RS Vfgh 1987/2/26 A2/86

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Veröffentlicht am 26.02.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art104 Abs2
B-VG Art137
FAG 1967 §1 Abs3

Leitsatz

Klage des Landes Oberösterreich gegen den Bund

Rechtssatz

Klage des Landes Oberösterreich gegen den Bund auf Erstattung von Kosten, die dem Land durch Heranziehung nicht landeseigener Kräfte zur Leistung von Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsarbeiten bei der Besorgung von Bauaufgaben in "Auftragsverwaltung" (Art104 Abs2 B-VG) entstanden sind.

Der geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch wurzelt - unbestritten ausschließlich im öffentlichen Recht (vgl. 5789/1968).

Verfehlt ist nun zunächst die Rechtsansicht der klagenden Partei, es seien unter den kraft Art104 Abs2 Satz 3 B-VG dem Land auferlegten "Kosten" zwar der Personal- und Amtssachaufwand für alle vom Bund übertragenen (abgegebenen) Geschäfte zu verstehen, nicht aber Werklöhne etc für Dritte, deren sich der Landeshauptmann bei der Projektierung, Bauleitung und Bauführung bediene. Die beklagte Partei weist nämlich zutreffend darauf hin, daß eine derartige Rechtsmeinung im klaren Wortlaut des Art104 Abs2 Satz 3 B-VG keinerlei Deckung findet; sie widerspricht vielmehr den Gesetzesmaterialien, denn nach dem 63. Protokoll der 5. Sitzung des Verfassungsunterausschusses vom 6.11.1929 ist das Motiv für die Schaffung der zu deutenden Regelung darin zu sehen, daß ein Land mitunter zur Besorgung der übertragenen Aufgaben mit eigenen Kräften, dh. mit Landesbeamten, nicht imstande sei und daher Dritte heranziehe, wofür ihm Kosten erwüchsen: "Solche Kosten sollten dem Land ersetzt werden" (Berchtold, Die Verfassungsreform von 1929, Braumüller 1979, Teil II, S 171). Allein schon aus diesen Gründen vermag der Verfassungsgerichtshof die in der Klageschrift ausgebreiteten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der hier maßgebenden finanzausgleichsgesetzlichen Vorschriften (: §1 Abs3 FAG 1967 und entsprechende Folgebestimmungen) - aus der Sicht dieses Rechtsfalls - nicht zu teilen, und zwar auf dem Boden der Rechtsauffassung, daß die vorgesehene pauschalierte Abgeltung der in Besorgung der "Auftragsverwaltung" erwachsenden "Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsausgaben" - wie die beklagte Partei einwendet - sämtliche durch Heranziehung Dritter entstehenden Ausgaben (mit-)umfaßt: Gemäß §1 Abs3 FAG 1967 erhalten nämlich die Länder bei Bauvorhaben nach Abs2, ds. alle in "Auftragsverwaltung" abgewickelten (Art17, 104 Abs2 B-VG), 4 vH des endgültigen Bauaufwandes als Abgeltung für "Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsausgaben".

Daß dieses Pauschale sich jedenfalls auch auf Ausgaben für die Heranziehung dritter Personen zu solchen Arbeiten erstreckt, erhellt schon aus der Wortwahl des FAG; §1 Abs3 FAG 1967 spricht nicht etwa vom "Aufwand", sondern ausdrücklich von "Ausgaben" - die Gehälter der Landesbeamten sind keine Projektierungsausgaben usw - und sieht darüber hinaus eine generelle Pauschalabgeltung derartiger Kosten vor. Für dieses Normverständnis lassen sich nicht zuletzt auch die EB zur RV des FAG 1967 ins Treffen führen, worin im Zusammenhang mit der Umschreibung der gesetzlichen Termini (: Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsausgaben) in keiner wie immer gearteten Weise zwischen landeseigenen Kräften und dritten Personen unterschieden wird. Eine Verdeutlichung der im hier entscheidenden Punkt inhaltlich unverändert gelassenen Rechtslage brachte schließlich das FAG 1985; es handelt nun zwar vom (den Ländern zu ersetzenden) "Aufwand" ("für die Erfüllung der übertragenen Projektierungs-, Bauaufsichts-, Bauoberleitungs-, Bauführungs- und Verwaltungsaufgaben"), sagt aber expressis verbis, daß die Pauschalabgeltung "auch den mit der Heranziehung Dritter zur Besorgung dieser Geschäfte verbundenen Aufwand (umfaßt), soweit die Besorgung nicht durch Personal des Landes vorgenommen wird" (§1 Abs2 Z2).

Der Verfassungsgerichtshof stimmt der beklagten Partei zu, wenn sie die ausführlich begründete Auffassung vertritt, daß die von Architekt DiplIng. Dr. K R vertraglich übernommenen Aufgaben Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungsarbeiten in der Bedeutung des FAG 1967 und seiner Folgebestimmungen sind. Die entsprechenden Honorarzahlungen unterfallen also nach dem Gesagten dem Pauschale des FAG und gehen zu Lasten des Landes.

Die endgültige Tragung des Honorar- und Prozeßkostenanspruchs des Architekten obliegt der klagenden Partei; die Klagsforderung des Landes Oberösterreich nach Rückersatz des vom Bund vorläufig ausgelegten und im weiteren Verlauf - nach Lage des Falls durchaus zulässig (: §1438 ABGB in analoger Anwendung) - kompensationsweise einbehaltenen (Honorar- und Kosten-)Betrags ist nicht gerechtfertigt.

Entscheidungstexte

  • A 2/86
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 26.02.1987 A 2/86

Schlagworte

Privatrecht - öffentliches Recht, Auftragsverwaltung, Finanzverfassung, Finanzausgleich, Privatwirtschaftsverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:A2.1986

Dokumentnummer

JFR_10129774_86A00002_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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