen Wohnsitz in O polizeilich abgemeldet und in T mit Hauptwohnsitz angemeldet habe und dass sich die Beschwerdeführerin am 29. September 2004 ebenfalls vom Wohnsitz in O abgemeldet und in T, jedoch unter einer anderen Adresse als ihr Ehemann, angemeldet habe. Bei einer behördlichen Kontrolle am ehemals gemeinsamen ehelichen Wohnsitz in O am 4. August 2004 sei festgestellt worden, dass dort der Österreicher D G., geboren 1950, und die Beschwerdeführerin wohnten. D G. habe am 21. September 2004 am Gendarmerieposten T gegen die Beschwerdeführerin und ihren Sohn E wegen des Verdachts des Gelddiebstahls Anzeige erstattet und hiebei angegeben, dass die Beschwerdeführerin seine Freundin und ihre Ehe mit dem Österreicher M G. eine "Scheinehe" wäre.

Am 23. November 2004 sei die Ehe der Beschwerdeführerin mit M G. geschieden worden.

Im Berufungsverfahren seien D G., I K., G S. und M P. von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Zeugen einvernommen worden.

D G., geboren 1950, habe am 21. Februar 2005 vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck im Wesentlichen zu Protokoll gegeben, dass er die Beschwerdeführerin während eines Urlaubes in der Türkei im Dezember 1999 kennen gelernt hätte und sie eine Beziehung eingegangen wären. Er wäre dann ca. ein Monat bei ihr in

B (Türkei) wohnhaft gewesen. Im Jahr 2000 hätte er seine Freundin eingeladen und dafür eine Verpflichtungserklärung abgegeben. Auch in den Jahren 2001 und 2002 wäre seine Lebensgefährtin erneut mit einem Touristenvisum auf Grund seiner Einladung nach Österreich gekommen. Ihnen wäre bekannt gewesen, dass durch das Einbringen eines Asylantrags ein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet möglich wäre, um Zeit zu gewinnen. I K. wäre ein Arbeitskollege und der Gatte der Österreicherin G S., wohnhaft in T. D G. und die Beschwerdeführerin wären gelegentlich zusammen Tee trinken gewesen bzw. hätten zusammen gegrillt und dabei hätten sie über das Problem mit dem Aufenthalt der Beschwerdeführerin gesprochen. Die Beschwerdeführerin hätte immer wieder geweint, sodass G S. vorgeschlagen hätte, gegen Bezahlung eines Geldbetrages von vorerst EUR 12.000,-- könnte die Beschwerdeführerin ihren Sohn

M G. heiraten. D G. hätte sich den Betrag von Kollegen ausgeliehen, doch M G. hätte nochmals zweimal EUR 500,-- gefordert, die auch bezahlt worden wären. Danach hätten M G. und die Beschwerdeführerin in T geheiratet. D G. hätte diesen Sachverhalt auch bereits dem Anwalt der Beschwerdeführers mitgeteilt, da er für seine Freundin auch bei diesem EUR 500,-- bezahlt hätte. Seit die Beschwerdeführerin in Österreich wäre, hätte er immer mit ihr zusammen gewohnt, und zwar in H, O und T. Auch bei den von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck und der Gendarmerie T durchgeführten Kontrollen wäre er immer mit der Beschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt aufhältig gewesen, wobei diese immer angegeben hätte, dass M G. als Lkw-Fahrer unterwegs gewesen wäre. Die vorgelegte Kleidung wäre von ihrem Sohn E gewesen, welcher ebenfalls auf Grund einer Heirat ein Visum erhalten hätte. Auch der Sohn E bzw. die Tochter der Beschwerdeführerin, E, wären von D G. nach Österreich eingeladen worden und hätten ein Touristenvisum erhalten. Beide Kinder hätten ebenso einen Asylantrag gestellt. M G. hätte eine Freundin, welche zwei Kinder hätte. Bei dieser hätte er vorwiegend gewohnt. D G. sei seit 1997 österreichischer Staatsbürger, die Scheidung von seiner Gattin wäre erst vor einigen Wochen erfolgt, aus diesem Grund hätte er die Beschwerdeführerin nicht heiraten können.

I K., der Stiefvater von M G. und Ehemann von G S., geboren 1950, habe vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 7. März 2005 angegeben, zur Ehe zwischen M G. und der Beschwerdeführerin wüsste er nichts und könnte daher auch keine Angaben machen. D G. wäre ein Arbeitskollege von ihm, er würde ihn seit ca. 18 Jahren kennen, wäre aber nicht mit ihm befreundet. Ob

D G. und die Beschwerdeführerin bei ihnen zu Besuch gewesen wären, wüsste er nicht mehr, auch zur Eheschließung zwischen M G. und der Beschwerdeführerin könnte er nichts sagen, er hätte lediglich gehört, dass beide geheiratet hätten. Er könnte sich auch nicht erinnern, ob M G. und die Beschwerdeführerin zusammen gewohnt hätten. Ihm wäre bekannt, dass M G. nun mit M P. befreundet wäre und beide in T zusammen lebten. Seit wann M G. und M P. zusammen seien, wäre ihm unbekannt.

G S., geboren 1953, die Mutter des M G., habe am 28. Februar 2005 der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck telefonisch mitgeteilt, dass sie "diese Vorladung überhaupt nicht interessiert", am 21. März 2005 habe sie jedoch angegeben, D G. nur flüchtig zu kennen, er wäre nie bei ihnen zu Besuch gewesen, sie hätte mit ihm überhaupt nie gesprochen. Ihr Sohn M hätte seine (türkische) Gattin in der Türkei kennen gelernt, mehr gäbe sie nicht an.

M P., geboren 1971, habe am 21. März 2005 im Wesentlichen angegeben, sie hätte seit ca. eineinhalb Jahren eine Partnerschaft mit M G., der nach wie vor bei seiner Mutter in T polizeilich gemeldet wäre, sich aber sehr oft bei ihr aufhalten würde. M G. hätte ihr erzählt, dass er verheiratet wäre, sie hätte erst später erfahren, dass die Ehefrau von M eine türkische Staatsbürgerin wäre. Kurz nach Beginn ihrer Freundschaft hätte M G. gesagt, dass er sich scheiden lassen wollte, das hätte sie ihm geglaubt, da er ja bereits seit einiger Zeit bei seiner Mutter gewohnt hätte. Mehr könne sie nicht angeben.

Die belangte Behörde hat sodann ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin Fremde im Sinne des Fremdengesetzes sei und am 19. Juni 2002 in T die Ehe mit dem Österreicher M G. geschlossen habe, sich in der Folge bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auf diese Ehe berufen habe, aber mit M G. ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt und für die Eheschließung an M G. und/oder seine Eltern (G S./I K.) durch D G. einen Vermögensvorteil in Form der Bezahlung von insgesamt EUR 13.000,-- geleistet habe. Das erfülle den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG und rechtfertige die Annahme des § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG.

Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Zeugenaussage des D G. vom 21. Februar 2005 vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck lebensnah und im Wesentlichen glaubwürdig sei. Er erkläre auch plausibel, warum er die Beschwerdeführerin nicht heiraten habe können, nämlich weil er selbst bereits verheiratet gewesen sei und diese Scheidung "erst vor einigen Wochen erfolgte".

"Ihre" Zeugen hingegen "wissen von nichts, können sich nicht erinnern (I K.), interessiert diese Vorladung überhaupt nicht bzw. streitet ab, dass D G. jemals bei ihnen zu Besuch gewesen sei, dass sie jemals mit ihm gesprochen habe, der Sohn M habe Sie in der Türkei kennen gelernt, mehr gebe sie nicht an (G S.)". Die Freundin des M G., M P., wisse lediglich, "dass M G. mit einer N verheiratet ist, von der er sich scheiden lassen will und dass M G. seit einiger Zeit bereits bei seiner Mutter (G S.) wohnt."

Diese Zeugen seien nicht in der Lage, die im Wesentlichen glaubwürdigen Angaben des D G. zu widerlegen. Daran vermöge auch nichts zu ändern, dass die Staatsanwaltschaft Innsbruck die Anzeige des D G. gegen die Beschwerdeführerin und ihren Sohn E zurückgelegt habe.

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde weiter aus, es liege ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin vor, dieser mache das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG aber nicht unzulässig. Die sich in dem in Rede stehenden Fehlverhalten der Beschwerdeführerin manifestierende Neigung, sich zur Erreichung persönlicher Ziele über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, mache die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zieles des Schutzes der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremden- bzw. Einwanderungsrechts) dringend geboten.

Die privaten oder familiären Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet wögen höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, weshalb die Erlassung auch im Grunde des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei.

Die Beschwerdeführerin sei seit März 2002 im Bundesgebiet, zunächst auf der Grundlage eines Touristenvisums C, dann auf der Grundlage des Asylgesetzes und schließlich auf der Grundlage des Aufenthaltstitels auf Grund ihrer Ehe mit dem Österreicher M G.. Sie sei dem entsprechend im Bundesgebiet integriert, wobei ihr Fehlverhalten ("Scheinehe" zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen) das Gewicht ihrer privaten/familiären Interessen am Verbleib im Bundesgebiet erheblich beeinträchtige.

Die Beschwerdeführerin lebe, seit sie in Österreich sei, mit dem Österreicher D G. in einem gemeinsamen Haushalt, zu ihm habe sie daher eine intensive familiäre Bindung, deren Gewicht jedoch dadurch vermindert werde, dass D G. an der "Scheinehe" der Beschwerdeführerin mit M G. wesentlich mitgewirkt habe, indem er das zu zahlende Geld für die Scheinehe aufgetrieben habe. Die beiden - 2002 mit der Beschwerdeführerin nach Österreich gekommen -

Kinder seien volljährig und führten ein eigenes Leben.

Dem stehe das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremden- bzw. Einwanderungswesens, in concreto an der Verhinderung so genannter Scheinehen zur Erlangung fremdenrechtlich und beschäftigungsrechtlich bedeutsamer Berechtigungen, gegenüber. Ein Verbotsgrund für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß den §§ 38 und 35 FrG komme im gegenständlichen Fall nicht zum Tragen. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche § 39 Abs. 1 FrG und den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen, da bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbots, nämlich der Gefährlichkeit für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, das Verstreichen von drei Jahren vonnöten sei.

Es lägen keine, nicht bereits bei der Interessenabwägung berücksichtigten Umstände vor, um von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Rahmen des zu übenden Ermessens gemäß § 36 Abs. 1 FrG Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.

die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.

anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Nach § 36 Abs. 2 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 9) eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehemann ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat.

2.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet das Vorliegen einer "Scheinehe" und wirft der belangten Behörde vor, die Entscheidung ausschließlich auf die Angaben des D G. gestützt zu haben, der zweimal angegeben habe, dass die zwischen M G. und der Beschwerdeführerin geschlossene Ehe eine Scheinehe gewesen wäre und er M G. dafür einen Betrag von insgesamt EUR 13.000,-- bezahlt hätte. Die Beschwerdeführerin habe stets darauf hingewiesen, dass keine Scheinehe vorliege und D G. diese Aussagen nur getätigt habe, weil er eifersüchtig gewesen sei, weil ihn die Beschwerdeführerin zurückgewiesen habe, nachdem ihre Ehe mit M G. gescheitert sei. Die von D G. genannten Zeugen hätten keine Angaben machen können, jedenfalls hätte keiner von ihnen Kenntnis über Geldzahlungen in Bezug auf die Eheschließung gehabt. Wenn die Zeugen zu dem Sachverhalt keine weiteren Angaben machen könnten, sei es willkürlich, dies zum Nachteil der Zeugen (gemeint wohl: der Beschwerdeführerin) auszulegen. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass die Anzeige vom 29. September 2004 bezüglich des behaupteten schweren Diebstahls seitens des Bezirksgerichtes T zurückgelegt und das Verfahren eingestellt worden sei.

2.2. Damit gelingt es der Beschwerde jedoch nicht, eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen. Die Beschwerdeführerin bestreitet lediglich allgemein das Vorliegen einer Scheinehe, ohne auch nur ein Beweismittel zu nennen, das ihren Standpunkt stützen könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt - im Rahmen der ihm insoweit zukommenden (eingeschränkten) Prüfbefugnis - keine Bedenken dagegen, dass die belangte Behörde der Zeugenaussage des D G. mehr Gewicht beigemessen hat als den davon abweichenden Darstellungen der Beschwerdeführerin. Die Glaubwürdigkeit der Aussage des D G. wird auch durch den Inhalt des Verwaltungsaktes gestützt. Beispielsweise bestätigt die Verpflichtungserklärung von D G. vom Jänner 2000, dass die Beschwerdeführerin auf seine Einladung nach Österreich gekommen ist. Vor dem Hintergrund der Aussage der Beschwerdeführerin bei der Befragung am 21. September 2004, wonach sowohl sie als auch ihre Tochter ihren ganzen Lohn "unter einmal" D G. übergäben und dieser die Miete für die Wohnung und die Lebensunterhalskosten bezahle sowie auf Grund der Ergebnisse der Erhebungen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23. August 2004 erscheint die Aussage D Gs., dass die Beschwerdeführerin seine "Freundin" bzw. "Lebensgefährtin" sei, glaubhaft.

Die Aussage der Zeugin M P., dass sie seit ca. eineinhalb Jahren eine Beziehung mit M G. habe und sich dieser sehr oft bei ihr aufhalte, steht mit der Darstellung des D G. in Einklang und stimmt überdies mit dem Ergebnis des Erhebungsberichtes der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23. August 2004 überein.

Dass die Aussagen des Zeugen I K. und der Zeugin G S. nach Ansicht der belangten Behörde nicht in der Lage seien, die im Wesentlichen glaubwürdigen Angaben des D G. zu widerlegen, begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

Da D G. seine Aussage, wonach die Ehe der Beschwerdeführerin mit M G. eine Scheinehe sei, am 21. Februar 2005 vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck wiederholt hat, ist für das gegenständliche Verfahren nicht von Bedeutung, dass das Verfahren bezüglich des behaupteten schweren Diebstahls eingestellt worden ist.

3. Auf Basis der getroffenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehemann ein gemeinsames Familienleben nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat. Auf Grund dieses Sachverhaltes begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG erfüllt sei, keinem Einwand.

Da ein diesen Tatbestand erfüllendes Verhalten die öffentliche Ordnung (das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen) erheblich beeinträchtigt, ist auch die Ansicht der belangten Behörde, das Aufenthaltsverbot sei im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG zulässig, unbedenklich.

4. Die belangte Behörde ist auf Grund des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin seit 2002 im Bundesgebiet und der damit verbundenen Integration von einem Eingriff in die privaten/familiären Interessen der Beschwerdeführerin ausgegangen. Dabei hat die belangte Behörde auch berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin, seit sie in Österreich ist, mit D G. in einem gemeinsamen Haushalt lebt und ihre beiden Kinder, die 2002 mit ihr nach Österreich gekommen sind, bereits volljährig sind und ihr eigenes Leben führen. Zu Recht hat die belangte Behörde jedoch darauf hingewiesen, dass die aus der Dauer ihres bisherigen inländischen Aufenthaltes ableitbaren Interessen der Beschwerdeführerin dadurch maßgeblich relativiert sind, dass sich ihr Aufenthalt überwiegend auf das dargestellte Fehlverhalten stützt.

Mit dem Vorbringen, die Beschwerdeführerin lebe in Österreich gemeinsam mit ihrem Sohn, ihrer Tochter und ihrer Schwiegertochter und alle seien am Arbeitsmarkt integriert, wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, da die belangte Behörde ohnedies von einem Eingriff in die privaten/familiären Interessen der Beschwerdeführerein ausgegangen ist.

Den genannten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass sie das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremden- bzw. Einwanderungswesens, in concreto an der Verhinderung so genannter Scheinehen zur Erlangung fremdenrechtlich und beschäftigungsrechtlich bedeutsamer Bescheinigungen, erheblich beeinträchtigt hat. Vor diesem Hintergrund begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die privaten Interessen der Beschwerdeführerin die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht überwögen, keinen Bedenken.

5.1. Wenn die Beschwerdeführerin schließlich auf die mit der Beschwerde vorgelegte Erklärung des D G. vom 3. Juni 2005 hinweist, so ist damit bereits deshalb nichts für den Beschwerdestandpunkt gewonnen, weil diese Erklärung erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides erstellt wurde, sodass auf diese Urkunde wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht weiter einzugehen war (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).

5.2. Mit dem Hinweis auf den Beschluss des Assoziationsrates EWG-Türkei kann die Beschwerdeführerin ebenfalls nichts gewinnen, da ihr die Begünstigung nach Art. 6 Abs. 1 des Assoziationsabkommens EWG-Türkei nicht zu Gute kommt, da sie den Zugang zum Arbeitsmarkt rechtsmissbräuchlich im Wege einer Scheinehe erlangt hat. Auch in diesem Fall besteht keine Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates als Berufungsbehörde (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2008, Zl. 2006/18/0259).

6. Da aus dem Akteninhalt keine besonderen, gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände ersichtlich sind, bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, von der Erlassung dieser Maßnahme im Rahmen des gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens Abstand zu nehmen.

7. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

8. Mangels eines Kostenbegehrens waren der belangten Behörde als obsiegende Partei im Sinn des § 47 Abs. 1 VwGG keine Kosten zuzusprechen.

Wien, am 2. Dezember 2008

Schlagworte

Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005180472.X00

Im RIS seit

26.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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