RS Vfgh 1988/6/10 B384/87

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 10.06.1988
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
AVG 1950 §68 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung wegen entschiedener Sache; unveränderte Rechtslage; keine Änderung des maßgebenden Sachverhalts; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Willkür

Rechtssatz

Selbst eine inhaltliche Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides im Sachverhaltsbereich bedeutet keine Verletzung des geltend gemachten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. Wie der Verfassungsgerichtshof (zB VfSlg. 10611/1985) aussprach, ist (bei unveränderter Rechtslage) die Frage, ob sich die für den früheren Bescheid maßgebend gewesene Sachlage derart geändert hat, daß die Erlassung eines neuen Bescheides in Betracht kommt, durch Messen des bestehenden Sachverhaltes an der dem früheren Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung vor ihrem normativen Hintergrund zu beantworten, und zwar nach derselben Methode, mit der er im Falle einer neuen Sachentscheidung an der Norm selbst zu messen wäre. Dieser Vorgang gleicht der Lösung der Sachfrage so sehr, daß er auch wie diese behandelt werden muß. Hat sich also die zu-tändige Behörde zu Recht mit der Frage beschäftigt, ob nach Rechtskraft einer Entscheidung eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eine neue Entscheidung rechtfertigt und diese Frage verneint, so berührt eine allfällige Unrichtigkeit ihres Urteils das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter im allgemeinen ebensowenig wie eine unrichtige Ansicht über die bindende Wirkung einer anderen behördlichen Erledigung (VfSlg. 6740/1972, 7144/1973, 7972/1976 und 8214/1977) oder die Zulässigkeit der Wiederaufnahme eines Verfahrens (VfSlg. 7865/1976).

Die Behörde hat nicht denkunmöglich angenommen, es liege hier entschiedene Sache vor. Vielmehr ist die Begründung des angefochtenen Bescheides durchaus plausibel. Die maßgebende Rechtslage hatte sich seit Erlassung des ersten Bescheides nicht geändert. Das dem nun bekämpften Bescheid vorangegangene Ermittlungsverfahren war zumindest nicht grob mangelhaft. Die Behörde konnte aufgrund dieses Ermittlungsverfahrens vertretbar annehmen, daß sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht geändert habe, daß nämlich die Liegenschaft nach wie vor von einem Landwirt als Wiese (also "landwirtschaftlich") genutzt wird, daß sie durch den beabsichtigten Eigentumserwerb diese Nutzung verlieren würde und daß gerade in dem Bereich, in dem sie liege, allgemein ein Aufstockungs- und Arrondierungsbedürfnis für bäuerliche Betriebe bestehe. Ob ein konkreter anderer Kaufinteressent seit Erlassung des ersten Bescheides weggefallen ist, kann wenigstens denkmöglich als Änderung einer Tatsache betrachtet werden, die für die Entscheidung unwesentlich ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bescheid, Bescheid Rechtskraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B384.1987

Dokumentnummer

JFR_10119390_87B00384_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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