RS Vfgh 1990/3/15 B758/88, B759/88

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Veröffentlicht am 15.03.1990
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39 Völkerrechtliche Verträge
39/03 Doppelbesteuerung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz - Verw.akt
BAO §292
BAO §299 Abs4
Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Portugal, BGBl 85/1972 Art24 Abs3 1. Satz
EStG §102 Abs1

Leitsatz

Keine Gleichheitsverletzung durch Versagung des Verlustabzuges bei Einkünften aus land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit im Rahmen des österreichisch-portugiesischen Doppelbesteuerungsabkommens; keine Unsachlichkeit der Beschränkung der Gleichbehandlung auf dem Gebiet der Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der einzelnen Einkunftsarten auf die gewerblichen Betriebsstättengewinne; Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vom Gleichbehandlungsgebot nicht erfaßt

Rechtssatz

Versagung des Verlustabzuges bei Einkünften aus land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit.

Art24 Abs3 1. Satz des österreichisch-portugiesischen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, BGBl. 85/1972, verpflichtet die Vertragstaaten, ausländische Unternehmen bezüglich ihrer inländischen Betriebstätten nicht ungünstiger zu behandeln als die vergleichbaren inländischen Unternehmen. Im Hinblick auf das EStG 1972 hat die Vorschrift vor allem die praktische Konsequenz, daß beschränkt Steuerpflichtigen die durch den letzten Satz des §102 Abs1 verschlossene Möglichkeit des Verlustabzuges für Verluste aus österreichischen Betriebstätten eröffnet wird.

Die Vorschrift verwendet eine Terminologie ("Betriebstätte", "Unternehmen eines Vertragstaates"), die im Abkommen nur im Zusammenhang mit der Besteuerung von Unternehmensgewinnen (Art7) verwendet wird. Aus der Systematik des Abkommens ergibt sich, daß es sich hiebei um Einkünfte handelt, die keine Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit oder aus freiberuflicher Tätigkeit sind.

Das Gleichbehandlungsgebot der Doppelbesteuerungsabkommen für Betriebstätten hier gemäß Art24 Abs3 1. Satz des österreichisch-portugiesischen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, BGBl. 85/1972, bewirkt typischerweise die Gleichbehandlung von beschränkt Steuerpflichtigen mit unbeschränkt Steuerpflichtigen, die im innerstaatlichen Recht (in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise: VfSlg. 3766/1960, 5276/1966) traditionell unterschiedlichen Besteuerungsregeln unterworfen sind, wobei die Sonderstellung sich im Einzelfall sowohl zu Lasten als auch zugunsten des beschränkt Steuerpflichtigen auswirken kann. Wenn sich der Gesetzgeber entschließt, im Zuge des Abschlusses von Doppelbesteuerungsabkommen diese Ungleichbehandlung in bestimmten Bereichen einzuschränken, so liegt es in seinem rechtspolitischen Ermessen, die Gleichbehandlung nur in Fällen zu gewähren, für die sich ein internationaler Standard herausgebildet hat, sodaß sie von besonderer Bedeutung erscheinen und sich in bilateralen Verhandlungen auch durchsetzen lassen. Die internationale Vertragspraxis auf dem Gebiet der Doppelbesteuerungsabkommen hat nun aber eine Gleichbehandlung im Bereich der einzelnen Einkunftsarten bisher nur auf dem Gebiet der gewerblichen Betriebsstättengewinne für erforderlich gehalten; dies möglicherweise deshalb, weil hier der Wettbewerb zwischen inländischen und ausländischen Unternehmen am ehesten in Erscheinung tritt und eine Ungleichbehandlung zu schwer erträglichen Wettbewerbsverzerrungen führt. Wenn der Gesetzgeber davon ausgeht, daß wirtschaftspolitisch bedenkliche oder international unhaltbare Verzerrungen bei anderen Einkunftsarten - insbesondere bei Einkünften aus unbeweglichem Vermögen, dessen enge Beziehung zum Lagestaat schon in der allgemeinen Vorschrift über die Besteuerung (Art6 des österreichisch-portugiesischen Abkommens) zum Ausdruck kommt - (noch) nicht oder doch nur als Randerscheinung auftreten, ist das nicht unsachlich.

Daß der Bundesminister für Finanzen seiner Rechtsansicht nicht durch Veranlassung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion, sondern im Wege des oberbehördlichen Aufsichtsrechts zum Durchbruch verholfen hat, macht sein Verhalten auch nicht willkürlich.

Entscheidungstexte

  • B 758,759/88
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 15.03.1990 B 758,759/88

Schlagworte

Doppelbesteuerung, Einkommensteuer, Sonderausgaben Steuerpflicht beschränkte, Einkunftsarten Land- und Forstwirtschaft Finanzverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B758.1988

Dokumentnummer

JFR_10099685_88B00758_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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