RS Vfgh 1988/3/2 V12/87

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Veröffentlicht am 02.03.1988
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
LiegenschaftsteilungsG §13 ff, §28
Dienstbuch für die Führung der öffentlichen Bücher (Grundbuchsvorschrift). Erlaß vom 01.03.30. JABl 2/1930 §159 Abs2
GBG §22
Geo (Geschäftsordnung für die Gerichte I) und II. Instanz, §461 Abs2

Leitsatz

Dienstbuch für die Führung der öffentlichen Bücher (Grundbuchsvorschrift), Erlaß vom 1. März 1930, JABl. 2/1930; §159 Abs2 keine normative Bedeutung; Regelung wird auch dann nicht zur Rechtsverordnung, wenn sich die Norm, die sie normativ wiederholt, als verfassungs-(gesetzwidrig) erweist; Zurückweisung des Antrages mangels Prüfungsgegenstand Absehen des Richters von der Herstellung des ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes wegen unverhältnismäßiger Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Durchführung - keine gesetzliche Deckung in §28 Abs1 LiegenschaftsteilungsG

Rechtssatz

Zurückweisung des Gerichtsantrages auf Aufhebung des §159 Abs2 der Grundbuchsvorschrift.

Das Dienstbuch über die Führung der öffentlichen Bücher (Grundbuchsvorschrift) ist nur einer privaten Gesetzesausgabe gleichzuhalten, die den richterlichen und nicht richterlichen Beamten die Aneignung der neuen Vorschriften ermöglichen soll.

Dazu kommt, daß §159 Abs2 GV lediglich eine narrative (belehrende) Wiedergabe des (ebenfalls angefochtenen) §461 Abs2 Geo. darstellt; inhaltlich unterscheidet sich der Erlaß nicht von den Festlegungen des §461 Abs1 Geo. §159 Abs2 GV kommt nach all dem nicht der Charakter einer Rechtsverordnung zu (vgl. insbesondere VfSlg. 8648/1979, 8649/1979). Kommt §159 Abs2 GV keine normative Bedeutung zu, dann wird die Regelung auch dann nicht zur Rechtsverordnung, wenn sich die Norm, die sie narrativ nur wiederholt, später als verfassungs-(gesetz-)widrig erweist (was bloß mit der Wirkung verbunden wäre, daß die Belehrung falsch ist).

Prüfung des §461 Abs2 GeO (Absehen des Richters von der Herstellung des ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes).

Das GBG verbindet mit dem "Anerkenntnis des außerbücherlichen Eigentums" nicht mehr als §22 GBG ausdrücklich aussagt, nämlich daß der letzte Übernehmer unmittelbar die Eintragung seines Rechtes beantragen kann, nicht aber, daß die bücherliche Eintragung des außerbücherlichen übertragenen Eigentums überhaupt unterbleiben kann; das läßt aber lediglich auf die Absicht des Gesetzgebers auf möglichste Vereinfachung des Verfahrens der Herstellung des ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes schließen. Von ähnlichen Überlegungen ist offensichtlich auch §13 ff LTG betreffend die Abschreibung geringwertiger Trennstücke getragen. Weder §22 GBG noch §13 LTG erlauben jedoch den Schluß, daß der Gesetzgeber auf die eheste Herstellung eines ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes auch nur vorübergehend verzichte.

Aufhebung des §461 Abs2 GeO (Absehen des Richters von der Herstellung des ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes) wegen Widerspruchs zu §28 LiegenschaftsteilungsG.

§28 Abs1 LTG ist dem Sinn nach eindeutig; nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes widerspricht dieser Sinn auch nicht dem Gleichheitssatz.

Der Hinweis, daß §461 Abs2 Geo. ohnedies keinen endgültigen Verzicht auf die Durchführung des Verfahrens nach §28 LTG bedeute, ändert nichts daran, daß die angefochtene Bestimmung im Wortlaut des §28 LTG keine Deckung findet; denn selbst wenn das Gesetz erlauben, ja sogar gebieten sollte, daß bei der Abwicklung des Verfahrens gegen einen säumigen Erwerber auf Umstände, die einer Herstellung des ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes hindernd entgegenstehen, Bedacht zu nehmen wäre (vgl. hiezu OGH 13.10.1896, GlU 15864 (wenn diese Entscheidung auch zu einer früheren Gesetzeslage ergangen ist)), könnte auch ein solches Verständnis des §28 LTG keinen Gesetzesinhalt bewirken, der für die angegriffene Bestimmung (Absehen des Richters von der Herstellung des ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes) wegen unverhältnismäßiger Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Durchführung eine gesetzliche Deckung bieten würde. Es handelt sich um etwas wesensmäßig anderes, ob das Gesetz dem Buchgericht erlaubt, von einem Verfahren, das die Herstellung eines ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes zum Ziel hat, dann Abstand zu nehmen, wenn die Strittigkeit der Anspruchslage einen unsicheren Rechtsstreit zumuten würde, oder ob - wie in der Verordnung vorgesehen - das Buchgericht auf die Herstellung eines ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes schon wegen der Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Durchführung verzichten könnte; für letzteres Verständnis bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt.

Aufhebung des §461 Abs2 GeO (Absehen des Richters von der Herstellung des ordnungsgemäßen Grundbuchsstandes) wegen Widerspruchs zu §28 LiegenschaftsteilungsG.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Prüfungsgegenstand, Verordnung, RechtsV, VerwaltungsV, Geschäftsverteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:V12.1987

Dokumentnummer

JFR_10119698_87V00012_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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