RS Vfgh 1990/6/13 V192/88

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Veröffentlicht am 13.06.1990
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung B-VG Art18 Abs2 Tir RaumOG §10 Abs1 Tir RaumOG §17 Tir RaumOG §26 Abs4 Tir RaumOG §28 Tir RaumOG §31 Abs3 (idF vor der Nov LGBl 88/1983) Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Seefeld i.T, vom 17.2.1982 betreffend "Klosterstraße Seefeld
Neufestsetzung der Straßenflucht- linien"

Leitsatz

Gesetzmäßigkeit der Neufestsetzung einer Straßenfluchtlinie durch Erlassung einer Gemeindeverordnung; keine Genehmigung der Landesregierung und kein für die Erlassung von Flächenwidmungsplänen vorgesehenes Verfahren erforderlich bei Einstufung der angefochtenen Verordnung als Bebauungsplan; kein Mißbrauch des Planungsermessens; keine Außerachtlassung privater Interessen; keine Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse

Rechtssatz

Nach §31 Abs3 Tir. RaumOG idF vor der Novelle LGBl. für Tirol Nr. 88/1983 ist für die Qualifizierung von Bestimmungen bestehender Verbauungspläne als Festlegung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes maßgeblich, unter welche Regelung dieses Gesetzes die bestehenden Bestimmungen inhaltlich einzuordnen wären.

Die Gemeinde war berechtigt, nach §19 Tir. RaumOG vorzugehen, also gemäß Abs4 lita dieser Gesetzesstelle "hinsichtlich der Erschließung die Straßenfluchtlinien der Verkehrsflächen" und gemäß Abs5 lita "hinsichtlich der Erschließung die Straßengrenzlinien der Verkehrsflächen" bloß in einem Bebauungsplan festzulegen.

Ausgehend davon, daß die Widmung als Hauptverkehrsfläche nach §10 Abs1 Tir. RaumOG dem Flächenwidmungsplan vorbehalten ist und nach §17 leg.cit. Hauptverkehrsflächen jene Verkehrsflächen sind, die der großräumigen Erschließung des Gemeindegebietes und dem Durchzugsverkehr dienen, kommt eine Qualifizierung als Hauptverkehrsfläche unter dem Aspekt, daß die Klosterstraße dem Durchzugsverkehr diene, schon aufgrund ihres Charakters als Sackgasse nicht in Betracht. Das Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Seefeld i.T. vom 17. Februar 1982 betreffend "Klosterstraße Seefeld; Neufestsetzung der Straßenfluchtlinien" gemäß §26 Abs4 Tir. RaumOG einer Genehmigung der Landesregierung bedurft hätte, weil sie als planerische Maßnahme nach den zwingenden Vorschriften einem Flächenwidmungsplan vorbehalten gewesen wäre, trifft somit nicht zu (vgl. VfSlg. 8425/1978).

Bei der angefochtenen Verordnung handelt es sich um den ersten Bebauungsplan, der nach den Vorschriften des am 16. Februar 1972 in Kraft getretenen Tir. RaumOG, LGBl. für Tirol Nr. 10/1972, für das betroffene Gebiet erlassen wurde; der bekämpfte Bebauungsplan vom 17. Februar 1982 hat den Verbauungsplan 1962 für die Klosterstraße in Seefeld i.T. ersetzt. In Fällen der erstmaligen Abänderung eines Verbauungsplanes durch einen Bebauungsplan ist aber - wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl. zB VfSlg. 10711/1985, S. 786, und zuletzt VfGH 1.3.1990 V5/89) - §28 Tir. RaumOG nicht anzuwenden.

Kein Mißbrauch des Planungsermessens bei Erlassung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Seefeld i.T. vom 17. Februar 1982 betreffend "Klosterstraße Seefeld; Neufestsetzung der Straßenfluchtlinien".

Anhand des Sitzungsprotokolles zeigt sich, daß bei der Gemeinderatssitzung vom 1. August 1983 auch Ortsbildrücksichten bei der planerischen Maßnahme mit im Gespräch waren; der Gesamtinhalt des Protokolles erlaubt aber keineswegs den Schluß, daß in Wahrheit dies tragend war, während Verkehrsrücksichten nur vorgeschoben worden seien.

Daß die Gemeinde bei Erlassung der Verordnung dem Vorliegen von privaten Interessen keine Beachtung geschenkt hätte, trifft offenkundig auch nicht zu.

Ob mit der Planungsmaßnahme die beste Lösung getroffen wurde, ist vom Verfassungsgerichtshof, wie er in ständiger Judikatur ausgesagt hat (vgl. VfSlg. 10711/1985), nicht zu untersuchen. Aus dem gesamten Geschehen ist auch offenkundig erkennbar, daß die Gemeindebehörde bei der Verordnungserlassung nicht von irrigen Vorstellungen über die tatsächlichen Verhältnisse ausgegangen ist, sodaß auch aus dieser Sicht nicht der Vorwurf der Unsachlichkeit erhoben werden kann.

Schlagworte

Raumordnung, Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, Verordnungserlassung, Planungsermessen, Gemeinderecht, Aufsichtsrecht (Gemeinde), Genehmigung keine (für Gemeindeverordnung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:V192.1988

Dokumentnummer

JFR_10099387_88V00192_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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