RS Vfgh 1990/6/30 B1156/89

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Veröffentlicht am 30.06.1990
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Index

10 Verfassungsrecht
10/10 Grundrechte, Datenschutz, Auskunftspflicht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb StGG Art5 StGG Art8 MRK Art3 Sbg LandespolizeistrafG §2 VStG §35 litc WaffGG

Leitsatz

Keine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf persönliche Freiheit durch seine Festnahme und Anhaltung; vertretbare Annahme der Lärmerregung; Zulässigkeit der Beschwerde auch gegen das zur Durchsetzung der ausgesprochenen Festnahme erfolgte Zerschlagen einer Fensterscheibe des PKW des Beschwerdeführers; keine Verletzung im Eigentumsrecht und im Recht auf Unterlassung unmenschlicher Behandlung; vertretbare Annahme der Notwendigkeit des Einschlagens der Fensterscheibe mit einem Sonnenschirmständer; zulässiger Waffengebrauch

Rechtssatz

Der einschreitende Gendarmeriebeamte hat die Tat - äußerst lautes Radiospielen (eines Autoradios) zur Nachtzeit auf einem öffentlichen Platz - selbst wahrgenommen. Er konnte vertretbarerweise annehmen, daß der vom Beschwerdeführer erregte Lärm sowohl ungebührlich als auch störend war.

Die Beschädigung des dem Beschwerdeführer gehörenden Autos durch den Gendarmeriebeamten (Zerschlagen eines Seitenfensters) greift in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers ein.

Als Zwangsmaßnahmen (gleichgültig ob gegen Menschen oder gegen Sachen gerichtet) kommen auch die Anwendung von Körperkraft oder auch von anderen Mitteln als Dienstwaffen in Betracht; allerdings darf eine solche Maßregel nur Platz greifen, wenn sie der Erreichung der vom Gesetz vorgesehenen Zwecke dient (etwa der Durchsetzung einer rechtmäßigen Festnahme), notwendig ist und maßhaltend vor sich geht (vgl. zB VfSlg. 8145/1977, 10.321/1985).

Aus den §§2, 4, 5 und 6 Abs1 des Waffengebrauchsgesetzes ist abzuleiten, daß ein Waffengebrauch iS dieses Gesetzes u.a. zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme zulässig ist.

Um die rechtmäßige Festnahme des Beschwerdeführers zu erzwingen, mußte der Gendarmeriebeamte zum Festgenommenen gelangen. Unter den geschilderten Umständen (der Beschwerdeführer hatte sich in seinem PKW eingeschlossen) war es zumindest vertretbar anzunehmen, daß es notwendig sei, die Fensterscheibe des PKW des Beschwerdeführers mit einem Sonnenschirmständer einzuschlagen. Diese Maßnahme kann denkmöglich noch als maßhaltend iSd WaffengebrauchsG bezeichnet werden.

Keine Verletzung in dem durch Art3 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, nicht erniedrigender oder unmenschlicher Behandlung unterworfen zu werden.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Verwaltungsstrafrecht, Festnehmung, Polizeirecht, Lärmerregung Waffengebrauch, Eigentumseingriff, Mißhandlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B1156.1989

Dokumentnummer

JFR_10099370_89B01156_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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