RS Vfgh 1991/10/2 G18/90

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Veröffentlicht am 02.10.1991
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66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
ASVG §94
ASVG §253 Abs1

Leitsatz

Feststellung der Gleichheitswidrigkeit der "Stichtagsregelung" - des Beschäftigungsverbotes am Stichtag - gemäß §253 Abs1 ASVG; Unsachlichkeit der für das Entstehen eines Anspruches auf Alterspension geforderten Voraussetzung des Nichtbestehens einer Pflichtversicherung nur an einem einzigen Tag

Rechtssatz

Die Worte "und der (die) Versicherte am Stichtag (§223 Abs2) weder in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz noch nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz noch nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert" in §253 Abs1 ASVG, BGBl. 189/1955 idF BGBl. 111/1986, waren verfassungswidrig.

Das Sozialversicherungsrecht beruht nicht nur auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Versorgungsprinzip.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit E v 15.12.90, G33,34/89 ua., die Ruhensbestimmungen des §94 ASVG als verfassungswidrig aufgehoben, was aber nicht zwangsläufig eine Verfassungswidrigkeit der Stichtagsregelung des §253 Abs1 ASVG nach sich zieht.

Die angegriffene Regelung des §253 Abs1 ASVG erlaubt selbst vor dem Hintergrund der Ruhensbestimmungen des §94 ASVG keinesfalls die Deutung, daß in jeder nach dem Erwerb eines Anspruches auf Alterspension neu aufgenommenen Erwerbstätigkeit eine Umgehungsvereinbarung erblickt werden muß, und zwar auch dann nicht, wenn diese der vor dem Stichtag ausgeübten gleichartig wäre.

Eine Regelung, mit der der Gesetzgeber sich begnügt, vom Versicherten für die Gewährung einer Alterspension die Aufgabe jeder versicherungspflichtigen Tätigkeit nur für einen einzigen (Stich-)Tag zu verlangen, ist sachlich nicht zu rechtfertigen, weil nach dem deklarierten Ziel der Regelung der Pensionsanspruchsberechtigte in den Ruhestand getreten sein muß. Es kann weder davon ausgegangen werden, daß eine derartige Regelung bewirken könnte, daß ein Versicherungsnehmer in den Ruhestand tritt, noch kann vertretbarerweise angenommen werden, daß der Arbeitsplatz des Pensionswerbers für einen jüngeren Dienstnehmer frei wird, wenn derselbe Gesetzgeber dem Pensionisten schon für den nächsten Tag die (Wieder-)Aufnahme einer gleichartigen Tätigkeit freistellt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Sozialversicherung, Pensionsversicherung, Leistungsvoraussetzungen (Sozialversicherung), Stichtag (Sozialversicherung), Ruhensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:G18.1990

Dokumentnummer

JFR_10088998_90G00018_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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