TE Vfgh Beschluss 2004/6/30 V58/03

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Veröffentlicht am 30.06.2004
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8500 Straßen

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Stmk LStVG 1964 §8 Abs3
Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Mitterdorf im Mürztal vom 30.10.95 betreffend Auflassung eines öffentlichen Gutes

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Verordnung betreffend Umwandlung von öffentlichem Gut in Gemeindevermögen mangels Legitimation; Zugang zum Grundstück der Antragsteller nicht verschlossen

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Mitterdorf im Mürztal erließ am 30. Oktober 1995 folgende durch Anschlag an der Amtstafel vom 31. Oktober 1995 bis 29. November 1995 kundgemachte Verordnung:

"Gemäß §8 Abs3 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964, LGBl. Nr. 154/1964, wird jener Teil des öffentlichen Gutes des Grundstückes 135/27 KG Mitterdorf, welcher durch die gedachte Verlängerung der östlichen Grundgrenze des Grundstückes .420 bis zur Grundgrenze Grundstück 135/31 und Grundstück 133/2 gebildet wird, als solches aufgelassen und in freies Gemeindevermögen umgewandelt.

Dieser Verordnung liegt der Katasterplan Mappenblatt 6927-23/4 zugrunde, in welchem die künftige östliche Grundgrenze eines neuzubildenden Grundstückes eingezeichnet ist.

Allfällige Sonderrechte an diesem öffentlichen Gut sind innerhalb von 4 Wochen der Gemeinde nachzuweisen."

Gegen diese Verordnung wenden sich die Antragsteller, welche auf den in ihrem Eigentum befindlichen Liegenschaften .56/9, 132/7 und 132/6, KG Mitterdorf, ein Schotter- und Sandunternehmen, ein Erdbewegungsunternehmen und ein Transportunternehmen betreiben, mit dem auf Art139 B-VG gestützten Antrag, die Verordnung zur Gänze aufzuheben. Die Einschreiter führen aus, dass ihnen das Befahren des Gemeindegrundstücks 135/27, das (in Verbindung mit einem verbücherten Dienstbarkeitsweg auf einem Grundstück des Landes Steiermark) als Zu- und Abfahrt zu und von ihren Liegenschaften diente, aufgrund privatrechtlicher Zusagen des seinerzeitigen Bürgermeisters bereits in den Jahren um 1960 erlaubt gewesen und der Weg von ihnen über den Gemeingebrauch hinaus benützt worden sei. Das Grundstück sei ursprünglich als öffentliches Gut im Grundbuch eingetragen gewesen. Im Jahre 1991 habe der Bürgermeister das (nach eigenen Worten) "seinerzeit erteilte Überfahrtsrecht" widerrufen. Deshalb seien mehrere Gerichtsverfahren anhängig.

Ihre Antragslegitimation begründen die Einschreiter damit, dass

"... diese Verordnung einerseits nur als Anlassfall und ausschließlich zur Erschwerung der Zufahrt und Rechtsposition und individuell gegen die Einschreiter erlassen wurde, andererseits den Einschreitern auch Sonderrechte - im Sinne des letzte Absatzes der Verordnung vom 30.10.1995 - zustehen, welche nicht berücksichtigt wurden.

Nachdem die Antragsteller im Zusammenhalt mit den Erklärungen der Gemeinde, dass ein über den Gemeingebrauch hinausgehendes individuelles Recht besteht bzw nach Ansicht der Gemeinde bestanden hat, der Fahrverkehr auch ausschließlich für die Einschreiter über das gegenständliche Grundstück erfolgt ist, ist eine aus Landesstraßenverwaltungsgesetz schützenswerte Rechtsposition der Antragsteller ableitbar."

Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verordnung äußern die Einschreiter dahingehend, dass nicht eine Auflassung des betroffenen Grundstückes als Straße bewirkt worden, sondern nur die Umwandlung von öffentlichem Gut in Gemeindevermögen erfolgt sei, wofür §8 Abs3 Stmk. LStVG keine Rechtsgrundlage biete. Die Argumentation der Gemeinde, ein Zugang zum Grundstück der Antragsteller sei ohnehin durch den Dienstbarkeitsweg über das Grundstück .56/7 von der Rittistraße (Grundstück 667/2) aus möglich, treffe nicht zu: Nach der Eigenart der verwendeten Lastwagenzüge sei es unvermeidbar, dass diese "im Sinne eines Kreisverkehrs" auch über das von der Verordnung betroffene Grundstück fahren müssten, weil das Umdrehen und auch ein Hinausfahren von der eigenen Liegenschaft auf die Rittistraße mit den verwendeten längeren Lastwagenzügen nicht zu bewältigen sei. Es liege daher ein Verstoß gegen §8 Abs5 Stmk. LStVG vor, wonach durch Auflassung einer Gemeindestraße das Recht der Anlieger auf Wahrung des Zuganges nicht beeinträchtigt werden darf. Die Verordnung sei zudem mit einem Kundmachungsmangel behaftet, da der einschlägige Teil des Katasterplans nicht mit dem Verordnungstext kundgemacht worden sei.

Der Gemeinderat stellt die Antragslegitimation der Einschreiter in Abrede und beantragt, der Anfechtung keine Folge zu geben.

II. Der Antrag ist unzulässig:

Die Antragsteller sind sich nicht im Klaren darüber, welche - sie beschwerende - Wirkung die angefochtene Verordnung auf ihre Rechtssphäre überhaupt haben soll. Soweit sie sich nämlich auf ein ihnen eingeräumtes (privates) Benützungsrecht berufen, würde ein solches durch die Umwandlung von öffentlichem Gut in Gemeindevermögen (wie der letzte Satz der Verordnung zudem ausdrücklich klarstellt) nicht berührt. Soweit die Verordnung aber - als Auflassung eines dem Verkehr gewidmeten öffentlichen Gutes - den Gemeingebrauch beenden soll, der nach eigenen Angaben der Einschreiter allerdings im wesentlichen von ihnen selbst ausgeübt wurde, steht den Antragstellern kein subjektives (öffentliches) Recht auf dessen Beibehaltung zu. Zwar räumt §8 Abs5 Stmk. LStVG Anliegern das Recht auf Zugang zu ihrem Grundstück ein (indem es die Auflassung nur bei oder unter Wahrung des Zuganges vorsieht), doch behaupten die Antragsteller selbst nicht, dass ihnen mit der Auflassung der Straße der Zugang (die Zufahrt) zu ihrem Grundstück verschlossen wäre. Vielmehr zeigt der von ihnen vorgelegte Plan, dass ihr Grundstück 132/7 an die Rittistraße angrenzt (und an anderer Stelle durch einen Servitutsweg gleichfalls mit der Rittistraße verbunden ist).

Dass der von den Antragstellern gewünschte Durchgangsverkehr von der Rittistraße (über den Servitutsweg) zu ihren Anlagen und sodann über ein Grundstück des Landes und jenes der Gemeinde (welch letzteres hier in Rede steht) weiter in die Banhansstraße - soweit er auf Gemeingebrauch beruhte - nicht mehr möglich ist, mag sich zwar wirtschaftlich nachteilig auswirken (und zu Vorkehrungen auf eigenem Grund zwingen), bleibt aber eine bloße Reflexwirkung. Weder das Eigentums- oder ein sonstiges Recht der Antragsteller in bezug auf den Standort ihres Gewerbebetriebes, noch eine die Stellung von Anliegern regelnde Vorschrift räumt ihnen eine Rechtsposition ein, die durch die allfällige Auflassung des Gemeingebrauchs auf dem in Rede stehenden Grundstück der Gemeinde berührt würde (vgl. VfSlg. 8060/1977, 8670/1979, 8984/1980, 9309/1981, 9721/1983, 10.423/1985, 14.275/1995 und 15.871/2000).

Welche Wirkungen die angefochtene Verordnung für die Antragsteller haben sollte, wenn ihr Vorwurf zuträfe, es sei gar keine Straße aufgelassen, sondern nur öffentliches Gut in Gemeindevermögen umgewandelt worden, ist vollends unerfindlich.

Der Antrag erweist sich somit schon mangels Betroffenheit der Einschreiter als unzulässig. Bei dieser Sachlage ist nicht mehr zu prüfen, ob allfällige Wirkungen nicht nur in bereits anhängigen Verfahren auftreten.

III. Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).

Schlagworte

Straßenverwaltung, Interessentenweg, Widmung, VfGH / Individualantrag, Nachbarrechte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:V58.2003

Dokumentnummer

JFT_09959370_03V00058_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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