TE Vwgh Erkenntnis 2009/1/23 2008/02/0244

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Veröffentlicht am 23.01.2009
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §2 Abs1 Z15;
StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der T W GmbH in Wien, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Februar 2008, Zl. MA 65-2533/2007, betreffend Versagung einer Bewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Februar 2008 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 84 Abs. 3 StVO die Bewilligung versagt, innerhalb einer Entfernung von 11 m vom Fahrbahnrand, außerhalb des Ortsgebietes, eine ruhend beleuchtete Werbeanlage (Spannfolienschild) auf dem Flachdach eines der Anschrift nach näher genannten Gebäudes zu errichten.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 18. Juni 2008, Zl. B 604/08, ablehnte und sie in der Folge an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, der verfahrensgegenständliche Standort befinde sich zweifelsohne innerhalb eines Ortsgebietes i.S.d. StVO. Gemäß § 84 Abs. 2 StVO bedürften jedoch nur Werbungen und Ankündigungen "außerhalb von Ortsgebieten" einer Bewilligung. Auf die Entfernung zur vorbeiführenden Autobahn könne es nicht ankommen, weil eben der tatsächliche Aufstellungsort innerhalb eines Ortsgebietes gelegen sei. Dies ergebe sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des § 84 Abs. 2 leg. cit. Konsequent bedürfe es überhaupt keiner straßenverkehrsrechtlichen Genehmigung nach der StVO für die Errichtung der Werbeanlage.

Auch wenn man von einer Bewilligungspflicht ausgehe, sei eine solche zu Unrecht versagt worden. An der Werbanlage sei ein Hinweisschild auf den "Mega-B." angebracht. Dies helfe den Straßenbenützern, dieses große Verkaufsobjekt leichter auffinden zu können. Dabei sei insbesondere zu beachten, dass es ja auch notwendig sei, dass die Straßenbenützer die richtige Autobahnausfahrt wählten, um das Geschäftszentrum, welches zweifelsohne von einer überörtlichen Bedeutung sei, erreichen zu können. Eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs sei im Verfahren nicht festgestellt worden. Da somit die Voraussetzungen des § 84 Abs. 3 StVO erfüllt seien, hätte eine Ausnahmebewilligung erteilt werden müssen.

Letztlich sei noch zu beachten, dass seitens der Beschwerdeführerin ursprünglich überhaupt kein Genehmigungsantrag nach § 84 Abs. 3 StVO gestellt worden sei. Dementsprechend sei seitens der Behörden der Stadt Wien eine Kompetenz in Anspruch genommen worden, ohne dass es hiefür eine rechtliche Grundlage gebe. Entgegen dem Antragsprinzip sei eine Entscheidung gefällt worden, sodass auch die Zuständigkeit der Behörden überhaupt nicht gegeben sei.

§ 84 Abs. 1 bis 3 StVO lautet:

"§ 84. Werbungen und Ankündigungen außerhalb des Straßengrundes

(1) Werkstätten, wo Fahrzeuge repariert werden, Radiostationen, die Verkehrsinformationen durchgeben, und Tankstellen dürfen außerhalb von Ortsgebieten nur mit den Hinweiszeichen 'Pannenhilfe' (§ 53 Abs. 1 Z. 4), 'Verkehrsfunk' (§ 53 Abs. 1 Z. 4a) beziehungsweise 'Tankstelle' (§ 53 Abs. 1 Z. 6) angekündigt werden. Die Kosten für die Anbringung und Erhaltung dieser Zeichen sind von demjenigen zu tragen, der ihre Anbringung beantragt hat.

(2) Ansonsten sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs. 3 lit. f.

(3) Die Behörde hat Ausnahmen von dem im Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichen Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist. Für eine solche Ausnahmebewilligung gelten die Bestimmungen des § 82 Abs. 5 letzter Satz sinngemäß."

Insoweit die beschwerdeführende Partei ein Tätigwerden der Behörde ohne entsprechenden Antrag nach der StVO rügt, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie bereits mit Schriftsatz vom 8. Mai 2003 bzw. mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2003 ein "Ansuchen um Genehmigung der nachfolgend angeführten Werbeanlage" stellte, ohne dieses Ansuchen etwa auf eine baurechtliche Genehmigung einzuschränken. Im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2007, welche von der Magistratsabteilung 37, Baupolizei, durchgeführt wurde, wurde überdies vom anwesenden verkehrstechnischen Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 46 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Zustimmung "aufgrund der StVO" nicht möglich sei.

Auch aus sonstigen Schriftsätzen der beschwerdeführenden Partei während des erstinstanzlichen Verfahrens war für die Behörde nicht zu erkennen, dass das ursprünglich gestellte "Ansuchen um Genehmigung" etwa auf die baurechtliche Bewilligung beschränkt verstanden werden sollte. Es liegen daher auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass vom Fehlen eines Antrages der beschwerdeführenden Partei auf Genehmigung nach den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften auszugehen gewesen wäre.

Im Erkenntnis vom 22. Februar 2002, Zl. 2000/02/0303, brachte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine Vorjudikatur zum Ausdruck, er sehe keinen Grund, von der dort vertretenen Ansicht abzugehen, dass es in Anbetracht des § 84 Abs. 2 StVO auf die Entfernung der Werbung vom Fahrbahnrand einer Straße, welche außerhalb des Ortsgebietes liege, ankomme.

Weiters lehnte der Gerichtshof die Ansicht, "im Ortsgebiet angebrachte Werbungen" seien vom Verbot des § 84 Abs. 2 StVO ausgenommen, ab und legte seine Ansicht dar, nach dem Gesetzeswortlaut und dem Zweck dieser Bestimmung sei jeweils auf alle Straßen, in deren Blickfeld (welches der Gesetzgeber mit 100 m vom jeweiligen Fahrbahnrand aus festgelegt habe) die Werbung bzw. Ankündigung falle, abzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2004, Zl. 2002/02/0086).

Die von der beschwerdeführenden Partei vertretene gegenteilige Rechtsauffassung, nach § 84 Abs. 3 StVO bedürften nur Werbungen und Ankündigungen "außerhalb von Ortsgebieten" einer Bewilligung und es komme auf die Entfernung zur vorbeiführenden Autobahn nicht an, weil der tatsächliche Aufstellungsort innerhalb eines Ortsgebietes sei, wird aufgrund der dargestellten hg. Judikatur nicht geteilt. Es kann daher auch keine Rede davon sein, dass für die Errichtung der gegenständlichen Werbeanlage keine straßenverkehrsrechtliche Genehmigung erforderlich sei.

Bei der Beurteilung der in § 84 Abs. 3 StVO genannten Voraussetzungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2002, Zl. 2002/02/0134, m.w.N.). Bereits von der Behörde erster Instanz wurde aufgezeigt, es habe sich aus der Äußerung des verkehrstechnischen Amtssachverständigen anlässlich der Augenscheinsverhandlung (am 5. April 2007) ergeben, dass der beworbene Standort des B.-Marktes mehr als 2 km von der verfahrensgegenständlichen Werbeanlage entfernt sei. Ein unmittelbarer Bezug zwischen diesen beiden Standorten sei nicht gegeben. Die Behörde erster Instanz kam daher ebenso wie die belangte Behörde zu der vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandenden Ansicht, dass die in § 84 Abs. 3 StVO angeführten Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme vom Verbot nach Abs. 2 leg. cit. - wie ein vordringliches Bedürfnis der Straßenbenützer oder ein erhebliches Interesse derselben - nicht gegeben seien. Mit dem allgemeinen Hinweis auf die leichtere Auffindbarkeit des "Verkaufsobjektes" (B.-Markt) und des Wählens der richtigen Ausfahrt vermag die beschwerdeführende Partei nicht das Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen nach § 84 Abs. 3 StVO darzutun.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. Jänner 2009

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2009:2008020244.X00

Im RIS seit

12.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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