TE Vfgh Erkenntnis 2004/9/28 B785/03

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Veröffentlicht am 28.09.2004
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Index

64 Besonderes Dienst- und Besoldungsrecht
64/03 Landeslehrer

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
LDG 1984 §26

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht mangels ausreichender Begründung eines Besetzungsvorschlages für die Ernennung auf eine schulfeste Leiterstelle an einer Volksschule sowie der Besetzung selbst; keine Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen hinsichtlich der fehlenden Nachvollziehbarkeit der für die Reihung ausschlaggebenden (Bewertungs-)Ergebnisse; objektive Willkür

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Kärnten ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines bevollmächtigten Vertreters die mit 2.142,-- Euro bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer steht als Lehrer an der Volksschule G in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten. Er bewarb sich - wie zwei andere Bewerber - fristgerecht um die im Verordnungsblatt des Landesschulrates für Kärnten, 6. Stück/1999, ausgeschriebene schulfeste Leiterstelle an dieser Volksschule.

2.1. Das Kollegium des Bezirksschulrates Villach-Land beschloss in seiner Sitzung am 22. November 2000 - mit 8:5 Stimmen - einen Besetzungsvorschlag iS des §26 Abs6 und 7 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes - LDG 1984, BGBl. 302 idgF, in dem jene Bewerberin, der in der Folge die Leiterstelle verliehen wurde (Beteiligte), an erster Stelle und der Beschwerdeführer an dritter Stelle gereiht war. Das Kollegium des Bezirksschulrates ging dabei insofern von der Reihung gemäß dem Schulleiterauswahlverfahren, d.i. ein vier Abschnitte (Biographische Parameter [damit sind die in §26 Abs7 LDG 1984 genannten Kriterien - Leistungsfeststellung, Verwendungszeit und Vorrückungsstichtag - gemeint], psychologisches Testverfahren, biographische Analyse, strukturiertes Interview) umfassendes Verfahren zur "Beurteilung der besonderen Eignung zur Leitung der Schule", das von je einer Bewerterin/einem Bewerter aus den Gruppen: Eltern, Lehrer und Wirtschaft durchgeführt wurde, ab, als es die dort Erstgereihte (bloß) an die zweite Stelle reihte, weil diese auch "im Besetzungsvorschlag für die VS L an der ersten Stelle" gereiht worden war. Im Protokoll über die diesbezügliche Beschlussfassung im Kollegium des Bezirksschulrates ist - abgesehen von der Wiedergabe des Abstimmungsergebnisses und der Reihung - lediglich ausgeführt: "Begründung: Schulleiterauswahlverfahren (VOL Mag. J T ist im Besetzungsvorschlag für die VS L an der ersten Stelle gereiht)". Dazu findet sich im entsprechenden - dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden - Akt des Amtes der Kärntner Landesregierung, Abteilung 6 - Bildungswesen ein Schriftstück folgenden Inhalts:

"Schulleiterqualifikationsverfahren99: VS 2 G

Gesamtauswertung

Bewerber RP    X 1 RP    X 4 RP   X 1 RP  X 4 Gesamt-

         B.P.      Test      Bio      AC      Rangwert

K J          3   3     1   4    2   2   2   8    17

S M          1   1     3  12    3   3   3  12    28

Mag. T J     2   2     2   8    1   1   1   4    15

Gesamtrangwert = Summe der gewichteten Rangplätze biographischer Parameter x Faktor 1, Testbatterie x Faktor 4, Biographie x Faktor 1 und Strukturiertes Interview bzw. AC x Faktor 4. Der kleinste Gesamtrangwert ergibt den ersten Reihungsplatz, der zweitkleinste den zweiten usw.

Gesamtreihung: 1. T J 2. K J 3. S M

Bezirksschulinspektor: [A R]

Moderator: [Dr. G L]

Elternbeobachter: ---

Lehrerbeobachter: [C S]"

2.2. Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 verlieh die Kärntner Landesregierung - dem Vorschlag des Bezirksschulrates folgend - die ausgeschriebene Leiterstelle an der Volksschule G mit Wirkung vom 1. Mai 2001 an die Beteiligte und wies unter einem die Bewerbung des Beschwerdeführers und der an zweiter Stelle gereihten Bewerberin ab. In der Begründung dieses Bescheides wird - nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der im Rahmen des Besetzungsverfahrens abgegebenen Stellungnahme des Beschwerdeführers - im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"Die Landesregierung als Verleihungsbehörde hatte ... die Aufgabe, zu überprüfen, welche Umstände es rechtfertigen, dass das Kollegium des Bezirksschulrates Villach-Land VL J K [d.i. die auf die Leiterstelle ernannte Bewerberin] an die erste Stelle gereiht hat.

Bei einer Gegenüberstellung der Bewerber nach den Kriterien des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes [§26 Abs7 leg.cit.] liegt die Erstgereihte in Bezug auf Vorrückungsstichtag und Verwendungszeit in der betreffenden Schulart hinter der Zweitgereihten und hinter dem Drittgereihten [d.i. der nunmehrige Beschwerdeführer].

Die Landesregierung hatte allerdings auch auf zusätzliche Qualifikationen Rücksicht zu nehmen, die dem Sinne des Gesetzes entsprechen. Bei diesen zusätzlichen Qualifikationen bezieht sich der Reihungsvorschlag des Kollegiums des Bezirksschulrates Villach-Land auf ein dem Besetzungsvorschlag vorgelagertes Schulleiterauswahlverfahren. Dieses Vorverfahren bei der Beurteilung der besonderen Eignung zur Leitung der Schule hat folgende Ergebnisse gebracht:

Die ... psychologischen Eignungstests (psychologisches Testverfahren) [haben] ergeben, dass die Erstgereihte in diesem Bereich an erster Stelle gelegen ist, vor der Zweitgereihten und diese wiederum vor dem Drittgereihten. Bei der darüber hinaus durchgeführten biografischen Analyse der fachlichen und persönlichen Eignung anhand einer persönlichen Darstellung der Lebens- und Berufsbiografie durch externe Bewerter sah das Ergebnis so aus, dass in diesem Bereich die Zweitgereihte vor der Erstgereihten und diese wiederum vor dem Drittgereihten lag. Schließlich ergab ein darüber hinaus durchgeführtes strukturiertes Interview mit den Bewerbern durch externe Bewerter, dass in diesem Bereich wiederum die Zweitgereihte vor der Erstgereihten und diese wiederum vor dem Drittgereihten lag.

Insgesamt ist also bei der Überprüfung der zusätzlichen Kriterien unter zusätzlicher Heranziehung der eher formalen Kriterien des §26 Abs7 LDG die Zweitgereihte, VOL Mag. J T, mit leichtem Vorsprung vor der Erstgereihten, diese wiederum mit deutlichem Vorsprung vor dem Drittgereihten als beste Bewerberin hervorgegangen.

...

Dieses Schulleiterauswahlverfahren ist eine von mehreren Möglichkeiten, um die im Verhältnis zu den eher formalen Kriterien des §26 Abs7 LDG erforderlichen zusätzlichen Qualifikationen der Bewerber zu überprüfen. Das Verfahren ist von Experten aus verschiedenen Bereichen erarbeitet worden, gleichzeitig werden externe Bewerter, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurden, hinzugezogen. Aus diesem Grund stellt es eine sehr gute Möglichkeit dar, die für die Leitung einer Schule so wichtigen zusätzlichen Qualifikationen (Managementfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Organisationstalent) der Bewerber in geeigneter Weise zu überprüfen. Aus diesem Grund wurde dieses Verfahren inzwischen auch in einem entsprechenden Landesgesetz und einer Durchführungsverordnung verankert."

[Hervorhebungen nicht im Original]

3.1. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid - entsprechend dem (unzutreffenden) Hinweis in dessen Rechtsmittelbelehrung - Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen, weil - im Hinblick auf die Möglichkeit der Anfechtung mittels Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten (vgl. §5 des Kärntner Landeslehrergesetzes - K-LG, LGBl. 2000/80) - der Instanzenzug noch nicht erschöpft sei (VfGH 24.9.2002, B967/01). Ergänzend wies der Verfassungsgerichtshof in diesem Beschluss auf die Möglichkeit hin, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen, zumal durch die letztlich nicht zulässige Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof die Berufungsfrist an den Unabhängigen Verwaltungssenat versäumt worden war.

3.2. Dem daraufhin vom Beschwerdeführer bei der Kärntner Landesregierung eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag wurde mit Bescheid vom 15. Jänner 2003 stattgegeben. In der - unter einem - eingebrachten Berufung gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 15. Mai 2001 führte der Beschwerdeführer (u.a.) Folgendes aus:

"Es gibt ... weitere Gründe, um an der Ordnungs- und Rechtmäßigkeit des durchgeführten Verfahrens zu zweifeln:

...

Der Antragsteller [d.i. der Beschwerdeführer] weist eine Befähigungsprüfung für Slowenisch auf, weiters eine Dienstzeit von über 32 Jahren, der Vorrückungsstichtag war der 15.10.1968. Die nunmehr erstgereihte Bewerberin weist keine Slowenischqualifikation auf, eine Verwendungszeit von ca. 11 Dienstjahren und einen Vorrückungsstichtag 01.03.1985.

Gemäß §26 Abs7 LDG ist beim Besetzungsvorschlag neben allenfalls vorgesehenen fachspezifischen Kenntnissen und Fähigkeiten

-

an einer zweisprachigen Schule wohl die zweisprachige Qualifikation

-

auch die Leistungsfeststellung, der Vorrückungsstichtag und die auf dieser Schulart zurückgelegte Verwendungszeit zu berücksichtigen. Das ist ganz offenkundig nicht geschehen.

In der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme wurde ich auch darauf hingewiesen, daß ich in die beim Bezirksschulrat Villach-Land aufliegenden Unterlagen zum Ermittlungsverfahren Einsicht nehmen könne. Ich habe dies getan und bin zum Ergebnis gelangt, daß die zur Einsicht vorliegenden Unterlagen schlicht und einfach nicht nachvollziehbar sind. Sie bestehen ausnahmslos aus Reihungen nach dem System: Erster - Zweiter - Dritter, ohne jede Begründung und ohne jeden schriftlichen Kommentar, um die Beweggründe zur Vornahme der Reihung nachvollziehen zu können. Ich gehe davon aus, daß auch Ermessensentscheidungen überprüfbar sein müssen, aufgrund der mir zur Einsicht vorgelegten Unterlagen ist die Ermessensentscheidung aber nicht überprüfbar oder wenigstens nachvollziehbar.

Auf dieses ... bereits in der seinerzeitigen Stellungnahme erstattete Vorbringen ist die belangte Behörde [die Kärntner Landesregierung] überhaupt nicht eingegangen. Die belangte Behörde stellt zwar fest, daß alle drei Bewerber, also auch ich, eine überdurchschnittliche Leistungsfeststellung aufweisen, so daß irgendwelche negativen Leistungsfeststellungen meine Person betreffend jedenfalls keinen Grund für die Abweisung meiner Bewerbung bilden können. Im übrigen ergibt sich bereits aus dem Bescheid der belangten Behörde, daß nach allen gesetzlich vorgesehenen Kriterien für die Bestellung des Schulleiters ich besser gereiht bin als meine beiden Mitbewerberinnen. Die belangte Behörde führt allerdings aus, daß auch auf zusätzliche Qualifikationen Rücksicht zu nehmen sei, die dem Sinne des Gesetzes entsprechen. Gerade dies tut die belangte Behörde nicht, da sie meine zusätzliche Qualifikation, nämlich für die Erteilung des Unterrichtes in deutscher und slowenischer Sprache, ausdrücklich nicht berücksichtigt. Die belangte Behörde führt aus, die Ergebnisse des psychologischen Eignungstests, der durchgeführten biografischen Analyse und ein strukturiertes Interview seien ausschlaggebend für die Reihung gewesen. Es handelt sich dabei um nicht nachvollziehbare Behauptungen, da mit keinem Argument belegt wird, welche Ergebnisse konkret für diese Reihung ausschlaggebend gewesen seien. Zunächst verweise ich darauf, daß mein Hearing gerade 20 Minuten dauerte - etwas kurz für einen psychologischen Eignungstest, eine biografische Analyse und ein strukturiertes Interview. Aus den Unterlagen, welche ich eingesehen habe, läßt sich zwar diese Reihung, nicht aber eine Begründung für diese Reihung, entnehmen. Wenn im Gesetz Kriterien vorgesehen sind, welchen ein Schulleiter zu entsprechen hat und es sich ergibt, daß nach diesen Kriterien ich der Erstgereihte sein müßte, dann müßte die belangte Behörde schon besondere Gründe anführen, weshalb trotz dieser Kriterien eine andere Reihung vorzunehmen sei. Die belangte Behörde führt nicht nur keine derartigen Argumente an, sie geht auch nicht darauf ein, daß das durchgeführte Objektivierungsverfahren wesentlich mangelhaft geblieben ist, weil die Zusammensetzung der Kommission bei 'meinem' Hearing nicht ordnungsgemäß war und weil das gesamte Verfahren quasi 'vorgesetzlich' durchgeführt wurde und weil den Kommissionsmitgliedern ausdrücklich zu verstehen gegeben wurde, daß die Slowenischqualifikation kein Bewertungskriterium darstellen soll, womit schon klar zum Ausdruck gebracht wurde, welches Ergebnis letztlich erwünscht ist. Soweit die belangte Behörde betont, es sei die Überprüfung der Managementfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und des Organisationstalentes im Vordergrund gestanden, dann wäre zu erwarten, daß die belangte Behörde ausführt, worin konkret mein Organisationstalent, meine Managementfähigkeit und die Kommunikationsfähigkeit schlechter wären als jene der Erstgereihten. Insbesondere erlangt hier die Stellungnahme des Lehrerkollegiums vom 14.06.2000 Gewicht, in welcher ausdrücklich auf meine positive Tätigkeit als provisorischer Schulleiter hingewiesen wurde, so daß meine diesbezüglichen Fähigkeiten so schlecht wohl nicht waren. Jedenfalls ergibt sich ..., daß die gesetzlich definierten Kriterien für meine Bewerbung sprechen, die Behörde allerdings eine andere Ermessensentscheidung getroffen hat, ohne diese Ermessensentscheidung nachvollziehbar zu begründen.

...

Die dargelegten Gründe sprechen dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung willkürlich oder zumindest unsachlich vorgegangen ist und mich dadurch in meinem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt."

[Hervorhebungen nicht im Original]

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten wies die Berufung des Beschwerdeführers mit dem nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 14. April 2003 als unbegründet ab.

Die Begründung dieses Bescheides zu der - vom Beschwerdeführer sowohl in seiner Stellungnahme im Rahmen des Bewerbungsverfahrens als auch in der Berufung aufgeworfenen - Frage nach den Gründen für die erfolgte Reihung der Bewerber erschöpft sich - nach wörtlicher Wiedergabe des Berufungsvorbringens sowie einer im Berufungsverfahren abgegebenen ergänzenden Stellungnahme der Kärntner Landesregierung, der Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufes und der gesetzlichen Grundlagen - allein in Folgendem:

"Soweit der Berufungswerber rügt, dass zum Zeitpunkt des Hearings am 15.5.2000 kein Gesetzesbeschluss über das Objektivierungsverfahren vorlag, wird ausgeführt, dass zusätzlich zu den zum Zeitpunkt des Verfahrens geltenden Kriterien des §26 Abs7 LDG die Bewerber durch unabhängige Bewerter überprüft wurden. Es hat sich dabei um externe Bewerter gehandelt, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurden. Insbesondere im Bereich des Verfahrensschrittes 'Biographie' hatte der Berufungswerber die Möglichkeit, seine Zusatzqualifikation vorzubringen und enthalten die standardisierten Beobachtungsbögen, die von Moderatoren den externen Bewertern als Hilfestellung gegeben wurden, auch derartige Aufzeichnungen. Diese dort gemachten privaten Aufzeichnungen geben jedoch keinen Aufschluss über die Motivation der Beurteilung der Bewerter. Es handelt sich dabei um einen nicht justiziablen Bereich, welcher eine detaillierte Nachprüfung nicht möglich macht. Fest steht, dass die externen Bewerter im jeweiligen Verfahrensschritt eine Rangreihung vorgenommen haben und ist der Berufungswerber als insgesamt Drittgereihter aus diesem Verfahren hervorgegangen. Zwischenzeitig ist dieses Verfahren gesetzlich verankert.

Da somit im durchgeführten Verfahren die vom Berufungswerber behaupteten Rechtswidrigkeiten sich nicht verifiziert haben, war die Berufung als unbegründet abzuweisen."

[Hervorhebungen nicht im Original]

4. Gegen diesen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung ua. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, begehrt wird.

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

6. Auch die Beteiligte hat eine Äußerung erstattet, in der sie den Beschwerdevorwürfen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige (vgl. etwa VfSlg. 13.007/1992 mwV) Beschwerde erwogen:

1. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hätte.

1.1. Dass der angefochtene Bescheid auf einer rechtswidrigen generellen Norm beruht, wurde in der Beschwerde nicht behauptet und ist im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof auch sonst nicht hervorgekommen.

1.2. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und da kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

In Fällen wie dem hier vorliegenden ist der Behörde - objektiv - willkürliches Verhalten u.a. dann vorzuwerfen, wenn sie es unterlassen hat, in einem für die zu treffende Auswahl unter den vorgeschlagenen Bewerbern entscheidenden Punkt Gründe und Gegengründe einander gegenüberzustellen und gegeneinander abzuwägen (vgl. zB VfSlg. 12.477/1990, 15.114/1998, 15.696/1999 mwN).

2. Der Beschwerdeführer bringt für die von ihm behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz u.a. vor, dass die belangte Behörde zum einen überhaupt nicht auf das umfangreiche Beschwerdevorbringen in der Berufung eingegangen sei; zum anderen sei das Verfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden: Die Kärntner Landesregierung habe die Ergebnisse des psychologischen Eignungstests, der biographischen Analyse und des strukturierten Interviews als ausschlaggebend für die Reihung angeführt. Dabei handle es sich aber um nicht nachvollziehbare Behauptungen, da mit keinem Argument belegt worden sei, welche Ergebnisse konkret für die Reihung maßgebend gewesen seien. Auch den Unterlagen, die zur Einsicht aufgelegen seien, sei bloß die Reihung an sich, nicht aber eine Begründung für diese Reihung zu entnehmen gewesen. Weiter wird dazu vorgebracht:

"Soweit der UVS zum Objektivierungsverfahren ausführt, es handle sich dabei um einen nicht justiziablen Bereich, stellt sich die Frage, wozu dann ein Objektivierungsverfahren überhaupt gesetzlich vorgesehen ist, wenn das Ergebnis ohnehin nicht 'justiziabel' sein soll. Im Gegensatz zur Auffassung des UVS ist davon auszugehen, dass jede in einem gesetzlichen Verfahren ergangene Entscheidung und Bewertung justiziabel ist, insbesondere auch jegliche Ermessensausübung. Wenn eine Entscheidung aus nicht überprüfbaren Erwägungen ergeht, ist gerade dies ein Indiz für Willkür. Schon allein aus diesem Grunde verletzt mich der angefochtene Bescheid in meinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz."

2.2. Damit ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.

Nach der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes wurde es bei der Besetzung der in Rede stehenden Planstelle eines Volksschuldirektors insgesamt verabsäumt, die für die Verleihung dieser schulfesten Leiterstelle maßgeblichen, für und gegen den Beschwerdeführer und die übrigen im Dreiervorschlag des Bezirksschulrates genannten Personen sprechenden Kriterien einander gegenüberzustellen und dem größeren Gewicht der Argumente den Ausschlag geben zu lassen und derart das Übergehen der nicht zum Zuge gekommenen Bewerber (so des Beschwerdeführers) zu begründen.

Dem Besetzungsvorschlag des Bezirksschulrates Villach-Land sind keinerlei abwägende Überlegungen zur Reihung der Bewerber zu entnehmen. Der Besetzungsvorschlag stützt sich auf das Schulleiterauswahlverfahren und verweist auf dessen Begründung, ohne die diesbezüglichen Überlegungen näher darzulegen bzw. sich damit auseinander zu setzen. Das Selbe trifft für den Bescheid der Landesregierung betreffend die Besetzung der in Rede stehenden Planstelle zu (s. dazu oben Pkt. I.2.2.).

Ebenso hat es die belangte Behörde unterlassen, sich mit dem an sie gerichteten Berufungsvorbringen zu befassen, es sei nicht nachvollziehbar, welche (Bewertungs-)Ergebnisse konkret für die Reihung ausschlaggebend gewesen seien. Die belangte Behörde begnügt sich diesbezüglich vielmehr damit, auf die "privaten Aufzeichnungen" in den "standardisierten Bewertungsbögen" der Bewerter im Rahmen des Schulleiterauswahlverfahrens hinzuweisen und hinzuzufügen, dass diese "dort gemachten privaten Aufzeichnungen über die Motivation der Beurteilung der Bewerter" keinen Aufschluss gäben und es sich dabei um einen "nicht justiziablen Bereich" handle, "welcher eine detaillierte Nachprüfung nicht möglich" mache. Damit hat die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides, gemessen an der oben unter Pkt. II.1.2. zitierten ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - objektive - Willkür geübt.

Angesichts dessen musste auch der Frage, welche Bedeutung der zweisprachigen Qualifikation der Bewerber im vorliegenden Fall zukommt, nicht weiter nachgegangen werden.

3. Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid war daher schon aus diesem Grund aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 327,-- Euro sowie eine Eingabegebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von 180,-- Euro enthalten.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Bescheidbegründung, Dienstrecht, Lehrer, Landeslehrer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B785.2003

Dokumentnummer

JFT_09959072_03B00785_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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