RS Vfgh 1991/6/26 B1371/90

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Veröffentlicht am 26.06.1991
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Staatsangehörigkeit
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
Tir GVG 1983 §1 Abs1 Z1
Tir GVG 1983 §2 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die bescheidmäßige Feststellung der Erforderlichkeit einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung für den Erwerb eines Waldgrundstücks; Definition eines land- oder forstwirtschaftlichen, dem Tir GVG 1983 unterliegenden Grundstücks

Rechtssatz

Das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und jenes auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes sind nur Inländern gewährleistet. Beide Beschwerdeführer sind nicht österreichische Staatsbürger. Deshalb können sie durch den angefochtenen Bescheid von vorneherein in diesen beiden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht verletzt worden sein.

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Der bekämpfte Bescheid stützt sich auf §2 Abs1 Tir GVG 1983. Die Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde zu einer derartigen Entscheidung steht außer Zweifel.

Die Behauptung, die Entscheidung sei als inhaltlich verfehlt anzusehen, berührt das bezogene verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nicht (s. zB VfSlg. 11.102/1986).

Die bescheidmäßig getroffene Feststellung, daß der Erwerb eines bestimmten Grundstückes der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfe, entfaltet Rechtswirkungen für die grundverkehrsbehördliche Behandlung aller jener privatrechtlichen Vorgänge, die vom angefochtenen Bescheid erfaßt sind. Der angefochtene Bescheid greift somit in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführer ein.

Verwaltungsbehördliche Beschränkungen des Verkehrs mit Grundstücken beziehen sich nicht nur auf solche Grundstücke, die einem spezifisch ausgeprägten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind, sondern auch auf solche Grundstücke, die zwar von einer Person, die nicht Land- oder Forstwirt ist, aber doch in einer für Land- oder Forstwirte signifikanten Art wirtschaftlich genutzt werden.

Ob die Nutzung auf eine für einen Land- oder Forstwirt signifikante Weise erfolgt, ist vor allem danach zu beurteilen, was und auf welche Weise auf dem Grundstück produziert wird und welchen primären Verwendungszweck das Grundstück hat (mit Hinweisen auf Vorjudikatur).

Ein land- oder forstwirtschaftliches, dem Tir GVG 1983 unterliegendes Grundstück ist daher ein solches, auf dem gegenwärtig Land- oder Forstwirtschaft im Sinne der vorstehenden Ausführungen betrieben wird, wobei, um Umgehungshandlungen hintanzuhalten, aber auch Grundstücke, die gegenwärtig diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in die Grundverkehrsregelung einbezogen werden dürfen; der Entfall der Widmung darf daher nur so lange zurückliegen, als dies aus diesem Zweck erklärbar ist (VfSlg. 7838/1976, 9063/1981, 10.447/1985).

Die Landesgrundverkehrsbehörde gelangte zum Ergebnis, daß das strittige Grundstück Waldfläche darstelle und teilweise mit älteren Bäumen bestockt sei. Zwei unmittelbar angrenzende Grundstücke stellten ebenfalls Waldflächen dar; das Kaufgrundstück sei sicherlich 20 Jahre nicht mehr land- bzw. forstwirtschaftlich genutzt worden, sodaß es zwischenzeitlich mit verschiedenem Jungholz zugewachsen und zu Waldboden geworden sei.

Zwar kann der belangten Behörde in ihrer Auffassung, daß jeglicher Holzzuwachs auf einem Grundstück eine forstwirtschaftliche Nutzung bedeute, nicht gefolgt werden (vgl. VfSlg. 11.437/1987). Im angefochtenen Bescheid wird aber in einer gedanklich nachvollziehbaren und vertretbaren, somit nicht denkunmöglichen Weise dargetan, daß im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Lage des Grundstückes und seiner bisherigen Verwendung von einem forstwirtschaftlich genutzten Grundstück auszugehen ist.

Bei Waldgrundstücken können Rückschlüsse aus der Unterlassung einer forstwirtschaftlichen Nutzung nur unter Berücksichtigung des Umstandes gezogen werden, daß Schlägerungen und Nutzungen anderer Art nur in langfristigen Intervallen vorgenommen werden können (VfSlg. 8718/1979, 9009/1981).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Behördenzuständigkeit Grundverkehr, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, Eigentumseingriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:B1371.1990

Dokumentnummer

JFR_10089374_90B01371_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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