RS Vfgh 1992/2/25 B1550/89, B1551/89

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 25.02.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/10 Grundrechte, Datenschutz, Auskunftspflicht

Norm

StGG Art8
EMRK Art3
PersFrSchG §4
StPO §177 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit durch Festnahme; vertretbare Annahme der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung; keine Verletzung im Recht auf Unterlassung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung durch Gewaltanwendung im Zuge einer Festnahme

Rechtssatz

Aufgrund der strafgerichtlichen Urteile steht außer Zweifel, daß im Zeitpunkt der Festnahme vertretbarerweise angenommen werden konnte, die beiden Beschwerdeführer seien bei Begehung einer schweren Körperverletzung nach §84 Abs2 Z4 StGB auf frischer Tat betreten worden, und zwar auch S L, bei welcher - wenngleich nicht rechtskräftig - immerhin das Strafgericht erster Instanz in der Folge festgestellt hat, daß sie diesen Tatbestand gesetzt habe. Die Festnahme der beiden Beschwerdeführer war daher gesetzmäßig.

Der Beschwerdeführer hat durch sein - vom Strafgericht als provokant qualifiziertes - Verhalten die Anwendung von Körpergewalt gegen seine Person von Seiten der Sicherheitswachebeamten ausgelöst und im Zuge der körperlichen Auseinandersetzung Sicherheitswachebeamten Verletzungen zugefügt. Angesichts dieses aggressiven Verhaltens kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden (geschweige denn als erwiesen angenommen werden), daß die von den Beamten gegen den Beschwerdeführer angewendete Gewalt in Mißhandlungsabsicht oder unter (Begleit-)Umständen gesetzt wurde, die eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Mißachtung des Beschwerdeführers erkennen ließen.

Wenngleich feststeht, daß ein Sicherheitswachebeamter der Beschwerdeführerin im Verlauf der turbulenten Geschehnisse im Wachzimmer einen Schlag mit dem Gummiknüppel versetzte, welcher die Beschwerdeführerin am Kopf traf und Verletzungen verursachte und wenngleich das Strafgericht letztlich im Zweifel nicht als erwiesen angenommen hat, daß die Beschwerdeführerin diesem Sicherheitswachebeamten unmittelbar vorher einen Tritt in den Unterleib versetzte, kann andererseits auch nicht als erwiesen angesehen werden, daß der Schlag mit dem Gummiknüppel unter Umständen erfolgte, die ihn als Verstoß gegen Art3 EMRK qualifizieren würden. Angesichts der tumultartigen Zustände im Wachzimmer und der allgemeinen Bewegung, welche dabei zwangsläufig geherrscht haben muß, kann keineswegs mit Sicherheit davon ausgegangen werden, daß der Beamte die Beschwerdeführerin mit Absicht am Kopf getroffen hat. Daß aber bei der damaligen Situation der Gebrauch des Gummiknüppels an sich von vornherein völlig unangemessen gewesen wäre, kann nicht gesagt werden.

Entscheidungstexte

  • B1550,1551/89
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 25.02.1992 B1550,1551/89

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Festnehmung, Mißhandlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1550.1989

Dokumentnummer

JFR_10079775_89B01550_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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