TE Vfgh Beschluss 2004/2/23 B1404/03 ua

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Veröffentlicht am 23.02.2004
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Index

97 Vergabewesen
97/01 Vergabewesen

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Gegenstandslosigkeit
AVG §8
BundesvergabeG 2002
VfGG §86

Leitsatz

Einstellung des Verfahrens betreffend eine Beschwerde gegen die Abweisung von Anträgen auf Zuerkennung der Parteistellung in einem Nachprüfungsverfahren mangels Beschwer infolge Einstellung des zugrunde liegenden Nachprüfungsverfahrens

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Bundesbeschaffung GmbH hat einen Rahmenvertrag über die "Lieferung von (Fach)Zeitschriften, (Fach)Büchern, Tageszeitungen, elektronischen Medien und anderen Periodika" im offenen Verfahren gemäß §23 Abs2 iVm §24 Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG) EU-weit ausgeschrieben. Die beschwerdeführende Gesellschaft hat sich an dieser Ausschreibung durch Legung eines Angebotes beteiligt.

Noch vor Abgabe dieses Angebotes beantragten zwei Gesellschaften beim Bundesvergabeamt (BVA) die Nichtigerklärung der (gesamten) Ausschreibung samt aller bisher erfolgten Berichtigungen sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Auftraggeber untersagt werden sollte, auf Basis der angefochtenen Ausschreibung das Vergabeverfahren fortzuführen, insbesondere Angebote entgegenzunehmen, die Angebotsöffnung durchzuführen und einen Zuschlag zu erteilen. In der Folge wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft seitens der vergebenden Stelle mitgeteilt, dass die Angebotsöffnung auf unbestimmte Zeit verschoben werde.

Mit Antrag vom 22. August 2003 stellte die beschwerdeführende Gesellschaft in den bezogenen Nachprüfungsverfahren den Antrag auf Zulassung als Partei gemäß §8 AVG. Mit Bescheiden vom 30. September 2003 wurden diese Anträge abgewiesen.

2. Gegen diese Bescheide wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der beschwerdeführenden Gesellschaft in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der Bescheide begehrt wird.

3. Das Bundesvergabeamt hat mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2003, Z05V-18/03-2, mitgeteilt, dass die verfahrenseinleitenden Anträge zurückgezogen und die Nachprüfungsverfahren in der Folge eingestellt wurden.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat die beschwerdeführende Gesellschaft in sinngemäßer Anwendung des §86 VfGG aufgefordert, bekanntzugeben, ob sie sich nach Einstellung der Nachprüfungsverfahren durch die bekämpften Bescheide (noch immer) beschwert erachten würde.

5. In ihrer Stellungnahme vom 9. Februar 2004 hält die beschwerdeführende Gesellschaft ihre gestellten Anträge aufrecht.

Unter anderem führt die beschwerdeführende Gesellschaft aus:

"Konsequenz der Einstellung der Nachprüfungsverfahren ist nämlich lediglich, dass in den betreffenden Nachprüfungsverfahren kein Bescheid der belangten Behörde in der Sache selbst mehr ergehen kann. Der Teilnahmeantrag der Beschwerdeführerin war jedoch auf Zulassung als Partei des Verwaltungsverfahrens nach §8 AVG gerichtet. Durch die abweisenden Bescheide hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Zulassung als Verfahrenspartei und folglich die Ausübung ihrer Parteirechte versagt. Neben dem Recht auf rechtliches Gehör und auf Bescheidzustellung umfassen die Parteirechte gemäß §8 AVG insbesondere auch das subjektive prozessuale Recht auf Akteneinsicht gemäß §17 AVG. Einen derartigen Antrag auf Akteneinsicht gemäß §17 AVG hat die Beschwerdeführerin in ihren Teilnahmeanträgen auch ausdrücklich gestellt. Solange der Bescheid der belangten Behörde aber dem Rechtsbestand angehört, wird der Beschwerdeführerin die Parteistellung versagt und demnach die Ausübung der Akteneinsicht vereitelt.

Durch Aufhebung der angefochtenen Bescheide kann daher eine Veränderung der Rechtsstellung der Beschwerdeführerin dahingehend erreicht werden, dass diese ihr Recht auf Akteneinsicht ausüben kann. Die in der Beschwerde behaupteten Rechtsverletzungen der Beschwerdeführerin wirken daher weiter fort."

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass ein Beschwerdeverfahren dann als gegenstandslos einzustellen ist, wenn selbst eine den angefochtenen Bescheid aufhebende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs keine Änderung der Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft (mehr) zu bewirken vermag, sodass durch den angefochtenen Bescheid auch keine fortwirkende Verletzung der geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte oder sonstiger Rechte durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm gegeben sein kann

(VfSlg. 15.209/1998).

Mit den bekämpften Bescheiden wurden Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Zuerkennung der Parteistellung in näher bezeichneten Nachprüfungsverfahren abgewiesen. Eine allfällige Aufhebung dieser Bescheide könnte per se nicht die Parteistellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nach sich ziehen (vgl. schon den Beschluss des VfGH vom 22. Oktober 2003 in dieser Rechtssache), sondern wäre eine solche überhaupt erst die Folge einer allfälligen stattgebenden Entscheidung des BVA im fortgesetzten Verwaltungsverfahren. Eine solche meritorische Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung wäre dem BVA nach erfolgter Einstellung des zugrunde liegenden Nachprüfungsverfahrens aber jedenfalls verwehrt: Voraussetzung für die Einräumung der Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren ist nämlich, dass ein solches überhaupt (noch) anhängig ist.

Selbst bei Aufhebung der bekämpften Bescheide könnte die beschwerdeführende Gesellschaft nunmehr die von ihr angestrebte Stellung als Partei nicht erlangen. Sie ist deshalb durch die angefochtenen Bescheide nicht mehr beschwert. Die Beschwerde war daher als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren hierüber in sinngemäßer Anwendung des §86 VfGG einzustellen (vgl. zB VfSlg. 12.503/1990, 15.209/1998).

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z3 VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Kosten waren nicht zuzusprechen, weil eine Klaglosstellung iSd §88 VfGG nicht vorliegt (vgl. zB VfSlg. 15.209/1998 mwN und 15.310/1998).

Schlagworte

Vergabewesen, Verwaltungsverfahren, Parteistellung, VfGH / Gegenstandslosigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B1404.2003

Dokumentnummer

JFT_09959777_03B01404_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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