TE Vfgh Erkenntnis 2004/9/28 B153/02

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Veröffentlicht am 28.09.2004
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Index

L2 Dienstrecht
L2400 Gemeindebedienstete

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
ABGB §1497
AVG §73
Wr BesoldungsO 1994 §10, §36
Wr DienstO 1994 §74a

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die nach Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes neuerliche Entscheidung des Dienstrechtssenates der Stadt Wien über eine Berufung trotz eines Devolutionsantrages des Beschwerdeführers; Gemeinderat keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Verhältnis zum Dienstrechtssenat; keine willkürliche Annahme des Eintritts der Verjährung bezüglich des geltend gemachten Anspruchs auf Mehrleistungsvergütungen für einen bestimmten Zeitraum

Spruch

              Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

              Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.              1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur Stadt Wien.

              2.1. Dem Beschwerdevorbringen zu Folge hatte der - nunmehrige - Beschwerdeführer mit an den Magistrat der Stadt Wien gerichtetem Antrag vom 16. Jänner 1997 die bescheidmäßige Feststellung begehrt, dass ihm für einen bestimmten Zeitraum eine Mehrleistungsvergütung zustehe.

              2.2. Dazu stellte der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 12. Februar 2001 zum einen fest, dass dem Beschwerdeführer für näher bezeichnete Zeiträume keine Mehrleistungsvergütung gebühre; im Übrigen wies er das Feststellungsbegehren als unzulässig zurück.

              2.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 27. Februar 2001 Berufung an den Dienstrechtssenat der Stadt Wien.

              2.4. In der Folge stellte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 4. Oktober 2001 gemäß §73 Abs2 AVG an den Gemeinderat der Stadt Wien einen Antrag auf Übergang der Zuständigkeit auf diese Behörde, weil der Dienstrechtssenat innerhalb der nach Abs1 leg. cit. vorgesehenen Frist von sechs Monaten über seine Berufung nicht entschieden hatte. Dieser Devolutionsantrag wurde vom Gemeinderat mit Bescheid vom 14. Dezember 2001, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellt am 21. Dezember 2001, als unzulässig zurückgewiesen. Die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid des Gemeinderates erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Juni 2002, B152/02-3, gemäß Art144 Abs2, zweiter Tatbestand, B-VG abgelehnt; über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers wurde die Beschwerde in weiterer Folge mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 30. August 2002, B152/03-5, gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Dieser wies mit Erkenntnis vom 9. Juni 2004, Zl. 2002/12/0271, die Beschwerde als unbegründet ab, weil dem Gemeinderat "im Verhältnis zum Dienstrechtssenat der Bundeshauptstadt Wien nicht die Stellung einer 'sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde' im Verständnis des §73 Abs2 AVG" zukomme.

              2.5. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2001, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellt am 21. Dezember 2001, entschied der Dienstrechtssenat schließlich über die - oben unter Pkt. 2.3. genannte - Berufung des Beschwerdeführers wie folgt:

              "Gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen

Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) ... wird der

angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass Punkt II) des Spruches die Bezeichnung III) erhält und die Punkte I) und II) des Spruches wie folgt lauten:

              'I) Auf Grund Ihres Antrages vom 16. Jänner 1997

wird festgestellt, dass Ihnen

              1) für die Zeit vom 1. März 1982 bis 31. August 1991 gemäß §10 Abs1 und 3 der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994) LGBl. für Wien Nr. 55 idgF,

              2) soweit es sich um die von Ihnen geltend

gemachten Mehrleistungen im Innendienst handelt, für die Zeit vom 1. September 1991 bis 17. November 1994 gemäß §30 der Besoldungsordnung 1967 - BO 1967 und für die Zeit vom 18. November 1994 bis 5. Oktober 1995 gemäß §36 BO 1994 und

              3) für die Zeit vom 6. Oktober 1995 bis 31. Juli 1996 gemäß §38 Abs1 und 8 BO 1994

keine Mehrleistungsvergütungen gebühren.

              II) Gemäß §36 in Verbindung mit §38 Abs1 und 8 BO

1994 gebührt Ihnen für die Zeit vom 27. Juni bis 9. Juli 1995 die Fortzahlung der für das Monat Mai 1995 ausbezahlten Vergütung für im Außendienst erbrachte Mehrdienstleistungen im Ausmaß von 2.122,41 ATS (entspricht: l54,24 Euro).'"

              Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

              "Ad I.1.: Zu dem Vorbringen des Berufungswerbers,

er habe bereits vor seinem Antrag vom 23. September 1994 Anspruch auf Mehrleistungsvergütung erhoben, ist Folgendes auszuführen:

              Laut den im erstinstanzlichen Akt aufliegenden Unterlagen beantragte der Berufungswerber mit Schreiben vom 28. Mai 1982, urgiert mit Schreiben vom 10. September 1982, bei der Magistratsabteilung 43 die besoldungsrechtliche Gleichstellung mit seinen Kollegen des Gartenreferates hinsichtlich der Überstundenpauschale. Im Schreiben vom 25. März 1985 erinnerte der Berufungswerber, die Magistratsabteilung 43 an dieses Schreiben und ersuchte zugleich um schriftliche Mitteilung der für ihn nach Beendigung seiner Suspendierung vorgesehenen Besoldung. Mit Schreiben vom 6. Juli 1985 urgierte der Berufungswerber bei der Magistratsabteilung 43 neuerlich seine besoldungsrechtliche Gleichstellung mit seinen Kollegen. Am 2. September 1988 richtete der Berufungswerber ein Schreiben an die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, in dem er seine Situation schilderte und um Unterstützung der Gewerkschaft zur Erlangung der Überstundenpauschale ersuchte. Mit Schreiben vom 20. August 1989 brachte der Berufungswerber eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Nichterhalt der - seinen Kollegen gewährten - Überstundenpauschale ein und erstattete in der Folge Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen Amtsmissbrauch.

              Gemäß §10 Abs1 der Besoldungsordnung 1994 - BO

1994, LGBl. für Wien Nr. 55, verjähren der Anspruch auf rückständige Leistungen und das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen drei Jahre nach ihrer Entstehung.

              Gemäß §10 Abs3 BO 1994 sind die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Geltendmachung im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist.

              ...

              Die vom Berufungswerber vor dem Jahr 1994

verfassten Schreiben, die von ihm eingebrachte Dienstaufsichtsbeschwerde bzw. die von ihm erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft können nicht als Geltendmachung im Verwaltungswege gemäß §10 BO 1994 verstanden werden. Mangels rechtzeitiger Geltendmachung sind allfällige Ansprüche des Berufungswerbers vor dem 1. September 1991 gemäß den Bestimmungen der BO 1994 verjährt.

              ...

              In der Nichtgewährung von Überstunden kann - da diesbezüglich kein Rechtsanspruch besteht - keine gerichtlich strafbare Handlung gesehen werden, die eine 30jährige Verjährungsfrist im Sinne des §1489 ABGB bedingen würde.

              Ad I.2.: ...

              Die vom Berufungswerber im Zeitraum vom 1. September 1991 bis Juni 1995 im Außendienst erbrachten und von ihm durch Vorlage von Überstundenaufzeichnungen nachgewiesenen Überstunden wurden dem Berufungswerber Ende September 1998 ausbezahlt. Über die von ihm in diesem Zeitraum im Innendienst geleisteten Überstunden verfügt der Berufungswerber, wie er bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 23. April 1999 bestätigte, weder [über] schriftliche Aufzeichnungen noch kann er angeben, an welchem Arbeitstag er wie viele Überstunden geleistet hat.

              Der Einwand des Berufungswerbers, die erste Instanz gehe zu Unrecht davon aus, dass er die vom ihm im Innendienst erbrachten Überstunden konkret nachweisen müsse, obwohl das von ihm erbrachte Ausmaß an Überstunden durch Vernehmung der von ihm beantragten Zeugen geklärt werden könne, ist nicht berechtigt.

              ...

              Ad I.4. (nunmehr Punkt I.3.): Ein Anspruch des Berufungswerbers auf Fortzahlung der Mehrleistungsvergütung während seines Krankenstandes ab 6. Oktober 1995 für die Dauer von 16 Wochen gemäß §38 Abs1 und 8 BO 1994 würde nur unter der Voraussetzung bestehen, dass dem Berufungswerber für das dem Beginn der Dienstverhinderung vorangegangene Kalendermonat - somit September 1995 - eine Mehrleistungsvergütung gebührt hätte. Dies war, da der Berufungswerber für dieses Monat die Leistung von Überstunden nicht nachweisen konnte, nicht der Fall und besteht somit kein Anspruch auf Fortbezahlung dieser Nebengebühr gemäß §38 BO 1994, weswegen der erstinstanzliche Bescheid in diesem Punkt zu bestätigen war.

              Ad II (nunmehr Punkt III): ...

              Das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren hat

ergeben, dass dem Berufungswerber sämtliche für den Zeitraum vom 1. September 1995 bis 30. Juni 1995 geltend gemachten und von ihm bewiesenen, im Außendienst erbrachten Mehrleistungen im Jänner 1996 bzw. September 1998 ausbezahlt worden sind. Diese Feststellung wurde vom Berufungswerber in seinem Berufungsvorbringen nicht bestritten. Da dem Berufungswerber diese Mehrleistungen ohnehin bereits ausbezahlt worden sind und somit eine Rechtsgefährdung des Berufungswerbers zum Zeitpunkt seiner Antragstellung nicht bestanden hat, hat die erstinstanzliche Behörde den Feststellungsantrag des Berufungswerbers auf Gebührlichkeit der Mehrleistungsvergütung für die Zeit vom 1. September 1995 bis 30. Juni 1995 zu Recht mangels rechtlichen Interesses als unzulässig zurückgewiesen."

              3. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

              3.1. Begründend führt der Beschwerdeführer zunächst aus, dass der Dienstrechtssenat zur Erlassung des Berufungsbescheides nicht mehr zuständig gewesen sei, weil infolge des vom Beschwerdeführer am 4. Oktober 2001 gestellten Devolutionsantrages die Zuständigkeit auf den Gemeinderat der Stadt Wien übergegangen sei. Dieser hätte diesen Antrag nicht zurückweisen, sondern vielmehr in der Sache über die Berufung entscheiden müssen. Der Gemeinderat sei nämlich - entgegen dessen Ansicht - kraft der ihm gemäß §83 der Wiener Stadtverfassung zukommenden Aufsichtsbefugnisse auch für den Dienstrechtssenat die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde iSd. §73 AVG, wobei die Einrichtung des Dienstrechtssenates als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag unerheblich sei.

              3.2. Darüber hinaus wirft der Beschwerdeführer dem Dienstrechtssenat vor, er habe es unterlassen, ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchzuführen, weil er insbesondere das Vorbringen des Beschwerdeführers sowie dessen Beweisanträge ignoriert habe. Darin sei ein in die Verfassungssphäre reichendes willkürliches Verhalten zu erblicken.

              Im Einzelnen führt der Beschwerdeführer dazu aus, er habe stets vorgebracht, dass er laufend Überstunden geleistet, darüber Aufzeichnungen geführt und diese seinen Vorgesetzten vorgelegt habe. Außerdem habe er darauf hingewiesen, dass er auch die Auszahlung dieser Mehrleistungen begehrt habe, und zwar insbesondere durch einen an die Magistratsabteilung 2 am 4. April 1986 gerichteten Antrag sowie im Rahmen einer am 20. August 1989 im Dienstweg eingebrachten Dienstaufsichtsbeschwerde. Im Übrigen verwirkliche das "bewußte Nichtzahlen" der angeordneten und tatsächlich erbrachten Mehrleistungen trotz der von ihm begehrten Auszahlung den Tatbestand des Amtsmissbrauches. Schon aus diesem Grund könne sein Anspruch auf Vergütung dieser Mehrleistungen nicht verjährt sein. Der Dienstrechtssenat ignoriere auch dieses Vorbringen, zumal er allein davon spreche, dass im "Nichtgewähren von Überstunden" keine gerichtlich strafbare Handlung gesehen werden könne.

              Zum anderen habe er zum Beweis dafür, dass er laufend Mehrleistungen erbracht habe, was letztlich auch durch die Vergütung von in den Jahren 1991 bis 1995 erbrachten Mehrleistungen im Jahr 1998 durch die Dienstbehörde anerkannt sei, eine Reihe von Zeugen benannt. Diese seien jedoch mit der Begründung nicht einvernommen worden, sie könnten keine konkreten Angaben zu den vom Beschwerdeführer geleisteten Überstunden machen. Darin sei ein "grober Verfahrensmangel" zu erblicken, zumal nur der Dienstrechtssenat über die vom Beschwerdeführer jeweils seinem Vorgesetzten vorgelegten Aufzeichnungen über die von ihm geleisteten Überstunden verfüge.

              4. Der Dienstrechtssenat legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er den Ausführungen des Beschwerdeführers entgegentritt und begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Dazu replizierte der Beschwerdeführer.

II.              Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

              1.1. Der den "Wirkungsbereich" des Dienstrechtssenates regelnde §74a der Wiener Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. 56, lautete - in der hier maßgeblichen Fassung der 7. Novelle zur DO 1994, LGBl. 1999/34 - wie folgt:

              §74a. (1) Dem Dienstrechtssenat obliegt

              1. die Erlassung von Bescheiden gemäß §10 Abs3 bis 5,

              2. die Entscheidung über Rechtsmittel gegen

Bescheide, die vom Magistrat in den zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörenden Angelegenheiten unter Anwendung des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29, erlassen worden sind.

              (2) Die Bescheide des Dienstrechtssenates unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Hat der Dienstrechtssenat aber eine Kündigung, eine Versetzung in den Ruhestand mit geminderten Ruhebzügen oder die Entlassung verfügt, ist die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig."

              1.2. Die hier in erster Linie maßgeblichen

Bestimmungen der Wiener Besoldungsordnung 1994 (BO 1994), LGBl. 55, haben - samt Überschrift - folgenden Wortlaut:

"Verjährung

              §10. (1) Der Anspruch auf rückständige Leistungen und das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen verjähren drei Jahre nach ihrer Entstehung.

              (2) Was trotz Verjährung geleistet worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.

              (3) Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Geltendmachung im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist."

"Mehrleistungsvergütungen

              §36. Mehrleistungsvergütungen können für Leistungen gewährt werden, die über das vorgeschriebene Ausmaß der Arbeitszeit hinausgehen. Bei Festsetzung der Mehrleistungsvergütung ist auch die Festsetzung einer monatlichen Pauschalvergütung unter Bedachtnahme auf den Durchschnitt der Mehrleistungen zulässig."

              1.3. Der mit "Unterbrechung der Verjährung"

übertitelte §1497 ABGB lautet wie folgt:

              "§1497. Die Ersitzung sowohl, als die Verjährung wird unterbrochen, wenn derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlaufe der Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des Andern anerkannt hat, oder, wenn er von dem Berechtigten belangt, und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Wird aber die Klage durch einen rechtkräftigen Spruch für unstatthaft erklärt; so ist die Verjährung für ununterbrochen zu halten."

              2.1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde unter anderem dann verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (vgl. VfSlg. 14.534/1996 mwH).

              2.2. Dies ist hier aber nicht der Fall:

              2.2.1. Der Dienstrechtssenat ist gemäß §74a Abs1 Z2 DO 1994 zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide, die - wie im vorliegenden Fall der Bescheid vom 12. Februar 2001 (s. oben Pkt. I.2.2.) - vom Magistrat in den zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörenden Angelegenheiten unter Anwendung des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 erlassen worden sind, zuständig; derartige Bescheide unterliegen zu Folge des Abs2 leg. cit. nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg.

              2.2.2. Kraft der Einrichtung des Dienstrechtssenates als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iSd. Art133 Z4 B-VG (s. VfSlg. 16.176/2001) ist dieser eine Behörde der obersten Organisationsstufe, weshalb - anders als der Beschwerdeführer meint - keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde iSd. §73 Abs2 AVG existiert, bei der die Entscheidungspflicht nach Abs1 leg. cit. geltend gemacht werden könnte (vgl. VfSlg. 3506/1959, 15.058/1997 sowie im Besonderen VwGH 9.6.2004, Zl. 2002/12/0271). Der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers war daher nicht zulässig und bewirkte daher von vornherein keinen Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf den Gemeinderat (vgl. VfSlg. 10.388/1985; VwGH 3.9.2001, Zl. 99/10/0239 mwH).

              3. Der Beschwerdeführer ist auch mit seiner

Behauptung, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt zu sein, nicht im Recht:

              3.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicher Weise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür übte.

              3.2. Da der Verfassungsgerichtshof gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften aus dem Blickwinkel dieser Beschwerdesache keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt und die Bescheidbegründung keinen Anhaltspunkt für die Annahme liefert, dass der Dienstrechtssenat den angewendeten Rechtsvorschriften einen verfassungswidrigen Inhalt beigemessen hätte, könnte der Beschwerdeführer im genannten Grundrecht nur verletzt worden sein, wenn dem Dienstrechtssenat Willkür zum Vorwurf zu machen wäre.

              Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).

              Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1992, 14.814/1997).

              Keiner dieser Mängel liegt jedoch hier vor. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das Ermittlungsverfahren mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel behaftet wäre; auch kann weder von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage noch von denkunmöglicher Gesetzesanwendung die Rede sein.

              4. Die getroffene behördliche Entscheidung weist

somit keine in die Verfassungssphäre reichenden Mängel auf. Ob der bekämpften Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung zu Grunde liegt - etwa was die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage betrifft, ob der Dienstrechtssenat den maßgeblichen Sachverhalt umfassend erhoben habe -, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in einem - wie hier vorliegenden - Fall, in dem eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 9541/1982 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg. 15.727/2000, 16.275/2001 uvam.).

              5. Der Beschwerdeführer wurde sohin aus den in der Beschwerde vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

              Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.

              Die Beschwerde war daher abzuweisen.

              6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, Dienstrecht, Mehrleistungszulage, Verjährung, Dienstrechtsverfahren, Kollegialbehörde, Verwaltungsverfahren, Entscheidungspflicht, Devolution

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B153.2002

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2012
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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