RS Vfgh 1990/12/13 B1570/89

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Veröffentlicht am 13.12.1990
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

MRK Art10
DSt 1872 §2
RL-BA 1977 §45

Leitsatz

Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit durch Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung einer Disziplinarstrafe wegen Einschreitens für einen Klienten ohne ausdrücklichen Auftrag

Rechtssatz

Da die belangte Behörde das Verhalten des Beschwerdeführers als Verstoß gegen §45 RL-BA 1977 wertete, obschon der Inhalt des Rundschreibens des beschwerdeführenden Rechtsanwalts an einen nicht näher bezeichneten Personenkreis (Angebot anwaltlicher Vertretung in Sozialversicherungssachen) gegen die Richtlinie nicht verstieß, weil es lediglich über die Rechtslage informierte und nur damit im Zusammenhang die langjährige einschlägige Tätigkeit des Beschwerdeführers - diese wird im angefochtenen Bescheid gar nicht in Frage gestellt - dargetan wurde, hat sie dem ersten Halbsatz des §45 RL-BA 1977 einen gesetzwidrigen Inhalt unterstellt. Der Bescheid verletzt den Beschwerdeführer insoweit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und war daher insofern aufzuheben.

Den Argumenten der Beschwerde, das Einschreiten des Beschwerdeführers sei in Richtung einer "Rettungshandlung" zu sehen, steht immerhin die Überlegung der OBDK gegenüber, daß die Intervention durch einen Rechtsanwalt auftrags einer dritten Person unter Vortäuschung eines Vollmachts- und Auftragsverhältnisses als schwere Verfehlung gegenüber der Behörde zu werten ist, weil sich diese auf die Angaben eines Anwaltes über das Vorliegen seiner Bevollmächtigung unbedingt verlassen können müsse. In der Gegenschrift wird dem Argument des Beschwerdeführers, nur eine "Rettungshandlung" gesetzt zu haben, zusätzlich entgegengehalten, daß auch nicht außer acht gelassen werden dürfe, daß der Beschwerdeführer jedenfalls auch ein wirtschaftliches Interesse an der Vertretung besaß, habe er doch ein Erfolgshonorar von sieben vollen ungekürzten Monatspensionen (etwa S 20.000,--) seiner potentiellen Klientin vorgeschlagen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, Meinungsäußerungsfreiheit, Werbeverbot (Rechtsanwälte)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B1570.1989

Dokumentnummer

JFR_10098787_89B01570_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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