TE Vfgh Erkenntnis 2003/11/27 B813/02

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Veröffentlicht am 27.11.2003
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 1.962,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Aus Anlass einer am 16. Dezember 1999 von der Bundespolizeidirektion Wels beim Beschwerdeführer vorgenommenen DNA-Untersuchung (Mundhöhlenabstrich) begehrte dieser, ihm eine Auswertung der DNA-Analyse zu überlassen.

Da dieser Antrag nicht fristgerecht erledigt wurde, stellte der Beschwerdeführer am 19. Juni 2000 gemäß §73 Abs1 AVG den Antrag auf Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich sowie - in weiterer Folge - am 7. Februar 2001 den Antrag auf Übergang der Entscheidungszuständigkeit an den Bundesminister für Inneres.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 gab der Bundesminister für Inneres dem Devolutionsantrag statt und wies unter einem den Antrag auf Erhalt einer schriftlichen Ausfertigung des Ergebnisses der DNA-Untersuchung gemäß §79 Abs2 Sicherheitspolizeigesetz (im Folgenden: SPG) ab.

1.2. Am 20. Mai 2001 erhob der Einschreiter Beschwerde an die Datenschutzkommission und stellte insbesondere den Antrag, "die Verletzung des Antragstellers im Recht auf Auskunftserteilung festzustellen, und zwar insbesondere dadurch, dass weder von der Bundespolizeidirektion Wels, noch vom Bundesminister für Inneres das Auskunftsbegehren innerhalb der in §26 Abs4 DSG [Datenschutzgesetz 2000] bestimmten Frist einer Erledigung zugeführt wurde, sowie dadurch, dass die beantragte Überlassung einer Auswertung der DNA-Untersuchung bzw. eines Gleichstücks des dabei aufgenommenen Filmstreifens nicht erfolgte". In einem ergänzenden Schriftsatz vom 17. Juli 2001 beantragte der Beschwerdeführer "die Hinwirkung" seitens der Datenschutzkommission auf die beantragte Auskunftserteilung.

1.3. Diesen Antrag wies die Datenschutzkommission mit Bescheid vom 15. März 2002 ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass DNA-Profile gemäß §64 Abs4 SPG erkennungsdienstliche Daten seien, die (nur) in der Erkennungsdienstlichen Evidenz nach §75 SPG verarbeitet werden. Gemäß §80 leg. cit. sei aber das Auskunftsrecht des §11 Datenschutzgesetz 1978 - bzw. nunmehr des §26 Datenschutzgesetz 2000 - auf erkennungsdienstliche Daten, die gemäß den §§70 oder 75 SPG verarbeitet werden, nicht anzuwenden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung - des §80 SPG - behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheids beantragt wird.

3. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 12. Dezember 2002 beschlossen, gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "§11 und" in §80 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991, von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erkenntnis vom 29. September 2003, G385/02, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass diese Wortfolge verfassungswidrig war.

4. Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheids die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesstelle angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,-- enthalten.

6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B813.2002

Dokumentnummer

JFT_09968873_02B00813_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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