RS Vwgh 1991/1/29 90/14/0112

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Veröffentlicht am 29.01.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
37/02 Kreditwesen

Norm

B-VG Art20 Abs3;
FinStrG §89 Abs4;
KWG 1979 §23 Abs2 Z1;

Rechtssatz

Um das Bankgeheimnis zu durchbrechen, muß der Zusammenhang des geheimen Sachverhaltes mit dem eingeleiteten Finanzstrafverfahren wegen des vorsätzlich begangenen Finanzvergehens ausreichend konkret sein, und damit überdies der Gegenstand, der das Geheimnis trägt, der Beschlagnahme zugänglich ist, muß dieser Zusammenhang außerdem ein unmittelbarer sein. Diese Voraussetzungen treffen auf die Tagesstrazzen (Aufzeichnungen einer Bank über alle Geldbewegungen während eines Tages) nicht zu; es scheinen darin auch Namen von Kunden, Beträge und ihnen zuordenbare Kontonummern auf. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Verdacht des Finanzvergehens gegen einen Kunden kann nur hinsichtlich jeder Geldbewegung bestehen, die über seine unversteuerten Einkünfte oder sein unversteuertes Vermögen Aufklärung brächte. Alle sonstigen Daten oder Tatsachen, Vorgänge oder Verhältnisse, die auf den Tagesstrazzen festgehalten sind, stehen daher in keinem Zusammenhang mit dem eingeleiteten Finanzstrafverfahren gegen den Kunden, für das das Bankgeheimnis aufgehoben ist, geschweige denn in dem von § 89 Abs 4 zweiter Satz FinStrG als Beschlagnahmevoraussetzung geforderten unmittelbaren Zusammenhang. Daran ändert sich auch nichts, sollte der Gegenstand (Tagesstrazzen und zugehöriger Microfilm) aus technischen Gründen nur als Einheit beschlagnahmbar sein. Der geforderte unmittelbare Zusammenhang muß nämlich zum Gegenstand der Beschlagnahme bestehen und nicht nur zu einem, wenn auch untrennbaren Teil dieses Gegenstandes; dies auch iSd Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet, daß der Geheimnisschutz der anderen Kunden dem öffentlichen Interesse an einem bloß negativen Kontrollbeweis im Finanzstrafverfahren gegen einen Kunden geopfert wird; dies umso weniger, als der Finanzstrafbehörde die Möglichkeit der Erzwingung von Aussagen durch die für die Bank tätigen Personen als Aufklärungsmittel ebenso zur Verfügung steht wie die Erzwingung der Durchsetzung der Editionspflicht dieser Zeugen. Das im Fall einer Durchbrechung des Bankgeheimnisses an seine Stelle tretende Amtsgeheimnis ist ersterem nicht gleichwertig, da die Verläßlichkeit der Geheimhaltung mit der Zahl der Geheimnisträger abnimmt.

(Bespr AnwBl 5/1991, 285 - 287)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990140112.X04

Im RIS seit

19.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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