TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/18 2006/15/0222

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Veröffentlicht am 18.12.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §114;
BAO §167 Abs2;
BAO §200;
UStG 1994 §11 Abs7;
UStG 1994 §11 Abs8 Z2;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2006/15/0273 E 18. Dezember 2008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des B in I, vertreten durch Mag. Reinhold Obholzer, Steuerberater in 6020 Innsbruck, Karl-Schönherr-Straße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 3. Mai 2006, GZ RV/0013-I/04, betreffend Umsatzsteuer 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Ziviltechniker. Bis zum 31. Juli 1994 betreute er gemeinsam mit OR und AN, zwei weiteren Ziviltechnikern, verschiedene Bauprojekte. Gegenüber den Kunden trat dabei stets der Beschwerdeführer auf. OR und AN stellten ihre Leistungen dem Beschwerdeführer in Rechnung.

Die Zusammenarbeit der drei Ziviltechniker wurde zum 31. Juli 1994 beendet. Zum Auflösungsstichtag 31. Juli 1994 forderte AN vom Beschwerdeführer offenes Honorar von 8,000.079,64 S zuzüglich Umsatzsteuer. Diese Honorarforderung akzeptierte der Beschwerdeführer zunächst nicht. Am 27. Juli 1995 unterfertigten der Beschwerdeführer sowie OR und AN schließlich eine Vergleichsvereinbarung. Darin wird unter Punkt 3 "Vorläufige Abrechnung (AN)" festgelegt, dass AN für zu erwartende Ertragsanteile aus den noch gemeinsamen Aufträgen vorweg eine pauschale Forderung von 8 Mio S zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellen könne und der Beschwerdeführer diese Forderung akzeptieren werde. Sollte die Schlussabrechnung der Aufträge einen anderen Betrag ergeben, erhalte AN einen Mehrbetrag oder habe einen entsprechenden Anteil zurückzuzahlen. OR verpflichte sich gegenüber dem Beschwerdeführer, die Hälfte der Forderung, die AN an den Beschwerdeführer stelle, zur Zahlung zu übernehmen.

Bereits mit Schreiben vom 23. Dezember 1994 hatte die B-Bank dem Beschwerdeführer sowie OR mitgeteilt, dass ihr AN eine Forderung von 8 Mio S abgetreten habe.

Am 13. Juli 1995 hatte die B-Bank den Beschwerdeführer sowie OR und AN aus einem Kreditverhältnis auf Zahlung geklagt. Dieser Prozess wurde am 31. Juli 1995 mit einem Vergleich beendet. Teil des Vergleiches war es, dass sich der Beschwerdeführer (zur ungeteilten Hand mit AN) zur Zahlung eines Teilbetrages von 4 Mio S und OR (zur ungeteilten Hand mit dem Beschwerdeführer) zur Zahlung eines Teilbetrages von ebenfalls 4 Mio S an die Bank verpflichteten.

Sowohl der Beschwerdeführer als auch OR leisteten am 16. September 1996 der B-Bank eine Zahlung von je 4 Mio S.

Am 23. Dezember 1996 richtete der Beschwerdeführer an AN eine "Gutschrift", die u.a. folgenden Text aufweist:

"Pauschalhonorar gemäß Pkt 3 der Vergleichsvereinbarung vom 27.7.1995

3,333.333,33 S

20% USt

666.666,67 S

4,000.000,00 S"

In dieser Gutschrift wird ausgeführt, der Gutschriftsbetrag sei vereinbarungsgemäß der B-Bank zu Gunsten des Kreditkontos überwiesen worden. Der Gutschriftsbetrag finde bei der Schlussabrechnung gemäß Punkt 3 der Vergleichsvereinbarung vom 27. Juli 1995 als Akontozahlung Berücksichtigung.

Mit Beschluss des Landesgerichtes vom April 1997 wurde über das Vermögen des AN der Konkurs eröffnet.

In der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 1996 machte der Beschwerdeführer den in der Gutschrift ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt anerkannte die Vorsteuer nicht. Ein Vorsteuerabzug stehe schon deshalb nicht zu, weil weder die Gutschrift noch der Vergleich vom 27. Juli 1995 Angaben über Art, Umfang und Zeitraum der Leistung enthielten.

Mit Schreiben vom 26. November 1997 ergänzte der Beschwerdeführer die Gutschrift im Wesentlichen durch eine Auflistung der "Akquisitions-, Koordinations- und Projektbearbeitungstätigkeiten", die AN erbracht habe.

Mit Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für November 1997 anerkannte das Finanzamt neuerlich keinen Abzug der in der Gutschrift ausgewiesenen Umsatzsteuer. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die Finanzlandesdirektion mit Berufungsentscheidung vom 25. Februar 2000 als unbegründet ab. Die Gutschrift habe im gegenständlichen Fall nicht die Funktion gehabt, über Leistungen des AN abzurechnen. Es sei auch nicht erwiesen, dass zwischen den Vergleichsparteien die Abrechnung mittels Gutschrift vereinbart gewesen sei.

Mit gemäß § 200 BAO vorläufigem Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 14. Dezember 2000 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer in der vom Beschwerdeführer in der Umsatzsteuerjahreserklärung ausgewiesenen Höhe fest, anerkannte sohin die in Rede stehende Umsatzsteuer als Vorsteuer.

Die gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion betreffend Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für November 1997 an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde erklärte dieser mit Beschluss vom 16. September 2003, 2000/14/0117, als gegenstandslos geworden, weil die Festsetzung der Vorauszahlungen mit dem Ergehen des Umsatzsteuerbescheides 1997 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sei.

Mit Ausfertigungsdatum 11. November 2003 erließ das Finanzamt gemäß § 200 Abs 2 BAO einen endgültigen Umsatzsteuerbescheid 1997, berücksichtigte dabei aber die in Rede stehende Umsatzsteuer aus der Gutschrift nicht als Vorsteuer.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Eine Gutschrift werde dann nicht als Rechnung anerkannt, wenn der Leistungserbringer eine Rechnung lege. AN habe allerdings über die Forderung nach Punkt 3 des Vergleiches vom 27. Juli 1995 keine Rechnung gelegt. Die Gutschrift des Beschwerdeführers sei daher an die Stelle einer Rechnung getreten. Ein Widerspruch des AN gegen die Gutschrift sei nicht aktenkundig. Die abgerechneten Projekte seien in der Gutschriftsergänzung vom 26. November 1997 aufgelistet. Die Gutschrift sei keine Endabrechnung. Erst bei der Endabrechnung werde ein allfälliger "Überling" zu Gunsten oder zu Lasten von AN abgerechnet. Wie der Beschwerdeführer und OR mit den an ihren steuerlichen Vertreter gerichteten Schreiben vom 16. März 1998 erklärt hätten, sei bereits im Jahr 1994 zwischen den Vertragsparteien mündlich vereinbart worden, dass die Abrechnung auch über Gutschriften erfolgen könne, welche vom Beschwerdeführer oder von OR zu gegebener Zeit ausgestellt würden. Zum Nachweis dieser Vereinbarung sei dem Schreiben ein handschriftliches Protokoll über die Besprechung bei der B-Bank beigelegt worden; darin finde sich die Formulierung: "Rechnung durch (AN) oder Gutschriftslegung". Vor dem Hintergrund dieser Vereinbarung sei die Formulierung in Punkt 3 des Vergleiches vom 27. Juli 1995 so zu verstehen, dass sowohl die Rechnungslegung durch AN als auch die Gutschriftserteilung durch den Beschwerdeführer oder OR vereinbart gewesen sei. Auch das Ausbleiben eines Widerspruchs des AN gegen die ihm zugeleitete Gutschrift und gegen die Gutschriftsergänzung sei als Indiz für die Vereinbarung der Möglichkeit einer Abrechnung durch Gutschrift zu werten. Dass das Finanzamt bei Erlassung des endgültigen Umsatzsteuerbescheides 1997 in Anbetracht unveränderter Sachlage von der Beurteilung im vorläufigen Umsatzsteuerbescheid abgewichen sei, stelle im Übrigen einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Auflösung der Zusammenarbeit zwischen dem Beschwerdeführer, OR und AN habe Ende 1994/Anfang 1995 folgender Verhandlungsstand bestanden: Eine Vergleichsvereinbarung über die Auflösung der Zusammenarbeit und die Aufteilung der Honorare sei noch nicht zustande gekommen gewesen. Der Entwurf einer "Vereinbarung" vom 18. Oktober 1994 sei von AN, der noch Änderungen gewünscht habe, nicht unterschrieben worden. Der Beschwerdeführer und OR seien aber davon ausgegangen, dass AN Honoraranteile von ca 8 Mio S aus den noch nicht abgerechneten bzw noch nicht beendeten gemeinsamen Aufträgen zustünden. Die B-Bank habe sich bereit erklärt, den Beschwerdeführer und OR aus der solidarischen Haftung für einen von den drei Ziviltechnikern gemeinsam aufgenommenen Kredit zu entlassen "bzw. deren Haftung auf eine Ausfallhaftung über 8,000.000 S zu begrenzen". Mit Schreiben vom 23. Dezember 1994 habe die B-Bank dem Beschwerdeführer und OR mitgeteilt, dass AN die Forderung von 8 Mio S (aus dem Vergleich) der Bank abgetreten habe. Der Beschwerdeführer und OR hätten mit Schreiben vom 28. Dezember 1994 der Bank gegenüber die Abtretung zur Kenntnis genommen. Die B-Bank habe AN ein mit 30. Dezember 1994 datiertes Schreiben übermittelt, wonach "ab dem Zeitpunkt der Annahme dieses Schreibens" nur mehr AN für den offenen Kredit hafte. AN sei der Aufforderung der B-Bank, eine Kopie dieses Schreibens zu unterschreiben und zu retournieren, nicht nachgekommen. In der Folge habe die B-Bank weder von AN noch vom Beschwerdeführer oder von OR Zahlungen erhalten. Daher habe sie im Juli 1995 gegen die drei Kreditnehmer Klage eingebracht. Diese habe zum Vergleich vom 31. Juli 1995 geführt. Entgegen der Festlegung im Vergleich habe AN auch weiterhin keine Zahlungen an die B-Bank geleistet. Neuerliche Verhandlungen mit der B-Bank im Jahr 1996 hätten dazu geführt, dass der Beschwerdeführer und OR zur Abdeckung ihrer Verpflichtungen aus dem Vergleich vom 31. Juli 1995 der B-Bank jeweils 4 Mio S leisteten.

Das Berufungsvorbringen laufe darauf hinaus, dass diese Zahlung des Beschwerdeführers von 4 Mio S als Honorarzahlung gemäß Punkt 3 des Vergleiches zwischen den drei Ziviltechnikern vom 27. Juli 1995 verstanden werden müsse, die der Beschwerdeführer in weiterer Folge zum Anlass habe nehmen dürfen, AN eine Gutschrift iSd UStG zu erteilen. Nach Ansicht der belangten Behörde liege aber der Rechtsgrund der Zahlungen vom September 1996 von insgesamt 8 Mio S im Vergleich mit der B-Bank. Im Verhältnis zur B-Bank handle es sich nicht um die Zahlung einer fremden Schuld. Nach Ansicht der belangten Behörde hätten diese Zahlungen nicht die der B-Bank abgetretenen Honorarforderungen des AN betroffen. Die "Einbindung" der Honorarforderung sei dem Text des gerichtlichen Vergleiches vom 31. Juli 1995 nämlich in keiner Weise zu entnehmen. Ohne Zusammenhang mit Honorarzahlungen sei der Gutschrift aber nicht die Funktion einer Abrechnung über die von AN erbrachten Leistungen zugekommen.

Darüber hinaus wäre es für die Anerkennung einer umsatzsteuerlich relevanten Gutschrift erforderlich, dass AN mit einer Abrechnung seiner Leistungen im Gutschriftswege einverstanden gewesen sei. Der Beschwerdeführer und OR hätten in einem am 16. März 1998, unmittelbar vor Einbringung der Berufung gegen die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für November 1997, an den gemeinsamen steuerlichen Vertreter gesandten Schreiben ein solches Einverständnis behauptet. Demnach sei während der Besprechungen mit der B-Bank am 28. November 1994 zwischen den drei Ziviltechnikern vereinbart worden, dass die Abrechnung mit AN auch über Gutschrift erfolgen könne. Nach Ansicht der belangten Behörde lasse sich solches aber aus der Aktennotiz über diese Besprechung, auf welche sich das Schreiben vom 16. März 1998 stütze, in Verbindung mit dem an die B-Bank gerichteten Schreiben vom 28. November 1994 des Beschwerdeführers und des OR nicht entnehmen.

In der Aktennotiz habe OR den Verlauf der Besprechung mit der B-Bank über die Rückführung des Darlehens u.a. mit folgenden Stichworten festgehalten: "Alles (AN)", "offene Honoraranteile 8 Mio? Zession an Bank", "Tilgungen? nach Honorareingang", "Zahlungen direkt an Bank", "Rechnung durch (AN) oder Gutschriftslegung Klärung mit (steuerlichem Vertreter)!" Nach Ansicht der belangten Behörde ergebe sich aus dieser Aktennotiz bloß ein Beweis dafür, dass die Frage der Abrechnung der Honorarforderungen des AN mittels Rechnung oder mittels Gutschrift zur Sprache gekommen sei und der Verfasser der Aktennotiz diese Frage mit dem steuerlichen Vertreter habe klären wollen. Auf eine Zustimmung von AN könne daraus aber nicht geschlossen werden. Nach der Aktenlage habe AN gegenüber OR überdies keine Leistungen erbracht.

Der Beschwerdeführer und OR hätten in dem an die B-Bank gerichteten Schreiben vom 29. November 1994 das Ergebnis der Besprechung vom Vortag festgehalten. Diesem Schreiben zufolge sei zweifelhaft, ob AN bei der Besprechung vom 28. November 1994 einer Abtretung seiner Honorarforderungen an die B-Bank bereits zugestimmt habe. In diesem Schreiben heiße es nämlich: "(AN) muss diese Abtretung der Forderungen nach Auskunft (des steuerlichen Vertreters) akzeptieren." Sei aber am 28. November 1994 noch nicht sicher gewesen, ob AN der in Aussicht genommenen Überweisung von Honoraranteilen an die B-Bank zustimme, sei es nicht wahrscheinlich, dass er sich dessen ungeachtet bereits mit einer Abrechnung durch Gutschriften seiner ehemaligen Partner einverstanden erklärt habe. Zudem sei die am 28. November 1994 getroffene Abmachung nicht umgesetzt worden. So sei es insbesondere nicht zu einer laufenden Überweisung von Ertragsanteilen des AN auf das Kreditkonto bei der B-Bank gekommen. Der zwischen den drei Ziviltechnikern geschlossene Vergleich vom 27. Juli 1995 sehe Gutschriften weder für die Schlussabrechnung noch für die in ihrem Punkt 3 geregelte vorläufige Abrechnung vor. Die Formulierung, "dass der Vertragspartner (AN) für zu erwartende Ertragsanteile aus den noch gemeinsam zu bearbeitenden Aufträgen vorweg eine pauschale Forderung in Höhe von 8 Millionen S zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellen kann und dass diese Forderung durch (den Beschwerdeführer) akzeptiert wird", schließe nach Ansicht der belangten Behörde die Vereinbarung der Erteilung von Gutschriften nicht mit ein. Die "Kann-Formulierung" beziehe sich ihrem Sinn nach eindeutig bloß auf die AN eingeräumte Möglichkeit, eine Vorausleistung anzufordern.

Nach Ansicht der belangten Behörde stelle das Ausbleiben eines Widerspruchs des AN gegen die Gutschrift kein Indiz für die behauptete Vereinbarung einer Abrechnung im Gutschriftswege dar. Nachdem AN seiner im gerichtlichen Vergleich vom 31. Juli 1995 festgehaltenen Zahlungsverpflichtung gegenüber der B-Bank nicht nachgekommen sei, hätten sich der Beschwerdeführer und OR im September 1996 der Haftung gegenüber der B-Bank aus dem gemeinsamen Kredit nicht mehr entziehen können. Die AN aus Anlass der getätigten Zahlungen erteilten Gutschriften habe dieser schlichtweg ignoriert. Dieses Schweigen stelle keine rechtlich relevante Zustimmung dar.

Eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben liege nicht vor. Die Behörde sei verpflichtet, von einer als unrichtig erkannten rechtlichen Beurteilung für noch nicht rechtskräftig veranlagte Jahre abzugehen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

§ 11 Abs 7 und 8 UStG 1994 lauten:

"(7) Gutschriften, die im Geschäftsverkehr an die Stelle von Rechnungen treten, gelten bei Vorliegen der im Abs. 8 genannten Voraussetzungen als Rechnungen des Unternehmers, der steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige Leistungen an den Aussteller der Gutschrift ausführt. Gutschrift im Sinne dieser Bestimmung ist jede Urkunde, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, die an ihn ausgeführt wird.

Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, soweit der Empfänger der Gutschrift dem in ihr enthaltenen Steuerbetrag widerspricht.

(8) Eine Gutschrift ist als Rechnung anzuerkennen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Der Unternehmer, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausführt (Empfänger der Gutschrift), muss zum gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung nach Abs. 1 berechtigt sein;

2. zwischen dem Aussteller und dem Empfänger der Gutschrift muss Einverständnis darüber bestehen, dass mit einer Gutschrift über die Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird;

3. die Gutschrift muss die im Abs. 1 geforderten Angaben enthalten. Die Abs. 3 bis 6 sind sinngemäß anzuwenden;

4. die Gutschrift muss dem Unternehmer, der die Lieferung oder sonstige Leistung bewirkt, zugeleitet worden sein."

Ob zwischen dem Aussteller und dem Empfänger einer Gutschrift Einverständnis über diese Form der Abrechnung im Sinne des § 11 Abs 8 Z 2 UStG 1994 bestanden hat, ist eine von der Abgabenbehörde in Wahrnehmung von Recht und Pflicht zur freien Beweiswürdigung nach § 167 Abs 2 BAO zu beantwortende Beweisfrage (vgl Ruppe, UStG3, § 11 Tz 102 und 106, sowie die zur in dieser Hinsicht gleich gestalteten Rechtslage des UStG 1972 ergangenen hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 2004, 99/13/0159, und vom 24. März 1998, 97/14/0116). Die behördliche Beweiswürdigung unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle dahingehend, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und die der Beweiswürdigung zu Grunde liegenden Erwägungen den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen (vgl die bei Ritz, BAO3, § 167 Tz 11, wiedergegebene hg Rechtsprechung).

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, dass zwischen dem Beschwerdeführer und AN ein Einverständnis iSd § 11 Abs 8 Z 2 UStG 1994 zur Abrechnung mit Gutschrift nicht bestanden hat.

In der Beschwerde wird hiezu vorgetragen, der Beschwerdeführer und OR hätten im Schreiben vom 16. März 1998 erklärt, bereits im Jahr 1994 sei zwischen ihnen und AN mündlich vereinbart worden, dass die Abrechnung auch über Gutschriften erfolgen könne, welche der Beschwerdeführer und/oder OR zu gegebener Zeit ausstellen könnten. Zum Nachweis dieser Vereinbarung diene ein handschriftliches "Protokoll" (Aktennotiz) vom 28. November 1994 über eine Unterredung mit der B-Bank. Vor diesem Hintergrund sei auch die in Punkt 3 des Vergleiches vom 27. Juli 1995 gewählte Formulierung zu sehen, wonach AN eine Forderung von 8 Mio S zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellen "kann". Aus der Verwendung des Wortes "kann" sei abzuleiten, dass sowohl die Rechnungslegung durch AN als auch die Gutschriftserteilung durch den Beschwerdeführer und OR vereinbart worden seien. Das Ausbleiben eines Widerspruchs des AN gegen die Abrechnung mit Gutschrift bestärke diese Interpretation.

Mit diesem Vorbringen wird aus nachstehend angeführten Gründen eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht dargetan:

Das Beschwerdevorbringen entspricht dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Mit allen vorgebrachten Umständen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auseinander gesetzt. Insbesondere hat sie nachvollziehbar dargelegt, dass dem Text der Aktennotiz vom 28. November 1994 zwar das Vorhaben einer Besprechung mit dem steuerlichen Vertreter (auch) über die Frage der Abrechnung mit Rechnung oder Gutschrift zu entnehmen ist, nicht aber ein Einvernehmen über eine solche Gutschriftserteilung.

Die belangte Behörde hat sich auch auf den Umstand gestützt, dass AN an OR ohnedies keine umsatzsteuerbaren Leistungen erbracht hat, sodass sowohl die Rechnungslegung an OR als auch die Gutschriftserteilung durch diesen nicht in Betracht kommt, was wiederum ein Indiz gegen die behauptete Vereinbarung einer Abrechnung auch über Gutschriften, die "vom (Beschwerdeführer) und/oder von OR zu gegebener Zeit ausgestellt" würden, darstellt. In der Beschwerde wird nicht behauptet, dass die belangte Behörde zu Unrecht vom Fehlen einer umsatzsteuerbaren Leistung von AN an OR ausgegangen sei.

Die Formulierung in Punkt 3 des Vergleiches vom 27. Juli 1995, wonach AN vorweg eine pauschale Forderung von 8 Mio S plus Umsatzsteuer in Rechnung stellen "kann", hat die belangte Behörde dahingehend interpretiert, dass AN (bloß) die Möglichkeit, eine Vorleistung zu verlangen, eingeräumt worden ist. Diese Vertragsauslegung steht nicht im Widerspruch zum Verständnis, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Die Beschwerde vermag eine in der Auslegung der Vereinbarung gelegene Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen. Mit der genannten Formulierung des Vergleiches wird in der Tat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Gläubiger berechtigt ist, vor dem Vorliegen der Schlussabrechnung eine pauschale Vorauszahlung zu verlangen. Weder der in Rede stehende Punkt 3 des Vergleiches noch eine andere Bestimmung dieser Vereinbarung enthält einen Hinweis darauf, dass eine Vereinbarung über die Abrechnung mittels Gutschrift getroffen worden wäre.

Dass das Unterbleiben des Widerspruchs des Leistungserbringers, dem eine Gutschrift zugeleitet wird, dem Einverständnis mit der Abrechnung im Gutschriftswege nicht gleichgesetzt werden kann, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 24. März 1998, 97/14/0116, ausgesprochen.

Ist aber sachverhaltsmäßig das Fehlen des zwischen dem Aussteller und dem Empfänger der Gutschrift bestehenden Einverständnisses iSd § 11 Abs 8 Z 2 UStG 1994 festgestellt, sind die rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass die Gutschrift gemäß § 11 Abs 7 leg. cit einer Rechnung gleichzuhalten ist, nicht gegeben. Ohne Rechnung besteht aber ein Anspruch auf Vorsteuerabzug nach § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag in dem Umstand, dass der endgültige Umsatzsteuerbescheid vom 11. November 2003 vom vorläufigen Umsatzsteuerbescheid vom 14. Dezember 2000 abweicht, eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben schon deshalb nicht zu erblicken, weil der Beschwerdeführer nicht vorbringt, dass er auf Grund des vorläufigen Umsatzsteuerbescheides Dispositionen gesetzt hätte und ihm in der Folge ein Vertrauensschaden erwachsen wäre (vgl das hg. Erkenntnis vom 2. August 2000, 98/13/0218). Zudem ist dem vorläufigen Umsatzsteuerbescheid eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dem in Rede stehenden Vorsteuerabzug nicht zu entnehmen.

Wie sich aus dem Vorstehenden bereits ergibt, ist der Beschwerdeführer durch die Versagung des Vorsteuerabzuges nicht in subjektiven Rechten verletzt worden, sodass auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht eingegangen zu werden braucht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2008

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006150222.X00

Im RIS seit

23.01.2009

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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