RS Vfgh 1988/10/1 V30/88, V31/88

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Veröffentlicht am 01.10.1988
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27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
GO der Rechtsanwaltskammer für Wien. Niederösterreich und das Burgenland und deren Ausschuß. Österreichisches Awaltsblatt Jahrgang 1974. Heft 7
DSt 1872 §12 litd
RAO §28 lith
RAO §34 Abs3
VfGG §82

Leitsatz

Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer Wien; Erweiterung der gesetzlich vorgesehenen Fälle der Bestellung eines mittlerweiligen Stellvertreters für einen Rechtsanwalt für den Fall des disziplinären Verlustes der Berufsberechtigung ohne gesetzliche Grundlage - Wendung "und d" im §43 Abs1 gesetzwidrig

Rechtssatz

Aufgrund der Verwaltungsakten steht fest, daß eine gesonderte Erledigung des Kammerausschusses, welche die Behandlung der an den Beteiligten gerichteten Post betrifft, nicht erging. Der Beschwerde, bei deren Wertung bezüglich des Beschwerdegegenstandes - wie aus §82 VfGG abzuleiten ist - es ausschließlich auf den Parteiwillen ankommt, liegt sohin bezüglich der angefochtenen "Postumleitung" kein taugliches Substrat zugrunde. Zurückweisung der Beschwerde. - Dementsprechend erweist sich auch das Verordnungsprüfungsverfahren in diesem Umfang als unzulässig und ist daher einzustellen.

Die Wendung "und d" im §43 Abs1 der GO für die RAK Wien und deren Ausschuß (kundgemacht als "GO für die RAK für Wien, Niederösterreich und das Burgenland und deren Ausschuß" im Österreichischen Anwaltsblatt Jahrgang 1974, Heft 7) wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Nach §§28 lith und 34 Abs3 RAO bieten ausschließlich außerhalb der Disziplinarbehandlung eines Rechtsanwaltes liegende Umstände Anlaß, einen mittlerweiligen Stellvertreter zu bestellen. Im Gesetz findet sich nirgends ein Anhaltspunkt für die Annahme, daß es an das Ergebnis eines Disziplinarverfahrens - außer der Streichung von der Liste käme hier auch die befristete Einstellung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Betracht - anknüpfen und jenes gleichsam in der administrativrechtlichen Sphäre vervollständigen will.

Während §34 Abs3 RAO die Ausübung der Rechtsanwaltschaft hindernde Umstände mit der Stellvertreterbestellung verbindet, verweist Abs4 leg. cit. bezüglich des disziplinären Verlustes der Berufsberechtigung bloß auf die Disziplinarvorschriften, ohne jedoch den im Hinblick auf die voranstehende Regelung naheliegenden Bezug zu einer mittlerweiligen Stellvertretung herzustellen.

Es liegt keine planwidrige, durch Analogie zu schließende Lücke des Gesetzes vor. Es ist offenkundig, daß die Ursache für diese in rechtspolitischer Hinsicht festzustellende Disharmonie in der bis zur Gegenwart unterlassenen Anpassung der RAO an das Disziplinarstatut als späteres Gesetz zu finden ist.

Aufhebung der Wendung "und d" in §43 Abs1 der GO für die RAK für Wien, Niederösterreich und das Burgenland, Österreichisches Anwaltsblatt Jahrgang 1974, Heft 7; die Bestellung eines mittlerweiligen Stellvertreters auch im Fall der Verhängung einer Disziplinarstrafe gemäß §12 litd DSt 1872 ist in §28 lith und §34 Abs3 RAO nicht gedeckt.

Entscheidungstexte

  • V 30,31/88
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 01.10.1988 V 30,31/88

Schlagworte

Auslegung eines Antrages, Bescheidbegriff, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, VfGH / Gegenstandslosigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:V30.1988

Dokumentnummer

JFR_10118999_88V00030_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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