RS Vfgh 1987/6/22 B485/85

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Veröffentlicht am 22.06.1987
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
MuttSchG §§24 f
AlVG §14
MuttSchG §15
AlVG §26
AlVG §56 Abs1
AlVG §58

Leitsatz

Abweisung eines Antrags auf Zuerkennung von Karanzurlaubsgeld mangels Erfüllung der Anwartschaft; gleichheitswidrige Auslegung der §§26 und 14 ArbeitslosenversicherungsG dahingehend, daß die Zeit, während der die Bf. (Hausangestellte) Wochengeld bezogen hat, auf die Anwartschaft für das Karenzurlaubsgeld nicht angerechnet wurde, da der Karenzurlaub keiner "iS des MutterschutzG" sei; Voraussetzung für die Anrechenbarkeit der Zeiten des Wochengeldbezuges ist nicht der Anspruch auf Karenzurlaub, sondern die Inanspruchnahme eines solchen; darunter fällt auch ein freiwillig gewährter Karenzurlaub; Verletzung im Gleichheitsrecht

Rechtssatz

Gemäß §56 Abs1 iVm §58 AlVG ist gegen Entscheidungen des Landesarbeitsamtes in Angelegenheiten des Karenzurlaubsgeldes eine weitere Berufung nicht zulässig. Der Instanzenzug ist somit erschöpft.

Es wäre sachlich nicht zu rechtfertigen, Hausangestellten, die an sich dem Geltungsbereich des AlVG unterliegen und die Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu entrichten haben (bzw. für die solche Beiträge zu entrichten sind), von einem keineswegs nur unwesentlichen Teil der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, nämlich der Zahlung eines Karenzurlaubsgeldes während des gewährten Karenzurlaubes, auszunehmen (vgl. auch VfSlg. 9372/1982).

Gleichheitswidrige Abweisung des anläßlich der zweiten Entbindung gestellten Antrages einer Hausangestellten auf Karenzurlaubsgeld mangels Erfüllung der Anwartschaft (§26 iVm §14 Abs2 AlVG).

Keine Anrechnung der Zeit des Wochengeldbezuges auf die Anwartschaft (§14 Abs4 litc AlVG) mit der Begründung, der vom Dienstgeber gewährte Karenzurlaub sei keiner "im Sinne des MSchG", weil gemäß §§24 und 25 MSchG ua. die Bestimmung des §15 MSchG, die den Karenzurlaub regelt, für Dienstnehmerinnen, die ausschließlich zur Leistung von Diensten für die Hauswirtschaft des Dienstgebers oder für Mitglieder des Hausstandes angestellt sind, nicht anzuwenden sind.

Es geht dabei - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - nicht darum, ob es sachlich gerechtfertigt ist, daß für Hausangestellte im Hinblick auf die spezifische Art der Erbringung ihres Dienstes und der Art und Weise des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens in der Hausgemeinschaft §15 MSchG nicht gilt und demnach kein Anspruch auf einen Karenzurlaub besteht; vielmehr geht es hier um die Frage, ob diese Sonderregelung des MSchG für Hausangestellte Auswirkungen auf den Anspruch auf Karenzurlaubsgeld gemäß AlVG haben darf, wenn der Hausangestellten vom Dienstgeber, ohne daß er dazu verpflichtet wäre, ein Urlaub gegen Karenz der Bezüge gewährt wird.

Gleichheitswidrige Auslegung der §§26 und 14 AlVG.

Die belangte Behörde hat §14 Abs4 litc AlVG dahin verstanden, daß eine Anrechnung der Zeit des Wochengeldbezugs, falls das Beschäftigungsverhältnis nicht anschließend an den Wochengeldbezug fortgesetzt wird, nur in Frage kommt, wenn ein Anspruch auf Karenzurlaub gemäß §15 MSchG gegeben ist. Hätte die Behörde diese Bestimmung nach dem System und nach der Teleologie der Regeln über die Anwartschaft ausgelegt, so hätte sie erkennen müssen, daß Voraussetzung für die Anrechenbarkeit der Zeiten des Wochengeldbezuges nicht der Anspruch auf einen Karenzurlaub, sondern die Inanspruchnahme eines solchen ist. Es liegt nun keineswegs außerhalb des möglichen Wortsinnes dieser Bestimmung, ihr auch jene Fälle zu unterstellen, in denen ein Karenzurlaub auf Grund freiwilliger Gewährung durch den Arbeitgeber in Anspruch genommen wurde.

Hätte die Behörde die Frage, ob im vorliegenden Fall die Zeit des Wochengeldbezuges in die Anwartschaftszeit gemäß §14 Abs2 AlVG einzurechnen ist, im Rahmen des möglichen Wortsinnes der wiedergegebenen Bestimmung den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes entsprechend beantwortet, so hätte sie zum Ergebnis gelangen müssen, daß diese Zeit dann einzurechnen ist, wenn - wie im vorliegenden Fall - anschließend an den Wochengeldbezug ein vom Dienstgeber gewährter Karenzurlaub in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn nach der Regelung des MSchG auf diesen Karenzurlaub kein Rechtsanspruch besteht.

Voraussetzung für die Anrechenbarkeit ist nicht der Anspruch auf Karenzurlaub, sondern die Inanspruchnahme.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Arbeitslosenversicherung, Arbeitsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B485.1985

Dokumentnummer

JFR_10129378_85B00485_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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